Titel: | Holometer, oder neues sehr genaues Instrument, um Zeichnungen in der Geometrie, so wie alle Zeichnungen nach der Perspectiv-Kunst zu erleichtern. Nach der Methode des Chevalier de Brunel-Varennes, ehem. Hauptmannes des Genie-Wesens, Ludwigs-Ordens-Ritters, Erfinders dieses Instrumentes und Verfassers des Werkes: l'Art du Dessin chez les Grecs etc. etc.. |
Fundstelle: | Band 34, Jahrgang 1829, Nr. LXXXIV., S. 326 |
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LXXXIV.
Holometer, oder neues sehr genaues Instrument, um
Zeichnungen in der Geometrie, so wie alle Zeichnungen nach der Perspectiv-Kunst
zu erleichtern. Nach der Methode des Chevalier de Brunel-Varennes, ehem. Hauptmannes des Genie-Wesens,
Ludwigs-Ordens-Ritters, Erfinders dieses Instrumentes und Verfassers des
Werkes: l'Art du Dessin chez les Grecs etc. etc.Diesem Instrumente wird ein Quart-Band, enthaltend die Erklaͤrung
des Gebrauches desselben und ein neues System der Perspectivkunst mit zwei
gestochenen Blaͤttern und mehreren synoptischen Tabellen, beigegeben
werden. Man unterzeichnet fuͤr das Ganze mit 40 Franken. Die
Subscribenten belieben ihre Addresse portofrei an den
Hrn. Verf. Chevalier de Brunel-Varennes etc.
Paris, rue de Baune, F. S. G. N. 5., oder an die
HHrn. Treuttel und Wuͤrtz, Paris, rue de Bourbon, N.
17., oder Straßburg, rue des Serruriers,
einzusenden. Den Betrag bezahlen sie nach Empfang des Werkes. A. d. O.Der Hr. Chevalier de Brunel-Varennes, welcher
alle Unfaͤlle der Revolution erfahren hat, beschaͤftigte sich
mitten in dem Ungluͤke, das ihn traf, mit der Ausarbeitung seines Werkes:
l'Art du Dessin chez les Grecs, das den Beifall
der Academie royale des Beaux-Arts im J. 1816
erhielt. Seit dieser Zeit wendete er seine Muße auf die Ausfuͤhrung
seiner Theorien. Die Akademie der schoͤnen Kuͤnste empfahl das
Resultat derselben dem Hrn. Minister des Inneren im J. 1824, allein, ungeachtet
dieser Empfehlungen, konnte der Hr. Verfasser die Unterstuͤzung nicht
erhalten, die zur Herausgabe eines Werkes von 1200 Seiten Text und 32
Blaͤttern in Folio nothwendig waren. Der Hr. Verfasser zog daher aus
diesem Werke, das er unter dem Titel Pantographie
herausgeben wollte, nur dasjenige aus, was auf die Kunst des Perspectives
zunaͤchst Bezug hatte, und reducirte sein urspruͤngliches Werk auf
ein Viertel.Waͤhrend er mit diesem Auszuge beschaͤftigt war, gerieth er auf die
Entdekung des hier beschriebenen Holometers. Das Papier, auf welchem der Abdruk
gemacht wurde, wird troken auf einem starken Kartenpapier oder Pappendekel
aufgezogen, der ruͤkwaͤrts mit einem Streifen von einer
Kupferplatte unterstuͤzt wird, und dadurch mehr Festigkeit gewinnt, auch
das Durchdringen der Spizen der Schenkel des Zirkels hindert. A. d. O., aus dem
Texte ausgezogen.Wir haben bereits mehrere sogenannte Proportional-Zirkel und geometrische
Maschinen, wenn man so sagen darf, die dem
Geometer seine Zeit verderbenden Arbeiten kuͤrzen. Ueberhaupt ist der
ganze praktische Theil der Mathematik, in deren theoretischem der menschliche
Geist sich in seiner hoͤchsten Groͤße und Feinheit zeigt,
reines mechanisches Treiben, wie, in fruͤheren Zeiten, Hr. von Kempelen durch seine
Schach-Maschine, in neueren Hr. Babbage durch
seine Rechen-Maschine jedem, der daran zweifeln koͤnnte, klar
erwiesen hat. Es ist, wie es scheint, lediglich der der menschlichen Natur
eingefleischten Faulheit zuzuschreiben, daß Erfindungen, wie jene, durch welche
praktische Mathematik aus das bloße Spiel gewisser mechanischer Vorrichtungen
zuruͤkgefuͤhrt wird, an uns voruͤber gleiten, als ob sie
uns gar nicht angingen. Mathematiker von Profession, vertieft in ihre x und y und Sin. und Cosin.,
betrachten diese Vorrichtungen gewoͤhnlich als Spielereien, als
sogenannte Faulenzer; sie wollen immer, daß man dieselbe Sache von vorne
anfange, und wollen, so scheint es beinahe, waͤhrend sie anderes Spiel
verbiethen, immer selbst etwas zu spielen haben. Der praktische Mathematiker,
als Arithmetiker, Geometer, Mechaniker etc. kennt die Kostbarkeit der Zeit
besser, und hat sich eine Menge Faulenzer ausgedacht, die ihm die kostbare Zeit
ersparen helfen. Die sogenannten Rechnungs-Lineale sind jezt, wenigstens
in England und Frankreich, in der Tasche aller Maurer und Zimmerleute: bei uns
sind sie noch immer zu wenig gekannt.Bei der Vollkommenheit, welche der sel. Ritter von Reichenbach der Theilungs-Maschine zu
geben wußte, muͤssen alle sogenannten Proportional-Maschinen in
der Geometrie und in den verschiedenen Theilen derselben nothwendig gewinnen,
und wir zweifeln nicht, daß der aͤußerst geschikte Neffe dieses großen
Mannes, dem die Werkzeuge seines großen Onkels zu Gebote stehen, der
ruͤhmlich bekannte Hr. Mechaniker Reichenbach
zu Reichenhall, wenn dieser Holometer den Beifall der Geometer gewinnt, uns
denselben auf eine weit genauere Weise und wohlfeiler verfertigen wird, als wir
denselben aus Paris nicht erhalten werden.Wir koͤnnen uͤbrigens eine Idee nicht unterdruͤken, die wir
in Hinsicht auf Verfertigung mathematischer, in Grade getheilter, Instrumente
schon in dem ersten Augenblike hatten, als uns Probestuͤke der in England
so sehr vervollkommneten Kunst in Stahl zu stechen und zu aͤzen, zu
Gesichte kamen. Daß diese Kunst jezt auch auf dem festen Lande, und zwar in
Deutschland, auf eine Stufe von Vollendung gebracht wurde, die nichts mehr zu
wuͤnschen uͤbrig laͤßt, beweisen die herrlichen
Stahl-Platten in Freiherrn von Cotta's Taschenbuch fuͤr Damen 1829.
Wie waͤr' es nun, wenn man, Statt jeden Kreis, jeden Quartanten oder
Sextanten besonders in die Messing-Platte zu schneiden, sich eine Matrize
fuͤr gewisse haͤufig gebraͤuchliche Instrumente in Stahl
aͤzte, und die Stahl-Platte auf die weiche Messing- oder
Kupfer-Platte mit einer starken Presse abdrukte? Daß dadurch unendlich an
Zeit gewonnen wuͤrde daß die Instrumente eben dadurch wohlfeiler werden
koͤnnten, ist offenbar. Ob dieß aber moͤglich ist, werden die
Werkmeister wissen. Andere sprechen nur wie Blinde von der Farbe, und es ist im
Reiche der Ideen sehr selten, daß eine blinde Henne auch ein Koͤrnchen
findet.A. d. Ue..
Aus dem Recueil industriel. Januar 1829. S. 42.,
Maͤrz, S. 264. und April S. 44.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
Chevalier de Brunnel-Varennes' Holometer.
Beschreibung dieses Instrumentes.
Um einen staͤhlernen Drehestift, der in Form eines umgekehrten Kegels bis auf
die Hoͤhe der Flaͤche des Instrumentes ausgehoͤhlt ist, so daß
die unterste Spize desselben genau mit dem Scheitel des Winkels correspondirt (den
die Grad-Bogen messen), dreht sich ein durchgeschlagenes (gefenstertes) Lineal, das mit
einem Haare versehen ist, welches mittelst einer Stellschraube gespannt werden kann,
und, indem es mit einem Male die Abtheilungen aller Bogen durchlaͤuft, alle
Linien vertritt, die man von dem Scheitel dieses Winkels, oder von dem
gemeinschaftlichen Mittelpunkte aller dieser Bogen aus nach jeder dieser
Abtheilungen ziehen kann, so daß dadurch die Verwirrung vermieden wird, die durch
das Zeichnen dieser Linien entstehen muͤßte; es gibt auf diese Weise nicht
nur die verhaͤltnißmaͤßigen relativen Maße eines jeden dieser Bogen,
sondern lehrt auch die Verhaͤltnisse zwischen denselben kennen, so daß man
mittelst der natuͤrlichen Maßstaͤbe O und
P, oder auch der Graduirung der Basis des
Instrumentes, außer den gesuchten graphischen Verhaͤltnissen, auch ihre
Zahlenwerthe erhaͤlt, sowohl in Bezug auf was immer fuͤr eine
Groͤße, die man
als Einheit betrachtet, als in Hinsicht auf jeden verlangten Zahlenwerth.
Wenn man irgend ein graphisches oder numerisches Verhaͤltniß bestimmen oder
kennen lernen will, so bedarf es nur einer einzigen Bewegung des Zirkels; einer
Bewegung, die, fuͤr den ersten Fall, dadurch geschieht, daß man, von dem
Drehestifte aus, von der horizontalen Lage in eine senkrechte uͤbergeht, und,
im zweiten Falle, von lezterer in die erstere; indem man von einem der Punkte der
Basis zum Scheitel des Winkels, oder zum Mittelpunkte der Drehung
zuruͤkkommt.
Die Angabe der Art und Weise, wie einige geometrische und perspectivische Aufgaben
mittelst dieses Instrumentes aufgeloͤst werden koͤnnen, wird
hinreichen, um die Brauchbarkeit dieses Instrumentes allen Geometern und Zeichnern
zu beweisen.
Anwendung dieses
Instrumentes.
Gerade Linien.
Bogen E, F, G, H, I.
(1) Irgend einen Decimal-Bruch auf einer gegebenen
geraden Linie bestimmen.
Aufloͤsung. Man fuͤhrt das Haar des Lineales auf den verlangten und auf
dem Bogen E angedeuteten Bruch; traͤgt, vom
Drehestifte aus, die Laͤnge der gegebenen geraden Linie auf die untere Linie
des großen Winkels, auf die Basis des Holometers, uͤber; schwenkt den Zirkel
auf der entgegengesezten Spize, fuͤhrt ihn senkrecht und zieht die andere
Spize so lang ein, bis sie genau das Haar beruͤhrt. Die dadurch erhaltene
lezte Oeffnung des Zirkels gibt den verlangten Bruch der gegebenen Linie.
2) Mittelst der auf der Basis aufgezogenen parallelen Linien ist man der senkrechten
Lage der oberen Spize des Zirkels gegen jene, die auf dieser Basis ruht, gewiß,
indem die Zwischenraͤume zwischen den Parallelen zu klein sind, als daß man
einen bedeutenden Fehler in dieser Hinsicht begehen koͤnnte.
(2) Eine, in einem gegebenen Verhaͤltnisse, z.B. wie 10
zu 7, groͤßere Linie als eine gegebene Linie zu bestimmen.
Aufloͤsung. Man fuͤhrt das Haar auf die
Abtheilung 70 des Bozens E; traͤgt die
Groͤße der gegebenen Linie auf der Basis senkrecht auf, indem man diese mit
der unteren Spize des Zirkels so lang durchlaͤuft, bis die obere Spize das
Haar genau beruͤhrt, und fuͤhrt diese Spize endlich horizontal
zuruͤk, indem man den Zirkel so lang oͤffnet, bis sie den Mittelpunkt
des Drehestiftes beruͤhrt. Diese lezte Oeffnung des Zirkels gibt die
verhaͤltnißmaͤßig groͤßere Ausdehnung der gegebenen Linie.
2) Wenn man das Verhaͤltnis 24 : 7 verlangt haͤtte, so haͤtte
man offenbar das Haar auf die Abtheilung 7/24 des Bogens I fuͤhren muͤssen. Das Uebrige geschieht, wie oben,
fuͤr dieses Verhaͤltniß, so wie fuͤr jedes andere.
(3) Wenn zwei gerade Linien von ungleicher Groͤße
gegeben sind, das Verhaͤltniß bestimmen, das zwischen beiden Statt
hat.
Aufloͤsung. Man traͤgt die groͤßere
Linie, von dem Drehestifte aus, auf der Basis auf, und bemerkt den Punkt, auf
welchen die entgegengesezte Spize faͤllt, was durch Zaͤhlung auf der
Basis leicht moͤglich ist; man traͤgt ferner uͤber diesen Punkt
senkrecht die kleinere Linie auf, und fuͤhrt das Haar auf die obere Spize des
Zirkels. Der auf dem Bogen E angedeutete Bruch gibt das
gesuchte Verhaͤltniß.
2) Bei einiger Uebung wird man auf diesem Bogen leicht jeden Decimal-Bruch auf
ein Tausendtheil bestimmen koͤnnenDieß koͤnnte wohl auch mittelst eines Vernier geschehen.A. d. Ue..
3) Da ferner der Lauf des Haares sich auf alle Bogen des Holometers erstrekt, so wird
es oͤfters sich treffen, daß das Haar genau einen gewoͤhnlichen Bruch
auf den Bogen F, G, H, I trifft. Wenn, im vorigen Falle,
das Haar uͤber 75 des Bogens E liefe, so
koͤnnte man sagen, daß das Verhaͤltniß zwischen den beiden Linien, wie
100 : 75 ist; oder wie 10 : 7,5. Wenn man aber die anderen Bogen betrachtet, so
findet man, daß dasselbe Verhaͤltniß wie 30 : 27, oder wie 4 : 3, oder wie 28
: 21 ist, oder auch wie 12 : 9, d.h. im einfachsten Ausdruke, daß die kleinere Linie
drei Viertel der groͤßeren betraͤgt.
(4) Es sey eine gerade Linie gegeben; man verlangt einen
Bruchtheil derselben, der, so wie er ausgedruͤkt ist, auf keinem der
Bogen dieses Holometers angegeben ist. Dieser Bruch sey 7/15.
Aufloͤsung. Es ist klar, daß, wenn man hier den
Zaͤhler durch den Nenner theilt, oder 7 durch 15, man als Quotienten den
Decimalbruch 0,4666 erhaͤlt, oder 46 Hundertel 2/5, was sich (nach [1]) auf
dem Bogen E nehmen laͤßt, und die verlangten 7/15
der verlangten Linie geben wird.
(5) Eine gegebene gerade Linie in eine gewisse Anzahl Theile, mehr einen Bruche eines
dieser Theile theilen; z.B. in 13 + 1/2.
Aufloͤsung. Man sage 13 × 3 = 39 + 1 = 40;
dann 39/40 = 0,975 oder 97 Hundertel 1/2, was man, (nach [1]) mit der ganzen gegebenen geraden Linie,
nimmt, und, auf leztere zuruͤk gefuͤhrt, einen Bruchtheil am Ende
derselben von 1/3 des verlangten Theiles zuruͤklaͤßt. Das Dreifache
dieses Bruches ist das Dreizehntel + der gegebenen Linie.
Auf aͤhnliche Weise erhaͤlt man in allen uͤbrigen Faͤllen
aͤhnliche Resultate.
Winkel und schiefe Linien, Bogen A,B,C und D. Vorlaͤufige
Anmerkung.
(6) Wenn man in der praktischen Geometrie zur Bestimmung oder Pruͤfung der
Winkel, so wie zur Theilung der schiefen Linien, verschiedene Mittel hat, die,
vielleicht mit geringerem Vortheile, Statt des Holometers gebraucht werden
koͤnnen; so ist dieß nicht der Fall in der Perspectivkunst, wo sich, zumal
bei der schiefen Perspective, so viele Schwierigkeiten finden, daß, mit Ausnahme der
Gemaͤhlde, die nach der Natur copirt sind, bei allen uͤbrigen der
groͤßte Theil der Kuͤnstler gezwungen ist, sich an die Perspective der
Vorderseite zu halten, und daß diese Kuͤnstler die Monotonie, die durch die
Richtung aller sogenannten Fluchtlinien (fuyantes) nach
dem Mittelpunkte des Gemaͤhldes entstehen zu muͤssen scheint, nur
dadurch vermeiden koͤnnen, daß sie den Gesichtspunkt mehr oder minder von
diesem Mittelpunkte entfernen: ein Verfahren, dessen geringster Nachtheil darin
besteht, daß derjenige, der das Gemaͤhlde beschaut, diesen neuen
Gesichtspunkt erst suchen muß, der ein Bruchtheil seyn wird.
2) Es ist wahrscheinlich, daß diese Kuͤnstler diesen Nachtheil, (der aus
vielen Gruͤnden, die es zu weitlaͤuftig seyn wuͤrde hier alle
aufzufuͤhren, sehr bedeutend ist) vermeiden wuͤrden, wenn sie ein
Mittel bei der Hand haben wuͤrden, die verlangte Wirkung mit Leichtigkeit zu
erhalten, und, in dieser Hinsicht, den Fluchtlinien jene Richtung zu geben, sowohl
nach dem Inneren des Gemaͤhldes als nach außen, welche sie hierzu geeignet
finden, ohne den Gesichtspunkt, welcher im Mittelpunkte des Gemaͤhldes, d.h.
im Durchschnittspunkte der Senkrechten mit dem eingebildeten Horizonte, seyn muß,
deßhalb zu verruͤken.
3) Diesen Betrachtungen, welchen der Verfasser alle Aufmerksamkeit schenkte, um die
Perspectivkunst zu vereinfachen, und den hieruͤber angestellten
Untersuchungen verdankt das Holometer seine Entstehung,
mittelst dessen die schiefe Perspective eben so leicht wird, als die gerade.
4) Um die Darstellung und die Beweise fuͤr beide Perspektiven jedem Leser so
begreiflich als moͤglich zu machen, und da ferner, aus Gruͤnden, die
wir spaͤter entwikeln werden, der Unterricht in der Perspective und in der
Zeichenkunst gleichzeitig gegeben werden muß; so sichte ich die Definitionen oder
Erklaͤrungen der Operationen und der Linien, die zur Bestimmung der Winkel und der Eintheilung
der schiefen Linien dienen, so viel moͤglich zu erleichtern. Diese Linien
sind vorzuͤglich die Tangenten und die Sinus.
(7) Bemerkung. Wenn wir, entweder in Hinsicht auf
geometrische oder auf perspektivische Operationen von einer Horizontalen sprechen, so verstehen wir darunter immer eine gerade Linie,
die entweder durch ihre eigene Lage, oder dadurch, daß sie mit der Basis oder mit
dem eingebildeten Horizonte des Gemaͤhldes parallel laͤuft, dem Auge
horizontal zu seyn scheint.
(8) Man seze, es sey durch irgend einen Winkel eines rechtwinkeligen Vierekes ein
Kreisbogen gezogen, dessen Halbmesser gleich ist einer der Seiten dieses Vierekes,
zwischen welcher dieser Kreis eingeschrieben ist, so wird die, dem Mittelpunkte
dieses Kreises gegenuͤberstehende Seite eine Tangente von 45°.
Innerhalb derselben sind alle Tangenten von 0° bis auf 45° begriffen.
Man darf also nur senkrecht, uͤber dem Ende des horizontalen Halbmessers, die
verhaͤltnißmaͤßige Tangente eines verlangten Winkels auftragen, um
denselben geometrisch oder perspectivisch mittelst des Holometers zu bestimmen.
2) Man sucht irgend eine unbestimmte Linie, die mit einer
Horizontalen einen Winkel von 37° 20' bildet.
3) Aufloͤsung. Man fuͤhrt das Haar auf
37° 20' oder auf 37 4/12 Grad des Bogens A. Man
nimmt auf der Horizontalen irgend eine Laͤnge, als Halbmesser, und, nachdem
man (nach 1) die verhaͤltnißmaͤßige Laͤnge der Tangenten
genommen hat, traͤgt man sie senkrecht auf dem Ende des auf der Horizontalen
genommenen Halbmessers auf. Durch den Anfangspunkt dieser lezteren und durch das
obere Ende der Tangente zieht man die verlangte schiefe Linie.
(9) Den Werth eines gegebenen Winkels zu finden. Man
verfaͤhrt umgekehrt, wie vorher ((8)3).
(10) Die unendliche Laͤnge, welche die Tangente von 45° (nach 8)
erhalten wuͤßte, um mit allen uͤbrigen Tangenten von 45° bis
90° im Verhaͤltnisse zu bleiben, gestattet nicht den Gebrauch
derselben. Man traͤgt daher, um diesem Nachtheile abzuhelfen, auf dem
horizontalen Halbmesser von seinem Anfangspunkte an die Cotangenten der
Complements-Winkel auf, und errichtet senkrecht auf ihrem Ende die ganze
Laͤnge des Halbmessers. Durch das obere Ende dieses lezteren und durch den
Anfangspunkt der Horizontalen zieht man die verlangte unbestimmte schiefe Linie.
(11) Bemerkung. Complements-Winkel heißt man
denjenigen, der mit einem anderen Winkel einen rechten Winkel bildet, oder den
Unterschied zwischen einem gegebenen und einem rechten Winkel. Der Complements-Winkel eines Winkels von 25° wird also
65°; denn 90 – 25 = 65.
2) Supplement-Winkel ist derjenige, der zu Einem
oder zu mehreren Winkeln zugesezt werden muß, um eine Horizontale, oder einen Winkel
von 180° zu bilden. Es sey ein Winkel von 35° + 90°. Der
Supplements-Winkel hierzu wird 55° halten. Denn 35 + 90 = 125; und 180
– 125 = 55.
3) Um also einen stumpfen Winkel zu bilden, muß man seinen Supplement-Winkel finden. Es sey der verlangte Winkel 138°
20'; so wird man zuerst, (nach 8), seinen Supplements-Winkel, 41° 40' bestimmen muͤssen.
(12) Man verlangt eine schiefe Linie, die mit einer
Horizontalen einen Winkel von 73° bildet.
Aufloͤsung. Man nimmt (nach 1) mit irgend einem
Halbmesser auf dem Bogen B die diesem Halbmesser
proportionale Cotangente des Complement-Winkels (17°), und
traͤgt sie auf der Horizontalen auf etc., wie in (10) angegeben wurde.
(13) Eine schiefe Linie scheint mit der Horizontalen einen
Winkel von mehr als 45° zu bilden; man soll die Groͤße dieses
Winkels bestimmen.
Aufloͤsung. Wenn man, vor Allem, wissen will, ob
dieser Winkel groͤßer ist als 45°, so darf man sich nur erinnern, daß
die Tangente eines Winkels von 45° dem Halbmesser gleich ist, und sie dann
senkrecht auf dem Ende des Halbmessers aufrichten. Wenn sie die schiefe Linie nicht
erreicht, so ist der Winkel wirklich groͤßer als 45°. In diesem Falle
muß man (nach 3) das umgekehrte Verfahren von dem vorigen (12) einschlagen.
(14) Es ist kein Zweifel, daß man in der praktischen Geometrie obige Aufgaben weit
leichter und schneller mit dem gewoͤhnlichen sogenannten Transporteur oder Rapporteur
aufzuloͤsen vermag; wenn aber, auf der einen Seite, wo diese Aufgaben mit
derselben Genauigkeit und in demselben Umfange geloͤst werden sollten, wie
mit dem Holometer, der Rapporteur entweder einen eben so großen Halbmesser haben,
oder mit einem Vernier versehen seyn muͤßte, der ihn weit theurer machen
wuͤrde, als das Holometer, das man auch zu anderen Arbeiten brauchen kann,
und nicht allein bloß zu dieser; so darf man, auf der anderen Seite, auch nicht
vergessen, daß die Aufloͤsung dieser Aufgaben sich auf schiefe Linien
bezieht, die ganz unzugaͤngig sind, und auf welche man daher nicht
unmittelbar einwirken kann, wie es bei den schiefen Linien der Perspective der Fall
ist.
2) Man wird weiter unten sehen, daß die Aufloͤsung dieser Aufgaben, so wie der
folgenden, der praktischen Geometrie selbst nicht so ganz fremd ist, wie es beim
ersten Anblike scheinen sollte, indem sie sich in einigen Faͤllen auch mit
Vortheil auf topographische Arbeiten anwenden laͤßt, welcher sie neue, auf
mein System der Perspective gegruͤndete, Mittel darbietet, deren
aͤußerste Genauigkeit sich auch durch die Anwendung derselben auf die Natur
selbst erwiesen findet. Wir gehen indessen auf die Anwendung der Sinus uͤber.
(15) Wenn man in demselben Viereke (8) aus dem Mittelpunkte des eingeschriebenen
Bogens eine Diagonale zieht, und wenn man aus dem Durchschnittspunkte dieser
Diagonalen mit diesem Bogen eine Senkrechte auf die untere Seite des Vierekes
herablaßt, oder auf den horizontalen Halbmesser, so wird diese Senkrechte der Sinus des Winkels von 45°.
2) Die Groͤße dieses Sinus ist gleich jener des
Cosinus desselben Winkels, und proportional mit dem
Halbmesser. Wenn man diesen lezteren als Einheit annimmt, so verhaͤlt er sich
zum Sinus oder Cosinus wie 1
: 0,7091, wie man auf dem Holometer sieht.
(16) Die Groͤße der Sinus, die man aus dem Bogen
des Kreises (8) auf den horizontalen Halbmesser herablassen kann, nimmt
fortwaͤhrend von 0° bis auf 90° zu. Die der Cosinus, die immer den Sinus
der Complements-Winkel gleich sind (11), nimmt, im Gegentheile, von 0°
bis auf 90° immer ab.
(17) Fuͤr alle folgende Saͤze gilt die Bemerkung, und
vorzuͤglich in Hinsicht auf Perspective, daß die Sinus immer eine senkrechte oder verticale (perpendiculaire ou
verticale), die Cosinus immer eine horizontale Lage haben.
(18) Bemerkung. Ich bediente mich (in 17) der Ausdruͤke: „senkrechte oder verticale,“ weil, in der
Perspective, beide etwas Verschiedenes bezeichnen. Die Senkrechte (perpendiculaire) bezeichnet jede
Linie, welche mit der Basis oder mit der Grundlinie des Gemaͤhldes einen
Winkel von 90° bildet, und sich nach dem Mittelpunkte des Gemaͤhldes,
nach dem Gesichtspunkte, richtet. Die zweite, die verticale (verticale) bezeichnet jede Linie, die senkrecht auf die Erdflaͤche
auffaͤllt, und, in der Perspective, parallel mit den Seiten des
Gemaͤhldes, so wie mit einer eingebildeten Verticalen laͤuft, durch welche das Gemaͤhlde in dieser
Ruͤksicht in zwei gleiche Theile getheilt wird: die also, wie die
eingebildete Horizontale, immer nur zu den Arbeiten der Perspective dient.
(19) In jedem rechtwinkeligen Dreieke sind die beiden kleineren Seiten Sinus und Cosinus eines
jeden der beiden spizigen Winkel. Die Summe ihrer
Quadrate ist gleich dem Quadrate der Hypothenuse oder der schiefen Linie, deren
Groͤße immer dem Halbmesser des um dieses Dreiek umschriebenen Bogens gleich
ist.
(20) Man kann mittelst dieser Sinus, wie mittelst der Tangenten, die Winkel bestimmen
oder pruͤfen; die Anwendung der Tangenten (nach 8, 9, 12 und 13) ist jedoch,
vorzuͤglich in Hinsicht auf Perspective, jener der Sinus vorzuziehen, weil sie einfacher ist, und alle Rechnung
uͤberfluͤssig macht.
2) Auf der anderen Seite lassen sich aber die Tangenten nur auf die Richtung der
schiefen Linien, nicht aber auf ihre Groͤße oder Theilung anwenden, welche
nur durch die proportionalen Cosinus in Zahlen
ausgedruͤkt werden koͤnnen.
(21) Auf eine unbestimmte gegebene Horizontale eine schiefe
Linie zeichnen, die mit derselben einen verlangten Winkel bildet, und eine in
Zahlen ausgedruͤkte Laͤnge besizt. Der verlangte Winkel habe
34° 45'; die verlangte
Groͤße sey 56 Fuß.
Aufloͤsung. Man nimmt mit irgend einer
Groͤße, als Halbmesser, (nach 8) mit dem Bogen A,
die Tangente von 34° 45' oder 9/12, und bestimmt die Richtung der schiefen
Linie von unbestimmter Laͤnge.
2) Man fuͤhrt das Haar auf 34° 3/4 des Bogens D der Cosinus. Nenn man keinen bestimmten
Maßstab hat, nimmt man senkrecht uͤber 56 1/2 der Basis des Holometers den
dieser Groͤße proportionellen Cosinus, so wie ihn
das Haar gibt, und traͤgt ihn auf der Horizontalen von ihrem Anfangspunkte
auf. Endlich errichtet man auf ihrem Ende eine Senkrechte, deren Durchschnitt mit
der Schiefen die verlangte Groͤße gibt.
(22) Eine schiefe Linie in irgend eine Anzahl proportionaler
Theile graphisch oder numerisch zu theilen.
Aufloͤsung. Wenn die Theilung graphisch geschehen soll,
und der Winkel und die Groͤße der schiefen Linie bekannt sind, darf
man bloß (nach (21) 2) auf der Horizontalen den Cosinus
des der Groͤße der schiefen Linie proportionalen Winkels bestimmen, und
diesen Cosinus (nach 1, 4 oder 5) durch die Zahl der
verlangten Theile theilen, und aus jedem Theilungs-Punkte Senkrechte
errichten. Die Durchschnitte dieser Senkrechten mit der Schiefen werden die
verlangte Theilung der lezteren geben.
2) Wenn die Theilung graphisch geschehen soll, und der Winkel
und die Groͤße der schiefen Linie unbekannt sind, so darf man nur,
nachdem man, nach irgend einem Maßstabe, die verlangte Zahl der Abtheilungen auf die
Horizontale aufgetragen hat, durch das Ende der lezteren und durch das der schiefen
Linie eine Linie fuͤhren, mit welcher man Parallele durch jede Theilung der Horizontalen zieht:
die Durchschnittspunkte der Parallelen mit der schiefen Linie geben die verlangte
Theilung der Lezteren.
3) Anmerkung. Dieses leztere von mehreren Schriftstellern
angegebene Verfahren ist, ohne Zweifel, das moͤglich einfachste, indem
fuͤr die Perspektive alle nach demselben Punkte gezogenen Linien, wo er immer
liegen mag, unter sich parallel sind. Allein, außer dem, daß oͤfters die
Groͤße der schiefen Linie es nothwendig machen wuͤrde, bei dieser
Theilung uͤber das Gemaͤhlde hinauszugehen, wuͤrde diese, da
sie aus diesem Grunde unzureichend ist, auch falsch seyn, wenn die Theilung der
schiefen Linie numerische Groͤßen ausdruͤken soll, die sich auf
unzugaͤngigen oder perspectivischen Linien nur mittelst der proportionalen
Cosinus bestimmen lassen. Man koͤnnte
allerdings diese lezteren entweder durch Rechnung oder mittelst des
Proportional-Zirkels finden, allein mit weit groͤßerer Muͤhe,
als mittelst des Holometers, der hier, so wie in anderen Faͤllen, die Arbeit
ungemein erleichtert, wie die Erfahrung zeigen wird.
(23) Wenn die Theilung einer schiefen Linie in numerischen
gegebenen Theilen geschehen soll, so darf man nur (nach 21,2) mit den
verlangten numerischen Groͤßen, die nach einem gegebenen Maßstabe genommen
wurden, die proportionalen Cosinus nach dem Winkel der
schiefen Linie nehmen, den man (nach 9) pruͤfen muß, wenn er noch nicht
bekannt waͤre; diese Cosinus auf die Horizontale
auftragen, und von dem Ende eines jeden derselben Senkrechte errichten, deren
Durchschnitte mit der schiefen Linie die numerische Theilung derselben geben
werden.
(24) Eine schiefe Linie, deren Anfangspunkt auf einer
Horizontalen ruht, oder zu ruhen scheint, sey unter einem beliebigen Winkel in
einer beliebigen Groͤße gegeben; man soll eine andere Linie zeichnen, die
mit ihr einen rechten Winkel bildet.
Aufloͤsung. Der zu findende Winkel ist nothwendig
ein Supplements-Winkel ((11)2) in Hinsicht auf die
zwei bekannten Winkel, und ein Complements-Winkel
(11) in Hinsicht auf den Winkel der schiefen Linie mit der Horizontalen, indem der
Zwischen-Winkel 90° seyn muß. Es sey also der Winkel der schiefen
Linie 40°, so wird offenbar der entgegengesezte Winkel 50° seyn
muͤssen.
2) Hieraus folgt, daß der Sinus des Einen gleich ist dem Cosinus des Anderen, wie der Cosinus des Ersten
gleich ist dem Cosinus des Zweiten.
3) Die graphische oder perspectivischeperspectifische Aufloͤsung laͤßt sich also, wenn die Richtung der gegebenen
schiefen Linie von der Linken zur Rechten ist, darauf zuruͤkfuͤhren,
daß man horizontal, links von dem Anfangspunkte der Schiefen, ihren Sinus, als Cosinus des entgegengesezten
Winkels auftragt, und auf dem Ende dieses Cosinus,
senkrecht, als Sinus, den Cosinus derselben; endlich, durch das Ende dieses Sinus und den Anfangspunkt der schiefen Linie eine schiefe Linie in
entgegengesezter Richtung fuͤhrt, die mit derselben einen rechten Winkel,
oder einen Winkel von 90° bilden wird.
(25) Auf einer schiefen Linie als Seite eines vollkommenen
Rechtekes die drei uͤbrigen Seiten errichten.
Aufloͤsung. Nachdem man nach (24) verfahren,
wodurch man zwei Seiten und drei Winkel des verlangten Vierekes erhaͤlt,
laͤßt man von dem Ende des einen oder des anderen der zwei Cosinus innerhalb auf die Horizontale den einen oder den
anderen der zwei Sinus, herab, und errichtet aus
dem auf der Horizontalen gefundenen Punkt eine Senkrechte, die der Basis, oder der
Summe der beiden Sinus gleich ist. Das obere Ende dieser
Senkrechten wird den vierten Winkel des gesuchten Vierekes bilden.
(26) Die Sehne eines Kreisbogens oder eines verlangten Winkels
im Verhaͤltnisse zu einem gegebenen Halbmesser zu finden.
Aufloͤsung. Man nimmt (nach 1) mit dem Bogen C und dem gegebenen Halbmesser den Sinus eines um die Halste kleineren Winkels, und die
verhaͤltnißmaͤßige Groͤße doppelt.
2) Man kann auch ganz einfach den proportionalen Sinus
des verlangten Winkels mir dem doppelten Halbmesser des gegebenen nehmen, der
gleichfalls die verlangte proportionale Sehne seyn wird.
3) Beide diese in geometrischer Hinsicht zureichende, Verfahrungsweisen taugen
fuͤr die Perspective nicht, wo man nie Sehnen brauchen kann.
Flaͤchen. Bogen K.
(27) Eine Flaͤche, sie mag so unregelmaͤßig seyn, als man will,
laͤßt sich in ein rechtwinkeliges Vierek einschreiben, und die Groͤßen
aller ihrer Theile lassen sich auf Laͤnge und Breite zuruͤkfuͤhren.
2) Die verhaͤltnißmaͤßige und relative Ausdehnung einer jeden dieser
beiden Dimensionen mag wie immer beschaffen seyn, so betrachten wir,
vorzuͤglich in der Perspective, die erstere immer als perpendiculaͤr
auf die leztere, welche immer als horizontal angenommen wird (7).
3) Alle Verhaͤltnisse, die nach der Richtung der Laͤnge genommen
werden, werden demnach Ordinaten seyn, und jene die nach
der Richtung der Breite genommen werden, Abscissen.
(28) Eine Flaͤche in einem verlangten
Verhaͤltnisse verjuͤngen oder verkleinern.
Verfahren. Man nimmt (nach 1) mit dem Bogen K die Verjuͤngung der einen oder der anderen
Groͤße, nach der durch die Zahlen auf diesem Bogen gegebenen Anzeige.
(29) Bei verhaͤltnißmaͤßiger Vergroͤßerung
derselben Flaͤche waͤre das Verfahren (nach 2) das umgekehrte
von dem vorigen.
(30) Das Verhaͤltniß zwischen zwei aͤhnlichen,
aber ungleichen, Flaͤchen finden.
Verfahren. Es ist genug, wenn mit einer Groͤße
gearbeitet wird, wobei man sich des Bogens K (nach 3)
bedient.
(31) Bemerkung. Mit einem T
foͤrmigen Lineale, an welchem ein Haar oder ein Seidenfaden, der sehr stark
angespannt ist, befestigt wurde, koͤnnte man mittelst dieses Bogens sehr
leicht topographische Plane etc. verjuͤngen, und zwar um so leichter, als,
wann einmal das verlangte Verhaͤltniß auf diesem Bogen bestimmt ist, man sich
waͤhrend der ganzen Arbeit nicht mehr um dasselbe zu kuͤmmern
braucht.
2) Es ist moͤglich, daß die zu verjuͤngenden Ausdehnungen
groͤßer waͤren, als jene der Basis des Holometers. In diesem Falle
muͤßte man mit einem Bruchtheile dieser Ausdehnungen arbeiten, der in dieser
Basis Raum faͤnde. Das Resultat wird fuͤr die Bruchtheile eben so
genau seyn, wie fuͤr das Ganze. Obschon dieses Instrument eine weit
groͤßere Ausdehnung gestattet, als die gewoͤhnlichen
Proportional-Zirkel, so muͤßte man in aͤhnlichen Faͤllen
in Hinsicht anderer Verhaͤltnisse zu diesem Mittel seine Zuflucht nehmen.
Koͤrper. Bogen L.
(32) So wie jede Flaͤche sich in ein rechtwinkeliges Vierek einschreiben
laͤßt, so laͤßt jeder Koͤrper sich in einen Wuͤrfel oder
in ein rechtwinkeliges Parallelopiped einschreiben.
2) Man kann sodann alle Verhaͤltnisse oder Formen irgend eines festen
Koͤrpers finden oder bestimmen, wenn man die Verhaͤltnisse findet oder
bestimmt, welche zwischen allen Theilen dieses festen Koͤrpers und den drei
Groͤßen des Wuͤrfels oder rechtwinkeligen Parallelopipedes,
naͤmlich der Laͤnge, der Breite (2 bei 27)
und der Hoͤhe Statt haben.
3) In der Perspective wird die Hoͤhe immer als perpendiculaͤr auf irgend eine der
Erdflaͤchen, die mit dem eingebildeten Horizonte parallel sind, angenommen.
Wir werden sie Erhoͤhung (Élévation) nennen, selbst wenn sie sich unter lezterem
befinden sollte, oder unter dem Auge des Beschauers, weil man sie im
Verhaͤltnisse auf jene Erdflaͤche betrachtet, auf welcher sie sich
vertical erhebt (18).
4) Man ist in der Perspective uͤbereingekommen, Laͤnge und Tiefe als gleichbedeutend, als synonym, zu betrachten. Die
Tiefe wird demnach immer als perpendiculaͤr
auf die Flaͤche oder auf die Basis des Gemaͤhldes angenommen.
(33) Einen Koͤrper in einem gegebenen
Verhaͤltnisse verjuͤngen oder verkleinern.
Verfahre n. Man darf nur vertical alle Spizen oder Eken
des festen Koͤrpers auf die horizontale Flaͤche
zuruͤkfuͤhren, und mit den drei Groͤßen desselben (nach 28), so
wie bei den Flaͤchen verfahren, und hierbei sich des Bogens L bedienen.
(34) Bei verlangter Vergroͤßerung eines
Koͤrpers wird dieses Verfahren umgekehrt, so wie es in (2) angegeben
wurde, wobei man sich des Bogens L bedient.
(35) Das Verhaͤltniß zwischen zwei aͤhnlichen,
aber ungleichen, Koͤrpern bestimmen.
Verfahren. Wie in (3), nur daß man sich des Bogens L bedient, und nur eine der drei Groͤßen
braucht.
Vieleke. BogenM.
(36) Mittelst des Bogens M des Holometers kann man (nach
1) geometrisch alle regelmaͤßigen von einem Kreise umschriebenen Vieleke
bestimmen, wenn man als Einheit die verlangte Ausdehnung des Durchmessers dieses
Kreises annimmt: das Resultat wird die verhaͤltnißmaͤßige Ausdehnung
einer der Seiten des verlangten Vielekes.
2) Man kann auf diese Weise jeden Kreis in 3 oder in 360 Grade theilen: die
gewoͤhnliche Eintheilung des Kreises.
(37) Man kann ferner alle regelmaͤßigen und unregelmaͤßigen Vieleke
mittelst der Tangenten und Sinus bestimmen, wenn man die
Zahl der Seiten und ihre Ausdehnung, so wie die Winkel kennt, welche sie unter sich
oder mit der gegebenen Horizontalen bilden. Dieß ist uͤbrigens das einzige
Mittel, wonach man sie perspectivisch bestimmen kann, indem man hier nicht, wie in
der Geometrie, die proportionelle Seite eines Vielekes auf den Kreis auftragen kann,
der, im Perspective, immer mehr oder minder sich der Ellipse naͤhert.
(38) Geometrisch, oder im Perspektive, ein regelmaͤßiges
Vielek mittelst der Cosinus beschreiben.
Verfahren. Man zeichnet zuerst den umschriebenen Kreis;
nimmt hierauf (nach 2 von 21) mit dem Halbmesser dieses Kreises, die Cosinus aller Winkel, die von den schiefen, auf die
Kanten des Vielekes gezogenen, Halbmessern und von dem horizontalen Halbmesser
gebildet werden; traͤgt sie auf lezteren rechts und links vom Mittelpunkte,
als vom gemeinschaftlichen Scheitel aller dieser Winkel, auf, und errichtet aus
jedem auf diesem Halbmesser aufgetragenen Punkte Ordinaten (3 von 27), deren
Durchschnitte mit dem umschriebenen Kreise das verlangte Vielek geben.
2) Bemerkung. Um die Untersuchung der Winkel zu vermeiden,
deren proportionale Cosinus man zu obigem Verfahren
nothwendig hat, hat der Verfasser eine synoptische Tabelle entworfen, in welcher sie
fuͤr alle Vieleke angezeigt sind, die im Gebrauche vorkommen, dieselben
moͤgen nun von der Vorderseile, oder von einem Winkel aus, oder selbst schief
hin betrachtet werden. Mittelst dieser Tabelle wird obige Aufgabe fuͤr die
Perspektive so einfach, als alle uͤbrigen Aufgaben nach dieser Methode es
sind.
Ellipsen. BogenN.
(39) Nachdem man (nach 1) das verlangte Verhaͤltnis zwischen der großen und
kleinen Achse gefunden hat, und von einem der Enden der kleinen Achse mittelst einer
Ausdehnung, die der Haͤlfte der großen Achse gleich ist, auf dieser lezteren
die Lage der beiden Brennpunkte bestimmt hat, laͤßt sich die Ellipse mittelst
der Stifte und des Schnuͤrchens eben so leicht geometrisch zeichnen, als der
Kreis.
2) Durch dieses, so wie durch jedes andere aͤhnliche Verfahren wird die krumme
Linie, welche die Ellipse bildet, eben so vollkommen, wie jene des Kreises, indem,
so wie in lezterem jeder Punkt seiner krummen Linie immer in demselben
Verhaͤltnisse zum Mittelpunkte steht, dasselbe Verhaͤltniß fuͤr
alle Punkte der krummen Linie der Ellipse gegen die beiden Brennpunkte Statt
hat.
3) Dieses Verfahren laͤßt sich jedoch nicht zur Zeichnung einer sehr kleinen
Ellipse auf irgend einer Flaͤche anwenden, und noch weniger im Perspective,
wo die Ellipse, nach ihrer Entfernung und Lage, immer mehr oder minder entstellt
seyn muß.
4) Man muß in diesem Falle zu Ordinaten und Abscissen (3 von 27) seine Zuflucht
nehmen, und diese muͤssen in einem solchen Verhaͤltnisse gegen
einander stehen, daß die durch ihre Durchschnittspunkte gezeichnete krumme Linie
genau so ausfaͤllt, wie jene, welche unmittelbar nach obiger erster Angabe
gezeichnet wurde.
(40) Der Bogen N des Holometers gibt
verhaͤltnißmaͤßige Maße dieser Ordinaten und dieser Abscissen.
2) Man nimmt sie (nach 1) auf diesem Bogen mit der Haͤlfte der einen und der
anderen der beiden Achsen als Einheit betrachtet; man traͤgt die Ordinaten
rechts und links vom Mittelpunkte auf der großen Achse auf, und die Abscissen
uͤber und unter demselben Mittelpunkte auf der kleinen Achse, so daß, da die
Durchschnitte der einen mit den anderen 28 sind, man zur Zeichnung der Ellipse 32
Richtungspunkte mit den vier Endpunkten der Achse zur Zeichnung haben wird.
3) Bemerkung. Die erste Ordinate durchschneidet die
siebente Abscisse; die zweite die sechste etc., so wie die erste Abscisse die
siebente Ordinate durchschneidet etc.
(41) Obiges Verfahren laͤßt sich vereinfachen, indem man auf beiden Achsen,
parallel mit denselben, ein rechtwinkeliges Vierek errichtet, und durch die
gegenuͤberstehenden Winkel des lezteren Diagonale zieht, die, indem sie in
denselben Punkten von den entgegengesezten Ordinaten und Abscissen durchschnitten
werden, die Muͤhe ersparen koͤnnen auf dem Bogen N die Proportionalen Maße dieser lezteren zu nehmen. Es
ist genug wenn man, nachdem man die ersteren bestimmte und zeichnete, von ihren
Durchschnittspunkten auf den Diagonalen ausgeht, um horizontal, nach der in 3 von
(40) angezeigten Ordnung, die correspondirenden Durchschnitte auf denselben
Ordinaten zu erhalten: diese Durchschnitte werden dieselben seyn, wie jene in dem
doppelten Verfahren (40).
2) Bemerkung. Da die krumme Linie der Ellipse durch die
vier Durchschnitte der vierten Ordinate auf den Diagonalen durchlaͤuft, so
koͤnnte man sich in der Perspective damit begnuͤgen, indem man, mit
den vier Enden der beiden Achsen, auf diese Weise acht Richtungspunkte erhielte;
eben so viel Punkte also, als man zur Zeichnung eines Kreises in perspectivischer
Hinsicht gewoͤhnlich braucht, wo man gleichfalls die vier Endpunkte der zwei
Durchmesser oder Achsen hat, und die vier Diagonalpunkte, welche durch den Cosinus von 45°, der dem Halbmesser proportional
ist (2 von (15)), bestimmt werden.
Hieraus erhellt die Brauchbarkeit dieses Holometers fuͤr die Zeichnung im
Perspective, und man bekommt zugleich eine Idee von dem Systeme des Verfassers.