Titel: | Ueber einen Apparat, in welchem man verschiedene Substanzen der länger fortgesezten Einwirkung des Aethers und des siedenden Alkohols aussezen kann, und welchen die HH. Coriol und Berthemot erfunden haben. |
Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. LXXVII., S. 416 |
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LXXVII.
Ueber einen Apparat, in welchem man verschiedene
Substanzen der laͤnger fortgesezten Einwirkung des Aethers und des siedenden
Alkohols aussezen kann, und welchen die HH. Coriol und Berthemot erfunden haben.
Aus dem Journal de Pharmacie. Februar 1832, S. 112;
auch im Bulletin des sciences
technologiques. October 1831, S. 63.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Apparat zum Sieden des Aethers und Alkohols.
Es gibt viele Substanzen, welche sich nur in Alkohol oder in Aether aufloͤsen
lassen, und noch mehrere, welche diesen beiden Aufloͤsungsmitteln nur einen
Theil ihrer Bestandtheile mittheilen. In mehreren Faͤllen reicht schon eine
Behandlung dieser Substanzen mit den genannten Aufloͤsungsmitteln in der
Kaͤlte hin; sehr oft ist man aber auch gezwungen die Mitwirkung der
Waͤrme in Anspruch zu nehmen, um deren Wirkung zu beschleunigen oder zu
vermehren. Jeder Chemiker, der sich mit Pflanzen, Analysen beschaͤftigt hat,
weiß, welche große Unannehmlichkeiten die Destillirgefaͤße, deren man sich
gewoͤhnlich hiezu bedient, mit sich bringen; auch geschieht es nicht selten,
daß man die Substanz, welche man mit Aether oder Alkohol zum Sieden brachte, ganz
troken findet, wenn man nicht eine weit groͤßere Menge dieser
Fluͤssigkeiten angewendet hat, als eigentlich zur vollkommenen
Aufloͤsung der Substanzen, welche man ausziehen will, noͤthig
waͤre. Dieß ist aber noch nicht genug: denn die geistigen
Fluͤssigkeiten werden naͤmlich waͤhrend dieses Siedens immer
schwaͤcher und schwaͤcher, so daß sie dadurch entweder unfaͤhig
werden die Substanzen aufzuloͤsen, welche man aufgeloͤst haben will,
oder daß sie die Eigenschaft erlangen, auch solche Substanzen aufzuloͤsen,
welche nicht aufgeloͤst werden sollen. Allen diesen großen
Uebelstaͤnden haben die HH. Coriol und Berthemot durch den sehr einfachen Apparat, den sie zu
obigem Behufe erfanden, abgeholfen, indem man mit diesem Apparate verschiedene
Substanzen eine laͤngere Zeit uͤber mit Alkohol oder Aether sieden
kann, ohne daß diese Fluͤssigkeiten in Hinsicht auf Concentration oder auf
das Verhaͤltniß ihrer Quantitaͤt zu jener der zu behandelnden
Substanzen eine Veraͤnderung erlitten. Ueberdieß gewaͤhrt der Apparat
auch noch den Vortheil, daß er den Eintritt der Siedehize etwas verzoͤgert,
und zwar in dem Verhaͤltnisse, als der Dampf auf seinem Wege durch die
Windungen des Verdichters Schwierigkeiten findet, und im Verhaͤltnisse des
Drukes, welcher hierdurch entsteht.
Dieser Apparat besteht nun:
1) aus einem Ballon mit flachem Boden;
2) aus einem Vorstoße, der an seinem duͤnneren Ende mittelst eines
durchloͤcherten Korkes verschlossen ist;
3) aus einer schlangenfoͤrmig gewundenen Roͤhre, welche sich in dem
Vorstoße befindet. Der untere, gerade auslaufende Theil dieser Roͤhre geht
durch den Korkstoͤpsel, womit der Vorstoß verschlossen ist, und steht auf
diese Weise mit dem Ballon mit flachem Boden in Verbindung. Ihr oberes Ende
hingegen, welches gleichfalls gerade auslaͤuft, ist so erweitert, daß es eine
rechtwinkelig gebogene Roͤhre aufzunehmen im Stande ist.
4) aus einem Ballon, dessen verlaͤngerter Hals durch einen Vorstoß geht,
welcher mittelst eines luftdicht schließenden Stoͤpsels daran befestigt ist.
Dieser Ballon, bis auf dessen Grund die rechtwinkelig gebogene Roͤhre reicht,
dient als Recipient.
Will man sich nun dieses Apparates bedienen, so bringt man die Substanz mit sammt dem
Aufloͤsungsmittel in den Ballon mit flachem Boden, der vorher in's Marienbad
gesezt worden, sezt dann die Schlangenroͤhre daran, und bringt diesen
mittelst der rechtwinkelig gebogenen Roͤhre, die man sorgfaͤltig bis
auf den Boden des Recipienten leitet, mit diesem Recipienten in Verbindung. Ist dieß
geschehen, so fuͤllt man die Vorstoͤße, welche als
Kuͤhlgefaͤß dienen, mit Wasser, und beginnt dann zu feuern. Die zum
Sieden gebrachte Fluͤssigkeit faͤngt bald an sich zu
verfluͤchtigen, verdichtet sich dann in der Schlangenroͤhre, und
gelangt aus dieser bestaͤndig wieder in den Ballon zuruͤk, ohne jedoch
das Sieden in demselben zu unterbrechen. Wird die Hize vermehrt, so gelangt die
Fluͤssigkeit zuweilen aus der Schlangenroͤhre in den Recipienten,
indem sich dann eine so große Menge von Daͤmpfen entwikelt, daß die
Fluͤssigkeit nicht herabtropfen kann, und sich folglich immer mehr und mehr
anhaͤufen und in den Recipienten uͤbergehen muß. So wie man aber in
einem solchen Falle ein nasses Tuch auf den im Marienbade befindlichen Ballon
bringt, entsteht sogleich wieder der leere Raum, und in Folge dieses entstehenden
leeren Raumes steigt die uͤbergegangene Fluͤssigkeit auch sogleich
wieder in den Ballon zuruͤk, und zwar beinahe ohne das Sieden in demselben zu
unterbrechen.
Wenn man das Wasser in den Kuͤhlgefaͤßen oͤfter erneuert, so
kann man das Sieden mit diesem Apparate mehrere Stunden lang fortsezen. Hat das
Sieden lang genug gedauert, so entfernt man das Feuer, und gießt die
Fluͤssigkeit nach dem Erkalten ab, worauf man, wenn es noͤthig seyn
sollte, dieselbe Operation mit einer neuen Quantitaͤt Alkohol oder Aether
wiederholt, um gewiß alle aufloͤslichen Stoffe auszuziehen.
Die saͤmmtlichen alkoholischen oder aͤtherischen Fluͤssigkeiten
kann man, wenn man will, mittelst eines und desselben Apparates destilliren. Man
braucht naͤmlich nur die gekruͤmmte Roͤhre mittelst eines
Korkes an dem Ballon mit flachem Boden anzubringen, und sie mit dem oberen
erweiterten Theile der Schlangenroͤhre, die sich auf einem Dreifuße
uͤber einer zur Aufnahme der uͤbergehenden Fluͤssigkeit
dienenden Flasche befindet, in Verbindung zu sezen.
Bei Operationen, welche in Laboratorien oder Fabriken continuirlich oder
ununterbrochen fortgehen sollen, kann man statt des Ballons mit flachem Boden am
besten ein kupfernes Gefaͤß von birnfoͤrmiger Gestalt anwenden, dessen
Muͤndung (welche so groß seyn soll, daß man mit der Hand in dieselbe
eindringen kann) mit einem luftdicht schließenden, sehr gut verkitteten und mit
Papierstreifen verpappten Dekel verschlossen ist.
Erklaͤrung der Zeichnung.
In Fig. 41 ist
A der Ofen, B das
Marienbad, C der Ballon mit flachem Boden, D der Vorstoß, welcher mit dem Ballon C in Verbindung gesezt wird, und mit einem
Stoͤpsel E versehen ist. S ist die in dem Vorstoße befindliche Schlangenroͤhre, die mit dem
Ballon C communicirt. F ist
der obere Theil der Schlangenroͤhre, welcher sich so erweitert, daß man
mittelst eines Stoͤpsels eine gekruͤmmte Roͤhre daran anbringen
kann. H stellt die gebogene, mit der
Schlangenroͤhre F in Verbindung stehende
Roͤhre vor; sie neigt sich etwas auf die Seite dieser lezteren, und ihr
zweiter Arm steigt bis auf den Grund des Recipienten herab. I ist ein hinter dieser Roͤhre befestigter Kork, welcher dieselbe
verhindert auf dem Grunde des Recipienten auszuruhen. J
ist ein langhalsiger Ballon, der zur Aufnahme der verdichteten Fluͤssigkeit,
welche allenfalls bei zu starker Heizung uͤbergehen koͤnnte, dient.
K ein Vorstoß, der durch den Hals des Ballons J geht, und hinter demselben durch einen Stoͤpsel
festgehalten wird. LL der als Stuͤze dienende Dreifuß.
Fig. 42 zeigt
denselben Apparat, allein zur Destillation der aͤtherischen oder
alkoholischen Fluͤssigkeiten zugerichtet. A ist
der Kessel, welcher anstatt des Ballons mit flachem Boden angewendet werden kann.
B ist der concave Dekel, der den Kessel luftdicht
schließt.
Anmerkung.
Der Apparat der HH. Coriol und Berthemot ist, wie sich auf den ersten Blik ergibt, sehr sinnreich
ausgedacht und daher bei mancherlei Gelegenheiten sehr große Vortheile versprechend.
Einer fehlt jedoch der Vollkommenheit desselben, und dieß ist: die
Moͤglichkeit das
Wasser fortwaͤhrend zu erneuern, um auf diese Weise die
Schlangenroͤhre bestaͤndig hinreichend abgekuͤhlt zu erhalten.
Um auch diesen Zwek zu erreichen, muͤßte man einen geraden Trichter, der bis
auf den Grund des Vorstoßes hinabreichte und mittelst welchem man kaltes Wasser in
denselben leiten koͤnnte, so wie auch einen Heber daran anbringen, der sich
an dem oberen Theile befaͤnde, und mit welchem man das heiße Wasser entfernen
koͤnnte. Bei einer solchen Einrichtung koͤnnte man es mittelst eines
sehr schwachen Wasserstrahles, der aus einem uͤber der Schlangenroͤhre
angebrachten Wasserbehaͤlter kaͤme, leicht dahin bringen, daß man gar
nicht auf den Apparat Acht zu geben brauchte; wenigstens wuͤrde eine solche
Einrichtung weit besser seyn, als eine vollkommene Ausleerung des Vorstoßes mittelst
eines Hebers, wobei sich folgende drei Nachtheile ergeben:
1) braucht man zur Verdichtung eine große Menge Wasser;
2) muß man mit einem Male eine große Menge davon ersezen, und 3) endlich hat man
vorzuͤglich das zu befuͤrchten, daß die Schlangenroͤhre in
Folge des neuen ploͤzlichen Zustroͤmens von kaltem Wasser leicht
bersten kann.