Titel: | Ueber die Regulatoren und die Unmöglichkeit durch sie die Dampfmaschinen in gleichförmigem Gang zu erhalten; von Hrn. Josua Heilmann. |
Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. LXI., S. 257 |
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LXI.
Ueber die Regulatoren und die
Unmoͤglichkeit durch sie die Dampfmaschinen in gleichfoͤrmigem Gang zu
erhalten; von Hrn. Josua
Heilmann.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhausen, No. 63.
Heilmann, uͤber den Regulator der
Dampfmaschinen.
Der Regulator, welcher schon seit sehr langer Zeit in England bei den Getreidemühlen
angewandt wird, wurde von dem berühmten Watt im J. 1784
auch an den Dampfmaschinen angebracht. Dieser sinnreiche Mechanismus, womit außer
den Locomotiven fast alle Dampfmaschinen versehen sind, hat, wie man beinahe
allgemein annimmt, die Eigenschaft, ihre Bewegung in einer beständig gleichen
Geschwindigkeit zu erhalten, während sie sonst durch verschiedene Ursachen
beschleunigt oder verzögert werden müßte. Ich will im Folgenden beweisen, daß diese
Meinung irrig ist und zugleich die Verbesserungen andeuten, deren dieser Theil der
Dampfmaschine fähig zu seyn scheint.
Vor Allem muß ich jedoch bemerken, daß ich nicht allein dieser Ansicht bin. Die
meisten Fabrikanten des Elsasses haben sich bereits von der Unwirksamkeit des
gewöhnlichen Regulators überzeugt. Ein englischer Ingenieur, Hr. Stuart, hat auch, wie er mir sagte, schon vor längerer
Zeit in England eine Abhandlung herausgegeben, worin er zeigte, daß in gewissen
Fällen die Regulatoren mit Centrifugalkraft mehr schaden als nüzen, indessen weiß
ich nicht, auf welche Art er dieses bewies.
Fast alle mir bekannten Schriftsteller über Dampfmaschinen erkennen die Wirksamkeit
des Regulators an; folgende Stellen sind aus denjenigen entnommen, welche sie
bezweifeln.
Lantz und Betancourt sagen in
ihrem Essai sur la construction des machines:
„und durch den Regulator behält die Dampfmaschine eine beinahe gleiche
Geschwindigkeit, obgleich der Widerstand ein veränderlicher ist.“
Grouvelle und Jauny machen ihm
in ihrem Guide du chauffeur den Vorwurf, daß sich seine
Wirksamkeit nicht weit genug erstreke, so daß er in gewissen Fällen, z.B. bei den
Hammerwerken, nicht für die größten so wie für die kleinsten Geschwindigkeiten
ausreiche, und sie fügen bei: „hieraus geht hervor, daß er sich nur zur
Ausgleichung kleiner Veränderungen in der Geschwindigkeit, wie sie in den
Spinnereien vorkommen, benuzen läßt.“
In Prechtl's technologischer Encyklopädie wird über den
Regulator bemerkt: „er gleicht sonach, innerhalb einer gewissen Gränze,
die Einflüsse
aus, welche die Veränderung der Geschwindigkeit hervorbringen.“
Die genauesten und umsichtigsten Beobachtungen über den Regulator mit
Centrifugalkraft machte aber Hr. Prof. Christoph Bernoulli in Basel, welcher nach einer vortrefflichen Beschreibung dieses
Instruments in seinem Handbuch der Dampfmaschinenlehre bemerkt: „So
geeignet nun aber das konische Pendel ist, um die Geschwindigkeit der Maschine
zu reguliren, so ersieht man doch 1) daß es bloß ein gewisses Uebermaaß von
Geschwindigkeit zu verhindern vermag; einen allzulangsamen Gang aber nur
anzeigen kann; 2) daß es die Ursache der zu starken
Beschleunigung nicht hebt, und 3) daß dasselbe bloß bei Maschinen die ein
Schwungrad haben, oder wo die Kolbenbewegung in eine rotirende verwandelt wird,
anwendbar ist. Obschon nun bei andern oft diese Regulirung weniger Bedürfniß
ist, so bleibt doch eine Einrichtung zu diesem Zwek wünschenswerth, die auf ein
anderes Princip gegründet ist.“
Oliver Evans endlich nennt in seinem Taschenbuch für
Mechaniker den Regulator ein Aushülfsmittel, dessen man sich bedienen muß, bis etwas
Besseres gefunden ist.
Der fragliche Regulator ist bekanntlich so eingerichtet, daß sich bei zunehmender
Geschwindigkeit die Kugeln entfernen und das Ventil bis auf einen gewissen Punkt
schließen, so daß nicht mehr so viel Dampf zugelassen wird; vermindert sich hingegen
die Geschwindigkeit der Dampfmaschine zu sehr, so nähern sich die Kugeln einander
und das Ventil öffnet sich mehr.
Die Unregelmäßigkeiten in der Geschwindigkeit der Dampfmaschinen rühren einerseits
von der Expansivkraft des Dampfs, welche nach der Stärke des Feuers mehr oder
weniger groß ist, andererseits von dem verschiedenen Widerstand der zu treibenden
Maschinen her, von welchen lezteren nicht immer gleich viele im Gang erhalten
werden.
Angenommen, nach einer gleichförmigen Bewegung und mittleren Geschwindigkeit erlange
der Dampf plözlich eine größere Expansivkraft; die Geschwindigkeit nimmt also
sogleich zu, die Kugeln entfernen sich und das Ventil verschließt sich in gewissem
Maaße; hat nun in diesem Falle die Maschine wieder ihre Normalgeschwindigkeit
angenommen? Noch nicht; denn das Ventil wurde nur verschlossen, weil die Kugeln sich
weiter von einander entfernt hatten, und die Kugeln gaben der Centrifugalkraft nur
in Folge der erhöhten Geschwindigkeit nach. Aber, wird man sagen, im Augenblik
nachher, tritt weniger Dampf ein, weil sich das Ventil zum Theil schloß, was
nothwendig den Gang der Maschine langsamer machen muß. Ich gestehe dieses zu, bemerke aber,
daß die unvermeidliche Folge davon diese ist, daß sich das Ventil wieder öffnet und
die Maschine wieder beschleunigt wird, wie vorher, worauf sich das Ventil nochmals
schließt.
Dasselbe Raisonnement kann man auch bei einer Abnahme der Expansivkraft des Dampfs
und bei einer Veränderung des Widerstandes der mit der Dampfmaschine verbundenen
Maschinerien anstellen.
Damit also ein geringeres Zulassen von Dampf möglich wurde, mußte vorher zu viel
zugelassen werden, und umgekehrt; die Regulirung kann somit nur bei einer
vorhergehenden Unregelmäßigkeit, die man doch nicht haben will, stattfinden.
Die Wirkung und Gegenwirkung sezen sich jedenfalls ins Gleichgewicht und bringen also
die größten und kleinsten Geschwindigkeiten in engere Gränzen; deßwegen verdient
auch der fragliche Apparat eher den Namen eines Moderators als den eines Regulators.
Dieser Hergang findet statt, weil die Geschwindigkeit, welche die Regulirung
dirigiren soll, keineswegs die ursprüngliche Veranlassung der Unregelmäßigkeit,
sondern bloß die Folge davon ist. Die wahren Veranlassungen derselben sind: der
Widerstand der mit der Dampfmaschine verbundenen Maschinerien und die verschieden
starke Heizung des Kessels. Die Bewegung des Ventils und die Entfernung der Kugeln
hängen auch durchaus von einander ab und sind unabänderlich an einander
geknüpft.
Die Regelmäßigkeit, womit gewöhnlich die Spinnereien und andere Fabriken betrieben
werden, liefert keinen Beweis gegen meine Ansicht, denn es tragen verschiedene
Ursachen dazu bei, den Gang der Maschinen in diesen Fabriken zu reguliren. Vor Allem
muß ich darunter anführen den großen Maaßstab, in welchem sie meistens errichtet
sind, dann die Genauigkeit bei ihrer Behandlung, Beaufsichtigung und Unterhaltung.
Dadurch wird aus einer Menge ungleichförmiger und unregelmäßiger Details so zu sagen
nur ein ganz gleichförmiges Ganzes.
Hauptsächlich trägt aber auch zur Regulirung das Schwungrad bei; bekanntlich muß ein
in Thätigkeit befindliches Schwungrad allein schon alle damit verbundenen
Maschinerien während fünf Umgängen zu treiben im Stande seyn; dadurch müssen also
schon alle Unterbrechungen von kleinerer Dauer, ohne Rüksicht auf ihre Bedeutung,
unmerklich werden. Eben deßhalb wird bei großen Maschinen auch ohne Vergleich besser
als bei kleinen jede Unregelmäßigkeit compensirt.
Betrachtet man nun aber Werkstätten anderer Art, z.B. einen Eisenhammer, der mit
einer oder mehreren Drehbänken verbunden ist, oder eine kleine Spinnerei ohne Kardätschmaschinen, eine
mechanische Weberei mit wenig Stühlen, oder endlich eine Drukerei mit mehreren
Walzendrukmaschinen, so überzeugt man sich bald von der Wahrheit des von mir
Gesagten.
Wie lassen sich nun die angegebenen Fehler verbessern und wie könnte man eine
Dampfmaschine in ganz gleichförmiger Geschwindigkeit erhalten? Hiezu müßte man das
Ventil durch einen Mechanismus öffnen und schließen, welcher sowohl durch den
Widerstand der mit der Dampfmaschine verbundenen Maschinerien als durch die
Elasticität des Dampfes dirigirt würde, d.h. man müßte einerseits den Widerstand,
welchen die Maschinen der Fabrik darbieten, und andererseits die Kraft des zu seiner
Ueberwindung bestimmten Dampfes materiell fühlbar und abschäzbar machen und sodann
auf das Ventil (oder vielmehr die Ventile, weil deren zwei neben einander nöthig
sind) diese beiden veränderlichen Ursachen entsprechend wirken lassen. Dann würde
sich z.B. bei einer Zunahme des Widerstandes das Ventil auch öffnen und eine größere
Menge Dampf zulassen; es würde ferner so lange geöffnet bleiben, als der vermehrte
Widerstand andauert, so daß sich die Geschwindigkeit nicht vermindern kann und
hieraus wird für diesen Fall so wie für die anderen eine constante Gleichförmigkeit
entstehen. Bei dieser Einrichtung kann sich die Dampfmaschine reguliren, ohne sehr
weit von einander abweichende Geschwindigkeiten durchmachen zu müssen; denn
dieselben werden vermieden, weil das Ventil durch die Ursachen selbst, welche sie
herbeigeführt hätten, dirigirt wird.
Es fragt sich mm, welche Mittel sich darbieten, um meine Idee auszuführen; in Bezug
auf den Widerstand könnte man die verschiedenen in der lezten Zeit erfundenen
dynamometrischen Apparate, oder eine Welle, welche durch den Widerstand schwach
gewunden wird; oder eine Feder, welche zur Uebertragung desselben dient und in
Graden die Größe der von ihr übertragenen Kraft angibt; oder ähnliche Räder wie bei
den Differential-Bewegungen anwenden.
Was den Dampfdruk betrifft, so könnte eine kleine Feder, die auf einen kleinen
Kolben, auf welchen der Dampf wirkt, drükt, auf das Ventil die Wirkung des mehr oder
weniger gespannten Dampfs übertragen; anstatt einer Feder könnte man auch ein
Gewicht benuzen, welches auf eine excentrische, durch denselben Kolben in Bewegung
gesezte Scheibe, wirkt.
Kurz, es handelt sich darum, einen dynamometrischen
Regulator herzustellen. Meine Absicht war übrigens nur, die Grundsäze
anzugehen, wodurch eine Verbesserung des gewöhnlichen Regulators möglich wird, und ich muß
Anderen die Bemühung und den Ruhm sie auszuführen überlassen.