Titel: | Ueber die Bestandtheile des Bodens und die Einwirkung der Erdarten auf die Vegetation. Aus der Wissenschaft der Garten-Cultur etc. |
Fundstelle: | Band 1, Jahrgang 1820, Nr. XX., S. 200 |
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XX.
Ueber die Bestandtheile des Bodens und die Einwirkung der Erdarten auf die Vegetation. Aus der Wissenschaft der Garten-Cultur
etc.
Von Joseph Hayward, GentAus dem Repertory
of Arts Manufactures et Agriculture. Second Series. N. CC. Jan.
1819. p. 93. From the Science of Horticulture etc. Eine sehr
umfassende Abhandlung uͤber denselben wichtigen Gegenstand verdanken wir
dem Herrn Professor Schuͤbler in Hofwyl, welche wir in
der Folge, mit Anmerkungen begleitet, in diesem Journale mittheilen werden..
Mit Anmerkungen des Uebersezers.
Hayward über die Bestandtheile und Einwirkung der Erdarten auf die Vegetation.
Obschon die Erde allerdings ein mannigfaltiges Compositum in
Bezug auf Vegetation ist, so ist es doch nicht noͤthig, dieselbe weiter als
bis auf folgende einfache Zerlegung zu verfolgen, naͤmlich in Kalkerde, oder
in ihren kalkartigen Bestandtheil, in Kieselerde oder den kieselerdigen, Thon oder
den thonartigen, Bittererde oder den bittererdigen, und Kohlenstoff oder den
kohlenstoffhaltigen Bestandtheil, gewoͤhnlich Humus (Dammerde, Moder, (Mould) genannt.
Die vier ersten Bestandtheile sind das, was Miller
Einer der ersten und bis auf den heutigen Tag noch immer
unuͤbertroffenen Gartenmeister, dessen unsterbliches Werk, Garten-Lexikon, 19 Auflagen erlebte.
Vergl. Schultes Grundriß einer Geschichte und
Literatur der Botanik, 8. Wien 1817. S. 377. 378. Anmerk. d.
Uebers. eigentlich den enthaltenden Theil, den Koͤrper, das Bett, das Lager nennt; den
fuͤnften oder Humus (Moder
Wir werden uns kuͤnftig dieses Ausdruckes statt des lateinischen Humus bedienen, weil er erstens bezeichnender,
ganz die Eigenheit der Sache ausdruͤckend, und endlich auch zweitens
nicht gelehrt und deutlich ist. Anmerk.
d. Uebers.), das Resultat verwitterter thierischer und Pflanzenstoffe) nennt er den
enthaltenen Theil.
Es ist klar erwiesen, daß keiner der vier Bestandtheile, weder Kalk- noch
Thon-, weder Bitter- noch Kieselerde in reinem Zustande, sowohl jeder
einzeln fuͤr sich, als mit anderen gemengt, eine Pflanze erhalten kann, und
daß hie Vegetationskraft eines jeden Bestandtheiles des Bodens durch die Menge des
Moders, oder des thierischen und Pflanzenstoffes bestimmt wird, welche derselbe
enthaͤlt.
Erde ist allerdings, wie man erwiesen hat, ein wesentlicher Bestandtheil der
Pflanzen, allein die Menge dieser in den Pflanzen entdeckten Erde ist so gering und
von solcher Art, daß sie in dem Wasser enthalten und von demselben zu- und
abgefuͤhrt werden kann.
Eine zu große Anhaͤufung oder Vereinigung thierischer und Pflanzenstoffe auf
einem Punkte macht den Boden untauglich zur Fortpflanzung und Erhaltung der meisten
Gewaͤchse: wir finden jene auch in der Natur selbst immer zertheilt und
verduͤnnt durch die Dazwischenkunft und Beimischung anderer Urstoffe, und in
diesem Zustande oder in dieser Verbindung bilden sie das, was man eigentlich Grund (loam) nennt.
Jeder Theil der Oberflaͤche unseres Erdballes, welcher Pflanzen traͤgt,
besteht aus einer Mischung oder Decke von Grund, in mehr oder minder
maͤchtiger Tiefe, und diese Maͤchtigkeit seiner Tiefe, das
Verhaͤltniß der Mischungen desselben, der Grad, in welchem er der Sonne und der Luft
ausgesezt ist, und die Beschaffenheit seiner Unterlage bestimmen den Ertrag des
Bodens oder der Erde im Allgemeinen.
Es ist eine ziemlich allgemein angenommene Meinung, daß kohlensaures Gas oder fixe
Luft die Hauptnahrung der Pflanzen bildet, allein dies ist nicht erwiesen.
Kohlensaures Gas, welches aus Kohlenstoff besteht, der in einer großen Menge von
Sauerstoff aufgeloͤset erhalten ist, besteht allerdings aus den zwei großen
Grundstoffen der Vegetation; es scheint mir aber weder wahrscheinlich noch
nothwendig, daß dasselbe in einem zusammengesezten oder gasfoͤrmigen Zustande
als Nahrung fuͤr die Pflanze anwendbar seyn sollte: wenn es aber durch die
kalkartigen Erden zersezt, seine Saͤure neutralisirt, oder der
uͤberfluͤßige Sauerstoff, indem er eine andere Verbindung eingeht,
demselben entzogen ist, und der Kohlenstoff sich mit Wasser verbindet, dann kann es
in Nahrungsstoff fuͤr die Pflanze verwandelt werden.
Es kann vielleicht noͤthig seyn, daß der Kohlenstoff auf denselben Zustand
zuruͤckgefuͤhrt werden muß, in welchem sich derselbe befindet, wenn er
mit Sauerstoff vereint, kohlensaures Gas bildet, ehe er von dem Wasser
aufgeloͤset und von den Pflanzen aufgenommen, verzehret, und denselben
angeeignet werden kann.
Alle Beobachtungen stimmen darin uͤberein, daß ein Uebermaß von Sauerstoff den
Pflanzen nachtheilig ist; es ist auch gewiß, daß die Fruchtbarkeit einer Pflanze
durch die Bildung oder durch das Weglassen des kohlensauren Gases sowohl von Seiten
des Bodens, als von Seiten der Pflanze vermindert wird.
Die befruchtendsten Duͤngerarten sind diejenigen, welche durch Zersezung von
thierischen oder Pflanzenstoffen durch solche Prozesse entstehen, welche die Bildung
des kohlensauren Gases hindern oder unmoͤglich machen.
Ohne einen Ueberschuß von Wasser in fortdauerndem Zustande wird der Kohlenstoff
unfaͤhig zu jenem Grade von Saͤuerung, welcher noͤthig ist, um
denselben in eine Saͤure umzubilden, und wird dann nur, wie man sagt, in ein
kohlensaures Oxyd verwandelt, welches, wie es mir scheint, jener Zustand ist, in
welchem er sich am leichtesten in Pflanzen-Nahrung verwandeln laͤßt;
daher finden wir auch, daß stehendes Wasser den Pflanzen nachtheilig ist.
Wenn der Boden schon vorlaͤufig mit einer hinlaͤnglichen Menge von Kali
oder Saͤure versehen ist, um beide in einem neutralen Zustande darbieten zu
koͤnnen, wenn er durch die Dazwischenkunft von kiesel- und
kalkhaltigen Erden so zertheilt ist, daß jede Vereinigung auf einem Punkte gehindert
wird; so wird jeder Zusaz von einem oder von dem anderen der hier bemerkten Dinge
denselben unfruchtbar und fuͤr die Vegetation nachtheilig machen.
Gegohrene Fluͤssigkeiten, welche eine große Menge kohlensauren Gases oder
fixer Luft enthalten, wie Bier, verspaͤten oder hindern den Wachsthum, wenn
sie in gewoͤhnlichem Boden an die Wurzeln der Pflanzen gebracht werden;
staͤrkere Saͤuren, wie Essig oder Essigsaͤure,
zerstoͤren, wenn sie mit den Wurzeln in unmittelbare Beruͤhrung
gerathen, das Leben der Pflanze.
Man hat beobachtet, daß Pflanzen, wenn sie im Schatten wachsen, kohlensaures Gas
entwickeln; Sauerstoffgas hingegen allein, wenn sie den Strahlen der Sonne ausgesezt
werden; wir duͤrfen hieraus nicht schließen, daß kohlensaures Gas, als
solches, schon vollkommen ausgebildet, von den Blaͤttern und Wurzeln als
Nahrung aufgenommen, und in demselben Zustande wieder ausgeschieden wird, sondern es
scheint, daß eine Aufloͤsung des Kohlenstoffes in Wasser als Nahrung
aufgenommen wird, und daß die Sonne die Pflanze in den Stand sezt, diese Nahrung,
welche aus Wasser
besteht, worin Erde und Kohlenstoff aufgeloͤset sind, zu verdauen, und zu
ihrem verschiedenen Bedarf anzuwenden; daß die Sonne, waͤhrend sie die
Entweichung des Sauerstoffgases erleichtert, der Bildung des kohlensauren Gases, und
dem dadurch nothwendig entstehenden Verluste des Kohlenstoffes, dieses fuͤr
die Pflanze so wichtigen Stoffes, vorbeugt; daß, wenn die Sonne auf die Pflanze
nicht einwirkt, diese Zersezung oder Verdauung nur unvollkommen geschieht, und die
Nahrung dann unverdaut, als kohlensaures Gas, ausgeschieden, die Pflanze selbst aber
schwach, ungesund und kraͤnkelnd wird.
Ohne Anwendung einer außerordentlichen Hize, die jener des freien Feuers nahe kommt,
kann die Kunst den Kohlenstoff in reinem Zustande nicht erzeugen, und es scheinen
triftige Gruͤnde uns zur Annahme zu berechtigen, daß, ohne Huͤlfe der
Sonnenstrahlen oder der Verdauung in den Eingeweiden der Thiere, eines Grades von
Hize, der nach jenem der Gaͤhrung und des Feuers zu stehen kommt, der
Kohlenstoff der noͤthigen Aufloͤsung im Wasser, in welchem Zustande er
allein als Nahrung fuͤr die Pflanzen dient, nicht faͤhig werden kann;
denn wir finden, daß thierische oder vegetabilische Substanzen, wenn sie in einem
organischen Zustande unter die Erde gebracht und dort zersezt werden, den Pflanzen
nur wenig heilsame Nahrung darbieten, so lange sie von der Einwirkung der Sonne und
des Feuers etc. ausgeschlossen sind, waͤhrend, wenn sie spaͤter in was
immer fuͤr einer Periode der Einwirkung der Sonne und der Luft ausgesezt,
oder in Beruͤhrung mit einer aͤhnlichen Waͤrme, mit kalkartigen
Erden oder mit absorbierenden und durch das Feuer kaustisch gewordenen Substanzen
gebracht werden, sie dadurch in einen Zustand gelangen, in welchem sie die Erde
fruchtbar machen, und Nahrung fuͤr die Pflanzen werden koͤnnen.
Durch den Harn und durch die thierischen Excremente, durch die Einwirkung des Feuers
auf thierische und vegetabilische Stoffe, durch das Aussezen derselben an die Sonne
und durch einen Ueberschuß von Wasser werden alkalische Salze erzeugt,
waͤhrend durch die natuͤrliche Zersezung von Thieren und Pflanzen
mittelst der Gaͤhrung Saͤuren gebildet werden, kohlensaures Gas,
gekohlstofftes Wasserstoffgas, Ammoniakgas u. d. gl. Daher glauben auch Einige, daß
diese das Hauptprincip der Nahrung und des Unterhaltes der Pflanzen waͤren:
allein es ist erwiesen, daß weder alkalische oder andere Salze, noch Saͤuren
fuͤr sich allein eine Pflanze erhalten, oder einen Wachsthum in derselben
hervorbringen koͤnnen.
Man sieht zuweilen uͤppig und geil Gewaͤchse an solchen Orten
aufschießen, wo diese verschiedenen Gasarten in großer Menge entwickelt werden; sie
scheinen die Aufloͤsungen der sich zersezenden Substanzen in dem unreinsten
Zustande zu verschlingen. Dies laͤßt sich am deutlichsten an der Familie der
Kohlgewaͤchse beweisen, und besonders am See-Kohle, wenn er
fuͤr die Tafel gezogen wird; wenn dieser auf frisch und reichlich
geduͤngtem Grunde gebaut wird, so bekommt er einen so starken und
uͤblen Geschmack, daß er kaum genießbar ist; ist er aber in reinem Grunde,
oder in einem solchen gewachsen, der bereits vor einigen Jahren geduͤngt
wurde, so schmeckt er suͤß und kostbarMoͤchten sich dies doch unsere Erdaͤpfel-Fabrikanten in
Baiern gesagt seyn lassen, die, um ja nur recht viele Knollen zu fabriciren,
das Feld, auf welchem sie Kartoffeln bauen, wenige Tage vorher recht
tuͤchtig duͤngen, und so aus den feinsten und schmackhaftesten
englischen und hollaͤndischen Zucker-Erdaͤpfeln immer
nur Schweins-Kartoffeln, die im Halse krazen und brennen, zu Markte
bringen. Anmerk. d.
Uebers..
Pflanzen, die zu schnell und zu uͤppig wachsen, sind gewoͤhnlich
kraͤnkelnd, und tragen selten Fruͤchte. Die Ursache hiervon ist
offenbar. Die Stoffe, welche das Gas liefern, sind mit einer Menge Wasser in
Verbindung, und liefern dadurch einen großen Vorrath von Nahrung fuͤr die
Pflanzen: allein diese ist in einem solchen Zustande oder Mißverhaͤltnisse,
so verduͤnnt, waͤsserig und unrein, daß eine weit groͤßere
Oberflaͤche am Staͤngel wie am Laube der Einwirkung der Sonne und der
Luft ausgesezt werden muß, wenn sie fruchtbringend werden soll, als eine
einjaͤhrige Pflanze fuͤglich zu ertragen vermag; sie muß also
nothwendig zu Boden fallen.
Wenn Baͤume und Straͤucher einander beschatten, die Strahlen der Sonne
ausschließen, und ein großer Theil des Kohlenstoffes in Verbindung mit Sauerstoff
als kohlensaures Gas entwickelt wird, so bleiben die beschatteten in einem Zustande
von Schwaͤche, der nothwendigen Erhaltungsmittel beraubt, und Krankheit,
Faͤulniß und Tod ist nicht selten hiervon die Folge.
Ein Boden, der durch seine Lage gegen Sonne und Luft, oder durch Einwirkung des
Feuers, oder durch seine gehoͤrige Mischung aus Kalk, Kiesel und Thonerde so
beschaffen ist, daß er die Zersezung thierischer und vegetabilischer Produkte durch
Ablassung des uͤberfluͤssigen Wassers und Hinderung der Bildung des
kohlensauren Gases und gekohlstofften Wasserstoffgases und der dadurch nothwendigen
Entweichung des Kohlenstoffes gehoͤrig leitet, bringt und erhaͤlt die
gesundesten Pflanzen, und macht diese hoͤchst fruchtbar an Samen und
Fruͤchten.
Als Zusaz zu obigen Behauptungen wollen wir bemerken, daß Jethro Tull in seiner Abhandlung uͤber das
Roß-Harken (Treatise on Horse-Horing) vom
Jahr 1733 die Meinung aufstellte, daß sehr kleine Erdtheilchen die Nahrung der ganzen
vegetabilischen Welt bilden; daß Luft und Wasser zur Erhaltung dieser Theilchen aus
dem Boden vorzuͤglich nuͤzlich sind, und daß der Duͤnger auf
keine andere Weise, als dadurch wirkt, daß er das Gefuͤge des Bodens
verbessert.
Van Helmont glaubte im Jahr 1610 durch entscheidende
Versuche bewiesen zu haben, daß alle vegetabilische Produkte im Wasser erzeugt
werden koͤnnenThales hat eben dasselbe schon einige halb Duzend
Jahrhunderte vor Van Helmont behauptet. Wenn
diese beiden – Philosophen eben dies von unseren heutigen
mystikvollen Poeten behauptet haͤtten, wuͤrde ihnen kein
Mensch widersprochen haben..
Es laͤßt sich erweisen, daß eine unendliche Menge Wassers von unserer Erde
durch Ausduͤnstung aufsteigt. Einstimmig hiermit und mit der Meinung, daß die
Blaͤtter die Nahrung der Pflanze einsaugen und zufuͤhren, und diese
durch das ganze Gebaͤude derselben geleitet wird, bemerkte ein
ausgezeichneter Ackerbauer und Schriftsteller unserer Zeit, J. C. Curwen, Esqu., daß Pfluͤgen und Aufruͤhren
des Bodens diese Verduͤnstung erleichtert und vermehrt, und daß, wenn diese
Arbeit statt hat, der Wachsthum der Pflanzen durch den Dunst, der dann aufsteigt,
und von den Blaͤttern verzehrt wird, sich neu belebt und vermehrt. Obschon
keine dieser Behauptungen durch Demonstration erwiesen werden kann, so sind doch die
Beobachtungen dieser ausgezeichneten Maͤnner keineswegs grundlos, sondern
verdienen alle Aufmerksamkeit; denn wenn auch ihre Theorien und Meinungen
uͤber die große wirkende Ursache Sophisterei sind, so bleiben doch die
wohlthaͤtigen Wirkungen, welche von der praktischen Anwendung ihrer
Lieblings-Prozesse fuͤr den Landbau uͤberhaupt entstehen,
unbezweifelt.
Van Helmont's Ideen, daß alle vegetabilischen Produkte aus dem Wasser allein erzeugt
werden koͤnnen, sind, strenge genommen, nicht richtig; es ist aber gewiß, daß
die Pflanzen ohne Wasser nicht wachsen koͤnnen, und daß ihr Wachsthum
wirklich ganz und gar von dem Wasser abhaͤngt, welches ihre Wurzeln
erhaltenEs ist aber eben so wahr, daß die allersaftigsten Pflanzen, die Crassulen,
Mesembryanthemen, Cactus, Euphorbien, Aloën etc. auf dem
allerduͤrresten Boden der heißen afrikanischen Wuͤsten, so wie
unser Mauerpfeffer und unsere Hauswurzen auf unseren trockenen Mauern, am
besten gedeihen, und daß alle diese Pflanzen, wenn man ihren Wurzeln
reichlich Wasser giebt, in wenigen Tagen zu Grunde gehen. Anmerk. d. Uebers..
Jethro Tull's Meinung, daß der urspruͤngliche Boden alles in sich
enthaͤlt, was zur Erhaltung der Pflanzen noͤthig ist, ist durch die
jaͤhrliche Erfahrung aller Gaͤrtner und Landwirthe hinlaͤnglich
widerlegt; allein seine Methode und sein Grundsaz, nach welchem der Landbau
getrieben werden soll, wird immer die Fruchtbarkeit des Bodens vermehren. Herrn
Curwen's Schluß, daß die aus dem Boden, wenn dieser umgekehrt wird, aufsteigenden
Daͤmpfe den Pflanzen einen Zuschuß an Nahrung gewaͤhren, indem sie von
den Blaͤttern verschlungen und in das Gebaͤude der Pflanze aufgenommen
werden, ist eben so truͤgerisch; denn wenn dies wirklich der Fall
waͤre, so muͤßten, da diese aus der Erde aufsteigenden Daͤmpfe
so leicht sind, daß sie durch das leiseste Luͤftchen verwehet werden
koͤnnen, auch jene Pflanzen, welche neben dem Lande, das aufgeharkt wurde,
stehen, davon Vortheil ziehen, was aber nicht der Fall ist. Indessen ist das Harken
selbst doch unbezweifelt nuͤzlichWo es zur rechten Zeit geschieht. Anmerk. d.
Uebers..
Die wahren Grundsaͤze, auf welchen das Ganze beruht, scheinen folgende:
Wasser, welches gewisse Substanzen aufgeloͤset enthaͤlt, liefert die
einzige Nahrung der Pflanzen.
Nachdem die Wurzeln denjenigen Theil des Wassers, welchen sie fuͤr sich
tauglich fanden, ausgezogen und verzehret haben, wird das noch Uebrige fuͤr
sie unnuͤz und schaͤdlich, und erzeugt, wenn es nicht entfernt wird,
Krankheit.
Um also einen bestaͤndigen und regelmaͤßigen Vorrath von Nahrung und
die Pflanzen zugleich gesund zu erhalten, wird fuͤr diese ein Wechsel und
Umlauf des Wassers eben so noͤthig, als Wechsel und Umlauf der Luft
fuͤr die Thiere noͤthig ist.
Der Grund und Boden (als dem Einflusse der Cultur unterworfen) ist fuͤr die
Erhaltung der Pflanzen in keiner anderen Ruͤcksicht, denn als Laboratorium,
Lager oder Bett nothwendig, in welchem die Nahrung bereitet wird, und die Wurzeln
sich ausbreiten, naͤhren und ruhen koͤnnen.
Jede Art von Erde kann durch die Anziehungskraft der Haarroͤhrchen eine
gewisse Menge Wassers in sich fassen, und, nach ihrem verschiedenen Gefuͤge,
demselben einen schnelleren oder langsameren Durchgang gewaͤhren.
Die Schwere des Wassers, welches als Regen, oder wie immer auf die Oberflaͤche
der Erde auffaͤllt, veranlaßt die absteigende Bewegung oder das Eindringen
desselben in die Erde, und wenn diese durch die Sonne an ihrer Oberflaͤche
erhizt wird, wird das Wasser an derselben verduͤnnt, steigt auf, und geht in
Dampfgestalt davon; und da die Anziehungskraft dadurch vermehrt wird, so entsteht
eine aufsteigende Bewegung.
Da nun das Wasser waͤhrend seines Auf- und Niedersteigens in der Erde
mit dem in derselben enthaltenen Kohlenstoffe in Beruͤhrung kommt, so
loͤst es einen Theil desselben auf, und wird dadurch mit der fuͤr die Erhaltung
der Pflanzen noͤthigen Nahrung versehen, welche, waͤhrend sie durch
die Wurzeln durchgeht, gehoͤrig in denselben vertheilt wird.
Es ist durch Analyse erwiesen, daß diejenigen Gruͤnde die fruchtbarsten sind,
welche so beschaffen sind, daß in ihnen die groͤßte, unmittelbarste und bis
in das Kleinste gehende Zertheilung, Ausdehnung und Verbreitung des Wassers
waͤhrend seines Durchganges durch dieselben moͤglich wird, und die
zugleich eine hinlaͤngliche Menge aufloͤslichen Kohlenstoffes und
kalkartiger Erde zur Verbesserung der Saͤure und Faͤulniß
enthalten.
Die wirksamste Weise, jeden Boden fruchtbar zu machen, muß daher diejenige seyn,
durch welche diese wesentlichen Eigenschaften an demselben hervorgebracht und
unterhalten werdenHoc opus, hic labor est! Es muß daher ewig Boden
geben, die zur ewigen Unfruchtbarkeit verdammt bleiben muͤssen, weil
der Aufwand mehr kosten wird, als der Ertrag. Non
omnis fert omnia tellus.
Anmerk. d. Uebers..
Dies ist die wahre Ursache der Vortheile, welche durch Tull's und Hn. Curwen's
Methode entstehen.
Je mehr der Boden gehoͤrig und vollkommen zertheilt wird, desto vollkommener
und gleichfoͤrmiger wird auch das Auf- und Niedersteigen der
Feuchtigkeit geschehen koͤnnen, und je kleiner das kohlenstoffhaltige oder
große Princip aller Fruchtbarkeit zertheilt, je gleichfoͤrmiger dasselbe
uͤberall in der Erde verbreitet wird, desto leichter wird es sich von dem
Wasser aufloͤsen lassen, und mit demselben verkoͤrpern, desto
vollkommener wird es zubereitet, und in den Bereich der Wurzeln der Pflanzen
gebracht.
Man muß ferner noch bemerken, daß es diese Grundsaͤze sind, auf welchen die
wohlthaͤtigen Resultate der Ackerbau-Verrichtungen, des Trockenlegens
und Waͤsserns, des Kalkgebens, des Reinigens der Oberflaͤche vom
Unkraute, und des gehoͤrigen Ausstellens derselben gegen Sonne und Luft etc.
beruhen.
Wir muͤssen ferner aus den vorhergehenden Beobachtungen schließen, daß nicht
blos die Bildung des Lagers oder Bettes unsere besondere Aufmerksamkeit verdient,
sondern daß auch die Beschaffenheit der Unterlage, worauf dasselbe ruht, von sehr
wesentlicher Wichtigkeit ist. Wenn diese so beschaffen und gebildet ist, daß sie das
uͤberfluͤßige Wasser zuruͤck haͤlt, und um die Wurzeln
her still stehen laͤßt, so wird sie Unfruchtbarkeit, Krankheit und den Tod
herbeifuͤhren; wenn sie aber zu offen und trocken ist, so wird sie, indem sie
das Wasser zu schnell durchlaufen laͤßt, bei ihrer Unfaͤhigkeit,
dasselbe zuruͤckzuhalten, den Grund seines Kohlenstoffes berauben und
denselben unfruchtbar machen.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß bei Pflanzen wie bei Thieren die Menge und
Beschaffenheit der Nahrung, der Schuz und die Wartung, die man ihnen angedeihen
laͤßt, ihre Staͤrke und ihren Ertrag bestimmen; es muͤssen
daher in dem ganzen Verlaufe ihrer Cultur alle Vorrichtungen so getroffen werden,
daß sie mit dem beabsichtigten Zwecke im Einklange stehen, und unsere Forderungen
duͤrfen nie unsere Mittel uͤbersteigen. Es wird verderbliche Thorheit
seyn, ein Bett oder Lager und hinlaͤngliche Nahrung fuͤr einen großen
starken Baum herzurichten, wenn wir nur fuͤr den Stamm oder fuͤr die
Aeste eines kleinen Strauches Raum genug besizen, und umgekehrtDie gewoͤhnliche Geschichte der Cultur tropischer Baͤume in
unseren Vogelbauern von Glashaͤusern. Anmerk. d. Uebers..