Titel: | Verbesserungen an Locomotiven und Eisenbahnwagen, worauf sich A. V. Newton zu London, am 13. Julius 1847, einer Mittheilung zufolge, ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. II., S. 33 |
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II.
Verbesserungen an Locomotiven und Eisenbahnwagen,
worauf sich A. V. Newton zu
London, am 13. Julius 1847, einer Mittheilung
zufolge, ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem London Journal of arts, Mai 1848, S.
250.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Newton's Verbesserungen an Locomotiven und
Eisenbahnwagen.
Den Gegenstand der vorliegenden Erfindung bildet:
1) die Erzielung der erforderlichen Adhäsion an den Eisenbahnschienen, welche den Zug
in den Stand setzt, mit Sicherheit eine geneigte Ebene hinan- und
hinabzufahren, und auf diese Weise tiefe Einschnitte oder Umwege zu vermeiden;
2) die Anwendung der vollen Dampfkraft ungeachtet der veränderlichen Bewegung des
Trains, während der Fahrt über die Unregelmäßigkeiten der Bahnlinie;
3) eine Verbesserung in der construction des Locomotiv-Dampfkessels;
4) die Anordnung einer selbstthätigen Bremsvorrichtung bei Eisenbahnwagen.
Was die erste Verbesserung anbelangt, so wird sowohl beim Hinanfahren als auch beim
Hinabfahren an geneigten Ebenen die Schwerkraft des Wagenzugs angewandt, um die erforderliche Adhäsion an
eine Centralschiene zu erzielen und zwar in der Art, daß die Adhäsion im verhältniß
des Neigungswinkels und des Gewichtes des Wagenzugs zunimmt. Dieser Zweck wird
dadurch erreicht, daß man die Locomotive mit Greifrädern (gripping-wheels) versieht, welche eine längs der stark geneigten
Fläche gelegte Centralschiene umfassen.
Fig. 33 stellt
eine Locomotive nebst Tender in der Seitenansicht dar. A, A ist die gut zu befestigende Centralschiene,
welche in einer solchen Höhe über die gewöhnlichen Schienen gelegt ist, daß ihre
obere Seite nur ungefähr zwei Zoll von der Feuerbüchse absteht; der Aschenkasten
besteht daher aus zwei neben beiden Seiten der Centralschiene sich herab
erstreckenden Theilen. B, B
sind die Greifräder, welche mit einer der Schwerkraft der Last proportionalen Kraft
gegen die Seiten der Centralschiene drücken. Die Greifräder werden auf folgende
Weise in Thätigkeit gesetzt. C ist eine im
Locomotivgestell gelagerte Welle. Diese Welle und die mit ihr in Verbindung
stehenden Theile sind in Fig. 34 im Durchschnitt
und Fig. 35
im Grundriß dargestellt. D, D1 sind zwei schmiedeiserne Winkelräder,
welche über einer Leiste der Welle C verschiebbar sind,
und in zwei Winkelräder E, E1 greifen, die vermittelst der Hälse
F, F mit den Greifrädern
B, B verbunden sind. Die
Hälse F, F treten durch
starke an den inneren Enden der Winkelhebel H, H angebrachte Büchsen G, G
Fig. 33 und
34. Die
Hebel H, H sind um die
Zapfen I, I drehbar und an
ihren äußeren Enden mit Gelenken J, J1
Fig. 35
versehen.
Um die Zähne der Räder D und E genau im Theilrisse in einander greifen zu lassen, sind glatte Flächen
a, a an denselben
angebracht. Mit Hülfe einer um die Welle C gewundenen
Spiralfeder K werden die Räder D mit den Rädern E im Eingriff erhalten, wobei
sie den Schwingungen der Hebel um die Drehungspunkte I,
I nachgebend, seitwärts sich verschieben lassen. L ist eine schiebbare Stange, welche zur Aufnahme der
Drehungspunkte der Gelenke J und J1 mit einem Schlitz versehen ist.
Dieser Schlitz wirkt, je nachdem die Maschine bergan oder bergab fährt, auf den
einen oder den andern der Theile J und J1.
Wenn die Maschine auf horizontaler Bahn läuft, so wird ein Bolzen M durch das Maschinengestell und durch ein
entsprechendes Loch des Schiebers L gesteckt, um den
Schieber in einer festen Lage zurückzuhalten. Die Richtung der Gelenke ist eine
entgegengesetzte; das Gelenk J kommt nämlich beim
Hinanfahren, das Gelenk J1 beim Hinabfahren in Thätigkeit. Der Schieber L wird auf irgend eine geeignete Weise mit dem Tender verbunden. Wenn das
Locomotiv an derjenigen Bahnstelle wo sich die Centralschiene befindet angelangt
ist, und die Greifrollen die letztere zwischen sich gefaßt haben, so wird der Bolzen
M herausgezogen, so daß die ganze Kraft des Zugs auf
den Schieber L wirkt. Geht nun das Locomotiv bergauf, so
drückt das Gelenk J die Greifräder gegen die
Centralschiene, geht das Locomotiv bergab, so bringt das Gelenk J1 die gleiche Wirkung
hervor.
Sollen die Greifräder unabhängig vom Gewicht oder Widerstand des Zugs in Thätigkeit
gesetzt werden, so bedient sich der Erfinder des in Fig. 35 durch
Punktirungen angedeuteten Verfahrens. Der Schieber L
enthält nämlich an seinem inneren Ende einen Kolben, welcher in einem mit dem
Locomotivdampfkessel in Verbindung stehenden Dampfcylinder P arbeitet, und einen Hub von 5 oder 6 Zollen hat. Q ist die Röhre, die den Cylinder mit dem Dampfkessel verbindet. Die
Dampfwege sind mit einem Dreiwegehahn versehen, mit dessen Hülfe der Dampf auf beide
Seiten des Kolbens zugelassen werden kann, um beim Hinan- und Hinabfahren auf
die Gelenke J, J1 zu wirken, und die Greifräder mit elastischem
Drucke gegen die Centralschiene zu pressen.
Um den Dampf mit der zum Ersteigen einer geneigten Ebene erforderlichen Kraft wirken
zu lassen, wie unter dem zweiten Theil der Erfindung vorgeschlagen ist, kommt noch
ein zweites paar Dampfcylinder in Anwendung. N, Fig. 33,
stellt einen dieser Cylinder dar. Die Kolben derselben treiben vermittelst der
Lenkstangen O die Welle C
und theilen daher durch Vermittlung der Räder D und E den Greifrädern B eine
rotirende Bewegung mit. Ist das Ventil, welches den Dampf in die Cylinder N zuläßt, geöffnet, so wird die Maschine mit der ganzen
Adhäsion der gewöhnlichen Treibräder sowie der Greifräder auf den Schienen gehalten;
die Adhäsion der Greifräder nimmt aber in directem Verhältnisse mit dem Widerstand
oder Gewicht des Wagenzugs zu. Soll in diesem Falle der Zug nur mit der Hälfte
seiner gewöhnlichen Geschwindigkeit fahren, so bleibt sich die Quantität des
consumirten Dampfs gleich, wogegen derselbe mit seiner ganzen Kraft wirkt.
Die Figuren
36, 37
und 38
stellen eine Anordnung dar zur Verhütung der ungleichförmigen Bewegung der
Schieberventile, welche dadurch veranlaßt wird, daß die Excentrica in Folge der
Erhebung und Depression der Treibradachse ihre relative Stellung zu den
oscillirenden Achsen verändern. Es ist ohne Zweifel von Eisenbahningenieuren häufig
bemerkt worden, daß, wenn Locomotiven auf einer unebenen oder rauhen Bahn laufen,
dieselben nicht mit ihrer vollen Kraft wirken, während sie doch in Betracht, daß sie einen größeren
Widerstand als auf glatter Strecke zu überwinden haben, ihre volle Kraft ausüben
sollten. Um diese unregelmäßige Wirkung zu beseitigen, gleiten die Büchsen, welche
die Excentrica umgeben, in einem von dem Maschinengestell vermittelst Hebeln
herabhängenden Rahmen, so daß sie stets dieselbe relative Lage zu dem Gestell
beibehalten, wobei sie der Treibwelle mit ihren Excentrics eine freie Auf-
und Niederbewegung gestatten; zugleich ertheilt das Excentricum bei seiner Umdrehung
dem Rahmen, ohne Rücksicht auf die Lage der Welle, eine gleichförmige oscillirende
Bewegung. Einer der Hebel, woran der Rahmen hängt, ist an das Ende desjenigen Hebels
befestigt, welcher das Ventil vermittelst der gewöhnlichen Gabelverbindung bewegt,
indem er die schwingende Bewegung des Rahmens dem Ventilhebel mittheilt. Durch Heben
oder Niederlassen dieses Gabelhebels zwischen den Excentrics, wodurch der eine oder
der andere der beiden Rahmen mit dem Ventilhebel verbunden wird, bewirkt man die
rückgängige Bewegung der Maschine. Fig. 36 stellt den
Apparat zur Bewegung der Ventile in der Frontansicht, Fig. 37 und 38 in der
Randansicht dar. a ist eines der Excentricumpaare; b die gleitende Büchse; c,
c der oscillirende Rahmen; d die oscillirende Achse; e, e1 sind die
Hängehebel; g die Achse, welche den Hänghebel e1 und den
Umkehrungshebel trägt; h der Ventilhebel; h1 der mit dem
gabelförmigen Hebel i articulirende Schwanz des
Ventilhebels; j der durch eine Hängstange mit dem Hebel
i verbundene Umkehrungshebel. Die Hängstange muß mit
dem Schwanz des Ventilhebels gleiche Länge haben, so daß sämmtliche Hebel beim
Schwingen gleiche Bogen beschreiben. Die Gabeln m, m sind an gegenüberliegende Seiten des Verbindungshebels
i angebracht, so daß dieser, je nachdem er gehoben
oder niedergelassen wird, das eine oder das andere der Excentrics mit dem
Ventilhebel verbindet.
Die Verbesserung an Locomotivdampfkesseln, welche den dritten Theil dieser Erfindung
bilden, haben den Zweck, zu verhüten daß die Siederöhren des Dampfkessels theilweise
unbedeckt sind, d. h. sich über die Wasserlinie erheben, und der zerstörenden Hitze
des Feuers ausgesetzt sind, während die Maschine stark geneigte schiefe Ebenen
hinan- oder hinabfährt. Dieser Zweck wird dadurch erreicht, daß man quer über
den cylindrischen Theil des Dampfkessels verticale Scheidewände anbringt, die so
hoch sind, daß sie bis zum tiefsten Wasserniveau des Kessels reichen. Beim
Bergauffahren wird das Wasser am vorderen, beim Bergabfahren am hinteren Ende des
Dampfkessels eingepumpt. Es geht daher von den Pumpen nach jedem Ende des Kessels
ein mit einem Hahn
versehener Röhrenarm, so daß der Locomotivführer das Wasser beliebig nach dem einen
oder dem andern Ende des Dampfkessels leiten kann. Fig. 39 stellt einen nach
diesem Princip construirten Dampfkessel im senkrechten Längendurchschnitte dar. Die
Linie a, a bezeichnet die
Gränzlinie der obersten Siederöhren. b, b sind die Scheidewände, deren obere Kanten mit der
tiefsten Wasserlinie c, c in
gleicher Höhe sind. d, d ist
die höchste Wasserlinie. Beim Hinanfahren wird das Wasser durch die Scheidewände b, b verhindert nach dem
unteren Ende zu fließen und dadurch einen Theil der Siederöhren am oberen Ende bloß
zu legen; e, e bildet in
diesem Falle das Wasserniveau. Noch größer würde die Gefahr beim Bergabfahren seyn,
weil in diesem Fall der obere Theil des Feuerkastens g
bloßgelegt würde. Um den Kessel von Ablagerungen zu reinigen, muß zwischen jeder
Abtheilung ein Fußventil angebracht seyn.
Der vierte Theil dieser Erfindung bezieht sich auf eine selbstthätige
Bremsvorrichtung, welche die Verhütung von Unglücksfällen bezweckt, wenn nämlich die
Kuppelungen, wodurch die Theile des Wagenzugs mit einander verbunden sind, brechen
oder sich auslösen sollten. Fig. 33 stellt einen
dieser Bremsapparate in Verbindung mit dem Tender dar, und die Figuren 40 und 41 zeigen
denselben in größerem Maaßstabe abgebildet. s ist eine
vom Boden des Wagens an einer Gelenkstange t
herabhängende Zange, welche, so lange die gewöhnliche Verbindung der Wagen im
gehörigen Zustande sich befindet, durch eine Kette u von
der Centralschiene entfernt gehalten wird. v ist eine
verschiebbare Stange, welche an ihrem inneren Ende die Kette u hält und an ihrem äußeren Ende durch eine Kette w mit dem vorhergehenden Wagen verbunden ist. Wenn die
Wagen-Kuppelung bricht oder sich auslöst, so wird die Stange v vorwärts gezogen und außer Verbindung mit der Kette
u gebracht, worauf die Zange herabfällt und die
Centralschiene umfaßt, indem ihre Schenkel durch eine an den Boden des Wagens
befestigte Kette x zugedrückt werden. Auf diese Weise
wird das weitere Hinabrollen des Wagenzugs verhütet.