Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. LXIII., S. 240 |
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LXIII.
Miszellen.
Miszellen.
Neue Art Schiffdampfkessel.
Man sieht seit einem Jahre auf der Themse Dampfboote mit einer, wenigstens was die
Dampfschifffahrt betrifft, neuen Art Dampfkessel; man scheint dieselben auch
fuͤr die seefahrenden Schiffe einfuͤhren zu wollen. Das Wenige, was
uͤber dieselben zur Zeit mitgetheilt werden kann, ist folgendes. Die
erwaͤhnten Kessel sind roͤhrenfoͤrmig, wie bei den Locomotiven,
d. h. die Heizroͤhren und Feuercanaͤle, durch welche der Rauch
entweicht, bestehen, wie bei den Locomotiven aus einer Menge Roͤhren,
waͤhrend der Feuerraum seine bisherige Form bei Dampfschiffen ziemlich
beibehaͤlt. Diese Kessel, viel dauerhafter als die gewoͤhnlichen, so
wie die Kaͤsten, Maͤntel, Feuerraͤume etc. sind von besonders
starkem Eisenblech und die Waͤnde und Kanten uͤberall sehr gut mit
einander verbunden. — Dieses System gestattet die Anwendung eines
hoͤhern Dampfdruks als bisher, ohne Vergroͤßerung der Gefahr und
folglich die volle Entwiklung des Expansionssystems, es wird hierdurch an
Brennmaterial wie an Raum viel erspart; von lezterm erfordern diese Kessel nicht die
Haͤlfte. Es bieten sich hier zwei Einwuͤrfe dar; die
Siederoͤhren duͤrften sich naͤmlich bald mit einer Kruste
bedeken und der Ruß sich in den Feuercanaͤlen anhaͤufen. Allein die
Kruste haͤngt dem Messing nicht so fest an, wie dem Eisen, und selbst bei
eisernen Roͤhren wird die zum Reinigen des Kessels von dem concentrirten,
salzbeladenen Wasser dienende Pumpe die Bildung bedeutender Krusten verhindern; so
wie auch die Einfuͤhrung von Walliser Steinkohlen, wenigstens in England
hoffen laͤßt, daß sich nicht bedeutend viel Ruß in den Feuercanaͤlen
absezen wird; uͤbrigens koͤnnte derselbe auch leicht entfernt werden,
indem man am Vordertheil des Kessels eine Thuͤr anbraͤchte, durch
welche man an diese Canaͤle gelangt. Den HHrn. Miller und Ravenhill (den Erfindern der im
polytechnischen Journal Bd. LXXXVII S. 6 besprochenen compendioͤsen
Schiffdampfmaschnie) verdankt man diese Dampfkessel, die sich bereits an dem
„Blakwall“ und „dem Prinzen von Wales“
befinden und auch an dem im Bau begriffenen „Infernal“
angebracht werden sollen, mit welchem leztern ein entscheidender Versuch
uͤber die Anwendbarkeit dieser Dampfkessel zur See angestellt werden wird.
(Moniteur industriel 1843 Nr 783.)
Deutsche, belgische und englische Eisenbahnschienen.
Bei einer juͤngst zu Darmstadt gehaltenen Sizung des dortigen
Eisenbahn-Ausschuffes wurden die Antraͤge zur Lieferung von 80,000
Cntr. Eisenbahnschienen entgegengenommen. Zur Bewerbung um die ausgeschriebene
Lieferung hatten sich Agenten aus England, Belgien und den rheinischen Eisenwerken
eingefunden, und bei Klarstellung der eingereichten Submissionen ergaben sich
solgende Forderungen:
Englische Lieferanten.
Pfd. St.
Sh.
Franco.
Thomson und Forman in Suͤd-Wales
6
10
Rotterdam.
Rimne Eisenwerk
5
19
Newport.
6
13½
Rotterdam.
Gest und Comp.
6
10
Cardif.
6
12
Rotterdam.
Kreft, fuͤr Gebruͤder Bailey
5
3½
Newport.
6
4
Rotterdam.
Belgische Lieferanten.
fl.
kr.
Franco.
Cockerill in Seraing
5
43½
Mainz ohne Zoll und Octroi.
Couillier
5
15
Mainz.
Ukerée
5
21
Mainz.
Deutsche Lieferanten.
fl.
kr.
Franco.
Jacobi Haniel und Huyssen auf der
GutenhoffnungshuͤtteHoͤsch von Duͤren
77
2323
Mainz incl. aller Unkosten.
Unterwirft man die saͤmmtlichen Preise einem Vergleich, so ergibt sich, daß
das englische Haus Gebruͤder Bailey die billigste
Forderung gestellt hat, indem dessen Schienen franco Mainz inclusive zoll und aller
sonstigen Kosten sich auf 6 fl. 53½ kr. bis 6 fl. 54 kr. per 50 Kilogr. calculiren, was bei 80,000 Cntr., gegen
die billigste der uͤbrigen Forderungen einen Minderbetrag von 40,000 fl.
ausmacht. Ob uͤbrigens die allzubilligen Preise bei Eisenbahnschienen auch
immer die erforderliche Qualitaͤt Eisen mit sich suͤhren, ist eine
Frage, die vielfache Eroͤrterungen zulaͤßt. (A. A. Ztg.)
Durand über die gepreßten
Kupferwaaren von Fugére in Paris.
Die Kunst, aus Kupferblech Gegenstaͤnde auf Stoßmaschinen zu pressen, welche
sehr betraͤchtliche Erhoͤhungen und Vertiefungen darbieten und große
raͤumliche Dimensionen haben, verdankt dem Fabrikanten Fugère eine sehr bedeutende Entwiklung. In dem Umfang, in welchem sie
gegenwaͤrtig ausgeuͤbt werden kann, ist es ihr wegen ihrer
mannichfachen Vortheile moͤglich, vor der Anwendung des Bronze- und
Eisengusses in vielen Faͤllen, und vor den galvanoplastischen Processen fast
durchgehends mit alleiniger Ausnahme der Faͤlle, wo Kunstgegenstaͤnde
treu copirt werden sollen, den Vorzug zu behaupten, da ihre Erzeugnisse mit
geringstem Zeit- und Geldaufwande und in einem
verhaͤltnißmaͤßig geringen Gewichte angewendet werden
koͤnnen.
Die Moͤglichkeit, Kupferblech in vertiefte Formen zu pressen, beruht
bekanntlich auf der Haͤmmerbarkeit des Kupfers; allein es ist durch diese
Eigenschaft auch der Anwendung des Processes eine Graͤnze gesezt, da, wenn
das Metall an einer Stelle zu stark angestrengt wird, leicht eine Trennung seiner
Theile erfolgt, vor wiederholter Anwendung desselben Processes muß dann bekanntlich
ein Ausgluͤhen erfolgen. Diese Eigenthuͤmlichkeit des Kupfers und das
Erforderniß, den Erzeugungsproceß moͤglichst zu beschleunigen, haben zu der
Anwendung mehrerer Maßregeln gefuͤhrt, von deren richtiger Anwendung das
Gelingen des ganzen Processes abhaͤngt. Um das Blech nicht gleich
anfaͤnglich in eine zu tiefe Form zu pressen, hat man Bleimassen in dieselbe
gegossen, welche nach jedem Druke durch kleinere und kleinere zu ersezen sind; der
dazu gehoͤrige Kern wird aber entsprechend stumpf hergestellt. Da dieß jedoch
einen großen Zeitaufenthalt verursacht, so hat man anfaͤnglich eine
groͤßere Anzahl uͤbereinander gelegter Platten gleichzeitig gepreßt,
welche weniger nachgeben, und je mehr sich die Platten der Form naͤhern und
geeignet werden die feineren Modificationen der Form anzunehmen, eine desto
geringere Anzahl von Platten hat man gleichzeitig behandelt. Bei Behandlung
einzelner Platten hat man ferner da, wo die Gefahr des Reißens am groͤßten
war, kleine Blechstuͤke (chemises) allein
aufgelegt, um die betreffende Stelle zu schuͤzen.
Um endlich die aͤußerste Schaͤrfe in allen Einzelheiten zu erlangen,
eine groͤßere, als der leicht stumpf werdende und sich nicht in alle
Vertiefungen einlegende Bleikern erlaubt, kann man sich des sehr einfachen Mittels
bedienen, den Bleikern mit etwas Wasser zu uͤberziehen, welches die
erforderliche Beweglichkeit besizt, das Kupferblech in alle noch so feinen
Abtheilungen der Matrize einzupressen.
Große architektonische Verzierungen, aus Kupferblech gepreßt, enthaͤlt die
erste Galerie des Thèâtre italien zu Paris, so wie auch
andere groͤßere Gebaͤude der neuern Zeit. (Aus dem Bull. de la Soc. d'encourag. 1843, Sept. S. 428 im
polytechn. Centrlbl 1844, 2tes Heft.)
Ueber holzgenagelte Fußbekleidung.
Der Schuhmachermeister Hr. Andresen in Berlin hatte schon
vor einigen Jahren die von Amerika heruͤbergekommene Art der holzgenagelten
Fußbekleidung einzufuͤhren sich bemuͤht, war aber dabei
anfaͤnglich auf viele Widerstaͤnde gestoßen, wie das in der Regel bei
der Einfuͤhrung neuer Erfindungen der Fall ist, und wobei Concurrenten und
Mitarbeiter wie Consumenten gleich heftige Gegner des Neuen zu seyn pflegen. Durch
Beharrlichkeit und Thaͤtigkeit des Hrn. Andresen
und durch gluͤkliches Zusammentreffen der Umstaͤnde sind diese
Widerstaͤnde und Schwierigkeiten jezt so vollstaͤndig besiegt, daß
nicht allein das Kriegsministerium fuͤr die gesammte preußische Armee dergleichen
Schuhzeug einzufuͤhren im Begriff ist, sondern daß sich bereits diese neue
Art der Fußbekleidung allgemein unter dem nicht-militaͤrischen
Publicum zu verbreiten beginnt, so zwar, daß Hr. Andresen
fuͤr Preußen und selbst fuͤr das entfernte Ausland (England, Belgien
etc.) so bedeutend ausschließlich in dieser neuen Art Schuhzeug beschaͤftigt
ist, daß 25 Gesellen ihm nicht so viel fertig schaffen koͤnnen, als von ihm
gefordert wird und daß viele seiner Mitmeister, die fruͤher die
aͤrgsten Geguer waren, jezt ebenfalls dergleichen Schuhzeug anfertigen, da
ein großer Theil Verbraucher, die sich von der Zwekmaͤßigkeit der neuen
Erfindung uͤberzeugt haben, keine andere Fußbekleidung mehr tragen wollen.
— Wir fuͤhren hiernaͤchst dasjenige an, was von dem hohen
Kriegsministerium uͤber die Resultate der Versuche mit Stiftstiefeln in einem
Circulare an saͤmmtliche Regimenter der Armee etc. bekannt gemacht worden
ist.
Resultate der Versuche mit Stiftstiefeln. Der
Schuhmachermeister Andresen in Berlin hatte dem
Kriegsministerium Stiefeln uͤbergeben, an denen die Sohlen mit Holzstiften
befestigt waren, und die, nach Angabe des Einsenders, haltbarer seyn sollten als
Stiefeln mit angenaͤhten Sohlen. Die mit einigen Paaren solcher Stiefeln
angestellten Trageversuche gaben so guͤnstige Resultate, daß das
Kriegsministerium sich veranlaßt fand, bei dem Kaiser Franz
Grenadier-Regiment einige Schuhmacher in der Befestigungsart der Sohlen mit
Holzstiften von dem etc. Andresen unterrichten und
demnaͤchst bei diesem Regimente Trageversuche von einer Compagnie anstellen
zu lassen. Die Anfertigung der zu diesem Zwek erforderlich erachteten 150
Stiftstiefeln begann Mitte April vorigen Jahres und wurde gegen Ende Mai dieses
Jahres beendigt. Der Bataillonsschuhmachermeister schnitt die Stiefeln nach der
gewoͤhnlichen Chablone zu, von jedem Paar wurde abwechselnd der linke oder
rechte unter seiner Aufsicht von vier tuͤchtigen, von ihm selbst
ausgewaͤhlten Schuhmachern genaͤht und sodann mit dem Material der
Leisten des correspondirenden Stiefels der unter Leitung des etc. Andresen gestellten Stiefelwerkstatt uͤbergeben;
in dieser arbeiteten vier Schuhmacher, die, ohne Pruͤfung aus dem lezten
Ersaz gezogen, eben erst ausgebildete Recruten und von der Abneigung noch nicht angestekt waren, die sich auf der Bataillonswerkstatt
gegen die Stiftstiefeln kund gegeben. In wenigen Tagen begriffen sie die Anfertigung
der lezteren und gelangten bald zu einer solchen Kunstfertigkeit, daß sie schon in
kurzer Zeit wöchentlich mehr Stiefeln ablieferten, als ihre vier Cameraden auf der
Bataillonswerkstatt, und es noͤthig machten, daß auf dieser, wenn sie nicht
rasten sollten, ab und zu mehrere Schuhmacher in Thaͤtigkeit gesezt werden
mußten. — Im Laufe der Arbeit schien sich herauszustellen, als ob vier
Schuhmacher einer Stiefelwerkstatt eben so viel Paar Stiefel liefern
koͤnnten, als fuͤnf Schuhmacher einer anderen Werkstatt.
Im Betreff der Besohlungsmethode ist zu bemerken, daß die Stiftstiefeln keinen
sogenannten Rand erhalten und sich von den gewoͤhnlichen Stiefeln dadurch
unterscheiden, daß das Oberleder mit Brand- oder Hauptsohle, zwischen welche
eine Anlage von Abfallleder — nicht von Holzspahn — zu liegen kommt,
statt durch Pechdrahtstiche, durch 2 — im Gelenk durch 3 — Reihen
vierkantiger kleiner Stifte, aus zaͤhem Holze geschnitten, verbunden wird,
die ein Hammerschlag in runde Pfriemenloͤcher eintreibt.
Fuͤr den Schuhmacher besteht bei Herstellung der Stiftstiefeln die einzige,
jedoch schon nach einigen Stunden uͤberwundene Schwierigkeit im Einschlagen
der auf einer Maschine genau und gleich groß geschnittenen Holzstifte, da der Hammer
diese in der Richtung ihrer Achse und so stark treffen muß, daß sie ihrer ganzen
Laͤnge nach und bis in den Leisten hinein dringen. Faͤllt der Hammer
nicht in jener Richtung, so springt der Stift entweder fort, zersplittert oder
erhaͤlt einen Kopf. Lezteres ist nur dann nachtheilig fuͤr die
Haltbarkeit, wenn in den unvollstaͤndig eingetriebenen Stift nicht ein neues
Loch gestochen und kein neuer Stift eingeschlagen wird. — Ist der Stiefel
fertig und der Leisten herausgenommen, so wird mittelst einer
loͤffelfoͤrmigen Raspel jede Stiftspize abgebrochen und die innere
Sohlenslaͤche fuͤr die Fußsohle vollkommen geebnet.
Sollten Stiftstiefeln versohlt werden, so muß die zerrissene Sohle, welche —
so duͤnn sie auch abgelaufen seyn mag — dennoch ungemein festsizt,
nicht mit der Zange abgerissen, sondern abgeschnitten werden, weil man sonst Gefahr
laͤuft, die Stifte aus der Brandsohle zu reißen und irgend eine Trennung zu
bewirken. Auch muß bei dieser Arbeit, wie bei der Anfertigung neuer Stiefeln, die
Sohle, bevor sie
aufgelegt wird, in der Gestalt und Groͤße ausgeschnitten werden, welche sie
beim fertigen Stiefel haben soll, weil sie, aufgelegt, viel zu innig mit dem
Oberleder verbunden ist, um ohne Gefahr dieses zu verlezen, beschnitten werden zu
koͤnnen. Wenn bei Anfertigung neuer und beim Versohlen alter Stiefeln vom
Schuhmacher so weit die Arbeit gefuͤhrt ist, daß gerade noch die Sohlen
aufgestiftet werden muͤssen, so kann ein jeder nur einigermaßen gewandter
Mensch, vornehmlich ein Hammerarbeiter, nach einiger Uebung das Aufnageln der Sohle
eben so gut und schnell verrichten, als ein Schuhmacher, wie daruͤber mit
drei Tischlern, einem Buͤchsenmacher, einem Zimmermann und einem Schiffbauer
angestellte Versuche gezeigt haben.
Genaͤhte Stiefeln koͤnnen nur in geheizten Raͤumen angefertigt
werden, weil das Pech in der Kaͤlte sproͤde wird und beim Durchziehen
des Drahtes abspringt; Stiftstiefeln aber in jeder Temperatur, weil es fuͤr
den Stift ganz gleichguͤltig ist, bei welchem Waͤrme- oder
Kaͤltegrade er ins Leder getrieben wird.
Die Anfertigungskosten der Stift- und genaͤhten Stiefeln sind sich
ungefaͤhr gleich. Wenn auch bei ersteren der Rand erspart wird, so ist mehr
Abfallleder zur Einlage erforderlich und die Leisten werden mehr angegriffen und
daher eher unbrauchbar.
Art der Ausfuͤhrung des Versuchs. Die erste Sohle der am 22. und 25. Mai c. in Tragung gegebenen Versuchsstiefeln wurde nicht mit eisernen
Naͤgeln beschlagen, damit sich herausstellen moͤchte, ob auch die
hoͤlzernen Stifte fuͤr sich allein die Sohle hinlaͤnglich mit
dem Oberleder verbinden wuͤrden. — Der Versuch fiel
vollstaͤndig befriedigend aus.
Die zweite Sohle nach der zerrissenen ersten aufgelegt
erhielt dagegen den vollstaͤndigen Naͤgelbeschlag, damit sich auch
erweise, ob dieser der Haltbarkeit foͤrderlich sey und nicht etwa den
hoͤlzernen Stiften und der durch sie bewirkten Verbindung von Sohle und
Oberleder Eintrag thue. — Auch dieser Versuch gab das erwartete Resultat.
Ueber die Reparaturen wurde ein genaues Journal vom
Feldwebel und dem Capitaͤn d'armes gefuͤhrt, einerseits von einem
Officier der kleinen Oekonomie-Commission, insofern es die genaͤhten
Stiefeln betraf, andererseits vom Compagnie-Chef controlirt. Keine, auch
nicht die geringste Ausbesserung durfte eher vorgenommen werden, als bis deren
Groͤße ermessen, die Laͤnge der getrennten Naͤthe nach Zollen
bestimmt, die Art wie die Reparatur auszufuͤhren angeordnet, eine genaue
Notiz daruͤber und der Tag ihrer Ausfuͤhrung in das Journal getragen
war.
Dieses ergibt von den lezten Tagen des Monats Mai bis Ende Oktober an
Reparaturen:
A. Bei den
genaͤhten Stiefeln.
B. Bei den
Stiftstiefen.
1.
getrennte Naͤhte
110,
zusammen 389 Zoll lang.
3
zusammen 10 Ellen lang.
2.
verflekt wurden
84
Stiefeln
165
Stiefeln
3.
besohlt
138
—
81
—
4.
geruͤstet
6
—
4
—
––––––
––––––
Im Ganzen
338
Reparaturen.
253
Reparaturen.
Hiernach kamen an den Stiftstiefeln 85 Ausbesserungen weniger vor als an den genaͤhten Stiefeln. Auch waren alle
Reparaturen der ersteren leichter zu bewirken.
Die getrennten Naͤhte betrugen bei den
gewoͤhnlichen Stiefeln ihrer Zahl nach ganz nahe das 37-, ihrer
Laͤnge nach das 39fache der Stiftstiefel-Trennungen. Hierbei kam noch
nicht in Anschlag, daß bei allen genaͤhten — mit Ausnahme von 2
Stiefeln, die beflekt oder besohlt werden mußten — die Naͤhte
gleichfalls mehr oder weniger getrennt waren. Dieß ist nicht unbeachtet zu lassen;
denn eine zerrissene und zugleich getrennte Sohle loͤst sich bedeutend mehr
von der Brandsohle ab, als eine bloß durchgelaufene, behindert den Soldaten, der
solche Stiefeln auf dem Marsch oder im Kriege, wenn auch nur einen Tag, zu tragen
gezwungen ist, bei jedem Schritt Erde mit fortnehmend, im Gehen, und wird die
Veranlassung, daß die Spaneinlage zerbroͤkelt, die Brandsohle sich
abloͤst, und der Soldat Sand in den Stiefel bekoͤmmt und sich den Fuß
wund laͤuft. Bei den Stiststiefeln ist dieß nicht zu befuͤrchten;
nicht Eine zerrissene Sohle trennte.
Forscht man der Ursache des Trennens nach, so ergibt sich,
daß die
aufgenaͤhte Sohle sehr bald nur allein durch den in ihr stekenden Theil der
Pechdrahtstiche mit dem Rande verbunden ist, waͤhrend der
urspruͤnglich unter der Sohle liegende Theil der Stiche bereits fortgelaufen
ist. Der Pechdraht kann aber das Pfriemloch unmoͤglich so vollstaͤndig
ausfuͤllen, als der durch einen Hammerschlag gewaltsam hineingetriebene, es
erweiternde, vierkantige hoͤlzerne Stift; er gibt nach und gestattet endlich
das Abtrennen der Sohle.
Auf eine merkwuͤrdige, fast unerklaͤrliche Weise halten dagegen die
kleinen, in noch kleinere runde Pfriemloͤcher gekeilten Holzstifte die Sohle
auch dann noch fest, wenn sie auch schon duͤnn wie ein feines Papierblatt
geworden ist. Naͤchstdem schuͤzen sie, mit dem Stirnende ihrer Fasern
im Niveau der untern Flaͤche der Sohle liegend, diese unverkennbar an ihrer
verwundbarsten Stelle, dort wo sie mit dem Oberleder verbunden ist, gegen ein
schnelles Abschleifen, und tragen dadurch wesentlich zur groͤßeren
Haltbarkeit bei. Ob das Wetter troken, ob es naß ist, macht keinen Unterschied. Auf
die Stiftstiefeln wurden zwar 81 Flekemehr als auf die
genaͤhten Stiefeln gelegt, dafuͤr aber auch 57 Sohlen
vorlaͤufig gespart, und die Stiefeln durch kleinere Reparaturen, was sie
vorzuͤglich fuͤr den Feldgebrauch empfiehlt, gangbar erhalten.
Genaͤhte Stiefeln, deren Sohlen in der Mitte und unter dem aͤußern
oder innern Ballen, nicht unmittelbar am Rande zerrissen sind, muͤssen
versohlt werden; ja dieß geschieht in der Regel schon, wenn die Sohle nur eines
Stiefels durchgelaufen ist. Bei Stiftstiefeln genuͤgt es dagegen meistens,
wenn auf jene schadhaften Stellen ein ihrer Groͤße angemessener Fleken gelegt
und rund herum aufgestistet wird, wie es in der Fig 46. auf Taf. III durch b, c, d angedeutet ist. Das
Auflegen von Fleken kann sogar, wie es bei den Versuchen mehrmals geschah,
oͤfter wiederholt, dadurch die lezte große Reserve, das Auflegen der Sohle,
laͤnger zuruͤkgehalten, und die Verabreichung von Strassohlen, welche
der Bataillons-Schuhmacher (zur Strafe) gewaͤhren muß, wenn Sohlen die
etatsmaͤßige Tragezeit nicht aushalten, gaͤnzlich erspart werden.
Hieraus duͤrfte den Truppentheilen, die ihre eigene Schuhmacherwerkstatt
haben, ein nicht unbedeutender Vortheil erwachsen.
Bei den genaͤhten Stiefeln ist das Verfleken mit Erfolg nur an der Spize (a) Fig. 46 anzuwenden, weil
dort der Fleken an die Sohle angestochen (durch eine Naht verbunden) werden kann.
Unter den beiden Ballen ist es fast ganz nuzlos, weil sich hier die Pechdrahtstiche
um so eher ablaufen, und die Fleken wieder abstoßen, je merklicher die durch leztere
erzeugte Erhoͤhung ist. Ueberdieß muͤssen die Fleken hier, um eine
festere Lage zu gewinnen, zum Theil unter die schon duͤnne Sohle geschoben
werden, geben daher zu einem desto schnelleren Ablaufen derselben und Versohlen der
Stiefeln die Veranlassung. Sie sind daher nur ein augenblikliches, Nachwehen
erzeugendes Palliativmittel. Wollte man die Fleken auf die schadhaften Stellen legen
und rund herum durchnaͤht, so wuͤrden — abgesehen von der
zeitraubenden Manipulation, durch welche der Pechdraht auf dem Innern des Stiefels
nur wieder zurükgezogen werden kann — die Pechdrahtstiche durch die
Brandsohle gehen, die Fußlappen und Fuͤße des Soldaten mit Pech besudeln, und
leztere unter dem Ballen und der Sohle empfindlich druͤken.
Man sollte meinen, daß auch die unter der Mitte der Sohle ausgestifteten Fleken
druͤken muͤßten. Das ist indessen nicht der Fall, wenn dazu nicht zu
starkes oder hartes, sondern ein der schadhaften Sohle analoges Leder genommen und
an den Raͤndern zugeschaͤrft wird. Der Feldwebel und 21 Mann der
Compagnie trugen in dieser Art ausgebesserte Stiefeln waͤhrend der
Herbstuͤbungen, und versichern einstimmig, nicht im geringsten durch die
Fleke belaͤstigt worden zu seyn.
Eben so wenig wurde, troz alles Befragens, irgend eine andere Klage uͤber die
Stiftstiefeln und deren Reparaturen laut. Im Gegentheil spricht sich das einstimmige Urtheil aller Unterofficiere und Grenadiere
der Compagnie fuͤr diese Stiefeln und dahin aus, daß es sich in ihnen viel
bequemer gehe als in den genaͤhten Stiefeln, in denen der Fuß haͤufig
vom Rande gedruͤkt werde, und daß jene viel weniger als diese den Staub
— was im verwichenen sehr trokenen und staubreichen Sommer sehr bemerkbar war
— und die Feuchtigkeit durchließen. Auch wollten die Leute bei nassem Wetter
an dem mit dem genaͤhten Stiefel bekleideten Fuße stets das Gefuͤhl
der Kaͤlte und Feuchtigkeit gehabt haben, waͤhrend sie den Fuß im
Stiftstiefel warm und troken fuͤhlten. Beides laͤßt sich leicht
erklaͤren. Die Sohle des Stiftstiefels ist durch zwei Reihen dicht neben einander und en
échiquier eingeschlagener Stifte viel inniger mit dem Oberleder verbunden, als die Sohle der
genaͤhten Stiefeln durch die nur in einer Reihe
und entfernter von einander liegenden Pechdrahtstiche.
Das Resultat des Versuchs ist unstreitig ein sehr
guͤnstiges fuͤr die Stiftstiefeln, die auch schon im groͤßeren
Publicum Anerkennung finden. Stellt man ihre Vorzuͤge zusammen, so
duͤrften es etwa folgende seyn: 1) geht man in ihnen bequemer, weil sie
keinen Rand haben, 2) sind sie haltbarer; 3) kommt das Abtrennen der Sohle bei ihnen
nur hoͤchst selten vor. 4) Wird ihr Versohlen viel spaͤter als das der
genaͤhten Stiefeln noͤthig, weil sich bei ihnen selbst unter die Mitte
der Sohle Fleken legen lassen, ohne zu druͤken. 5) Sind ihre Reparaturen
groͤßtentheils kleiner, als die genaͤhter Stiefeln. 6) Geht ihre
Anfertigung und Ausbesserung schneller als die gewoͤhnlicher Stiefel von
statten, und man kann sich im Nothfalle dazu Huͤlfsarbeiter, die keine
gelernten Schuhmacher sind, bedienen. 7) Koͤnnen sie bei jeder Temperatur, im
Winter selbst in kalten Raͤumen angefertigt werden. 8) Schuͤzen sie
mehr gegen das Eindringen des Staubes und der Feuchtigkeit. 9) Behaͤlt der
Soldat in ihnen bei nassem Wetter laͤnger einen warmen Fuß und endlich 10)
sehen sie leichter und zierlicher aus.
Nachtheile, welche sie vor den genaͤhten Stiefeln
vorous haͤtten, haben sich nicht ergeben, es waͤre denn, daß bei ihrer
Anfertigung die Leisten ein wenig mehr angegriffen werden.
Die Stiftstiefeln scheinen demnach recht eigentlich Soldatenstiefeln zu seyn.
— Ihre etwaige allgemeine Einfuͤhrung duͤrfte vielleicht einen
wesentlichen Fortschritt in der Oekonomie der Fußbekleidung des Heeres
bezeichnen.
Die Anfertigung der Stiftstiefeln ist von jedem Schuhmacher in sehr kurzer Zeit zu
erlernen. Eine jede Schuhmacherwerkstatt kann also ohne weitere Vorbereitung als
Anschaffung einer Maschine zum Schneiden der Holzstifte, die etwa 8–9 Thaler
kostet, und der Werkzeuge zum Abbrechen der Stiftspizen in eine
Stiftstiefelwerkstatt und um so eher umgewandelt werden, als alle genaͤhten
Stiefeln, wie daruͤber angestellte Versuche gelehrt, durch Aufstiftung
versohlt oder verflekt werden koͤnnen.
Die angefertigten Stiftstiefeln erhalten sich eben so gut und dauerhaft auf den
Montirungskammern, als die genaͤhten, ja vielleicht noch besser. Dieß
bezeugen 4 Paar Stiefeln, die ein Jahr lang auf der unter dem Dache gelegenen
Montirungskammer der Compagnie hingen, im Sommer der Hize, im Winter der Zugluft, so
weit beides nur irgend zu erreichen war, ausgesezt wurden. In Tragung gegeben,
hielten sie sich ganz vorzuͤglich. Die Zahl der Reparaturen an den 4
Stiftstiefeln betrug nach dem Versuchsjournal noch nicht die Haͤlste der an
den 4 genaͤhten Stiefeln.
Es kamen vor:
A. An den genaͤhten Stiefeln.
B. an den
Stiftstiefeln.
1.
getrennte Raͤhte 12, zusammen
31¾′ lang,
keine
2.
ausgelegt wurden
5
Fleke,
5
Fleke,
3.
— —
2
Sohlen,
2
Sohlen.
4.
— —
1
Ruͤster.
2
Ruͤster.
–––––––––––––
–––––––––––––
Im Ganzen
20
Reparaturen
9
Reparaturen.
Bloß der getrennten Naͤhte wegen mußte durchschnittlich jeder genaͤhte
Stiefel dreimal auf die Schuhmacherwerkstatt gebracht werden, waͤhrend bei
den Stiftstiefeln diese Reparatur gar nicht vorkam. Ja die Zahl der durch Trennungen
allein erzeugten Ausbesserungen uͤberstieg die Zahl aller an den
Stiftstiefeln uͤberhaupt vorkommenden.
Durch dieses Zusammentroknen des Leders kann die Haltbarkeit der Stiftstiefeln nicht
leiden, weil die kleinen festen aus troknem zaͤhem Holze geschnittenen Stifte
sich unmoͤglich verhaͤltnißmaͤßig mehr zusammenziehen
koͤnnen, als die losere, weit poroͤsere Sohle. Auch ist durch das
Einkeilen der Stifte in kleinere Pfriemloͤcher keine Masse verloren gegangen,
vielmehr das Leder nur zusammengepreßt worden. Es hat daher das Bestreben sich
auszudehnen, und druͤkt mithin unaufhoͤrlich gegen die
Stiftloͤcher. Wird die Sohle durch das Zusammentroknen kleiner, so
muͤssen nothwendig auch die Stiftloͤcher kleiner werden, und deren
Begraͤnzungsflaͤchen sich desto inniger an die Stifte anschmiegen.
Werden die zunaͤchst angefertigten Stiftstiefeln auf den Montirungskammern
ausbewahrt und die alten Vorraͤthe aufgebraucht, so gewinnen bis dahin die
Stiftstiefeln im groͤßeren Publicum mehr Terrain, und es duͤrften sich
dann schon in allen
Provinzen, namentlich durch die in den Schuhmacherwerkstaͤtten der
Truppentheile ausgebildeten und nach vollbrachter Dienstzeit in ihre Heimath
entlassenen Schuhmachergesellen, Meister finden, die in der Stiftstiefelarbeit
bewandert sind, wiewohl bei den aͤlteren Meistern sich eine Abneigung gegen
diese Neuerung noch lange regen duͤrfte.
Beruͤksichtigt man aber auch jene Wahrscheinlichkeit nicht, so kann dennoch
kaum die Befuͤrchtung entstehen, daß die in Stiftstiefeln zur Reserve
entlassenen Leute auf dem Marsche nach ihrer Heimath und in dieser weder ihre
Stiefeln ausbessern noch versohlen lassen koͤnnten, denn Versuche haben
bereits dargethan, daß ein jeder Stiftstiefel sowohl mit Rand-, als mit
durchgenaͤhter Sohle belegt werden kann. Ueber die Haltbarkeit einer solchen
Arbeit dauern die Versuche noch fort; sie scheinen bis jezt ganz befriedigend
auszufallen. Es genuͤgt uͤbrigens in diesem Falle schon die
Moͤglichkeit.
Die zur Verfertigung dieser Stiefel und namentlich der dazu erforderlichen
Holznaͤgel noͤthigen Maschinerien und Geraͤthe, als: die
Stiftschneidmaschine, das Spaltmesser, der Schnizer und die beiden Raspeln liefert
der Schuhmachermeister Andresen in Berlin, Stechbahn Nr.
3, fuͤr 9–10 Thlr., und die drei Orthe nebst Hefte zusammen
fuͤr 5 Sgr. Es duͤrfte gerathen seyn, die Stiftschneidmaschine und
andere Werkzeuge von ihm zu nehmen, da man dann der Brauchbarkeit versichert seyn
kann. (Berlin. Gewerbebl., 1843, Nr. 5–7.)
Ueber die Mittel Bier, welches verderben will, wieder
aufzubessern.
Wir sprechen hier nur von solchen Mitteln, welche bezweken, einem etwas
unregelmaͤßig verlaufenden chemischen Proceß durch sich selbst auf den
rechten Gang zu verhelfen.
Der Gaͤhrungsproceß beim Bier hoͤrt nicht auf, bis es getrunken wird,
denn einerseits bleiben die gaͤhrungerregenden Stoffe, Hefe, stets darin, was beim Wein nicht der Fall ist,
andrerseits sind noch viele Vorraͤthe an solchen Stoffen darin, die mit der
Hefe in Beruͤhrung, in geistige Gaͤhrung versezt werden
koͤnnen. Der Gehalt der Lagerbiere an Malzextract, worunter Zuker, Gummi etc.
zu verstehen ist,. betraͤgt durchschnittlich 4–5 Proc., bei
staͤrkern Bieren 7 Proc. und daruͤber, also hinlaͤnglicher
Vorrath an demjenigen, was zur fortlaufenden weingeistigen Gaͤhrung zu
allererst erfordert wird.
Das Schal-, Matt-, Truͤbwerden, anfangendes
Saͤuerlichwerden des Bieres, sind die Begleiter einer unordentlich
verlaufenden Gaͤhrung, und diese hat haͤufig in
Temperaturverhaͤltnissen, unguͤnstiger Localitaͤt u. s. w.,
nicht selten im Zuduͤnnbrauen im Verhaͤltniß zur Lagerzeit, oder in zu
warm gefuͤhrtem Malze ihren Grund. Kurz, es koͤnnen auch geschikten
Brauern — eine Menge von widrigen Zufaͤllen begegnen, die sie
belehren, es muͤsse daran gedacht werden Schaden abzuwenden.
Das Mittel, welches hier mitgetheilt wird und das wir in einer bedeutenden Brauerei
auf bayerische Art, ausgefuͤhrt und gelungen wissen, ist ein hoͤchst
einfaches und moͤglicherweise vielen Brauern schon bekanntes, obschon unseres
Wissens oͤffentlich nicht davon gesprochen oder daruͤber berichtet
wurde.
Ein Faß Bier, das anfaͤngt die oben angefuͤhrten uͤbeln
Eigenschaften zu bekommen; wird von seiner Hefe genommen, und auf die Hefe eines
eben abgezapften Fasses gut erhaltenen Bieres aufgeschuͤttet. Nach einigen
Tagen schon bemerkt man Besserung; ist diese nicht vollstaͤndig, so zapft man
ab und auf die gute Hefe eines zweiten Fasses und wo noͤthig auf die eines
dritten. Auch kann man gute Hefe zweier Faͤsser zusammenbringen und das dem
Verderben nahestehende Bier auf diese aufgeben. In allen Faͤllen muß aber
gesorgt werden, daß das Bier nicht zu lange auf der zweiten Hefe liegen bleibt, da
diese nach und nach auch schlecht wird. Man zieht es darum, sobald man sich vom
wiederhergestellten guten Ansehen und Geschmak uͤberzeugt hat, auf kleinere
Versandtfaͤsser und gibt es in baldigen Verbrauch.
Wir wollen uns nicht in eine Nachweisung uͤber die chemische Wirkungsweise der
zweiten Hefe einlassen. Wenn die Theorie der Gaͤhrung auch wirklich in
neuerer Zeit große Fortschritte gemacht hat, so sind wir in unsern Einsichten
uͤber diesen difficilen Punkt der organischen Zersezungen doch nur so weit,
daß wir sagen koͤnnen, wir erkennen die Hauptlinien des Verlaufs der
Gaͤhrung; eine
Menge Nebeneinfluͤsse sind noch gar nicht in wissenschaftliche Discussion
aufgenommen.
Einiges jedoch soll hier angedeutet werden. Es scheidet sich auch bei
Untergaͤhre (bayerische Gaͤhre) immer Oberhefe aus und diese wird erst
durch Luftberuͤhrung Unterhefe, d. h. die Untergaͤhrung ist begleitet
von einer Obergaͤhrung. Das Vorhandenseyn von Obergaͤhrhefe disponirr
aber den Weingeist leicht, sich zu oxydiren, d. h. Essig zu werden, was bekannt ist,
da Obergaͤhrbiere nie so lange halten als untergaͤhrige. Wenn nun im
schon gelagerten Biere noch Ueberschuß von aufgeloͤstem, d. h. noch nicht
Hefe gewordenem Kleber vorhanden ist und dieser in die Gaͤhrung hineingezogen
wird, welche immer zuerst Obergaͤhrung und namentlich im Faß leicht
Obergaͤhrung ist, so wird durch diesen Vorgang von der aufsteigenden
leichtern Hefe (Oberhefe) das Bier truͤbe, und weil Oberhefe den Alkohol
leicht in die Oxydation hineinzieht, sauer.
Truͤbwerden und Sauerwerden gehen daher gewoͤhnlich Hand in Hand,
untergaͤhrige Hefe aber ist im Stande, die Oberhefe in Unterhefe zu
verwandeln, und sie bewirkt, daß vor dem ganzen Oxydationsproceß, der nun vorgeht,
der Alkohol der Fluͤssigkeit geschuͤzt bleibt, indem jener auf den
Kleber lediglich sich beschraͤnkt. Daß das
Quantitaͤtsverhaͤltniß guter Unterhefe gegen eine bestimmte Biermasse
hierbei von Einfluß sey, darf wohl angenommen werden. Und so waͤre denn nach
diesen wenigen Zuͤgen ein guter corroborirender Einfluß
uͤberschuͤssiger guter Hefe auf umschlagendes Bier wenigstens nicht
unerklaͤrbar.
Man thut gut, wenn ein Bier im Lagerfaß lange nicht klar werden will, die Hefe in
demselben stark aufzuruͤtteln, wodurch es in der Regel sehr bald ganz gut
werden soll. Wenn endlich eine Brauerei im Winter namentlich ihren Abnehmern,
Schenkwirthen u. s. w. ein Bier liefern will, das sich weit besser in decen Kellern
und beim Verzapfen haͤlt, so soll sie dasselbe mit der Hefe versenden und den
Kaͤufern den Abgang an Hefe durch einen aͤquivalenten Abzug am Preise
verguͤten. Auf diese Weise wurde in der erwaͤhnten Brauerei lange Zeit
hindurch das Bier versendet, und die Abnehmer, einmal an diese Einrichtung
gewoͤhnt, gaben dieselbe nicht wieder auf, da sie dadurch in Stand gesezt
waren, immer gutes Getraͤnke auszuschenken. Dr.
Bolley. (Schweizerisches Gewerbeblatt.)
Ueber die Darstellung des gallussauren Eisens in Gestalt eines
sammetschwarzen Pulvers.
Es ist bekannt, daß die schwarze Schreibtinte nichts weiter als ein
gewoͤhnlich durch Gummi- oder Zukerloͤsung in Suspension
gehaltenes Eisenoxydsalz ist, naͤmlich ein Gemisch von gallussaurem und
gerbsaurem Eisenoxyd. Man gewinnt solche Tinte sogleich von intensiv schwarzer
Farbe, wenn man z. B. zu der Aufloͤsung des schwefelsauren oder
salpetersauren Eisenoxyds ein Decoct von Gallaͤpfeln schuͤttet. In der
auf diese Weise erzeugten schwarzen Fluͤssigkeit, die wir im
gewoͤhnlichen Leben Tinte nennen, ist das die eigentliche Schwaͤrze
bedingende Eisensalz so fein suspendirt, daß man nicht im Stande ist, es durch
Filtration zu isolir n. Da es nun jedenfalls erwuͤnscht seyn duͤrfte,
dieses herrliche, intensiv schwarze Pigment, behufs der Anwendung zu verschiedenen
technischen Zweken im isolirten, reinen Zustande darzustellen, so wollen wir hier
das einfache Verfahren dazu, welches von Hrn. Ricker im
Jahrbuch fuͤr praktische Pharmacie empfohlen worden ist, folgen lassen.
Man braucht naͤmlich dem Gemisch von Gallaͤpfeldecoct und
schwefelsaurem oder salpetersaurem Eisenoxyd nur etwas kohlensaure
Natronloͤsung (Sodaloͤsung) zuzusezen, wodurch man einen sehr
reichlichen Niederschlag erzeugt, der auf ein Papierfilter gebracht, nicht durchs
Filter geht, sondern sich mit großer Leichtigkeit auswaschen laͤßt. Ricker bemerkt am Schlusse seiner Notiz noch, daß dieses
sonderbare Verhalten des kohlensauren Natrons einen Fingerzeig gebe, warum alle
alten Tintenvorschristen Essig enthalten. (Frankfurter Gewerbfreund 1843. Nr.
23.)
Auf galvanischem Wege vergoldeter, versilberter oder
verkupferter Tüll.
In England werden jezt die feinsten Spizen galvanisch vergoldet und versilbert. Die
Entstehung dieses neuen Erzeugnisses der Galvanoplastik verdankt man folgenden
Umstaͤnden. Bekanntlich findet bei der von Smee
construirten constanten galvanischen Batterie aus amalgamirten Zink- und
Platin- oder Silberplatten waͤhrend ihrer Thaͤtigkeit
Entwikelung von Wasserstoffgas an der Platinplatte statt; die Gasblasen bleiben
mitunter daran haͤngen und veringern somit die Wirkung. Diesem Uebelstand
abzuhelfen hat Hr. Prof. Grove vorgeschlagen, statt der
Platin- oder Silberplatte ein Gewebe von Silberdraht (platinisirt)
anzuwenden, weil dann das Gas durch die Maschen des Gewebes leichter entweichen
kann. Aber theils die Schwierigkeit sich solches Gewebe zu verschaffen, theils der
Kostenpunkt brachten Hrn. Philipps auf den Gedanken den
sogenannten galvanoplastischen Tuͤll zu bereiten.
Man verfertigt denselben folgendermaßen: ein Stuͤk Tuͤll wird in
geschmolzenes Wachs getaucht und der Waͤrme ausgesezt, damit das Wachs
gehoͤrig eindringt; den uͤberfluͤssigen Theil desselben
beseitigt man dadurch, daß man das Stuͤk Tuͤll in noch heißem Zustande
zwischen Loͤschpapier auspreßt. So vorgerichtet bekoͤmmt der
Tuͤll einen Ueberzug von Graphit und kann dann verkupfert, vergoldet und
versilbert werden. Zum Gebrauch in der oben erwaͤhnten Batterie wird der
Tuͤll verkupfert, versilbert und dann platinisirt. Je feiner der Tuͤll
ist, desto tauglicher ist er, weil er mehr Oberflaͤche darbietet. Außer
diesem Zwek wird der galvanoplastische Tuͤll auch zu Gegenstaͤnden des
Luxus benuzt. — Auf dieselbe Art kann man auch Seile mit Kupfer
uͤberziehen, um sie auf Schiffen als Blizableiter zu benuzen; man
erhaͤlt so große leitende Oberflaͤchen mit geringem Metallgewicht. Chemical Gazette, 1845 Nr. 27. Wir verweisen auf den
Artikel uͤber Napier's galvanoplastische Zeuge S.
81 in diesem Bande des polytechnischen Journals.
Ueber Bereitung einer Javelle'schen Bleichlauge, welche auch
die durch Eisenoxyd vergelbte Wäsche rein weiß macht.
Die Darstellung der Bleichlauge ist bekanntlich eine zweifache; nach der einen
Methode wird Chlorkalkloͤsung durch Glaubersalzloͤsung zersezt, die
klare Fluͤssigkeit, welche uͤber dem ausgeschiedenen weißen
Niederschlag, Gyps, steht, ist die Bleichlauge; sie besteht aus einer Loͤsung
von unterchlorigsaurem Alkali; die andere Methode besteht bekanntlich darin, daß
Chlorgas in eine Aufloͤsung von Potasche oder kohlensaurem Natron (Soda) so
lange hineingeleitet wird, bis die Fluͤssigkeit sogleich bleichend auf blaues
Lakmuspapier wirkt. Diese Lauge enthaͤlt außer dem obigen Salze auch noch doppeltkohlensaures Alkali; von einer solchen Lauge ist
bekannt, daß sie einen braunen Eisengrund auf Zeugen, Waͤsche etc. leicht hinwegnimmt, was die aus Chlorkalk und Glaubersalz
bereitete nicht thut. Der Grund davon liegt einzig und
allein in dem Vorhandenseyn von doppeltkohlensaurem
Alkali, in welchem das Eisenoxydhydrat leichter sich aufloͤst. Der
Unterschied der Wirksamkeit beider Laugen ist so auffallend, daß eine mit
gewoͤhnlicher Tinte geschriebene Schrift, mit derjenigen Lauge benezt, welche
doppeltkohlensaures Alkali enthaͤlt, bis auf die lezte Spur gebleicht wird,
wogegen die unterchlorigsaures Alkali haltige Lauge die Schrift noch gelblich
gefaͤrbt zuruͤklaͤßt.
Versuche die mit auffallend vergelbter Waͤsche angestellt wurden, welche
uͤber Nacht in einer solchen Javelle'schen Lauge gelegen hatte, gaben die
guͤnstigsten Resultate, indem die Waͤsche schoͤn weiß aus der
Lauge hervorging. Hieraus geht demnach hervor, daß die Darstellung einer wirksamen
Bleichlauge nur nach derjenigen Methode ausgefuͤhrt werden muß, nach welcher
Chlorgas in die kohlensaure Lauge hineingeleitet wird. Hr. C. Kreßler hat diese Versuche angestellt, wodurch meine oben ausgesprochene
Ansicht uͤber den Grund der besseren Wirksamkeit einer doppeltkohlensaures
Alkali haltigen Bleichlauge voͤllig bestaͤtigt wird.
Hr. C. Kreßler hat die Resultate seiner hieruͤber
gemachten Probeversuche besonders in einem Aufsaz mitgetheilt, unter dem Titel:
„uͤber alkalische Bleichlaugen“ in Hoffmann's Mittheilungen aus dem Gebiete der gesammten
Technik etc. 1843. Heft I. Dr. Elsner. (Berliner Gewerbe-, Industrie- und Holsblatt, Bd.
X. Nr. 6. S. 68.)