Titel: Tragbares hölzernes Haus.
Fundstelle: Band 33, Jahrgang 1829, Nr. XXXI., S. 91
Download: XML
XXXI. Tragbares hoͤlzernes Haus. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Tragbares hoͤlzernes Haus. Ich habe Ihnen neulich von einem Hause gesprochen, das ein Junge von 8 Jahren baute, und es scheint mir, daß auch wir alte Knaben uns einer solchen Spielerei im Großen nicht schaͤmen duͤrften. So viel ist einmal gewiß, daß wir an unseren steinernen und hoͤlzernen Haͤusern, an beiden vorzuͤglich am Dachstuhle, Baumaterial auf eine laͤcherliche Weise verschwenden. Wir scheinen nicht zu wissen, daß ein Brett, eine Latte, auf ihre Kante gestellt und auf derselben gehoͤrig befestigt, beinahe so stark ist wie ein Baum, dessen Durchmesser der Breite des Brettes oder der Latte gleich ist. Bei gehoͤriger Wuͤrdigung und Anwendung dieses Grundsazes ergibt sich eine Ersparung an Baumaterial, die mehr beachtet zu werden verdient, als bisher nicht geschah. Lassen Sie eine Kiste ohne Boden und Dekel aus anderthalb Zoll diken und in einander eingezapften Brettern von 3 Fuß Laͤnge und 1 1/4 Fuß Breite verfertigen, und Sie werden sehen, daß diese Kiste eine Last von mehr als 100 Ctr. zu tragen vermag, ohne aus den Fugen zu gehen, wenn der Druk senkrecht ist. Lassen Sie uns aus solchen Kisten ein Haus bauen, und Sie werden sehen, wir sind mit dem ganzen Baue, wenn die Kisten einmal gemacht sind, in wenigen Tagen, mit den vier Waͤnden in wenigen Stunden fertig. Wir brauchen, wie Sie in Fig. 1 nachzaͤhlen koͤnnen, an der Vorderseite eines 12 Klafter langen Hauses, in jeder der 3 untersten Reihen 23, fuͤr alle 3 Reihen also 69 Kisten; in den 3 unteren Reihen der Fenster, in jeder 15, also 45; in der oberen 2 mehr, 17; in der obersten, wo mehrere kleinere, 32; in Allem also 163. Sezen wir, um allen Abgang gleich in die Rechnung zu bringen, und den Ueberschlag ehe zu hoch als zu niedrig zu machen, alle Kisten gleich groß, 3 Fuß lang, und nur 1 1/4 Fuß breit (naͤmlich die Breite des Brettes, wo wir bei dem Hobeln etc. noch einen ganzen 1/4 Fuß Abfall zugeben), so kommt eine solche Kiste, da ein anderthalb Zoll dikes Brett von 24 Fuß Laͤnge und 1 1/2 Fuß Breite 1 fl. 12 kr. kostet, im Holze (ein Brett zu 4 Kisten) auf ungefaͤhr 20 kr. hoch gerechnet, und mit der Arbeit, auf hoͤchstens 26 kr. Das Material zu der Vorderseite dieses 12 Klafter langen und 10 Fuß hohen hoͤlzernen Hauses kommt also, hoch gerechnet, auf 10 fl. 38 kr. Wir wollen annehmen, daß die Hinterseite eben so viel brauche, obschon sie weniger fordern wird, da man dort zwei Thuͤren annehmen muß: eine aus der Kuͤche A, die andere aus dem Zimmer B, und Statt des Thores C ein Fenster in das Floͤz kommt, dem Thore gegenuͤber; so wird Vorder- und Hinterseile 141 fl. 16 kr. kosten. Geben wir dem Hause 6 Klafter Tiefe, so werden, wenn wir noch 3 Fenster anbringen, die beiden Seitenwaͤnde so viel kosten, als die Vorderseite: die vier Waͤnde also, wie man zu sagen pflegt, ungefaͤhr 210 fl. Ich frage jeden Zimmermann, ob er um diesen Preis ein Haus von dieser Groͤße nach unserer gewoͤhnlichen Bauart der hoͤlzernen Haͤuser mit Doppelwand herzustellen vermag, wie man, sie hier hat. Ich waͤhlte, wegen dieser lezteren, absichtlich die Kisten-Form, indem in unserem Klima der Doppelraum mir einem schlechten Waͤrmeleiter ausgefuͤllt werden muß, z. V. mir trokenem Moose oder mir trokenem Heue, je nachdem man das eine oder das andere leichter haben kann. Beides muß in jeder Kistenreihe, ehe die zweite Reihe aufgesezt wird, gut eingedruͤkt werden. Bei solcher Fuͤtterung der Waͤnde ist ein solches hoͤlzernes Haus waͤrmer als jedes gemauerte. Wenn man Insekten von derselben befuͤrchtete, so duͤrfte man nur mit einem, in Queksilber-Cerat getraͤnktem, Papiere die innere Wand der Kisten bekleiden, was fuͤr das ganze Haus kaum 10 fl. kosten wuͤrde, und man waͤre gegen Insekten so sicher wie in einem steinernen Hause. Um dieses Haus gegen Feuer zu sichern, duͤrfte es nur mit einem Gemenge aus Wasserglas und an der Luft zerfallenem geloͤschten Kalke innen und außen uͤberstrichen werden. Diese Mischung, die wahren hydraulischen Kalk bildet, widersteht dem Feuer eben so gut als dem Wasser. Wenn in der Kuͤche ein Sparherd angebracht ist, der aus der Erde aufgemauert wird, so bedarf es, Statt des Schornsteines, nur eines Schwadenfanges, der, mit Roͤhren aus Thon oder Eisenblech versehen, gegen jedes Feuer geschuͤzt ist, und keines Kehrens bedarf. Eben so wenig ist ein Schornstein noͤthig, wenn man so klug seyn will, sich der Heizung mit warmer Luft zu bedienen, die am Sparherde vorgerichtet seyn kann. Wenn der Boden, auf welchen man ein solches Haus hinbauen will, troken waͤre, so wuͤrden anderthalbzoͤllige Latten aus Lerchen-Holz auf die Kante gestellt, und vollkommen horizontal gelegt, statt aller Grundfeste hinreichen. Wo aber der Boden, wie es meistens der Fall ist, feucht ist, duͤrften nur zwei Reihen Ziegel parallel so neben einander gelegt werden, daß die Kisten mit ihren Kanten ungefaͤhr in der Mitte des Ziegels zu stehen kommen. Es ist kein Tropfen Moͤrtel zur Verbindung der Ziegel noͤthig, die auch mit ihren schmaͤleren Seiten einander eben nicht zu beruͤhren brauchen: nur muͤssen sie, was die einzige Schwierigkeit bei der Grundlage dieses Hauses ist, voll kommen horizontal gelegt seyn; die ganze Grundflaͤche, auf welcher die Kisten mit ihren Kanten ruhen, muß vollkommen horizontal seyn. Der Fußboden in den Zimmern wird, nachdem die Erde abgeglichen und gehoͤrig festgestampft wurde, auf Latten aufgenagelt, die man auf die Kante stellt. Eben so wird die Deke des Zimmers bloß durch Bretter gebildet, die an den Seiten in einander gefalzt, und auf den Kauten der Kisten aufgenagelt sind, welche die Waͤnde der Zimmer bilden, wie Fig. 2 zeigt in a. Es ist offenbar, daß diese Waͤnde nicht so dik zu seyn brauchen. Sie koͤnnten auch, wenn von b nach c Querbalken gelegt wuͤrden, die drei oder vier Zoll breit und sechs bis acht Zoll hoch sind und wieder auf der Kante ruhen, bloß auf diesen aufgenagelt wer den, und die Wand selbst koͤnnte dann bloß aus duͤnnen Brettern bestehen, die oben und unten in den Balken eingefalzt sind, und auch an den Seiten durch Falze in einander passen. In warmen Laͤndern, oder wenn dieses Haus nur als Sommer-Aufenthalt, oder als Luft haus in einem Park, in einer schoͤnen Gegend etc. dienen sollte, und wo zwei große Zimmer hinreichten, koͤnnte man, wie in x die Deke durch leichte Latten-Zimmerung woͤlben, und außen, nach Art der amerikanischen Daͤcher, mit wasserdichtem Segeltuche uͤberziehen, innenwendig mit Tapeten-Papier. Dieser kleine Dachstuhl aus 1 1/2 Zoll diken Latten, die 2 1/2 Zoll breit sind, und auf ihrer Kante ruhen, ist, bei seiner ungemeinen Leichtigkeit, sehr fest. Man versuche ihn nur: der Druk ist uͤberall gleichfoͤrmig vertheilt auf den vier untersten Latten 1111, wie auf den darauf liegenden 2222, und auf den auf diesen ruhenden 3333 u.s.f. Er sieht von unten, als Plafond, eben so elegant, als von außen, wo er nirgends dem Winde eine breite Flaͤche darbietet. Dem Zwischenraume zwischen den beiden kleinen Dachstuͤhlen b'c'b'c', der bloß als Gallerie diente, muͤßte ein kleiner Fall gegeben werden, damit das Wasser, das von den beiden Dachstuͤhlen waͤhrend eines Regens dahin laͤuft, leicht durch zwei Rinnen abgeleitet werden koͤnnte. Wenn das Haus Sommer und Winter uͤber in unserem Klima bewohnt werden soll, so kann man entweder 1stens einen Dachstuhl gaͤnzlich entbehren, wenn man auf die Bretter, welche die Deke der Zimmer bilden, noch eine Reihe von Kisten aufsezt, die Bretter einen Fuß hoch mit Moos oder Heu belegt, und dann auf dieselbe Weise, wie die Bretter aufgezogen wurden, welche die Deke im Zimmer bilden, wieder eine Reihe von Brettern legt; nur mit dem Unterschiede, daß man diesen lezteren einen kleinen Fall gegen eine Seite gibt, damit der Regen Abzug hat. Rings um diese Eindekung, welche mit dem wasserdichten und feuerfesten hydraulischen Moͤrtel uͤberzogen wird, laͤuft eine Gallerie. Es versteht sich von selbst, daß die Bretter gut an einander gefuͤgt und mit Leisten auf ihren Zusammenfuͤgungen bekleidet werden muͤssen. Es ist eitles Vorurtheil und blindes Hangen an altem Herkommen, wenn wir unsere Daͤcher so hoch und so steil machen. In Salzburg, wo es mehr regnet und schneit, als vielleicht an irgend einem Orte in Deutschland, hat man den verstaͤndigeren italiaͤnischen Dachbau; auf den Haͤusern in den Alpen, wo mehr Schnee faͤllt, als irgendwo, sind die Daͤcher flach, und in Ostindien, wo es in einem Monate mehr regnet, als bei uns im ganzen Jahre, sind die Daͤcher auch flach. Will man jedoch durchaus den sogenannten Boden uͤber dem Hause, so wird er 2tens auf diesem Hause aus bloßen Latten, die auf die Kante gestellt werden, ausgezimmert werden koͤnnen. Fig. 3 gibt eine Idee von einem solchen Dachstuhle. Als wasserdichte Bedekung wird man immer, wenn man klug ist, die amerikanische Methode, wasserdichtes Segeltuch, mit Vortheil Statt der Schindel anwenden koͤnnen. Der Anstrich mit hydraulischem Moͤrtel macht es uͤberdieß unverbrennlich. Ueber den hydraulischen Moͤrtel mit dem jezt so wohlfeilen Wasserglase hat Hr. Pf. Dr. Kaiser mehrere interessante Versuche angestellt, die er Ihnen naͤchstens mittheilen wird. Sie werden jezt noch um die Hauptsache fragen: wie die Kisten an einander und uͤber einander befestigt werden. Auf eine hoͤchst einfache Weise. Jede der beiden kuͤrzeren Waͤnde der Kisten, mit welchen dieselben an einander zu stehen kommen, werden mit vier Naͤgeln an einander genagelt, wodurch sie, wenn sie gehoͤrig flach abgehobelt sind, so genau auf einander passen, wie zwei auf einander genagelte Bretter. Auf die beiden laͤngeren Waͤnde wird dort, wo sie mit ihren Kanten an einander stehen, innen und außen eine duͤnne, nur 1 1/2 breite Leiste aufgenagelt, wodurch alles Eindringen des Windes und der Naͤsse unmoͤglich gemacht und die Festigkeit der Verbindung der Kisten, so wie die Staͤrke derselben selbst, ungemein vermehrt wild. Die unbedeutenden Fugen zwischen den Seitenwaͤnden und den Leisten und den laͤngeren Waͤnden der Kisten verlegt und schließt der Anstrich mit dem hydraulischen Kalke vollkommen. Wenn man auch mit solchen Haͤusern keine Doͤrfer, Maͤrkte und Staͤdte bauen wird, so lassen sich doch einzelne Bauernhoͤfe mitten in die oft stundenweise von einem Markte oder Dorfe entlegenen Akerbesizungen auf diese Weise wohlfeiler und bequemer und schoͤner, als auf jede andere Weise hinbauen. Die Ersparung an Holz ist nicht zu berechnen. Wie viele alte Bretter und Brettertruͤmmer, die jezt zerschlagen und verbrannt werden, ließen sich auf diese Weise benuͤzen! Die Schnelligkeit im Baue, wenn die Kisten einmal gemacht sind, wuͤrde gleichfalls große Ersparung gewaͤhren, und, waͤre dieser Bau einmal in irgend einer Gegend eingefuͤhrt, so koͤnnten Sagemuͤller diese Kisten, die nicht genagelt, sondern nur an den Eken eingezapft werden duͤrfen, mit aller Leichtigkeit und mit noch groͤßerer Wohlfeilheit verfertigen. Der Transport solcher kleinen Brettchen und Latten ist mit einigen Fuhren abgethan, und das Haus kann eben so leicht abgetragen und von einer Stelle auf die andere gefahren werden. Vorzuͤglich geeignet scheint mir diese Art von Haͤuser-Bau fuͤr erste Anlagen oder Niederlassungen. Ein paar Schiffe koͤnnen, mit den Colonisten zugleich, einige Duzend Haͤuser an Bord nehmen und nach den Colonien bringen, wo Zimmerleute eben so selten als kostbar sind. Ich zweifle nicht, daß ein Zimmermann von Profession an dieser rohen Idee, die urspruͤnglich einem Kinde, darf man sagen, angehoͤrt, Vieles zu tadeln und zu verbessern, zu vereinfachen finden wird. Ich zweifle aber auch nicht, daß er, wenn er den Grundsaz, geschnittenes Holz auf die Kante zu stellen, besser, als seine, bisherigen Kunstgenossen, beherzigen wird, er dort Bretter und Latten wird brauchen oͤnnen, wo er jezt Baͤume und folglich ganze Waͤlder verwuͤstet. Ich verharre etc.

Tafeln

Tafel Tab. IV
Tab. IV