Titel: | Untersuchungen über die weinige Gährung. Von C. Julia Fontenelle, Professor der medicinischen Chemie. |
Fundstelle: | Band 12, Jahrgang 1823, Nr. LIX., S. 338 |
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LIX.
Untersuchungen über die weinige Gährung. Von
C. Julia
Fontenelle, Professor der medicinischen Chemie.
Aus dem Journal de Pharmacie. Nro. 9.
1823.
Fontenelles Untersuchungen über die weinige Gährung.
Die weinige Gaͤhrung war seit undenklichen Zeiten
unerfahrnen Haͤnden uͤberlassen, welche, geleitet durch blindes
Herkommen, weit entfernt
die Produkte derselben zu vervollkommnen zu suchen, vielmehr dahin zu arbeiten
schienen, sie schlechter zu machen. Vergebens versuchten es einige gute Agronomen,
die Kunst der Weinbereitung auf Grundsaͤze zu stuͤzen, welche von den
physischen Wissenschaften gebothen wuͤrden; der Schlendrian behielt die
Oberhand, und die Rathschlaͤge der Porta, la
Plombarie, Rozier und eine Menge anderer
Oenologen wurden nicht gehoͤrt. Als gegen das Ende des 18ten Jahrhunderts die
Chemie, indem sie sich von den pharmaceutischen Fesseln befreite, eine Wissenschaft
wurde, welche beinahe alle Kuͤnste umfaßte, wollten mehrere Gelehrte dieselbe
benuͤzen, um die Graͤnzen der Oenologie zu erweitern. In Italien gab
Fabroni die erste Veranlassung hierzu, so wie es Porta fruͤher in Neapel that; in Frankreich trug
die Societé royale des Sciences zu Montpellier
einstimmig mit den Generalstaaten von Languedoc, durch die Preisfrage, die sie im
Jahre 1788 in dieser Hinsicht ausschrieb, sehr viel dazu bei. Dieser
Preisausschreibung verdanken wir die gekroͤnte Abhandlung von Berthollon und die von Le
Gentil, welche des Preises noch wuͤrdiger gewesen waͤre. Seit
dieser Zeit beschaͤftigten sich die HHrn. Mourgues, Chaptal, Dandolo, Parmentier, Gervais, Astier, Herpin etc.
mit mehr oder weniger Erfolge mit demselben Gegenstande. Ungeachtet der zahlreichen
Untersuchungen dieser Maͤnner ist jedoch die Geschichte der weinigen
Gaͤhrung nichts weniger als vollstaͤndig; eine große Menge von
Erfahrungen bewies, daß noch viele Luͤken auszufuͤllen uͤbrig
sind. Da noch Niemand den Grad der Geistigkeit der Weine untersucht hat, welche man
auf gleichem Boden von verschiedenen Rebensorten von gleichem Alter erhaͤlt,
so glaubte ich meine Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand wenden zu muͤssen,
um jene Arten ausfindig zu machen, deren Bau sowohl wegen der Menge der
Fruͤchte als auch zur Erzeugung von Tischweinen und zur Bereitung von
Brantwein am vortheilhaftesten ist. Dabei befolgte ich folgendes Verfahren:
1tens, nahm ich das specifische Gewicht von mehr als 300 Mostarten. Ich bemerkte, so
gut ich es konnte, das Alter der Reben, und den Weinberg, wenn er auch auf gleichem
Boden gelegen war.
2tens, nahm ich ebenfalls das specifische Gewicht des Mostes von jeder Rebenart, d.h.
von jenen, welche am haͤufigsten gebaut werden.
3tens, destillirte ich die Weine, welche aus allen diesen Mosten gewonnen wurden.
4tens, sammelte ich die Kohlensaͤure, welche sich bei der Gaͤhrung
entwikelte.
5tens, unterwarf ich den Most verschiedenen Untersuchungen, um die Theorie des
Schwefelns des Weines zu untersuchen.
6tens, endlich stellte ich einige Versuche an, um mich zu uͤberzeugen, ob die
Gegenwart der Luft zur weinigen Gaͤhrung unumgaͤnglich noͤthig
ist.
§. I. Specifisches Gewicht der Moste.
Die Erfahrungen, welche ich anfuͤhren werde, wurden im Jahre 1822, im Canton
von Narbonne, Departement de l'Aude gemacht, dessen Weine manchmal beinahe jenen des
Roussillon an Geistigkeit gleich kommen, und denselben als Tischweine vorzuziehen
sind, ausgenommen die ersteren sind schon abgelegen; in diesem Falle
uͤbertreffen sie alle jene des Suͤden, und sogar jene, welche auf der
spanischen Seite der Pyrenaͤen gewonnen werden, wie ich mich im Jahre 1821 zu
Barcellona durch vergleichende Untersuchung an verschiedenen Orten geernteter Weine
uͤberzeugte.
Das Jahr 1822 war sehr troken, und dessen ungeachtet waren die Weine nicht geistiger,
und ich moͤchte sagen, nicht so gut wie in anderen Jahren. Ich begann meine
Arbeit den 13. Sept., und waͤhrend der Dauer derselben betrug die Temperatur
bestaͤndig 16–18° Reaumur. Ich arbeitete mit 300 Arten Moste.
Ich will mich darauf beschraͤnken nur 20 derselben anzufuͤhren, welche
in verschiedenen Weinbergen genommen wurden, und deren specifischen Gewicht allen
jenen gleich ist, die auf ihren respectiven Weinbergen eingesammelt worden sind. Ich
fand einige notorische Verschiedenheiten. Alle diese Moste wurden vorher
filtrirt.
Tabelle uͤber die specifische Schwere einiger
Moste, und die Menge Alkohols, welchen sie entwikeln.
Moste der Herren
Weinberge.
Specifisches Gewicht.
Alkohol, welchen ich durch die
Destillation der Weine, am 15.
Decbr. erhielt.
Autier
Zwischen Lunes und Boutes
15,5
25/100 zu 19,5
Baisset
Von Larnet
14,–
– – 20,–
Delhort Miailhes
Von Cité
14,–
– – 20,–
Julia oncle
Von Cité, Reben von 50 Jahren
15,–
– – 20,5
Mouly
Vom Grand Quatourzé
14,–
– – 20,–
Joseph Avrial
Von Saint-Salvaire, junge Reben
14,–
– – 20,–
Mauri
Ders., Reben von 50 Jahren
16,–
– – 21,5
Martin
Von Montredon
14,5
– – 20,5
Martin Faure
Von Pont-de-Charrettes
14,6
– – 20,5
Derselbe
Derselbe
15,–
– – 21,–
Vieules
Etang de Bages
14,5
– – 20,6
Tapie Mengau
Von Catepla
14,5
– – 20,8
Pailhez
Von Montplaisir
14,5
– – 20,5
Py
Von Pech-de-l'Agnèle
14,5
– – 20,2
Fnjalric
Von la Tuilerie
16,–
– – 21,8
Derselbe
Von Quatourzé
15,–
– – 21,–
Mauri
Von Crabit
15,–
– – 21,2
Julia oncle
Von Langel
16,–
– – 22,–
Bory
Von Montplaisir
16,–
– – 22,–
Bieules
Von den Amarats, Reben von beiläufig 30
Jahren
16,5
– – 22,5
Man sieht aus dieser Tabelle, daß das mittlere specifische Gewicht der
schwaͤchsten Moste des Cantons von Narbonne 13,5, und jenes der
staͤrksten 16,5 betraͤgt, so daß fuͤr das Jahr 1822 das
Mittel 14,85 war. Ich zweifle, daß die Moste in irgend einem Departement
Frankreichs, ausgenommen in jenem der oͤstlichen Pyrenaͤen, so
reich an Zukerstoff sind. Eine aͤhnliche Arbeit, welche in verschiedenen
Gegenden, in welchen man Wein baut, vorgenommen wuͤrde, waͤre um
so nuͤzlicher, als sie die Veranlassung, oder (vielleicht richtiger
gesprochen) gute Materialien zu einer Weinbau-Statistik Frankreichs geben
wuͤrde. Die Eigenthuͤmer selbst koͤnnten jedes Jahr
beilaͤufig die Guͤte kennen lernen, welche ihre Weine haben
sollten, wenn sie jaͤhrlich das specifische Gewicht ihrer Moste
naͤhmen, und es mir einander vergleichen wuͤrden.
§. II. Specifisches Gewicht des Mostes der
vorzuͤglichsten Rebenarten.
Obwohl man deren bis 24 in unseren Weinbergen zaͤhlt, so kann man die
Varietaͤten, welche bei weitem den groͤßten Theil unserer Weinberge
ausmachen, doch auf 7 reduciren. Selbst jene, welche man zu Weinen, die verfahren
werden sollen, baut, betragen nur 3–4. Vor kaum einigen 30 Jahren suchte man
die feinen Weine, die Clarets, die moussirenden und wenig gefaͤrbten Weine.
Dieß ist gegenwaͤrtig ein Hauptfehler; jezt verlangt man im Handel stark
gefaͤrbte Weine (gros vins). Obschon die ersteren
viel angenehmer sind, so kaufen diejenigen, welche Weine verfuͤhren, doch
keine solchen. Sie kaufen lieber die lezteren zu hoͤheren Preisen, weil sie
an ihren Bestimmungsorten durch Zusaz von Alkohol und Wasser aus einem
Stuͤkfasse (barrique) Wein drei machen
koͤnnen, ohne daß die Farbe schwaͤcher wird, was sie bei den wenig
gefaͤrbten Weinen, die zum Verbrauche an Ort und Stelle und zur
Brantweinbereitung bestimmt sind, nicht thun koͤnnten. In den Departements de
l'Aude, de l'Hèrault und der oͤstlichen Pyrenaͤen ersezen
einige Eigenthuͤmer, welche keine sehr gefaͤrbten Weine besizen,
diesen Mangel durch verschiedene Zusaͤze. Sie sezen dem Moste bei der
Gaͤhrung gepuͤlverten Gips, Asche, von Kalkoͤfen, und einige
andere auch ein chemisches Praͤparat zu, welches denselben eine sehr
gesaͤttigte Farbe gibt, die sich erst nach 4–5 Monaten
veraͤndert. Um diese Verfaͤlschungsmittel nicht, zu vermehren, glaubte
ich das Recept dazu nicht bekannt machen zu muͤssen.
Bei dem Anpflanzen von Reben sucht man jezt nicht mehr die Sorten, welche einen
kostbaren Wein geben, sondern, wenn der Wein zur Destillation bestimmt ist,
diejenigen, welche die groͤßte Menge, und wenn er verfuͤhrt werden
soll, solche, welche den dunkelsten Wein hervorbringen.
Die 7 Varietaͤten, welche im Großen am haͤufigsten gebaut werden, sind
folgende:
1tens, Vitis, uvâ peramplà, acino rotundo nigro,
dulci, acido. Le Terret.
Anmerkung. Diese Art ist sehr ergibig; allein der Wein,
welchen sie gibt, ist ein sehr geringer Wein. Er ist saͤuerlich und wenig
gefaͤrbt.
2tens, Vitis pergulana, uvâ perampla, acino oblongo,
duro et nigro. Le Ribeirenc.
Anmerkung. Diese Art ist ziemlich ergibig; die Frucht
derselben besizt einen sehr angenehmen Geschmak, und haͤlt sich ziemlich
lang; der Wein, den sie gibt, ist sehr delicat, und von den Weinkennern sehr
geschaͤzt.
3tens, Vitis serotina, acinis minoribus, acutis,
flavo-albidis, dulcissimis. La Blanquette ou Charette.
Anmerkung. Die Frucht dieser Art ist eine von jenen,
welche sich am besten halten. Sie gibt einen weissen, moussirenden, und nach den
verschiedenen Gegenden mehr oder weniger geschaͤzten Wein.
4tens, Vitis, acinis minoribus, dulcibus et griseis. Le Piquepouil gris.
Anmerkung. Dieß ist die ergibigste Art. Der Wein, welchen
sie gibt, ist unter dem Namen Vin gris bekannt; er ist
troken, moussirend, und ziemlich angenehm.
5tens, Vitis, acino rotundo, nigro, suavi sapore. Piquepouil noir.
Anmerkung. Sie ist weniger ergibig, als die
vorhergehende; die Beeren sind groͤßer; die Kaͤmme weißlich; der Wein
gefaͤrbt und geistig.
6tens, Vitis, acino oblongo, dulci et molli. La Caragnane.
Anmerkung. Sehr ergibig; der Wein sehr schwarz; aber
herb, nicht sehr angenehm und minder geistig als der vorhergehende.
7tens, Vitis, acino nigro, subrotundo, subaustero. Grenache.
Anmerkung. Eine sehr ergibige Art, die einen schwarzen,
und, solang er jung ist, sehr milden und geistigen Wein gibt.
Die vier lezten Arten werden am haͤufigsten gebaut, besonders aber Nro. 5, 6
und 7 zu den starkgefaͤrbten Weinen; sie machen den besten Theil der
Weinberge des Roussillon aus. Ich habe ebenfalls die von Viranoz in Spanien untersucht, welche einen sehr schwarzen Wein geben, der
zum Faͤrben anderer Weine sehr gesucht wird, und ich fand, daß die beiden
lezten Arten beilaͤufig 2/3 der Reben ausmachen. Ich will nun das specifische Gewicht ihres
Mostes und die Menge des Alkohols, welche jeder derselben gab, anfuͤhren. Um
die Citate nicht zu vermehren, will ich mich darauf beschraͤnken, nur die
Versuche anzugeben, welche ich mit den Mosten, der HHrn. Enjalric und Julia
angestellt habe.
Weinberg des Herrn Enjalric, den 17. Sept. 8 Uhr
Abends.
Namen der Weintrauben.
Specifisches
Gewicht der
Moste.
Tag der
Gaͤhrung.
Alkohol, welchen ich den 1. Dec. durch
Destillation
erhielt.
Terret
12,5
18. Sept. um 4 Uhr Morg.
25/100 zu 18,5 (Baumé)
Ribeirenc
14,–
id.
– 7
– id.
–
– 19,–
Blanquette
14,5
id.
– 4
– Ab.
–
– 19,5
Piquepouil gris
14,–
id.
– 6
– Morg.
–
– 19,–
Caragnane
15,–
id.
– 7
– Ab.
–
– 19,5 Dieser
Wein war sehr mild und zeigte o am
Oenometer.
Grenache
16,–
id.
– 8
– id.
–
– 20,– Ebenso.
Gemisch d. Moste
14,4
id.
– 11 1/2
U. Mrg.
–
– 20,– Dieser
Unterschied kommt daher, weil die Gaͤhrung des Gemisches
wegen der verschiedenen Menge Gaͤhrungsstoffes viel
weiter vorwaͤrts geschritten war.
Weinberg des Hrn. Julia, den
20. Sept. um 9 Uhr Morgens.
Namen der Trauben.
Specifisches Gewicht
der
Moste.
Tag
der Gaͤhrung.
Alkohol, welchen ich den 1. Decbr.
erhielt.
Terret
13,–
20. Septbr. um 8 Uhr Abends
25/100 zu 19,–
Ribeirenc
14,5
id.
10 U. id.
20,–
Blanquette
14,5
21. id.
3 U.
Morgens
20,–
Piquepouil gris
14,5
20. id.
9 U.
Abends
19,8
Caragnane
15,–
21. id.
7 U.
Morgens
20,–
Piquepouil noir
16,–
id.
6 3/4 U. id.
21,–
Grenache
16,–
id.
7 U.
id.
20,5
Gemisch der Moste
14,55
id.
1 U.
id.
20,3
Diese Mengen von Alkohol sind aber nicht das Maximum von jenen, welche diese
Moste zu geben im Stande sind, wenn die Vinification vollkommen ist, weil im
Jahre 1825 wiederholte Destillationen dieser Weine, welche den 16. Maͤrz
veranstaltet wurden, von 100 Theilen, 25 Theile Alkohol gaben, welche bei den
verschiedenen Arten folgende Grade besaß:
Terret zu
19,5
Ribeirenc
20,65
Blanquette
21,
Piquepouil gris
20,7
Caragnane
21,7
Piquepouil noir
22,5
Grenache
22,4
Gemisch der Moste
21,3
Wahrscheinlich war noch nicht aller Zukerstoff in Alkohol umgewandelt. Diese
Behauptung scheint dadurch unterstuͤzt zu werden, daß ich, als ich im J.
1804 die zweijaͤhrigen Weine von Rivesaltes, Peyres Tortes, Stagel und
Banquels, den besten Gegenden Roussillon's, der Destillation unterwarf, 25/100
Alkohol von 22 Grad erhielt, waͤhrend ich im Jahre 1821, d.h. 17 Jahre
spaͤter, eine ungleiche Menge von 23,4 Grad bekam.
Aus den oben angefuͤhrten Erfahrungen sieht man, daß alle Mengen von
Trauben nicht gleich reich an Zukerstoff sind, und daß die Gaͤhrung um so
spaͤter eintritt, und nicht nach einigen Tagen schon beendigt ist,
waͤhrend andere erst nach mehreren Monaten in Wein verwandelt werden:
dieß ist bei jenen der Fall, welche sehr reich an Zukerstoff sind; man
koͤnnte sagen, daß dieses Dasjenige ist, was macht, daß sie sich so lang
halten; auch sind diese Weine suͤß und liqueurartig, und verlieren diesen
Geschmak nicht ehe, als bis aller Zuker in Alkohol verwandelt ist; sie sind dann
sehr geistig und werden schwer sauer. In Roussillon bewahrt man manchmal nicht
zugepfropfte Bouteillen davon bei 5 Monate lang auf, ohne daß sie die geringste
Veraͤnderung erleiden. Bei der Rundreise, welche Graf Berthollet in den oͤstlichen Pyrenaͤen
machte, hatten wir Gelegenheit, Wein von Coulliouvre von 21 Jahren zu trinken,
welcher koͤstlich war, obschon er 4 Monate lang nicht verschlossen
gewesen, und die Bouteille nur zu 2/3 voll war.
Um einige Beweise von der Verschiedenheit zu geben, welche zwischen dem Gange der
Gaͤhrung bei verschiedenen Mosten Statt hat, will ich einige der 20
vorhergehenden Erfahrungen anfuͤhren.
Der Most des Hrn. Faure, welcher 14 Grad zeigte, und
den 14ten September in Gaͤhrung gesezt wurde, bedekte den 31sten
desselben Monates kaum die Kugel.
Derselbe, welcher 13 3/4 zeigte, und den 14ten September in Gaͤhrung
gesezt wurde, zeigte den 31sten 1,3.
Der Most des Hrn. Julia, oncle,
von
Caragnane, der den 20. Sept. in
Gährung gesezt wurde, zeigte
den 6. Octbr.
0
Ribeirenc
id.
id.
5
Piquepouil gris
id.
id.
10
Blanquette
id.
id.
12
Grenache Piquepouil noir
id.
id.
8
Gemisch der Moste
id.
id.
5
Es gibt Moste, welche viel mehr Kohlensaͤure liefern als andere, obschon
sie weniger Zukerstoff enthalten; auch enthalten die Weine, welche aus denselben
entstehen, eine große Menge davon, und sind daher auch viel leichter, als die
anderen. Ich unterwarf eine Menge derselben, welche selbst um 12 Grade mehr
zeigten, als die uͤbrigen, der Destillation, und sie gaben dennoch
weniger Branntwein. Bei der Weingaͤhrung kann der Wein am Oenometer
selbst 2 Grad unter 0 zeigen, ohne daß dieselbe beendigt ist; weil er diese
Leichtigkeit von dem kohlensauren Gase haben kann, welches er aufgeloͤst
enthaͤlt, und welches das Volumen desselben vermehrt; so daß die
leichtesten Weine nicht immer am reichsten an Alkohol sind, indem sie diese
Leichtigkeit nicht bloß wegen dieses Koͤrpers, sondern auch wegen der
Kohlensaͤure besizen koͤnnen. In diesem Gesichtspunkte ist das
Oenometer ein mangelhaftes Instrument, welches uns oft zu Irrthuͤmern
fuͤhren kann.
§. III. Kohlensaͤure, welche sich
waͤhrend der Gaͤhrung einiger Mofte entwikelt.
Ich nahm den 25sten September 1823 5 Kolben, wovon jeder 15 Litre faßte. In
Nro.
1 brachte ich 12
Litre des
Piquepouil gris von
13 Grad
2 brachte ich
id.
Blanquette
13
3 brachte ich
id.
Piquepouil noir
16
4 brachte ich
id.
Caragnane
14
5 brachte ich
id.
Grenache
15
Ich verstopfte dieselben mit einem guten Korkstoͤpsel, durch welchen eine
glaͤserne Roͤhre ging, die in ein Gefaͤß untertauchte, welches
hydrochlorsauren Kalk und hydrochlorsaures Ammonium enthielt; das Ganze wurde gut
verkittet. Nach 24 Stunden fing die Gaͤhrung an einzutreten; gegen die Mitte
des Tages wurde sie lebhafter, bei der Nacht wurde sie langsamer, und dieß geschah
auch selbst an dem Tage, wann ich das glaͤserne Gefaͤß, in welchem
sich die gaͤhrende Masse befand, mit einem schwarz oder weiß
gefaͤrbten wollenen Zeuge bedekte. Ich ließ die Apparate einen Monat lang in
diesem Zustande stehen, obwohl waͤhrend mehr als 12 Tagen keine Blasen von
Kohlensaͤure mehr durchgingen. Die 5 Niederschlaͤge wogen, nachdem sie
gut ausgewaschen und gleichmaͤßig getroknet worden waren:
Nro.
1,
78 Gramme.
2,
83
3,
65
4,
48
5,
84
Da nun nach den HHrn. Arago und Biot das specifische Gewicht eines Litre Kohlensaͤure bei O, und
einem Druke von 76, gleich 1,9741 ist; so folgt daraus, daß, wenn man annimmt, daß
100 Theile Kalk 44 Theile kohlensaures Gas enthalten, der Niederschlag Nro. 1 aus
35,6 Grammen dieser Saͤure bestand, was beilaͤufig so viel als 18
Litte betraͤgt. Wenn man zu dieser Menge noch die der 3 Litre, welche den
oberen Raum der 5 Kolben ausfuͤllten, hinzu addirt, und man bei den anderen
von demselben Grundsaze ausgeht, so erhaͤlt man
Fuͤr Nro.
1,
21 Litte.
2,
23,7
3,
18
4,
14
5,
22
Diese Weine perlten und moussirten sehr stark. Bei der Destillation, welche ich den
25sten September in einem gehoͤrigen Apparate vornahm, gab
Nro.
1,
8 Litre Kohlensaͤure.
2,
10
3,
6
4,
5
5,
6,5
Wenn man diese Menge zu den vorhergehenden hinzufuͤgt, so erhaͤlt man
als ganze Summe der durch die Wein-Gaͤhrung hervorgebrachten
Kohlensaͤure
12 Litre Most von Piquepouil zu
13°
28 Litre
id. Litre Most von Blanquette zu id.
33,7
id. Litre Most von Piquepouil noir zu
16°
30
id. Litre Most von Caragnane zu
14°
19
id. Litre Most von Grenache zu 15°
28,5
Nach diesen Versuchen scheint es erwiesen, daß die Menge der Kohlensaͤure,
welche durch die Gaͤhrung hervorgebracht wird, nicht immer in geradem
Verhaͤltnisse mit der Menge des in dem Moste enthaltenen Zukerstoffes steht,
und daß sie von der Menge der Haͤfen und des Zukers abhaͤngt, welche
in den verschiedenen Arten von Trauben enthalten ist. Weil nun dieses
Verhaͤltniß der Saͤure so verschieden seyn kann, daß es das Volumen
des Mostes um 1 1/2–3 Mahl uͤbersteigt, so kann man diesen Versuchen
keine mathematische Genauigkeit geben, weil, bei einer gleichen Art von Trauben, die
Mengen der Saͤure nach dem Grade ihrer Reife, dem Boden, der Lage, dem Alter
der Reben, und je nachdem die Jahreszeit mehr oder weniger fuͤr den Bau
derselben guͤnstig ist, groͤßer oder geringer seyn koͤnnen.
Diese Menge ist um so verschiedener bei den Mosten, als es Weine gibt, welche noch
nach 1 1/2 Jahren suͤß sind, was beweist, daß der Zukerstoff in denselben die
Haͤfe uͤberwiegt, waͤhrend es auch andere gibt, wie z.B. den
der Blanquette und des Piquepouil gris, welche eine so große Menge davon enthalten,
daß man nach 4 Monaten, wann die Gaͤhrung beendigt ist, nur Zuker zusezen
darf, um eine neue Gaͤhrung einzuleiten. Diese Thatsache ist den Weinkennern
so bekannt, daß sie, wenn sie sehr stark moussirende Weine bekommen wollen, 128
Grammen gepulverten Candiszuker auf 20 Litre Most zusezen; zwei Tage darauf
verstopfen sie dann die Kolben, oder die Faͤßer.
§. IV. Von dem Schwefeln des Weins.
Man beschaͤftigte sich lange Zeit mit den Mitteln, durch welche man die
Gaͤhrung des Mostes vorfinden koͤnnte, um ihn zur Bereitung von Syrup
oder Traubenzuker aufbewahren zu koͤnnen. Man fand, daß die schwefelige
Saͤure und einige Metalloxide diese Eigenschaft besizen. Hiernach glaubten
einige Schriftsteller, daß dieselben durch Oxidation der Haͤfen diese Wirkung
hervorbraͤchten. Ich will nun eine Reihe von Erfahrungen anfuͤhren,
welche ich geeignet glaube, um zu beweisen, daß diese Meinung ungegruͤndet
ist.
Ich nahm den 17ten September 1822 20 Bouteillen, von welchen jede 5 Litre hielt, und
brachte in dieselben die auf folgender Tabelle angefuͤhrten
Koͤrper.
Textabbildung Bd. 12, S. 348
Angewendete Substanzen; Tag, an
welchem die Gaͤhrung eintrat; Zahl der Tage waͤhrend welcher sich
der Most hielt
Von drei Bouteillen sprang der Stoͤpsel aus zweien heraus, obwohl er
gut mit Bindfaden befestigt war.
Hier so wie in der folgenden Zeile wird es wohl October heißen
muͤssen. Anm. des Uebers.
Man sieht aus diesen Beispielen, daß der Zimmt, die Ruͤbenblaͤtter, der
Porri-, Schalotten-, Zwiebel- und Knoblauch-Saft sich eine laͤngere oder
kuͤrzere Zeit der weinigen Gaͤhrung widersezen. Diese vier lezteren
Pflanzen entfaͤrben den Most groͤßten Theils, klaͤren ihn, und
bilden darin ein Coagulum, welches auf den Boden der Fluͤssigkeit
niederfaͤllt. Der Senf ist die einzige unter den oben angefuͤhrten
Pflanzen, welche die Eigenschaft besizt, die Wirkungen der Haͤfen zu
zerstoͤren. Er klaͤrt und entfaͤrbt den Most schnell, was ich
der großen Menge Eiweißstoff zuschreibe, die dieser Same enthaͤlt, wie ich im
Jahre 1820 in einer Abhandlung zeigte, welche ich der koͤnigl. Akademie der
Wissenschaften vorzulegen die Ehre hatte. Ich war sogar geneigt, dem Eiweißstoffe
und dem Schwefel, welcher in diesem enthalten ist, so wie dem fluͤchtigen
Oehle die Wirkung des Senfes aus die Haͤfen zuzuschreiben. Um mich davon zu
uͤberzeugen, stellte ich folgende Versuche an. Ich brachte in 3 große
Flaschen
Nr.
1
5
Litre
Most und
16 Gramme Schwefel.
2
id.
Most und
32 Gramme geschwefeltes Terpenthinoͤhl.
3
id.
Most und
2 Gramme fluͤchtiges
Senfoͤhl.
Nach 7 Tagen trat bei Nro. 1 die Gaͤhrung ein, unter Entwikelung eines starken
Geruches nach Schwefelwasserstoff-Saͤure.
Nro. 2 fing den 9ten Tag zu gaͤhren an.
Nro. 3 war noch im Monate Maͤrz gut erhalten.
Es scheint also ausgemacht zu seyn, daß die gaͤhrungswidrige Eigenschaft des
Senfes in dem fluͤchtigen Oehle desselben gelegen ist; daß der Schwefel
keinen Einfluß darauf hat, und daß Eiweiß den Most nur entfaͤrbt und
klaͤrt, indem es durch seine Coagulation den Faͤrbestoff und das, was
denselben truͤbe machte, mit sich fortreißt. Ich machte mehr als 25 Versuche
mit dem fluͤchtigen Senfoͤhle, und alle waren von gleichem Erfolge
gekroͤnt. Die Wirkungen desselben sind sogar so heftig, daß, wann die
Gaͤhrung schon vollkommen eingetreten ist, einige Tropfen davon hinreichen,
um sie vollkommen wieder einzustellenGeschieht dieß auch bei der sauren Gaͤhrung? Fiat experimentum! A. d. Ueb.. Es blieb mir nun noch zu bestimmen uͤbrig, ob es diese Eigenschaft nicht
gemeinschaftlich mit den uͤbrigen fluͤchtigen Oehlen besizt. Um mich
davon zu uͤberzeugen, brachte ich in
Nro.
1
5
Litre Most
und
4
Gramme
Nelkenoͤhl.
2
id.
und
id.
Pfeffermuͤnzoͤhl.
3
id.
und
id.
Anisoͤhl.
4
id.
und
id.
Bergamotteoͤhl.
5
id.
und
id.
Citronenoͤhl.
6
id.
und
id.
Lavendeloͤhl.
7
id.
und
id.
Rosmarinoͤhl.
8
id.
und
id.
Terpenthinoͤhl.
Die Gaͤhrung trat zwei Tage darauf ein, woraus man schließen kann, daß das
fluͤchtige Oehl des Senfes wesentlich von den uͤbrigen verschieden
ist.
§. V. Alle Chemiker haben die Behauptung aufgestellt, daß die
atmosphaͤrische Luft unumgaͤnglich nothwendig ist, wenn die weinige
Gaͤhrung Statt haben oder eintreten soll. Einer der geschiktesten
franzoͤsischen Chemiker, Hr. Thenard, hat gesagt,
daß der Most, wenn man ihn von der Beruͤhrung mit der Luft ausschließt, die
Eigenschaft zu gaͤhren nicht besizt. Er erzaͤhlt bei dieser
Gelegenheit eine sehr merkwuͤrdige und selbst entscheidend zu seyn scheinende
Erfahrung des Hrn. Gay-Lussac, welcher ganz reife Trauben unter ein mit Queksilber
gefuͤlltes Glas brachte, dessen Waͤnde durch Kohlensaͤure und
durch dieses Metall vollkommen von aller Luft befreit worden war, und sie mit
denselben Vorsichtsmaßregeln darunter zerquetschte; sie gingen nicht in
Gaͤhrung uͤber, man mochte die Temperatur erhoͤhen, wie man
wollte; sobald er aber einige Blasen Sauerstoffgas hineinließ, stellte sich die
Gaͤhrung sogleich ein.
Eine solche Erfahrung, welche von einem so ausgezeichneten Chemiker gemacht wurde,
scheint nichts mehr zu wuͤnschen uͤbrig zu lassen. Ich will nun die
Versuche anfuͤhren, welche ich uͤber denselben Gegenstand angestellt
habe, die zwar nicht entscheidend sind, aber doch zu neuen Beobachtungen Anlaß geben
koͤnnen.
Den 18ten September 1822 nahm ich 5 Flaschen, wovon jede 15 Litre fassen konnte; ich
fuͤllte die erste davon, (Nro. 1) mit Most, und die vier anderen mit Oehl.
Nach 1 1/2 Stunden leerte ich sie aus, und brachte 14 Litre Most hinein, welchem ich, um in soviel als
moͤglich vor der Beruͤhrung mit der Luft zu schuͤzen, auf diese
Weise bereitere, daß ich die Trauben in einem Tuche, welches in einen großen
Trichter getaucht war, zerquetschte; oben darauf goß ich ein Litre Oehl, so daß
diese Moste mit einer 6 Zoll hohen Schichte desselben bedekt waren.
Den 19ten trat Nro. 1 in Gaͤhrung.
Den 20sten Nro. 2, 3, 4 und 5.
Nach diesen Versuchen waͤre die Gegenwart der Luft zur weinigen
Gaͤhrung nicht unumgaͤnglich nothwendig, ausgenommen, man nimmt an,
daß in dem Moste welche enthalten ist.
Aus allen den angegebenen Versuchen geht hervor:
1stens, daß bei gleichem Boden der Geist der Weine nicht bloß nach dem Alter der
Weinberge, sondern auch nach der Verschiedenheit der Pflanzen verschieden ist, und
daß die Grenache, der Piquepouil noir und der Caragnane am reichsten an
Faͤrbestoff und Zukerstoff sind;
2tens, daß das specifische Gewicht der Weine kein offenbares Kennzeichen des Grades
der Geistigkeit derselben ist, weil es sowohl von der Kohlensaͤure, als von
dem Alkohol herruͤhren kann;
3tens, daß die Menge der Haͤfen bei den verschiedenen Arten von Trauben
verschieden ist, weßwegen die Gaͤhrung sich mehr oder minder schnell
entwikelt und eine laͤngere oder kuͤrzere Zeit dauert;
4tens, daß ein Wein sich um so laͤnger haͤlt, als die Gaͤhrung
zu ihrer ganzen Vollkommenheit laͤnger brauchte, und daß diejenigen, bei
welchen sie bald beendigt ist, um so leichter dem Verderben unterworfen sind;
5tens, daß das fluͤchtige Oehl des Senfes eines der besten Mittel ist, um den
Most zu schwefeln (muter), daß jedoch der
gepuͤlverte Senf den Vorzug verdient, weil er ihn zugleich entfaͤrbt
und klaͤrt.
6tens, endlich, daß die atmosphaͤrische Luft zur weinigen Gaͤhrung
nicht durchaus nothwendig seyn duͤrfte; im entgegengesezten Falle
wuͤrden meine Erfahrungen beweisen, daß eine sehr kleine Menge davon
hinreicht, um diese Wirkung hervorzubringen.