Titel: | Ueber die Kartoffelkrankheit im Jahr 1846; von Payen. |
Fundstelle: | Band 102, Jahrgang 1846, Nr. XIV., S. 74 |
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XIV.
Ueber die Kartoffelkrankheit im Jahr 1846; von
Payen.
Im Auszug aus den Comptes rendus, Jul. 1846, No.
4.
Payen, über die Kartoffelkrankheit.
Kaum hatte Hr. Payen vom 15. Junius 1846 an erfahren, daß
sich auch in diesem Jahre die Kartoffelkrankheit wieder in verschiedenen Gegenden
Frankreichs zeige, so wendete er sich brieflich an seine landwirthschaftlichen
Korrespondenten, um Nachrichten mit Mustern der befallenen Knollen zu erhalten;
seine gemeinschaftlich mit den HHrn. Poinsot und Brunet angestellten Untersuchungen ließen keinen Zweifel
über die Thatsache und den gleichen Ursprung derselben mit der Seuche vom J.
1845.
Die Documente, welche Hr. Payen erhielt, kamen aus:
Foix (Depart. Arriège) v. 23. Jun. 1846; von Hrn.
Saubiac, Präsidenten der Agriculturgesellschaft.
Chambéry (Savoyen) v. 10. Jul. 1847; von Hrn. Bonjean, Apotheker und Naturforscher.
Nice (Piemont) v. 11. Jul. 1846; von Hrn. v. Châteaugiron, franz. Consul.
Pontrieux (Nordküste-Depart.) v. 16. Jul. 1846;
von Hrn. Lucas, Inspector der landwirthschaftlichen
Gesellschaft der Bretagne.
Auterive (Dep. der oberen Garonne) v. 17. Jul. 1846; von
Hrn. Lartoz, Maire daselbst.
Draguignan (Dep. d. Var) v. 17. Jul. 1846; von Hrn. Guérin, Generalsekretär der Agriculturgesellschaft
und Ingenieur der Centralschule.
Ebendaselbst vom 20. Jul. 1846; von Hrn. Bompar, Naturforscher, Geschäftsführer der
Agriculturgesellschaft, nebst einer Abhandlung „über die Cultur der
Kartoffeln und ihre Krankheit in den Jahren 1845 und 46.“
Paris (Seine-Dep.) v. 15. und 17. Jul. 1846;
Mittheilung des Hrn. Masson, Obergärtner der
Gartenbaugesellschaft im Palast Luxemburg.
Auton (Saône-Loire-Dep.) v. 24. Jul.
1846; von Hrn. Lefour, Landwirth und Secretär des
Central-Agricultur-Vereins.
Das Resultat aller dieser Mittheilungen ist, daß die Krankheit in allen diesen
Gegenden in mehr oder weniger beunruhigendem Grade auch im J. 1846 wieder zum
Vorschein gekommen ist und zwar mit denselben Erscheinungen wie im vorigen Jahre. In
beiden Jahrgängen wird von Nice aus bemerkt, war sie bei der ersten Ernte
geringfügig, bei der zweiten aber bedeutend. Von Draguignan aus wird geschrieben,
die erste Ernte von 1846 habe weniger verdorbene Kartoffeln geliefert als die erste
von 1845; aber die Kartoffeln von 1846 seyen schneller gefault und hätten schneller
Insecten erzeugt. Ein täglich begossener Theil einer Kartoffelpflanzung zu Paris
zeigte nicht einen einzigen von der Krankheit befallenen Stock. Einige Mittheilungen
thun dar, daß wenn man das verwelkte Kraut an den noch im Boden steckenden Knollen
läßt, viele Kartoffeln nach und nach befallen werden, während, wenn man das Kraut am
Boden abschneidet, sobald es befallen und welk ist, beinahe alle Kartoffeln gerettet
werden können.
Diese von Hrn. Payen im J. 1845 angerathene und von
mehreren Landwirthen mit Nutzen befolgte Maßregel bestätigt sich also durch die
Erscheinungen in diesem Jahre. Es ist übrigens einleuchtend, daß man sich durch sie
keinem Schaden ausseht; denn einmal befallen und verwelkt, können die Stengel
offenbar nicht mehr wachsen noch zur Entwickelung der Knollen beitragen,
andererseits aber Samenkörnchen der Schmarotzerpflanze zuführen. Zuweilen ist das
Ausreißen vorzuziehen, denn es wurde in diesem Jahre öfters wahrgenommen, daß die
Stengel unten zu nahe an den Knollen angegriffen sind, um durch das Abschneiden des
noch im Boden steckenden Krautes davon getrennt werden zu können.
Die Vorsichtsmaßregeln, welche Hr. Payen daher dringend
anempfehlen zu müssen glaubt, bestehen darin, die Cultur zu überwachen, die Kartoffeln auszuthun, sobald
das Kraut verwelkt ist, dieses aus dem Acker zu bringen und mit einigen Proc. Kalk
in Schichten zu legen (was ein Gemenge gibt, das die Grundlage zu einem guten
Pflanzendünger durch Versehen mit Harn liefert). Ferner alle gesunden Kartoffeln bei
Seite zu legen und die befallenen möglichst schnell zu verbrauchen. Es ist alle
Hoffnung vorhanden, daß den Fortschritten dieses eigenthümlichen Verderbens dadurch
Einhalt gethan wird; noch sicherer würde man es verschwinden machen, wenn man in
Zukunft nur auf solchen Feldern Kartoffeln bauen würde, welche von jenen, wo das
Uebel hauste, entfernt liegen, und dem Befallenwerden von der Krankheit, also auch
ihrer Fortpflanzung, die ihrem Einfluß am meisten unterworfenen
Kartoffel-Varietäten so wenig als möglich aussetzte. Bei dieser Gelegenheit
ist zu bemerken, daß die neuen Beobachtungen mit jenen vom Jahr 1845 dahin
übereinstimmen, daß mehrere Varietäten sehr früher Kartoffeln, wenn sie frühzeitig
gelegt werden, der Seuche größtentheils entgehen; dieß war mit der
Shaw-Kartoffel der Fall, welche um Paris gebaut wird, zuerst auf den Markt
kömmt und die Einwohner mit ihrem großen Bedarf versieht.
Hinsichtlich der Aufbewahrung der Kartoffeln werden die Landwirthe durch ihre eigene
Erfahrung vom vorigen Jahre her dahin belehrt seyn, daß sie das Aufschütten
derselben möglichst zu vermeiden, sie auszubreiten und öfters umzukehren haben,
damit sie sich nicht erhitzen können, endlich daß die verdorbenen Kartoffeln
auszulesen sind.