Titel: | Ueber einen Dampfmaschinen-Regulator; vom Maschinen-Techniker Grahn in Hannover. |
Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XXIV., S. 90 |
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XXIV.
Ueber einen Dampfmaschinen-Regulator; vom
Maschinen-Techniker Grahn in Hannover.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1859 S. 357.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Grahn, über einen Dampfmaschinen-Regulator.
Bei der Construction der hier mitgetheilten Regulirungsvorrichtung für Dampfmaschinen
wurde die Forderung gestellt, daß durch dieselbe bei einer Veränderung der
widerstehenden Kraft eine gleiche bei der bewegenden Kraft bleibend herbeigeführt
werden soll, ohne weder den Ueberschuß an Kraft durch kraftaufzehrende Mechanismen
zu zerstören, noch die für den Betrieb nöthige Umdrehzahl der Maschine zu verändern,
wie solches z.B. durch das Aus- oder Einrücken einzelner Arbeitsmaschinen
nöthig wird.
Die gewöhnliche Einrichtung der Regulatoren kann keiner dieser Forderungen genügen.
Durch das Erheben oder Sinken der Kugeln eines Kegelpendels bewirkt man mittelst
Hebelübertragung eine Verengung oder Vergrößerung der Eintrittsöffnung für den in
den Schieberkasten strömenden Dampf, indem eine im Dampfrohr angebrachte
Drosselklappe oder ein Eintrittsventil verstellt wird. Denn eine Verengung der
Eintrittsöffnung bewirkt:
1) eine Verlangsamung im Gange der Maschine, indem die zur Cylinderfüllung nöthige
Zeit vergrößert wird, weil nämlich die Eintrittsgeschwindigkeit, wenn die Pressung
vor und hinter dem Ventil oder der Drosselklappe gleich bliebe, sich nicht
verändert, also, wenn die Eintrittsöffnung sich verändert, pro Zeiteinheit weniger Dampf durch dieselbe fließen kann;
2) eine Vergrößerung der Differenz zwischen Cylinder- und Kesselspannung durch
Vergrößerung der Eintrittshindernisse. Wie wichtig letzterer Punkt ist, geht wohl
aus zwei mir bekannten Indicatorversuchen hervor, wo in dem einen Falle durch
Verstellen der Drosselklappe im Cylinder 6 Pfd. Pressung pro Quadratzoll war, während im Kessel das Manometer 50 Pfd. anzeigte, und
in dem anderen Falle bei 48 Pfd. Kesselspannung durch die Verstellung der
Drosselklappe die Cylinderspannung auf 14 resp. 10 1/2 Pfd. pro Quadratzoll hinabgebracht war.
Hieraus und aus vielen ähnlichen Versuchen dürfte wohl zur Genüge hervorgehen, worin
die Hauptwirkung der Regulirung durch die Drosselklappe besteht, nämlich im Herabziehen
der Dampfspannung im Cylinder, und es dürfte völlig berechtigt erscheinen, dieselbe
vollständig als Regulirungsmittel zu verwerfen. – Ein anderer Grund bewirkt
aber auch, daß es bei einer directen Verbindung zwischen Drosselklappe und
Kegelpendel zu keinem völlig gleichmäßigen Gange der Maschine kommen kann, wenn das
Kegelpendel empfindlich genug ist. Geht die Maschine in Folge eines Ueberschusses an
Kraft zu schnell, so heben sich die Kugeln; die Eintrittsöffnung wird verengt, bis
die Umdrehzahl verringert ist. Die Folge davon ist, daß die Kugeln des Pendels
wieder sinken, wodurch aber die Eintrittsöffnung sich wieder vergrößern muß. Es
entsteht abermals ein Kraftüberschuß, die Kugeln steigen wieder, die
Eintrittsöffnung verengt sich wieder, und so mußte sich dieß Spiel ununterbrochen
wiederholen.
Aus all diesen Gründen kann also ein solcher Regulator keine einzige der Anfangs
gestellten Forderungen erfüllen.
Soll ein Regulator diesen Bedingungen entsprechen, so muß man, wenn die widerstehende
Kraft sich ändert, die bewegende Kraft ändern, ohne die Umdrehzahl zu verändern,
welches aber nur durch Aenderung der mittleren Dampfspannung möglich ist. Diese kann
aber nur, wenn man sie nicht zum Theil zerstören will, durch Aenderung des
Expansionsgrades herbeigeführt werden. Es muß also die Maschine mit einer während
des Ganges derselben zu verändernden Expansionsvorrichtung versehen seyn, die jeden
Expansionsgrad zuläßt. Die Verstellung der Expansion darf aber nicht unmittelbar von
dem Kegelpendel aus geschehen, da sonst jeder Kugelstellung ein bestimmter
Expansionsgrad entsprechen würde und so kein völlig gleichmäßiger Gang zu erreichen
wäre. Vielmehr muß die Bewegung zur Verstellung der Expansion direct von der
Maschine ausgehen und vom Kegelpendel selbst nur das In- und Außergangsetzen
dieser Bewegung verrichtet werden. Zu der Expansionsvorrichtung dürfte sich am
meisten die Meyer'sche mit Expansions- und
Vertheilschieber empfehlen.
Unter den Regulatoren ist wohl der vorzüglichste der von Hrn. Kley (Zeuner's Civilingenieur, Bd. IV S. 197)
angegebene, indem bei ihm die Kugelstellung sich schon bei unbedeutenden
Geschwindigkeitsänderungen bedeutender ändert, als bei dem Watt'schen Regulator, ohne deßhalb den Vorwurf der zu großen
Empfindlichkeit wie bei dem von Franke construirten
parabolischen RegulatorMan s. die Beschreibung einer Vereinfachung desselben im polytechnischen
Journal Bd CXXXVIII S. 321. auf sich zu laden.
Sehr interessant ist es mir gewesen, aus einem mir kürzlich zu Händen gekommenen
Geschäftsberichte der „Association for the
prevention of Steam Boiler Explosions“ (in Manchester) von
Hrn. Longridge, Oberinspector dieser Gesellschaft
verfaßt, eine Bestätigung meiner Ansichten über Drosselklappen und Regulirung durch
Expansionsveränderung gefunden zu haben, welche Stelle ich mir hier anzuführen
erlaube. Derselbe spricht sich, wie folgt, darüber aus:
„Hauptsächlich ist zur Verbesserung der Maschinen eine einfache und
wirksame Expansionsvorrichtung erforderlich, die den Dampf frei zum Cylinder
läßt, ohne bedeutende Pressungsverluste zu erzeugen, und dazu geeignet ist,
durch Veränderung derselben die Maschine ohne Dazwischenkommen einer
Drosselklappe reguliren zu können. Freilich hat man die Drosselklappe lange
genug als unerläßlich nöthig für eine Maschine betrachtet, daß es schwer werden
wird die Ingenieure zu veranlassen, sie wegzuwerfen. Doch kann ich erwähnen, daß
dieß Princip in Amerika befolgt ist und befriedigende Resultate gegeben hat. Bei
einer hiernach construirten Maschine betrug die Differenz zwischen
Cylinder- und Kesselspannung nicht mehr als 1 – 1 1/2 Pfd. pro Quadratzoll und war der Kohlenverbrauch nicht
ganz 2 Pfd. pro Pferd für die Stunde.“
Die Wirkungsweise des in Fig. 17 in 1/24 wahrer
Größe abgebildeten Regulators ist folgende: Die Welle A,
A wird durch das conische Rad A' vermöge einer
Zwischenwelle von der Schwungradwelle aus bewegt. Auf ihr sitzen das
Vertheilungsschieber-Excentricum C und das
Expansionsschieber-Excentricum B; außerdem aber
noch das conische Rad P und die Frictionsscheibe Q. Durch das Rad P wird
mittelst des Rades P₁ die Regulatorwelle D, D in Bewegung gesetzt, während letztere durch die
Frictionsscheibe Q₁ eine andere stehende Welle
E, E in Umdrehung versetzt. Mit E, E ist durch einen Keil ein Kuppelmuff F so verbunden, daß dieser an der drehenden Bewegung von
E Theil nehmen muß, während ihm die auf- und
abgehende Bewegung frei steht. Auf E, E sitzen ferner
die beiden conischen Räder H und I so auf, daß sie nicht an der Drehung von E,
E Theil nehmen. I wird von einem Bunde auf der
Welle getragen, während H in dem Bocke R gelagert ist. Mit H ist
fest verbunden das Sternrad L, welches in ein anderes
M eingreift.
Durch die Nabe dieses Rades tritt die Stange des Expansionsschiebers hindurch und
zwar durch einen Keil so damit verbunden, daß N wohl
frei in der Nabe auf- und abgehen kann, jedoch an einer etwaigen Drehung des
Rades M Theil nehmen muß. Die Nabe von M ist gleichfalls in dem Bocke R so gelagert, daß sie keine auf- und abgehende Bewegung annehmen kann. Die
Räder H und I sind durch ein
drittes conisches Rad K verbunden, welches links oder
rechts herum frei drehbar auf einem an den Schieberkasten geschraubten Lappen
befestigt ist. Ein Hebel G, G verbindet den Kuppelmuff
F mit der auf der Regulatorwelle verschiebbaren
Hülse S, welche von den Kugeln des Regulators gehoben
oder gesenkt wird, sobald eine zu große oder zu kleine Umdrehgeschwindigkeit
eintritt. Die Folge davon ist, daß die Zähne des Kuppelmuffes F in entsprechende Vertiefungen eines der beiden Räder H oder I eingreifen, wodurch
dieselben gezwungen werden, an der Drehung von E Theil
zu nehmen. Dreht E sich von rechts nach links, so nimmt,
wenn F und I im Eingriff
sind, I dieselbe Drehung an, K dreht sich gleichfalls von rechts nach links, während H sich von links nach rechts dreht. Greift dagegen F in H ein, so dreht sich
H, wie E von rechts nach
links. Dadurch wird also, je nachdem die Maschine zu schnell oder zu langsam geht,
durch die Verbindung von M und L,
M und damit die Schieberstange N bald in der
einen, bald in der andern Richtung in Umdrehung gesetzt, wodurch die beiden daran
mit rechter und linker Schraube befestigten Expansionsplatten genähert oder entfernt
werden und damit der Expansionsgrad so weit als nöthig geändert wird. Um den
Expansionsgrad, mit dem die Maschine arbeitet, immer ablesen zu können, ist oben auf
der Schieberstange N ein Stift T aufgesetzt, in dessen unterm Theile dasselbe Gewinde wie auf N eingeschnitten ist, während der obere die
Expansionsscala trägt. Auf dem Gewinde befindet sich eine Mutter U und legt sich ein von derselben ausgehender Arm gegen
einen auf dem Bocke R befestigten Führungsstift V, um die Drehung der Mutter zu verhindern. Ein an U geschraubter Zeiger O
bezeichnet den Grad auf der Scala. Die Uebersetzung ins Langsame zwischen Q und Q¹, so wie
zwischen L und M ist deßhalb
gewählt, weil eine geringe Drehung von M, je nach der
Wahl der Steigung der Schrauben auf N, den
Expansionsgrad schon bis zu dem nöthigen Punkte verändern wird.
Ueber die zur Construction des Regulators angestellten Rechnungen ist nachzusehen
Zeitschrift des hannoverschen Architecten- und Ingenieurvereins, Jahrgang
1860.