Titel: | Spulmaschine mit selbstwirkender Ausrückung und Seidenzwirnmühle mit variabler Drehung; von Hrn. Buxtorf zu Troyes. |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XXXI., S. 110 |
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XXXI.
Spulmaschine mit selbstwirkender Ausrückung und
Seidenzwirnmühle mit variabler Drehung; von Hrn. Buxtorf zu
Troyes.Patentirt in Frankreich am 7. Mai und 3. December 1854.
Aus Armengaud's
Géine industriel, April 1855, S. 203.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Buxtorf's Spulmaschine mit selbstwirkender Ausrückung.
Der Strumpfwirker-Rundstuhl, welcher zehnmal rascher arbeitet, als die alten
geradwirkenden Stühle, kann nicht mehr mit Handspulmaschinen bedient werden.
Jeder Strumpfwirker verlangt jetzt eine Maschine, welche seine gewirkten Artikel
regelmäßig und so schnell vorbereitet, daß sie der Wirkerei folgen kann. Die
sogenannten neuen und Phantasie-Artikel, bedürfen einer solchen Maschine
wegen der vielen verschiedenen und verschiedenartig angebrachten Farben, die
gewöhnlich in Strähnen vorkommen.
Man hat schon manche Spulmaschine, welche bei der Weberei gute Dienste thut, bei der
Strumpfwirkerei anzuwenden gesucht, jedoch vergebens; nur eine derselben, die
sogenannte Lyoner, eine alte verbesserte belgische
Maschine, zeigte sich zweckmäßig und diese hat Hr. Buxtorf zu verbessern gesucht.
Spulmaschine mit selbstwirkender Ausrückung. – Der
mit derselben zu erlangende Vortheil besteht hauptsächlich darin, daß die Fäden beim
Spulen ohne allen Abgang vereinigt werden können, ohne daß dabei irgend eine
Aufsicht nothwendig ist. Zu dem Ende wendet man einen sehr einfachen Hebelapparat
mit Ausrückmuff an, welcher beim Zerreißen der Fäden wirkt. Das Zerreißen des Fadens
veranlaßt nämlich, indem es die Triebrolle ohne Stoß auf der Welle lose macht, einen
plötzlichen Stillstand der Spule, ohne daß der Faden einer bedeutenden Spannung
ausgesetzt ist. Die Rolle oder Scheibe verliert plötzlich ihre Bewegung, wie dieß
bei mehreren Systemen der Fall ist, die man aber aus dem Grunde aufgegeben hat, weil
durch die Spannung des Fadens Nachtheile entstanden.
Fig. 29 und
30 sind
eine Vorder- und eine Seitenansicht dieser länglich-viereckigen
Spulmaschine mit selbstwirkender Ausrückung.
Die Maschine ruht auf einem gußeisernen Gestell A, und
wird durch eine mit einem Schwungrade versehene Kurbel B
in Bewegung gesetzt; auf der Welle desselben Sitzt ein Getriebe a, welches in ein Stirnrad b
greift, das mit dem herzförmigen Excentricum C auf einer
und derselben Welle Sitzt. letzteres dient zur Hebung zweier Hebel c, welche die hin- und hergehende Bewegung zur
Spulenbildung veranlassen. Das Rad b greift in ein
Getriebe d auf der Verlängerung der Welle einer großen
Walze D, welche die drehende Bewegung auf jede Spule x überträgt.
Jeder Hebel c ist auf einer horizontalen Welle e angebracht, die mit Hebeln f versehen ist, deren oberes Ende ein halbkreisförmiges Auge oder eine
Coulisse bildet, an welcher eine Scheibe i angebracht
ist, die einer mit Schraubengewinde versehenen Stange g
als Futter oder Mutter dient, indem der Ausschnitt der Scheibe in das Gewinde tritt.
Man sieht diese Vorrichtung in Fig. 31 und 32.
Die Schwingungen der Hebel f theilen der Stange g eine hin- und hergehende Bewegung mit, und
durch diese Stange einer anderen oberen Stange h, die
ebenfalls horizontal ist und in ein Ringelchen ausläuft, welches den Faden auf der
Spule führt.
Die Stange g läuft in einen hölzernen Reibungsconus j aus, welcher bei einer gewissen Vergrößerung des
Spulendurchmessers gegen die äußere Lage der Fäden drückt, dadurch etwas gedreht
wird und diese Drehung der Schraubenspindel auf die sogenannte Changirstange g überträgt. Auf diese Weise wird die Vertheilung des
Fadens der Länge der Spule nach verändert und die Spule erhält eine
conisch-cylindrische feste Bewickelung.
Die Vorrichtung zum Ausrücken ist nachstehende: Die von den auf die Winden K aufgeschlagenen Strähnen H
kommenden Fäden gehen, ehe sie nach den Fadenführern h
gelangen, durch einen Ring, der an einem sehr leicht beweglichen Hebel l angebracht ist und welcher die Spannung des Fadens in
einer fast senkrechten Lage erhält.
Wenn nun ein Faden zerreißt, so fällt, wie Fig. 33 und 34 zeigen, der
Hebel l nieder und trifft gegen einen horizontalen Hebel
p, welcher mittelst einer flachen Feder m mit der Unterlage n in
Verbindung gesetzt ist. Der Theil zur Reckten des Hebels p (Fig.
34) bildet einen Drücker, welcher einen andern Hebel q, der das Aus- und Einrücken der Spule x bei r bewirkt (Fig. 33),
niederhält. Sobald nun der leichte Hebel l auf den Hebel
p niederfällt, geht dieser niederwärts, indem er
seine Feder niederbiegt, und der Drücker löst den Hebel q aus, welcher nun von der Feder s gehoben
werden kann; gleichzeitig wird auch die Spule ausgerückt.
Es hebt also diese Ausrückung die Bewegung der Spindel oder der Spule (welche vermöge
ihrer Trägheit und ihrer Geschwindigkeit einen bedeutenden Widerstand veranlassen
würde) nicht auf, sondern sie unterbricht nur ihre Verbindung mit der
Betriebskraft.
Werden die Spindeln direct ausgerückt, so kann ein Kind leicht 50 Spindeln einer
Spulmaschine, WeiseWeife u.s.w. drehen; wenn aber, wie es nicht selten vorkommt, zwei bis drei
Fäden gleichzeitig reißen, so reichen seine Kräfte nicht mehr aus; die ganze
Maschine bleibt stehen, denn der zu der aufgehaltenen Spindel gehörige
Betriebswürtel veranlaßt eine Reibung der Schnur in der Kehle, weil er keine Drehung
mehr Besitzt, und es wird also dadurch der Bewegung der Maschine ein bedeutender
Widerstand entgegengesetzt.
Daß das plötzliche Ausrücken der Maschine einen sehr nachtheiligen Einfluß aus
dieselbe ausübt, bedarf keiner Erörterung. Ein anderer Nachtheil dieser Ausrückung,
welcher auch einen großen Zeitverlust veranlaßt, ist das Verwickeln des abgerissenen
Fadenendes, welches der Andreher oft nicht sogleich wieder findet.
Bei der beschriebenen Vorrichtung erkennt dagegen der Andreher den zerrissenen Faden
sogleich durch den niedergefallenen Hebel und findet ihn leicht heraus, was
namentlich bei dem Vereinigen einer größern Anzahl von Fäden einen entschiedenen
Portheil gewährt. Eine Maschine von 30 Spindeln, woran Hr. Buxtorf sein System versuchsweise angebracht hatte, ergab, mit einem Kinde
an der Kurbel und zwei Andreherinnen, eine um ein Viertel größere Leistung, als eine
alte, von einem Mann und vier Mädchen bediente Maschine.
Runde Spulmaschinen. – Obgleich diese günstigen
Resultate nicht nur zu Troyes sondern auch an andern Orten sich herausstellten, so
mußten doch noch andere Punkte berücksichtigt werden.
Es können nämlich diese länglich-viereckigen Maschinen nur von größern
Fabrikanten benutzt werden, denn wegen des Abwickelns von den Winden lassen sich
ihre Dimensionen nicht vermindern. Eine Maschine von 30 Spindel (60 Strähnen) hat
eine Länge von 4,5 Meter, eine Höhe und Breite von 2,5 Meter.
Um diesen Nachtheil zu vermeiden, veränderte der Erfinder seine Maschinen der Art,
daß auch der kleine Fabrikant im Stande ist, seine Garne selbst, nach seinen
Bedürfnissen und unter seinen Augen zu spulen und zu zwirnen. Eine solche kleinere
Maschine von 10 Spindeln kann 4 bis 5 Rundstühle bedienen.
Die von dem Erfinder zur Erreichung dieses Zweckes angewendeten mechanischen
Combinationen bestehen hauptsächlich in der Verwandlung der geradlinigen Bewegungen des
länglich-viereckigen Apparats in so combinirte rotirende, daß die neue
Spulmaschine dieselben Vortheile gewährt wie die beschriebene, dabei aber weniger
Platz einnimmt.
Diese Maschine wird wie ein Strumpfwirker-Rundstuhl aufgehängt und erfordert
dieselbe Beaufsichtigung wie ein solcher mit 4 Mailleusen, von denen jede gewöhnlich
4 oder 5 Fäden enthält; dieß bewog den Erfinder, sie ganz einfach durch eine Kurbel
bewegen zu lassen, wogegen für mehrere solche Maschinen eine allgemeine Bewegung
angewendet werden kann.
In Fig. 35 ist
diese Maschine in 1/20 ihrer natürlichen Größe in der Ansicht von vorn
dargestellt.
Sie besteht aus einer festen Säule A, an welcher die zum
Betriebsmechanismus gehörigen festen und beweglichen Theile angebracht sind; aus
einer festen Scheibe b, welche die Spulen x trägt; aus einer Ausrückungsvorrichtung und aus der
Welle D mit dem conischen Rade E. Die durch die Kurbel B in Bewegung gesetzte
Welle D treibt mittelst des Rades E das an der beweglichen Scheibe R angebrachte
Rad F. Die Scheibe R
überträgt durch ihre unmittelbare Berührung mit den kleinen Kegeln a eine sehr schnelle drehende Bewegung auf die rings um
sie her aufgestellten Spulen x.
An diese Scheibe R ist ferner ein Excentricum t angegossen; es steht mit dem Excentricum u der darüber liegenden Scheibe S in Berührung und ertheilt sowohl dieser als auch den, an ihr
angebrachten Fadenführern g eine auf- und
niedergehende Bewegung.
Der Zweck dieser Fadenführer ist, den Faden über die ganze Spulenlänge gleichförmig
zu vertheilen, bis die äußerste Fadenlänge mit dem Reibungskegel j, wie bei dem vorher beschriebenen Apparat, in
Berührung tritt.
Die von den Spulen I und den Winden H abgewickelten Fäden gehen, bevor sie zu den
Fadenführern g gelangen, wieder durch die Oesen der
leicht beweglichen Hebel l, welche denselben Zweck und
dieselbe Wirkung haben, wie bei der oben beschriebenen größeren Spulmaschine. Fällt
nun ein solcher Hebel nieder, so trifft er den Fänger p,
welcher die Rückgabel o auslöst, während eine frei
werdende Feder diese letztere und mit ihr den Kegel a in
die Höhe drückt. Indem dieser nun außer Berührung mit der Scheibe R tritt, wird die Bewegung aufgehoben und die Spule
kommt in Ruhe.
Runde continuirliche Seidenzwirnmühle mit variabler
Drehung. – Hr. Buxtorf hat das Rundsystem
auch auf die Seidenzwirnmühle angewendet. Der Apparat welchen er nach diesem Princip
construirt hat, gewährt den Vortheil weniger schwer zu seyn und weniger Platz
einzunehmen als die gewöhnlichen Zwirnmühlen, auch erfordert er fast keine
Reparaturen und ist wohlfeiler.
Er wickelt beim Drehen auf und liefert den Faden gespult ab, eine Operation welche
die übrigen Zwirnmühlen nur nach dem Zwirnen verrichten; es trägt daher diese Mühle
keine Strähnen. Außerdem hat sie keine große Anzahl von Wechselrädern, während man
den Faden sehr verschiedenartig drehen kann.
Fig. 36 ist
eine Vorderansicht und
Fig. 37 ein
Grundriß der Maschine.
Der ganze Apparat ist an einer senkrechten Welle oder Säule M angebracht, welche wie bei den Strumpfwirkerstühlen aufgehängt ist. An
dieser Säule ist eine kreisrunde Scheibe A befestigt und
auf derselben sind die Supports E (etwa 12 an der Zahl)
angebracht, in welchen sowohl die mit den duplirten Fäden angefüllten Spulen g, als auch die entsprechenden, zum Zwirnen und
Aufwickeln bestimmten Spindeln h eingelegt sind.
Die Achse jeder Abwickelungsspule ist mit einem kleinen Reibungskegel i versehen, welcher, mit den übrigen, durch die an der
festen Säule M lose rotirende große kegelförmige Scheibe
B in Umdrehung gesetzt wird. Unter der Scheibe B ist ein Winkelrad b,
welches in das Winkelrad x eingreift. letzteres ist an
der horizontalen, auf der festen Scheibe A aufruhenden
Welle X befestigt und erhält seine Drehung von der
Kurbel Y.
Die Hülse oder Nabe der Scheibe B ist oben schief
abgeschnitten und ertheilt dadurch der Hülse c eine
auf- und niedergehende Bewegung. Damit diese Hülse c sich nicht auch drehen kann, geht durch dieselbe, so wie durch einen
Schlitz in der Wette M, ein Stift. Auf ihr ist eine
kleine Scheibe C angebracht und an dieser sind die
Fadenführer d befestigt.
Die Bewegung der Bewickelungsspulen ist nachstehende:
Jede Spindel von diesen Spulen ist an ihrem untern Theil mit zwei oder drei
Sperrädern e versehen, die einen verschiedenen
Durchmesser haben und in Fig. 38 im Grundriß
abgebildet sind.
Die mittlere Hülse der Scheibe B hat einen Kranz von
einer gewissen Anzahl horizontal liegender Hülsen I, in
deren jede ein Finger j mehr oder weniger tief
hineingeschoben und mittelst einer Stellschraube festgestellt werden kann.
Das Ende eines jeden dieser Finger ist so gekrümmt, daß, wenn man dasselbe nach oben,
nach der Mitte oder nach unten dreht (was in den Hülsen und mit Hülfe der Stellschrauben leicht
geschehen kann), ein solcher Finger mit einem der Sperräder e in Eingriff gebracht wird. Je nachdem ein Finger in das größere oder
kleinere Sperrrad greifen soll, muß er weniger oder mehr aus der Hülse gezogen und
mit der Schraube befestigt werden.
Man könnte nach einige Finger j aus ihren Hülsen ziehen
und nicht mehr als vier oder fünf von ihnen wirken lassen, wo sich dann die Spulen
bei einer Umdrehung der Scheibe B um weniger drehen
werden.
Man begreift, daß man auf diese Weise das Verhältniß der Räder j und e verändern kann, und folglich auch die
Rotationsgeschwindigkeit der Bewickelungsspulen. Es lassen sich daher bei der
constanten Umdrehungszahl der Abwickelungsspulen verschiedene Grade der Drehungen
hervorbringen, ohne der Wechselräder zu bedürfen.
Die Umdrehung dieser Spulen ist zwar eine unterbrochene (intermittirende), jedoch übt
dieß keinen nachtheiligen Einfluß auf die Drehung aus.
An der Säule M ist oben noch eine feste Scheibe oder ein
festes Kreuz F mit Augen f
für die Fadenführung angebracht.
Die beiden Fäden, welche sich von jeder der Spulen g
abwickeln, gehen durch einen Drahtflügel g' und durch
das Auge f nach dem Fadenführer d, welcher den gezwirnten Faden auf die Spule H führt.
Die Lünette D, welche den Vertheiler oder den
Reibungskegel d trägt, ist mittelst einer Schraube
befestigt, welche durch ein längliches Auge hindurch, nach der kleinen Scheibe C geht und eine Adjustirung gestattet. Ein Führer d geht durch ein Auge der Lünette und krümmt sich unten
rechtwinkelig, um eine Gabel zu bilden und sich mit dem untern Ende einer Schraube
zu verbinden, die durch das Auge der Lünette geht und welche wie bei den
Spulmaschinen mit einem Kegel versehen ist.
Nachdem die Spule einen gewissen Durchmesser erreicht hat, nimmt sie das Garn nur auf
einer Höhe auf, welche gleich der Weite des Daumens ist, den die Hülse der Scheibe
B bildet. Ist aber der Durchmesser der Spule h so groß geworden, daß er den Kegel trifft, so wird
dieser mit der Schraube gedreht, welche den Führer d
hebt und den conischen Theil der Spule bildet.
Man kann die Spule dicker machen, wenn man den Reiber davon entfernt. Man könnte bei
der Seidenzwirnmühle auch die Ausrückungsvorrichtung anbringen, dieß gewährt aber
bei der Vereinigung von zwei Fäden nur geringe Vortheile.
Hr. Buxtorf ist auf diese Weise dahin gelangt, in seiner
Maschine ein kleines Volum, Festigkeit, guten Gang und eine gute Qualität des
Fabricats zu vereinigen. Man kann sie besonders vortheilhaft bei der Strumpfwirkerei
benutzen.