Titel: | Ueber die Präparirung der Platten zu Lichtbildern; von Hrn. Daguerre. |
Fundstelle: | Band 90, Jahrgang 1843, Nr. XIII., S. 63 |
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XIII.
Ueber die Praͤparirung der Platten zu
Lichtbildern; von Hrn. Daguerre.
Aus den Comptes rendus, 1843, 2tes Semester, Nr.
8.
Daguerre, über die Präparirung der Platten zu
Lichtbildern.
In der vorlezten Sizung der Akademie machten die HHrn. Belfield-Lefèvre und Léon Foucault eine
Mittheilung,
Siehe polytechn. Journal (2tes Septbrheft.) Bd. LXXXIX S. 421. in welcher sie eine Theorie aufstellten,
die dem zu widersprechen scheint, was ich über den Einfluß des von der Baumwolle auf
der Oberfläche der Platten zurükgelassenen Schlammes (limon) auf die Lichtbilder gesagt habe. Ich finde mich zu folgender
Widerlegung derselben veranlaßt. Sie sagen:
„Hr. Daguerre behauptet, daß auf der Oberfläche
einer auf gewöhnliche Weise polirten und getrokneten Silberplatte eine Schicht
organischer Materie vorhanden sey und betrachtet dieselbe als ein bedeutendes
Hinderniß bei der Erzeugung des Bildes. Er gab daher ein Verfahren an, dessen
Zwek, wenn auch nicht Erfolg es war, die Metalloberfläche von aller fremdartigen
Materie vollkommen zu befreien, um sie chemischrein dem Joddampfe aussezen zu
können.“
Meine Behauptung war, daß es physisch unmöglich sey, die Politur so vorzunehmen, daß
auf der Platte keine Spuren der Flüssigkeit und der andern dazu dienenden Körper
zurükbleiben; daß auch die reinste Baumwolle einen Schmuzflor auf dem Silber
zurüklasse, welcher die unmittelbare Berührung des Jods mit dem Silber und somit die
Erzeugung des Bildes verhindert.
Diese Herren fügen hinzu:
„Unsere Versuche sollen nun darthun, daß diese Schicht organischer
Materie, deren Vorhandenseyn keinem Zweifel unterliegt, weit entfernt ist, den
ihr zugeschriebenen nachtheiligen Einfluß auf die Erzeugung des Bildes
auszuüben. Im Gegentheil scheint ihr Einfluß ein fördernder, insofern nämlich zu
bezweifeln steht, ob das Daguerre'sche Bild sich auf einer chemischreinen
Metalloberfläche in seiner ganzen Vollkommenheit erzeugen könne.“
Folgendes Experiment aber wird es außer allen Zweifel stellen, daß die von der
Baumwolle zurükgelassene Schmuzschicht, fern davon, daß sie, wie diese Herren
behaupten, die Erzeugung des Bildes befördere, derselben positiv schädlich ist.
Man bringe auf eine polirte Platte eine Schicht sehr reinen Wassers, erhize dasselbe
stark und lasse es hierauf ablaufen, so daß der obere Theil der Wasserschicht,
Ehe man das Wasser ausgießt, muß die Platte durch Anhauchen mit
Daͤmpfen bedekt werden, weil sich sonst an der vom Wasser zuerst
beruͤhrten Stelle Elektricitaͤt entwikelt und diese Stelle
dann troz aller nachfolgenden Operationen immer sichtbar bleibt.
auf welchem der Schmuz schwimmt, das Silber nicht berührt und verfahre dann weiter,
wie ich schon früher beschrieben (siehe polyt. Journal Bd. LXXXVIII S. l34).
Ehe ich nun weiter gehe, muß ich bemerken, daß wenn die Wasserschicht auch eine
andere Wirkung haben sollte, als den Schmuz der Baumwolle zu entfernen, man doch
annehmen muß, daß die Platte durchaus in gleichem Zustand sich befindet.
Wenn man nun auf einen Theil der Platte wieder Schlamm bringt, entweder durch Reiben
mit Baumwolle, oder durch Auspressen von Baumwolle in rectificirtem Weingeist, um
die schädliche Substanz derselben darin aufzulösen und Ausbreiten dieses Weingeists
auf der Platte unter Reiben bis zur Trokne wie gewöhnlich, so wird man, nach dem
Jodiren etc., wenn man zwei Secunden brauchte, um auf dem gereinigten Theil der
Platte ein gutes Bild zu erhalten, nun vier Secunden brauchen, um auf dem andern
Theil das Bild bei gleicher Intensität des Lichtes zu erhalten.Zur gegenwaͤrtigen Jahreszeit (Monat Julius), wo die Luft wenig
Feuchtigkeit enthaͤlt, betraͤgt der Unterschied der
Schnelligkeit nur die Haͤlfte; im Monat Maͤrz aber verhielt er
sich wie 3 zu 8. Diesen Versuch erbiete ich mich, vor einer
Commission der Akademie anzustellen.
Der Erfolg der Wasserschicht ist so unwandelbar, daß wenn die HHrn. B. und F. sich
die Mühe gegeben hätten, eine Platte mit der von mir anempfohlenen Sorgfalt zu
reinigen,
Daguerre gebraucht den Ausdruk
„abbrennen“ (décaper),
wie beim Abziehen der durch Gluͤhen erzeugten Oxyde von Metallen
mittelst verduͤnnter Schwefelsaͤure.
A. d. R. sie wenigstens den unter
übrigens gleichen Umständen diesem Verfahren vor den andern zukommenden Vorzug
hinsichtlich der Schnelligkeit eingesehen hätten.
Was ferner noch darthut, daß die von mir angegebene Wirkung nur der Entfernung des
Schlammes zuzuschreiben sey, ist, daß wenn man die Wasserschicht auf der Platte
eintroknen läßt, leztere voll Fleken wird und an den Stellen, wo dieselben sich
befinden, das Bild beinahe ganz vernichtet wird.
Nach diesen Versuchen ist nun leicht zu errathen, was ich von der Anwendung einer chemischreinen Platte halte.
Weiterhin wird gesagt:
„Dieß vorausgesezt, gewinnt die Hauptoperation des Daguerre'schen
Verfahrens, das Präpariren der Silberoberfläche, einen ganz andern Charakter, da es
nicht mehr zum Zwek hat, diese Fläche von jeder fremdartigen Substanz zu
befreien, sondern vielmehr eine unendlich feine Firnißschicht gleichmäßig darauf
zu verbreiten.“
Ich habe niemals Anspruch darauf gemacht, die Silberfläche von allen fremdartigen
Substanzen vollkommen zu befreien, denn ich bemerkte ausdrüklich, daß es nicht
möglich sey, eine zum Poliren taugliche Flüssigkeit oder andere Substanz
aufzufinden, von welcher nicht Spuren auf dem Silber zurükblieben; deßhalb sagte ich
auch wohl weislich, als ich Salpetersäure hiezu empfahl, daß ihr Vorhandenseyn auf
der Platte den photogenischen Proceß befördere.
Der Firniß kann durch andere, günstigere Substanzen ersezt werden, deren es sehr
viele gibt. Sie brauchen, um hiezu dienen zu können, nur das Jod hindurchzulassen
und die Berührung desselben mit dem Silber nicht zu verhindern.
Das von den HHrn. B. und F. angegebene Verfahren verkürzt das Polirgeschäft um
vieles; ich hatte selbst schon das Bedürfniß empfunden, diese Operation zu
vereinfachen und beschäftige mich schon seit einigen Monaten mit Versuchen über ein
dem ihrigen ähnliches Verfahren, welches ich weiter unten mittheilen werde.
Das nicht rectificirte Terpenthinöhl für sich allein aber gewährt keine Sicherheit
hinsichtlich des Resultats, da die Platten in der Regel dreierlei Zustände haben
können: sie sind entweder neu, oder haben bereits ein mittelst Chlorgold fixirtes
Bild, oder ein damit noch nicht fixirtes.
Uebrigens hat Hr. Moser bekanntlich zuerst gefunden, daß
Terpenthinöhl, fette Oehle, Fette etc. vor oder nach dem Jod auf die Platte
gebracht, die Erzeugung des Bildes nicht verhindern.
Diese Herren sezen hinzu:
„Der Lichtwirkung in der Camera obscura ausgesezt, verhält sich die so
präparirte empfindliche Schicht genau so wie die auf gewöhnliche Weise erhaltene
Jodschicht. Das Bild erzeugt sich darauf eben so und in derselben
Zeit.“
Wie kömmt es aber, daß diese nach den HHrn. B. und F. so nöthige organische Schicht
die Wirkung des Lichts gar nicht beschleunigt?
Diese Herren schließen endlich:
„Aus unsern Versuchen dürfte hervorgehen, 1) daß das Daguerre'sche Bild
sich in der Dike einer organischen Schicht erzeugt, welche durch das Poliren auf
der Oberfläche des Silbers ausgebreitet wird.“
Obwohl diese Firnißschicht für das Licht wirklich empfindlich ist (an und für sich
und nicht weil sie auf dem Silber aufgetragen ist), so ist diese Empfindlichkeit
hier durchaus ohne allen Nuzen, da diese Herren selbst anerkennen, daß sie die
Erzeugung des Bildes um nichts befördert. Der einzige Nuzen, welchen diese
Firnißschicht dem Processe bringen kann, ist, daß sie sich des während der Operation
in der Camera obscura frei werdenden Jods bemächtigt und so dem kürzlich von den
HHrn. Choisselat und Ratel
bezeichneten UebelstandePolytechnisches Journal Bd. LXXXIX S. 311. abhilft,
welchen ich wirklich als vorhanden betrachte.
Zum Beweise, daß ich schon vor den HHrn. B. und F. die Empfindlichkeit der Firnisse
überhaupt gegen das Licht kannte, führe ich einige Stellen aus der von mir im J.
1839 herausgegebenen Broschüre an.
„Den Vorzug verdient hiezu der Rükstand von der Verdunstung des
Lavendelöhls, welchen man mittelst seiner Auflösung in Alkohol in einer sehr
dünnen Schicht aufträgt.“
„Wenn gleich alle harzigen oder bituminösen Substanzen, keine einzige
ausgenommen, dieselbe Eigenschaft besizen, nämlich gegen das Licht empfindlich
zu seyn, sind die fettern (onctueuses) doch
vorzuziehen, weil das Bild durch sie besser fixirt wird; mehrere wesentliche
Oehle verlieren diese Eigenschaft, wenn sie einem hohen Wärmegrad ausgesezt
werden.“
„Nicht aber wegen seiner schnellen Zersezung am Lichte ist der Rükstand
des Lavendelöhls vorzuziehen; es gibt Harze, z. B. das Galipot (das weiße Harz aus den Fichtenbäumen), welche in Alkohol
aufgelöst und auf Glas oder einer Metallplatte ausgebreitet, nach der
Verdunstung des Alkohols eine sehr weiße und gegen die diese Zersezung
bewirkende Strahlung viel empfindlichere Schicht zurüklassen. Allein diese,
durch eine minder lang dauernde Verdunstung hervorgebrachte größere
Empfindlichkeit macht auch, daß die so erhaltenen Bilder viel leichter
verderben; sie bekommen Risse und verschwinden, wenn man sie mehrere Monate der
Sonne aussezt, zulezt gänzlich. Der Rükstand des Lavendelöhls ist fixer, ohne
jedoch an der Sonne unveränderlich zu seyn etc.“
„Ueberhaupt ist es wahrscheinlich, daß zu diesem Proceß das Lavendelöhl
sich besser eigne als das Terpenthinöhl.“
„Die auf die Platte aufgetragene Oehlschicht bietet der Erzeugung der
Bilder kein Hinderniß dar, weil das Jod in dem Oehl auflöslich ist, also diese
Schicht durchdringt und sich so mit dem Silber in Berührung sezt.“
Folgendes Verfahren versuchte ich behufs der Vereinfachung des
Polirgeschäftes, um die Wirkung des von der Baumwolle zurükgelassenen
Schmuzes auf andere Weise aufzuheben, als dieß durch die Wasserschicht geschieht,
welche, ich muß es sagen, den Fehler hat, die Präparirung der Platte langwieriger zu
machen. Obwohl dieses Verfahren noch nicht vollkommen
ist, da es den Einfluß des Schmuzes der Baumwolle nicht ganz aufhebt, so theile
ich es dennoch mit, hoffend daß die Bemühungen derjenigen, welche sich damit
abgeben, in Verbindung mit den meinigen, ihm bald diese lezte Vollendung geben
werden.
Man vermischt in einer Flasche ein fixes Oehl (das Olivenöhl schien mir den Vorzug zu
verdienen) mit dem gleichen Gewichte käuflicher Schwefelsäure.Man koͤnnte auch mehr Schwefelsaͤure nehmen, denn die hier
angegebene Quantitaͤt hat nur den Zwek, die Anwendung dieser
Saͤure zu erleichtern. Dabei findet eine sehr lebhafte
Einwirkung statt und die Flasche erhizt sich bedeutend; man muß, ehe man zur
Anwendung schreitet, sie wieder abkühlen lassen. Man nimmt nun mittelst Baumwolle
ein wenig von dieser Mischung, breitet sie sehr rasch über die ganze Platte aus und
reibt dann mit Bimssteinpulver so lange, bis das Silber eine recht dunkle Politur
angenommen hat. Diese Oehl- und Schwefelsäureschicht muß sehr dünn seyn,
obwohl sie sich der Berührung des Jods mit dem Silber nicht widersezt.
Auch folgender Mischung kann man sich bedienen, welche ich vielleicht noch vorziehen
würde, wenn man vor ihrer Anwendung nicht immer die Flasche aufschütteln müßte. Sie
besteht aus einem Theile käuflicher Salpetersäure mit fünf Theilen Olivenöhls. Hat
man diese Mischung recht geschüttelt, so kann man sich ihrer gleich darauf eben so
bedienen, wie der obigen. Ohne Zweifel ließen sich noch mehrere Compositionen aus
andern Substanzen als Olivenöhl und Schwefel- oder Salpetersäure mit gutem
Erfolge machen.
Ich habe gefunden, daß man mit solchen Flüssigkeiten nicht nur schneller als mit den
wesentlichen Oehlen zum Ziele gelangt, sondern daß auch die lichten Stellen sich
durch das Sonnenlicht weniger verändern (se solarisent
moins); es ist dadurch die Hoffnung gegeben, daß man, diesen Weg
verfolgend, bald dahin gelangen werde, Bilder zu erhalten, in welchen die grüne
Vegetation dargestellt werden kann, ohne daß der Himmel sein Maximum des Lichtes
überschreiten könnte, denn Jedermann weiß, daß über diesen Punkt hinaus die großen
lichten Stellen blau werden. Um diesen Zwek zu erreichen, glaube ich, ist die
Anwendung einer Säure unerläßlich.
Man kann diesen Mischungen auch eine kleine Quantität Jods zusezen, welches man im
Oehle gehörig auflöst ehe man ihm die Säuren zusezt; man muß dem Oehl hinlänglich
Jod zusezen, um es stark zu färben.