Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. , S. 311 |
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Miscellen.
Miscellen.
Außerordentlich großes Zahnrad.
Das größte Zahnrad, welches wohl je erbaut wurde, lieferte kürzlich die
Maschinenfabrik von Randolph, Elder und Co. in Glasgow. Das Rad ist zum Treiben der Schraube
eines großen Dampfschiffes bestimmt und mißt über 13 1/2 Fuß im Durchmesser und über
5 2/3 Fuß in der Breite, das Gewicht beträgt circa 600 Centner. Nur in den wenigeren
Fällen wirken die Dampfmaschinen direct auf die Schraubenwelle, sondern meistens
wird, wie im vorliegenden, die Bewegung vervielfacht auf die Schraubenwelle
übertragen, um der Schraube eine größere Geschwindigkeit zu ertheilen. Im
vorliegenden Falle ist das Rad ungefähr dreimal größer als das Getriebe, und mit
hölzernen Zähnen versehen, während das Getriebe, wie es häufig geschieht, ganz aus
Eisen gefertigt ist, um durch den Angriff des Eisens auf Holz einen sanfteren Gang
der Maschinerie zu erzielen und das knarrende Geräusch möglichst zu vermeiden. Der
Umkreis des Rades ist mit vier Reihen Zähnen besetzt; jede Reihe enthält 110
derselben von Buchenholz. Die Holzzähne wiegen allein über 6300 Pfund. Der ganze
eiserne Kranz dieses Rades, welcher zur Aufnahme und Befestigung der Holzzähne nicht
weniger als 880 Durchbrechungen enthält, ist aus einem einzigen Stücke gegossen. Das
Getriebe enthält ebenfalls vier Reihen Zähne, in jeder Reihe 37 Stück. Zwei Reihen
von Armen verbinden den Kranz mit der Welle. Das Gewicht der ganzen Schiffsmaschine
von 800 Pferdekraft sammt den Kesseln ist auf 600 Tonnen (209 Hamburger Commerzlast)
zu schätzen. Das ist allein eine Ladung für ein mittelgroßes Schiff, und der
angeführte Fall liefert einen neuen Beweis, welch riesenhaften Aufschwung die
Schraubendampfschifffahrt in England gewonnen hat. – Nicht zu übersehen sind
die Schwierigkeiten, die ein richtiger Eingriff der vier Zahnreihen des Rades in die
vier Reihen des Getriebes hat, und es wurden daher eigenthümliche Werkzeugmaschinen
angewandt, um diesen zu erzielen, denn es würde sonst die gegenseitige Reibung der
vielen Zähne eine ungeheure gewesen seyn. (Civil Engineer and
Architects-Journal, Juli 1853, S. 245).
Untersuchungen über die Veränderung der zum Schiffsbeschlag
angewandten Bronze; von Ad. Bobierre.
Meine fortgesetzten Versuche über die Dauerhaftigkeit der Bronze als Schiffsbeschlag
(man sehe darüber die Abhandlung des Verf. im polytechn. Journal Bd. CXXV S. 187) gaben folgende
Resultate:
Die Bronze ist zum Schiffsbeschlag hinsichtlich ihrer Dauerhaftigkeit dem Kupfer und
Messing vorzuziehen.
Die anormalen Veränderungen, welche sich seit einigen Jahren beim Bronzebeschlag
(französischer Schiffe) zeigten, sind Folge einer mangelhaften Fabrication der
Bronze.
Wenn die als Schiffsbeschlag angewandte Bronze Arsenik enthält, so veranlaßt derselbe
nicht nothwendig eine rasche Veränderung derselben, wie sie beim Rothkupfer
stattzufinden scheint.
Die Erfahrung hat bewiesen, daß Bronze, welche als Schiffsbeschlag sich im Meer
vortrefflich bewährte, in 1000 Theilen 45 bis 55 Theile Zinn enthielt. Wenn die zum
Schiffsbeschlag verwendete Bronze in 1000 Theilen nur 24, 25, 26, 30 und 35 Theile
Zinn enthält, so ist sie heterogener Natur und verändert sich fast stets
ungleichmäßig.
Die Hauptursachen, daß der (französischen) Handelsmarine seit einiger Zeit für den
Schiffsbeschlag zinnarme Bronze geliefert wird, sind: daß die Fabrikanten auf Kosten
der Dauer der Legirung wohlfeil zu walzen und aus dem niedrigeren Preis des spröden
Kupfers Vortheil zu ziehen suchen.
Wenn man der für den Schiffsbeschlag bestimmten Bronze ein kleines Verhältniß von
Zink zusetzt, so wird dadurch die Legirung sicher verbessert, weil sich dann das
positive Element in der Metallmasse besser vertheilen kann. Comptes rendus, Juli 1853, Nr. 4.)
Ueber die in der Kanonengießerei zu Lüttich seit 1840
ausgeführten Arbeiten.
Die Bedeutung und Ausdehnung der Werkstätten der Kanonengießerei zu Lüttich erhellt
schon daraus, daß eine Bestellung von 100 Kanonen des schwersten Kalibers, von
20,000 Vollkugeln und 300,000 Stück Kartätschkugeln in dem kurzen Zeitraum von fünf Monaten während des Jahres 1850 ausgeführt worden
ist. Außer dieser Bestellung für Brasilien sind in demselben Jahre noch nachstehende
Geschütze gefertigt worden: 20 Kanonen von verschiedenem Kaliber für die
Niederlande, 1 Kanone für Spanien, 6 32pfündige Kanonen für England, 11 Kanonen für
die Bundesfestung Rastatt, 2 Kanonen für die Argentinische Republik, 15 Kanonen für
die belgische Artillerie, 12 Kanonen für Versuche mit Eisensorten; 3895 Geschosse
und viele Eisenarbeiten für die belgische Artillerie.
An neuen Vorrichtungen sind aufzuführen:
1) Ein kleiner Cupolofen, um kleine Stücke zu gießen, was bei dem großen Cupolofen
mehr Brennmaterial erfordert.
2) Eine Maschine zur Anfertigung von Kugeln aus Schmiedeisen.
3) Die Mühle zum Mahlen von Sand, Kohks und gebrauchten feuerfesten Steinen, welche
von einer neuen Hochdruck-Dampfmaschine bewegt wird, ebenso wie die
Schleifsteine für die Werkzeuge und die Schleifsteine um die rohe Schmiedarbeit aus
dem Groben zu poliren.
4) Eine Drehvorrichtung, um die Kanonen mit Rücksicht auf vorspringende Theile zu
drehen, was eine große Ersparniß an Zeit und Arbeitslohn gewährt.
5) Eine Vorrichtung, wodurch verhindert wird, daß die Bohrmeißel sich erhitzen und
die Härte verlieren, wodurch ein Arbeiter erspart wird.
6) Eine hydraulische Presse, um die Kanonen mit Wasser zu probiren.
7) Ein Apparat bei den Dampfkesseln, um das Ueberführen von Wasser zu verhindern.
Die Kanonengießerei hat in dem Zeitraum von 1831 bis 1850, im Ganzen 1736 gußeiserne
Geschütze für das Ausland, darunter 388 für Bayern, 597 für den deutschen Bund, 42
für Preußen und über 300 Stück für die belgische Artillerie und Marine geliefert.
(Annales des Travaux publics de Belgique T. X.)
Ueber die Fabrication von Spazierstöcken; von Prof. Dr. A. W. Hofmann in
London.
Die geringe Wichtigkeit, die wir in der Regel einem so unbedeutenden Gegenstande, als
einem Spazierstocke, beilegen, dürfte uns leicht zu der Annahme verleiten, daß die
Fabrication dieses Artikels ein verhältnißmäßig nur untergeordnetes Interesse
beanspruchen könne; wenn wir aber den allgemeinen Gebrauch desselben in Betracht
ziehen, und namentlich wenn wir genauere Erkundigungen über die Massen der
verschiedensten Materialien einziehen, die jährlich zu Spazierstöcken verarbeitet
werden, so werden wir bald gewahr, daß wir es hier mit einem sehr wichtigen und
ausgebreiteten Industriezweige zu thun haben. Das Material für diese Fabrication
wird zum größten Theile von dem Pflanzenreiche geliefert; doch erinnert uns die
häufige Anwendung des Fischbeins und Elfenbeins und der gewöhnlichen sowohl, als
kostbaren Metalle, daß in vielen Fällen auch die anderen Naturreiche in Contribution
gesetzt werden, um den Spazierstock den Erfordernissen der wechselnden Mode und des
herrschenden Geschmackes gemäß herzustellen.
Die Materialien vegetabilischen Ursprungs anlangend, so läßt sich wohl behaupten, daß
kaum irgend ein Rohr, Strauch oder Baum vorhanden seyn mag, der nicht schon zur
Herstellung eines Reise- oder Spazierstockes gedient hätte, vorausgesetzt,
daß ihm die nöthige Elasticität und Stärke nicht mangelt. In der Regel ist es jedoch
eine nur geringe Anzahl von Holzsorten, welche zu dieser Fabrication verwendet
werden. Unter den europäischen Holzarten gibt der Stockfabrikant dem Schwarzdorn,
dem wilden Aepfeldorn, namentlich der sogenannten warzigen Varietät, dem Ahorn, der Esche, der Eiche,
besonders der jungen, der Buche, dem Orangenbaum, dem Kirschbaum, dem
Ginsterstrauch, dem Korkbaum und dem spanischen Rohr (Arundo
Donax) in den meisten Fällen entschieden den Vorzug. Diese Hölzer werden
gewöhnlich im Spätherbste ausgeschnitten, besonders wenn die Rinde daran bleiben
soll. Der Stockfabrikant ist jedoch keineswegs auf Europa allein angewiesen.
Westindien liefert ihm eine reichliche Zufuhr der besten Materialien für seine
Zwecke in den Weinreben, Nelkenpfefferrohre (Eugenia
Pimenta), Kohlpalmen, im Orangen- und Citronenholze, dem Kaffeebaum
und dem indianischen Hagedorn. Er bezieht ferner eine große Anzahl von Artikeln aus
China und Indien (Singapore und Java), aus welchen Ländern ihm die verschiedensten
Rohre, Schlingpflanzen aller Art und namentlich die gigantischen Schilfgräser
zugeführt werden. Die hauptsächlichsten Sorten sind RattanrohrRattanrohr wird weniger zur Fabrication von Stöcken, als für Anfertigung der
Regenschirmrippen benutzt. Für diesen Zweck wird es sortirt, auf den Seiten
abgehobelt und alsdann mit Eisenvitriol und Brasilienholz gefärbt. Dieses
Rohr dient ferner den Putzmacherinnen und Corsetmachern als Surrogat für
Fischbein; es wird endlich in großer Menge bei der Anfertigung der
Rohrstühle verwendet. Zu letzterem Zwecke wird dasselbe mittelst brennenden
Schwefels (schwefliger Säure) gebleicht. Drachenrohr, Penanglawyers (der Stengel einer Art Calamus oder klimmenden
Palme), weiße und schwarze Bambus, geriefter Bambus, Whangees, Jambees und
sogenanntes Hundsklopfrohr (eine Art von Bambusrohr, welches nicht selten die Höhe
von 50–60 Fuß erreicht und vorzugsweise von China importirt wird),
Malakkarohr (von Singapore) und endlich Junglebambus von Calcutta, sowie eine
besondere Art Rohr von Manilla.
Im unverarbeiteten Zustande haben diese Materialien nur geringe Aehnlichkeit mit den
eleganten Artikeln, zu welchen sie sich in der Hand des Fabrikanten gestalten.
Durchwandert man in den weitläufigen Lagerhäusern von B. Meyer in London die langen Reihen der in Haufen aufgeschichteten noch
unverarbeiteten Hölzer und Rohre, die, um gehörig auszutrocknen, in der Regel
längere Zeit hindurch aufbewahrt werden, so glaubt man sich in einem
Brennholzmagazine zu befinden, so unscheinbar sehen diese Materialien aus, in denen
nichtsdestoweniger der Werth von vielen Tausenden von Pfunden Sterling steckt. Man
erstaunt jetzt nicht mehr, wenn man erfährt, daß selbst der einfachste Spazierstock
wohl zwanzigmal durch die Hand des Arbeiters gehen muß, ehe er ein nur einigermaßen
anständiges Ansehen erhält; bessere Sorten von Stöcken verlangen natürlich eine noch
viel größere Reihe von Operationen. Diese sindfsnd mannichfacher Art. Der Verf., welchem von der
Zollvereins-Commission die Berichterstattung über den betreffenden Theil der
Londoner Ausstellung übertragen wurde, gibt nun über diese weniger bekannte
Fabrication folgende Skizze:
Abschälen der Rinde. In den meisten Fällen muß von den
Hölzern, die zu Stöcken verarbeitet werden sollen, vor Allem die Rinde entfernt
werden; dieß ist namentlich immer der Fall, wenn man sie Poliren will. Bisweilen
wird jedoch auch die Rinde auf dem Holze gelassen. Das Abschälen der Rinde scheint
auf den ersten Blick eine höchst schwierige Manipulation zu seyn, besonders wenn man
es mit Hölzern wie der wilde Apfelbaum zu thun hat, dessen unzählige warzenähnliche
Auswüchse, bekanntlich durch den Stich eines Insects hervorgebracht, sich nach allen
Seiten wie Berg und Thal durchkreuzen. Und doch läßt sich diese scheinbar so
schwierige Operation mit großer Schnelligkeit ausführen, und trägt dem damit
beschäftigten Arbeiter selbst im Falle des schwierigsten Exemplars nicht mehr als
einen halben Penny ein. Das Räthsel löst sich aber, wenn man sieht, welche einfache
Mittel die Praxis an die Hand gegeben, um dieses langwierige Geschäft zu
erleichtern. Der Stock wird nämlich ganz einfach einige Stunden lang in heißem
Wasser gekocht; die Rinde kann dann leicht mit den Fingernägeln abgeschält
werden.
Biegen des Hakens oder Handgriffes und Strecken des
Stockes. Nur eine sehr geringe Anzahl Aeste, sowohl von Bäumen als auch von
Sträuchern, ja selbst
nur ganz wenige Rohre sind gerade genug, um ohne Weiteres als Spazierstöcke
brauchbar zu seyn, und nur höchst selten liefert die Natur solche Auswüchse oder
Krümmungen, wie sie der Stockfabrikant zur Herstellung seiner Krückenhaken und
Handgriffe überhaupt bedarf. Bei den meisten sind hierzu zwei Operationen nöthig,
die eben so einfach als sinnreich sind. Um am oberen Ende einen Haken anzubringen,
wird das Rohr oder der Stock mit heißem feuchtem Sand bedeckt. Hierdurch wird er
weich und elastisch, und läßt sich dann, ohne zu zerbrechen, in die gewünschte Form
biegen, die er beim Erkalten beibehält. Die einzige Schwierigkeit bei dieser
Operation ist die, für jede der verschiedenen Holzarten die geeignete Temperatur zu
finden, und nur durch lange Uebung bekommt der Arbeiter die Fertigkeit, den rechten
Hitzegrad einzuhalten. Wenn daher eine neue Holzart in die Stockfabrication
eingeführt wird, so bedarf es immer einiger Versuche, um in dieser Beziehung die
nöthigen Aufschlüsse zu erhalten. Das Strecken der Stöcke wird in ähnlicher Weise
bewerkstelligt, nur daß man zum Erweichen trocknen Sand anwendet, den man auf einer
eisernen Platte erhitzt. Nachdem der Stock durch dieses Verfahren so weich wie
rothglühendes Eisen geworden ist, wird er herausgenommen und so lange, erst in der
einen, dann in der anderen Richtung, durch eine in einen starken Pfosten
eingeschnittene Kerbe gezogen, bis er ganz gerade geworden ist. Der gedachte Pfosten
ist 3 Zoll stark, ungefähr 6 Fuß lang und 1 Fuß breit, und neigt sich von dem
Arbeiter, der an einem Ende steht, in einem Winkel von 30 Graden nach dem Boden, in
welchem das andere Ende befestigt ist.
Façonniren des Stockes. Knotige Auswüchse,
bambusartige Ansätze und spiralförmige Windungen gelten, je nach den Anforderungen
einer launenhaften Mode, in den Augen des Publicums für schön. Diese Formen, welche
nur in einigen Fällen Naturbildungen sind, werden zum großen Theile durch Raspeln
und Feilen hervorgebracht. Eben so verschiedenartige Ansprüche werden an die
Stockknöpfe gestellt, welche mit den mannichfaltigsten Schnitzereien verziert seyn
müssen, um dem Geschmacke des Publicums zu entsprechen. Die Londoner Ausstellung
brachte alle möglichen Sorten von Thier- und Menschenköpfen, von Pferdefüßen
und Vogelklauen u.s.w., die nicht selten bedeutende Kunstfertigkeit verriethen.
Namentlich zeichneten sich in dieser Beziehung die Erzeugnisse der deutschen
Fabrikanten aus, die nebenbei nicht selten den köstlichsten Humor bekundeten. Wir
können diesen kleinen Kunstwerken unsere Anerkennung um so weniger versagen, wenn
wir hören, daß sie, selbst in größeren Stockfabriken, aus den Händen von nur
wenigen, in der Regel von drei bis vier Arbeitern hervorgehen, die, ohne irgend
welche künstlerische Vorbildung zu besitzen, die Formen von Menschen und Thieren,
und selbst den verschiedensten Ausdruck und Charakter in den Physiognomien, mit
seltener Wahrheit und oft mit vielem Geschick wiederzugeben verstehen.
Färben des Stockes. Nachdem die Stöcke in der
beschriebenen Art gestreckt und façonnirt worden, muß die Oberfläche in
vielen Fällen noch durch Schmirgelpapier oder Fischhaut geglättet und in
verschiedenen Tinten gefärbt werden, ehe schließlich der Firniß oder Lack
aufgetragen werden kann. Manchmal wird die Oberfläche theilweise verkohlt und die
Kohle wieder hier und da abgeschabt, wodurch man ein eigenthümlich geflecktes
Ansehen erzielt; in anderen Fällen werden die Stöcke mit lithographirten Mustern
bedruckt; namentlich ist dieß auf dem Continente üblich, wo die Handarbeit nicht so
theuer ist als in England. Die spanischen Rohre, wenn sie nicht lang genug sind
zwischen zwei Knoten, werden öfters an dem dickeren Ende abgedreht, und alsdann muß
diesem Theile die natürliche Farbe des Rohres wiedergeben werden. Dieß geschieht mit
solcher Geschicklichkeit, daß es unmöglich ist, den gefärbten Theil des Stockes von
demjenigen, der seine natürliche Farbe behalten hat, zu unterscheiden.
Wir haben bis jetzt ausschließlich von Stöcken vegetabilischen Ursprungs geredet,
aber auch Substanzen, welche aus dem Thierreiche stammen, wie z.B. Fischbein,
Schildpatt, Widderhorn, Rhinoceroshorn und Rhinoceroshaut, werden häufig und
Wallfischknochen, Haifischrückgrat, Narwalhorn und Elfenbein zuweilen für die Zwecke
dieser Industrie verwendet. Das Horn wird durch Hitze erweicht und vermittelst
besonderer mechanischer Vorrichtungen in lange Cylinder ausgezogen und selbst
Raspelspäne von Schildpatt, durch Hitze und Druck zu consistenter Masse vereinigt,
lassen sich ohne Schwierigkeit zu langen Stäben formen. Die Rhinoceroshaut ist eine
durchsichtige hornartige Masse, deren Elasticität und Dichtigkeit sie im hohen Grade zur Fabrication von
Spazierstöcken eignet. Die Hirschkalbfüße, die man nicht selten zu Handgriffen
verwendet sieht, werden einer mäßigen Hitze ausgesetzt, und halten sich dann, ohne
die geringste Veränderung zu erleiden. Auch Elfenbein, Horn und Knochen werden
häufig zur Verfertigung der Stockgriffe benutzt, und eine große Anzahl Arbeiter
findet in der Vorbereitung dieser Stoffe für den gedachten Zweck Beschäftigung.
Metalle werden weniger zur Herstellung ganzer Stöcke, als zur Fabrication einzelner
Theile, namentlich der Handgriffe und Zwingen, benutzt. Doch findet man auch
zuweilen im Handel hohle eiserne Stöcke, die wie Holz oder Rohr angestrichen sind.
(Amtlicher Bericht über die Londoner Industrie-Ausstellung, 3ter Theil, S.
561.)
ÜberUber die Fabrication der Gestelle für Regen- und Sonnenschirme in
England; von Prof. Dr. A. W. Hofmann in London.
Die Fabrication der Gestelle für Regen- und Sonnenschirme wird in London
hauptsächlich von kleinen Meistern betrieben, die gewöhnlich einige Knaben als
Gehülfen beschäftigen; das Ueberziehen hingegen wird von Frauen und Mädchen besorgt,
die in ihren Wohnungen arbeiten. Der Arbeitslohn für die wohlfeilsten Gattungen von
Schirmen ist so gering, daß oft die gemeinsame Anstrengung aller Mitglieder einer
ganzen Familie erforderlich ist, um die Subsistenz derselben zu sichern. Das
Anschrauben der Handgriffe und der Zwingen wird in der Regel von den Häusern, welche
in diesem Artikel Geschäfte machen, selbst besorgt.
Um dem Leser eine Idee zu geben, wie gering der Arbeitslohn für Anfertigung der
Gestelle ist, sey es uns gestattet, eine kurze Beschreibung der verschiedenen
Operationen zu geben, aus denen die Arbeit des Londoner
Regenschirm-Gestellmachers besteht. Derselbe muß zuvörderst eine höchst
einfache Drehbank mit Kreissäge und Schablonenstahl (um die Spitzen der Rippen zu
formen) und mehrere einfache Messer, Bohrer, Zangen und andere Instrumente
anschaffen. Diese kosten ihm ungefähr 3–6 Pfd. Sterl. Den erforderlichen
Eisendraht und das Messingblech hat er aus seinem Wochenlohne anzuschaffen, indem er
nur den Stock, die Rippen, die Spanner und den inneren Schieber erhält. Der Londoner
Gestellmacher beschäftigt in der Regel 2–4 Knaben, deren jedem er wöchentlich
4 Shill. bezahlt.
Anfertigung des Stockes. Derselbe besteht gewöhnlich aus
gefärbtem Buchenholz, welches der Gestellmacher von dem Fabrikanten erhält und das
er in Stücke von der nöthigen Länge zersägt. Der auf diese Weise erhaltene Stock
wird abgedreht und das eine Ende, an welchem die Zwinge befestigt werden soll,
zugespitzt. Zunächst werden nun mit der Kreissäge zwei Längenspalten zur Aufnahme
der Springfedern angebracht, von welchen die eine den Schirm aufgespannt erhält,
während die andere den geschlossenen Schirm am Aufgehen hindert. Diese Federn
bestehen aus gewöhnlichem Eisendraht und werden durch Eintreiben des einen Endes in
dem Stabe befestigt; das andere hakenförmig umgebogene Ende bewegt sich frei in der
Spalte, wird aber durch einen Querstift verhindert zu weit hervorzutreten. Um diesen
Querstift anzubringen, wird auf der einen Seite des Längenspaltes ein Loch gebohrt,
durch welches der Arbeiter den vorn zugespitzten Draht durchsteckt, um ihn auf der
anderen Seite des Spaltes einzutreiben. Die nächste Operation versieht den Stock mit
einer sehr einfachen Vorrichtung, welche den Schieber verhindert, beim Aufmachen des
Schirmes zu weit hinaufgedrückt zu werden. Zu dem Ende bohrt der Gestellmacher etwa
ein Viertelzoll über der oberen Feder zwei Löcher, in welche die beiden Enden eines
kurzen hufeisenförmig gebogenen Drahtes eingetrieben werden; das kleine aus dem
Stocke hervorragende Drahtöhr setzt der Bewegung des Schiebers die Gränze, welche
wir beim Aufmachen des Schirmes spüren. Um den Stock fertig zu machen, müssen jetzt
noch zwei weitere Löcher näher an der Spitze gebohrt werden, welche zum Einfügen
zweier ähnlicher Drahtöhre bestimmt sind und, wie wir sogleich sehen werden, die
Rippen des Schirmes befestigen. Es sind demnach nicht weniger als 19 Operationen
nöhig, um einen Regenschirmstock anzufertigen.
Zubereitung der Rippen. Jede Rippe muß natürlich einzeln
bearbeitet werden. Nachdem das Rohr an der einen Seite etwas zugespitzt worden, wird
es geglättet und in der Richtung nach der Spitze leicht verjüngt. Dieß
bewerkstelligt der Gestellmacher mittelst eines auf der Drehbank laufenden Rades, in
dessen Peripherie eine mit Fischhaut überzogene Rinne eingelassen ist, in welcher
die Rohre ihrer Länge nach hin und her gezogen werden, während das Rad sich mit
Schnelligkeit umdreht. Zunächst wird die Spitze der Rippe gerundet. Hierzu dient ein
Stahlrädchen (die Maschine), welches ebenfalls auf der
Drehbank läuft und dessen Rad ein Schablonenstahl von der gewünschten Form bildet.
Indem der Gestellmacher die Spitze in diese Schablone einpreßt, während sich das Rad
umdreht, erlangt sie in wenigen Augenblicken die entsprechende Gestalt und kann
jetzt lackirt und mit dem Loche versehen werden, mittelst dessen der Ueberzug des
Schirmes befestigt werden soll. Jede Rippe erhält nunmehr die geeignete Länge, indem
das entgegengesetzte Ende abgesägt wird. Dieses andere Ende heißt in der
Kunstsprache der Kopf der Rippe; es muß für die Befestigung an dem Stocke
vorbereitet werden. Zu dem Ende wird der Kopf mit dünnem
Kupferblech überzogen, abgerundet und durchbohrt. Diese Durchbohrung ist zur
Aufnahme des Kupferdrahtes bestimmt, welcher, durch die
beiden oben erwähnten Oehre gehend, die Rippe an den Stock befestigt und zugleich
das Aufspannen und Einziehen des Schirmes gestattet, indem derselbe die Angel
bildet, in welcher sich die Rippen drehen. Noch ist indessen die Rippe nicht fertig.
Ein zweiter Ueberzug von Kupferblech ist in der Mitte nöthig, welcher ebenfalls
durchbohrt wird, um eine Drahtachse aufzunehmen, in deren auf beiden Seiten der
Rippe hervortretenden Enden sich die Gabel des Spanners dreht. Jede Rippe hat
demnach dreizehnmal durch die Hände des Gestellmachers zu gehen, und da zu einem
Schirme 8 Rippen nöthig sind, so addiren sich zu den 19 Operationen, welche der
Stock erheischte, weitere 104 Operationen.
Wiegen der Rippen. Wenn nicht alle Rippen gleiche Stärke
haben, so nimmt der Schirm beim Aufspannen nicht nach allen Seiten gleiche Rundung
an. Deßwegen müssen die Rippen gewogen werden. Dieß geschieht mittelst einer sehr
einfachen Vorrichtung, welche im Wesentlichen aus einem 3 Fuß 6 Zoll langen und 2
Fuß breiten Brette besteht, welches so gegen die Wand befestigt ist, daß die lange
Kante horizontal steht. Dieses Brett ist mit einer Menge von Löchern zur Aufnahme
von Drahtstiften versehen. Soll eine Rippe gewogen werden, so wird sie mittelst
zweier Stifte an dem Brette befestigt, indem man sie an dasselbe anlegt, und in der
Nähe des Kopfes einen Stift über, in der Nähe des
Spanners einen dünnen Stift unter derselben einschiebt.
Alsdann wird ein kleines Bleigewicht an dem hervorstehenden Ende angehängt, und die
Biegung, welche der Stärke entspricht, an einem getheilten Kreisbogen gemessen. Die
Rippen von gleicher Stärke werden in Sätze sortirt. Zu den bereits angeführten
Operationen kommen also acht neue hinzu.
Anheften der Rippen. Es ist bereits oben erwähnt worden,
auf welche Weise die Rippen an dem Stocke befestigt werden. Allein ehe dieß
geschehen kann, müssen die Spanner geöhrt und mittelst eines durch die Oehre
gehenden Drahtes an dem Schieber befestigt werden. In diesem sind Kerben angebracht,
durch welche die einzelnen Spanner in den bezüglichen Stellen gehalten werden, indem
der Draht, an welchem sie aufgefädelt sind, in eine am oberen Theile des Schiebers
eingesenkte Rinne sich einlegt. Erst jetzt kann der Kopfdraht, an dem sich die Köpfe
der Rippen bewegen, durch die Drahtöhre gezogen und zugedreht werden. Bringen wir
zur Ausführung dieser Arbeit nur vier weitere Manipulationen in Rechnung, so muß
also das Gestell, um es zur Aufnahme des Ueberzuges fertig zu machen, im Ganzen
nicht weniger als 127mal durch die Hände des Arbeiters oder seines Gehülfen
gehen.
Die Bezahlung für diese gesammte Arbeit ist nicht mehr als 1/2–3/4 Penny für
ein ordinäres Sonnenschirm- und 3/4–1 Penny für ein dergleichen
Regenschirmgestell. Nichtsdestoweniger aber kann der Arbeiter, da er, mit Hülfe von
4 Knaben, 4 Groß der ordinären Gestelle in der Woche zu liefern im Stande ist
– vorausgesetzt, daß er fortwährend hinreichende Beschäftigung hat, woran es
freilich oft fehlt – sich seinen Unterhalt dadurch verdienen. Für 4 Groß
erhält er nämlich 48 Shill., und es bleiben ihm davon, nach Abzug von 16 Shill. für
seine Gehülfen und von 8 Shill. für Materialien, 24 Shill. wöchentlich zum eigenen
Unterhalte übrig. Die
angeführten Preise beziehen sich jedoch nur auf Schirme von der allerordinärsten
Gattung; für Fischbeingestelle erhält der Arbeiter etwas mehr, etwa 2 1/2 Pence für
das Stück.
Ueberziehen der Schirme. Dieß wird nach der
Verschiedenheit der Arbeit mit 1–4 Shill. fürs Dutzend bezahlt.
Die metallenen Regen- und Sonnenschirmgestelle
werden fast ausschließlich in Birmingham verfertigt. Mit Ausnahme des Griffs besteht
das ganze Gestell aus Metall und ihr Preis variirt von 7–10 Pence. Trotz
ihres höheren Preises haben sie nun doch, da sie weniger Raum einnehmen, sowohl in
England als auch im Auslande große Anerkennung und außerordentlichen Absatz
gefunden. Im Laufe der letzten Jahre sind eine Menge Verbesserungen nicht nur an den
Gestellen selbst, sondern auch namentlich in den Maschinen eingeführt worden,
mittelst deren sie gefertigt werden. Ueberhaupt ist die Schirmfabrication in England
im raschen Steigen begriffen und befindet sich in jeder Beziehung in einem blühenden
Zustande. (Amtlicher Bericht über die Londoner Industrie-Ausstellung, 3ter
Theil, S. 550.)
Anwendung des Tannen- und Pappelholzes zum Heizen der
Backöfen.
Die Pariser Bäcker bedienten sich bisher größtentheils des Birkenholzes; gegenwärtig
aber nimmt bei ihnen der Gebrauch des geschälten Roth- und
Weißtannen-, und des Pappelholzes, welche auf der Seine und auf der Eisenbahn
zugeführt werden, überhand. Dieses geschieht nicht, weil Birkenholz weniger Hitze
gibt, denn im Gegentheil brauchen sie fast zweimal so viel Pappelholz; sondern weil
wenigstens die doppelte Menge Löschkohle von letzterm erhalten wird, die in Paris
sehr gesucht ist und das Holz bezahlt. Das Pappelholz darf, um gut zu brennen, erst
im zweiten Jahr verwendet werden; seine Kohle wirft mehr ab als diejenige des
Tannenholzes, welches mehr Hitze gibt und im Preise gleich steht. (Moniteur industriel, 1853, Nr. 1774. – Im
südlichen Deutschland wird von den Bäckern größtentheils Tannenholz gebrannt.)
Nachweis der Pikrinsäure im Bier; von J. L. Lassaigne.
Vor beiläufig einem Jahre wurde der Vorschlag gemacht, beim Bierbrauen einen Theil
des Hopfens durch Pikrinsäure (Kohlenstickstoffsäure) zu ersetzen. Diese
Verfälschung, welche an einigen Orten geschah, darf nicht geduldet werden, und zum
Zweck ihrer Nachweisung habe ich folgende Versuche angestellt:
Die Pikrinsäure läßt sich durch ihre auffallende Bitterkeit, welche sich derjenigen
des Hopfenbitters nähert, in dem Bier das solche enthält, also durch den bloßen
Geschmack, nicht erkennen, wovon ich mich durch directe Proben überzeugte; mittelst
Anwendung einiger chemischen Reactionen kann man aber ihre Gegenwart leicht
nachweisen.
Pikrinsäure, welche dem Wasser ihre gelbe Farbe und ihre Bitterkeit mittheilt, im
Biere aufgelöst, wird durch basisch essigsaures Blei nicht gefällt, während der
Bitterstoff und Farbstoff des Hopfens durch dieses basische Salz fast gänzlich
niedergeschlagen werden. Ich habe mich auch überzeugt, daß die gewöhnliche Knochenkohle, sowie die durch Säuren gereinigte, sich mit dem
Farbstoff des Biers verbindet und ihn niederschlägt, wogegen die Pikrinsäure mit ihrer natürlichen Farbe aufgelöst bleibt ohne sich mit der
Kohle zu vereinigen.
Auf die Anwendung dieser zwei Eigenschaften gründet sich das Verfahren welches ich
einschlug, um dem Bier zugesetzte kleine Quantitäten von Pikrinsäure zu
entdecken.
Ich nahm einerseits reines Bier, andererseits solches das ich mit 1/12000 und sogar
nur 1/18000 Pikrinsäure versetzt hatte; als ich in beide Biere einen Ueberschuß von
drittel-essigsaurem Blei goß, oder sie mit einem
Ueberschuß von gepulverter Knochenkohle schüttelte, ergab
sich, daß das reine Bier fast vollständig entfärbt wurde,
wogegen das in obigem Verhältniß mit Pikrinsäure gemischte
Bier citronengelb gefärbt blieb, weil diese Säure nicht gefällt wurde.
Um in dem Bier eine noch kleinere Quantität von Pikrinsäure als die erwähnte zu
entdecken, müßte man die mit den genannten chemischen Agentien behandelten
Flüssigkeiten durch Abdampfen concentriren. (Journal de
Chimie médicale, August 1853, S. 495.)
Beitrag zur Kenntniß der durch Goldlösung auf organischen
Stoffen hervorgebrachten rothen Farbe.
Wird eine kochende saure Goldlösung mit rahmfreier Milch versetzt, der ausgeschiedene
Käse abcolirt und einige Zeit mit Wasser übergossen digerirt, so färbt sich die
Flüssigkeit schön roth, wie Kobaltlösung, während der Käse gelblich bleibt;
eingedampft hinterläßt die klare Flüssigkeit einen rothen, in Wasser, Kali und
Ammoniak unlöslichen Rückstand, der sich in Salzsäure mit gelber, in Salpetersäure
mit rother Farbe löst. Aus der primitiven wässerigen Lösung setzt sich mit der Zeit
an den Glaswänden metallisches Gold ab.
Albert Ungerer, Chemiker in
Pforzheim.
Anwendung der Milch als Klärungsmittel für
Salzlösungen.
Vor einiger Zeit war ich genöthigt mehrere Centner rohen Chilisalpeter möglichst
schnell zu reinigen. Zu diesem Behuf sättigte ich in einem eisernen Kessel siedendes
Wasser mit Chilisalpeter und setzte auf circa 20 Maaß
kochend gesättigter Lösung 1/2–3/4 Schoppen rahmfreie, mit dem dreifachen
Gewicht Wasser verdünnte Milch zu, welche mit Salpetersäure bis zum anfangenden
Gerinnen angesäuert war. Die Lauge war nach einigem Kochen sogleich klar und hatte
sich der darin suspendirt gewesene Schlamm mit dem Käse zu großen Flocken vereinigt.
Die Salzlösung wurde durch einmaliges Coliren durch grobe Leinwand vollkommen klar
erhalten und floß so schnell ab, daß sich nur sehr wenig Salpeter auf dem Tuch
ausscheiden konnte. Seitdem wende ich mit bestem Erfolg überall angesäuerte Milch
zum Klären an, wo eine ganz klare Lösung nöthig ist, die Salze und der geringe
Säureüberschuß der Milch nicht schaden und aus irgend einem Grunde ein Papierfilter
nicht paßt. Wenn man annimmt, daß durch Anwendung der Milch große Mengen heiß
gesättigter Salzlösungen leicht und schnell klar erhalten werden können, so kommt
die Milch in Betreff der Kosten nicht in Anschlag. Es ist dieß Mittel zwar nicht
neu, da bekanntlich ordinäre Liqueure mit Milch geklärt werden, sondern nur eine
Modification des letztgenannten Falles, welche jedoch öfter angewandt zu werden
verdient.
Albert Ungerer, Chemiker in
Pforzheim.
Reinigungsmittel für Glas; von Dr.
E. Erlenmeyer.
In den Wasserflaschen und Trinkgläsern setzt sich nach Mehrmaligem Gebrauch sowohl
aus gewöhnlichem Trinkwasser als auch noch mehr aus Mineralwasser ein weißer, gelber
bis brauner, das Glas trübender Niederschlag fest an die Wände an, der sich nicht
durch Reiben, aber durch ein chemisches Lösungsmittel entfernen läßt. Essig thut
schon gute Dienste, aber rascher wirkt die Salzsäure, welche mit ihrem gleichen
Gewicht Wasser verdünnt und für alle Fälle anwendbar ist. Für eine große Flasche
reichen 40 bis 50 Tropfen oder nur wenig mehr hin, wenn man darauf achtet, daß die
Flüssigkeit die Wände überall bespült, wo sich der Niederschlag abgesetzt hat. Oefteres Nachspülen
mit Wasser ist nöthig, um den gebildeten salzsauren Kalk und das salzsaure Eisenoxyd
wegzuführen. Gläser, worin Milch gewesen ist, reinigen sich leicht mit etwas Asche
und Wasser, indem das Kali der Asche mit dem Fett eine Seife bildet. Wenn sich in
Weinflaschen oder anderen Gefäßen Schmutz angesetzt hat, dessen Natur man nicht
kennt, und welcher sich durch Schütteln mit Wasser unter Hülfe einer Bürste nicht
wegbringen läßt, so pflegt man öfters Schrot anzuwenden. Schrot ist aber seiner
glatten runden Form wegen schon sehr ungeeignet zum Loskratzen und überdieß
enthalten die Schrotkörner in ihrer Zusammensetzung Arsenik. Da dieselben häufig
nicht alle wieder aus den Gefäßen herausgeschüttet werden, so kann leicht, besonders
wenn Wein oder andere Säure haltige Flüssigkeiten damit in Berührung kommen,
Nachtheil für die Gesundheit entstehen. Man bedient sich in solchen Fällen weit
besser gröblicher Steinkohlenasche oder am allerbesten zerdrückter Eierschalen,
welche wegen ihrer scharfen Kanten, wenn man sie mit wenig Wasser in der Flasche
schüttelt, den Schmutz sehr leicht abkratzen. Für Oelflaschen läßt sich eine
Sodalösung oder Aschenlauge mit etwas gebranntem Kalk als vorzüglich empfehlen,
dasselbe gilt für Lampencylinder, wobei vor allen Dingen das Reiben mit Sand zu
vermeiden ist.
Spiegel, Bilder- und Fensterglas, wie auch Luxusgegenstände von Glas, die in
Zimmern aufgestellt sind, werden besonders von Fliegen stark beschmutzt, deßhalb ist
hier der verdünnte Salmiakgeist als vorzügliches Putzmittel zu empfehlen. Fenster
werden gewöhnlich mit bloßem Wasser gereinigt, was auch in den meisten Fällen
ausreicht, es soll jedoch nie so angewendet werden, daß man die Fenster aushebt und
mit großen Quantitäten von Wasser überschüttet, weil dann immer das Wasser in die
Kittfuge einsickert und eine rasche Zerstörung des Rahmens bewirkt. (Mittheil. des
nassauischen Gewerbevereins, 1853, S. 32.)
Der Rauch des Bovists (Lycoperdon
proteus) als anästhesirendes Mittel.
Der genannte Pilz, früher in den Apotheken als blutstillendes Mittel gangbar, soll in
England benutzt werden, um durch den bei dessen Verbrennung entstehenden Rauch die
Bienen, vor dem Ausnehmen des Inhalts der Bienenkörbe, auf einige Minuten zu
betäuben, wodurch man die für solche tödtliche Anwendung des Schwefeldampfs umgeht.
B. Richardson wurde dadurch veranlaßt, Versuche mit
diesem Rauch behufs seiner Anwendbarkeit zum Narkotisiren anzustellen. Die Versuche
welche er mit Katzen, Hunden und an sich anstellte, ergaben, daß der Rauch des
Bovists in starker Dosis und gereinigt rasch und vollkommen narkotisirt, ohne
unangenehm zu seyn; die narkotische Wirkung verschwindet bald wieder, das Individuum
in vollkommener Gesundheit zurücklassend. In verdünntem
(unreinem) Zustand bringt er Vergiftungs-Erscheinungen und Convulsionen
hervor, bewirkt erst nach längerer Zeit die Narkotisirung, erregt manchmal Husten
und Brechen, und das Thier bleibt längere Zeit in einem Zustand der Betäubung und
des Uebelbefindens. Wird die Wirkung auf das Aeußerste getrieben, so hört das Athmen
früher auf als der Herzschlag, und so lange jenes, wenn auch noch so schwach,
fortdauert, wird sich das Thier bei Entziehung der narkotisirenden Ursache stets
wieder erholen. Verwundungen und Operationen erträgt das Thier, ohne sie zu fühlen.
Der unreine Rauch, welcher schwieriger einzuathmen ist und Augen und Nase reizt,
kann dadurch gereinigt werden, daß man ihn durch Aetzkalilösung leitet. –
Vielleicht ergeben weitere Erfahrungen, daß dieses neue Mittel zum Narkotisiren die
Vortheile der bisher bekannten darbietet, ohne die Gefahr derselben zu theilen. (Journal de Chimie médicale, Juli 1853, S.
401.)
Hr. Gerard stellte in Folge
gleicher Angaben in der Mainzer Zeitung den Versuch an sich selbst an. Das
Einstecken des Kopfes mitten in den Bovistrauch verursachte ihm mehrere
Ungemächlichkeiten und Schmerzen, der Zustand der Fühllosigkeit stellte sich aber
bei ihm nicht ein. (Comptes rendus, Juni 1853, Nr.
25.)