Titel: | Bain's neues System der elektrischen Telegraphie. |
Fundstelle: | Band 105, Jahrgang 1847, Nr. LXXXI., S. 331 |
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LXXXI.
Bain's neues System der elektrischen Telegraphie.Patentirt in England am 12. Decbr 1846; einregistrirt am 12. Jun. 1847.
Aus dem Mechanics' Magazine, 1847, Nr.
1245.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Bain's neues System der elektrischen Telegraphie.
Dieses neue System soll an Schnelligkeit alles übertreffen, was bisher von Hrn. Bain und von andern in diesem Betreffe geleistet wurde,
und hat vorzüglich zum Zweck, den Zeitverlust beim Oeffnen und Schließen der Kette
zu vermeiden und die Anwendung von Nadeln zum Anzeigen der Buchstaben des Alphabets,
Figuren etc. zu umgehen. Der Erfinder beschreibt mehrere Vorrichtungen, durch welche
dieß erreicht werden kann, die jedoch alle in der Hauptsache sich ähnlich sind.
Jedes vollständige System eines elektrischen Telegraphen besteht natürlich aus einem
Zeichen gebenden Apparat am einen Ende, und einem dieselben aufnehmenden Apparat am
andern Ende der Linie, mit einem Verbindungsdraht zwischen ihnen. Fig. 1 ist ein Aufriß und
Fig. 2 ein
Grundriß derjenigen Theile eines Fortpflanzungs-Apparats, welche nöthig sind,
um seine Wirkungsweise zu erklären. A, A ist eine dünne
hölzerne Rolle, auf welche ein langer Papierstreifen gewickelt ist, in welchen
vorher die Löcher a, a, a in der in Fig. 3 dargestellten Weise
gemacht wurden. Jede
Gruppe solcher Löcher, wie sie durch Querlinien abgetheilt ist, bedeutet einen
Buchstaben des Alphabets, oder eine Ziffer, oder auch ganze Worte oder Sätze, wie
man sich vorher darüber verständigt hat. Von der Rolle A
aus wird das Ende des Papierstreifens zwischen der Rolle B und zwei Metallfedern C¹, C² hindurchgeführt. Die Rolle B besteht aus Metallstücken a¹, a² welche an der innern
Seite auf Holz aufliegen, so daß ihre aneinanderstoßenden Ränder etwas von einander
abstehen. In Bewegung wird diese Rolle durch ein Uhrwerk gesetzt, welches
hinsichtlich seiner Geschwindigkeit statt durch ein Pendel, durch einen
Kugel-Regulator regulirt wird. Der die Zeichen empfangende Apparat am andern
Ende der Linie ist in jeder Hinsicht dem Zeichen gebenden gleich, ausgenommen, daß
statt eines Streifens durchlöcherten Papiers auf die Rolle A ein Band gefärbten Papiers gewickelt ist, welches man vorher in
verdünnte Schwefelsäure und nachher in eine Auflösung von Blutlaugensalz tauchte;
dasselbe wird in nassem oder feuchtem Zustand (in welchem es einen Theil des
galvanischen Kreislaufs ausmacht, und daher während der Mittheilung darin erhalten
werden muß) auf die Rolle A gewickelt. Wenn Alles so
vorgerichtet ist und die beiden Maschinen durch einen zwischen, ihnen laufenden
Draht mit einander, so wie die Metallfedern C¹,
C² mit einer galvanischen Batterie verbunden
sind, so setzt die den Zeichen gebenden Apparat bedienende Person diesen in Gang,
was die unmittelbare Folge hat, daß dadurch ein Sperrhaken am Zeichen aufnehmenden
Apparat am andern Ende der Linie gehoben und dieser letztere sonach ebenfalls in
Gang gesetzt wird, folglich beide Maschinen ihre respectiven Papierbänder zu
gleicher Zeit abzurollen beginnen. So lange nun die Berührung zwischen den Federn
C¹, C² und
der Rolle B des fortpflanzenden Apparats durch das
Dazwischenliegen der ganzen (nicht durchlöcherten) Stellen des Papierbandes
aufgehoben ist, ist der Durchgang des galvanischen Stroms unterbrochen; in dem
Augenblick aber, wo eine der Federn C¹ oder C² über ein, zwei oder mehr Löcher zu liegen
kömmt, ist der galvanische Kreislauf wieder hergestellt und der elektrische Strom
geht durch diese Löcher, den Verbindungsdraht und durch das feuchte Papierband des
Zeichen empfangenden Apparats, benimmt bei seinem Durchgang an den Stellen, durch
welche er dringt, dem Papier seine Farbe (durch chemische Zersetzung der bei dessen
Verfertigung angewandten Körper) und hinterläßt also eben so viele ablesbare Flecken
auf der feuchten Papierrolle, als Löcher im trockenen sind. Man ersieht hieraus, daß
durch solches abwechselndes Aufheben und Wiederherstellen des Contacts, und zwar so
schnell als diese Operationen möglich sind, den Buchstaben, Ziffern etc. entsprechende Striche oder
Punkte auf dem Zeichen aufnehmenden Papierstreifen gemacht werden können.
Ein Beispiel der von Hrn. Bain angewandten Buchstaben ist
in Fig. 3
gegeben, welche die in das Zeichen gebende Papier zu machenden Löcher, und die
dadurch auf dem gefärbten oder Zeichen aufnehmenden Papier entstehenden Zeichen
darstellt, um das Wort LONDON auszudrücken.
Wenn gewünscht wird, daß der die Maschine Bedienende den Inhalt der gemachten
Mittheilung nicht wisse, so befeuchtet man das recipirende Papier nur mit verdünnter
Schwefelsäure und läßt es so durch den Apparat auf oben beschriebene Weise Passiren,
worauf dann die Worte durch Eintauchen des Papiers in blausaure Kali-Lösung
lesbar gemacht werden können.
Unter verschiedenen Modificationen dieser Vorrichtungen ist die bemerkenswertheste
die, bei welcher eine drehende Scheibe in Anwendung kömmt, in deren Peripherie sich
eine Anzahl gleich langer Metallstäbe oder Drähte befindet, die man nach Belieben
auf der einen oder andern Seite der Scheibe hervortreten lassen kann. Fig. 4 ist ein
Grundriß dieser Vorrichtung. A ist der Rand der Scheibe;
b, b sind die Drähte und C¹, C² Federn, wie die mit
denselben Buchstaben bei den andern Abbildungen bezeichneten. Wenn nun die Scheibe
A zum Rotiren gebracht wird, so werden natürlich die
Federn C¹, C²
nacheinander auf der einen oder der andern Seite mit den Drähten b, b in Contact gesetzt, und da sie die metallische
Verbindung zwischen den beiden Enden der Telegraphen-Linie herstellen, so
wird ihre Wirkung auf chemischzersetzbare Substanzen dieselbe seyn wie die oben
beschriebene. Hier vertreten die Drähte b, b die Stelle
der Löcher in dem Papierstreifen Fig. 3.
Schließlich beschreibt Hr. Bain eine verbesserte
Construction der den Verbindungsdraht tragenden Pfosten; er schlägt vor, die Pfosten
aus mehreren Holzstücken zu machen, welche mittelst gußeiserner Reife gebunden
werden, wodurch er (offenbar) bezweckt, daß die Drähte nicht so leicht durch
störende elektrische Ströme von unten her afficirt werden.
Man ersieht aus dieser Beschreibung, daß die Schnelligkeit der Mittheilung bei diesem
Verfahren nur durch zwei Umstände beschränkt ist: erstens durch die Zeit, welche
erforderlich ist, um in dem einen Papierstreifen die Löcher auszuschlagen, und
zweitens die nöthigen Unterbrechungen des elektrischen Stroms. Erstere hängt von der
Anzahl Buchstaben oder Zeichen ab, die ein geschickter Arbeiter in einer gegebenen
Zeit auszuschlagen vermag, und welche kaum über 100 in der Minute angeschlagen
werden kann. Der Durchgang des elektrischen Fluidums aber ist so schnell (schneller als der Blitz),
daß in der Minute sicherlich 500–1000 Unterbrechungen stattfinden können. Es
werden daher nur ein paar Minuten nothwendig seyn, um eine Mittheilung selbst auf
große Entfernung zu machen. Es ist auf diese Weise sehr wohl auszuführen, daß alle
leitenden Artikel unserer Zeitungen, z.B. der „Times“, in
Liverpool, Glasgow oder Edimburg zu gleicher Zeit mit ihrer Veröffentlichung in
London wiedergedruckt und veröffentlicht werden. Es braucht zu diesem Behufe nur
neben jeden Setzer ein Mann mit einer Reihe von Durchschlageisen und einer
Papierrolle gestellt zu werden, welcher so schnell durchschlägt als der andere
setzt, und so oft eine Columne fertig ist, dieselbe in das Bureau des elektrischen
Telegraphen abgeschickt zu werden; auf den Stationen wo die Mittheilung ankömmt,
wird sie dann von den telegraphischen Zeichen in die gewöhnlichen Buchstaben
übertragen und gedruckt. (Wir werden Bain's
Patentbeschreibung nächstens vollständig mittheilen können. Die Redact.)