Titel: | Beschreibung einer Vorrichtung, welche den Woulf'schen Apparat im Kleinen und Großen mit Vortheil ersetzen kann; von Ernst Friedr. Anthon, technischer Chemiker in Prag. |
Autor: | Ernst Friedrich Anthon [GND] |
Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XXXIX., S. 144 |
Download: | XML |
XXXIX.
Beschreibung einer Vorrichtung, welche den Woulf'schen Apparat im Kleinen und Großen mit Vortheil
ersetzen kann; von Ernst Friedr.
Anthon, technischer Chemiker in Prag.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Anthon's Vorrichtung, welche den Woulf'schen Apparat mit Vortheil
ersetzt.
Die große Zerbrechlichkeit des Woulf'schen Apparates, so
wie anderweitige Mängel desselben, gaben die Veranlassung, daß man seit dem
Bekanntwerden desselben mannichfaltige Modificationen in Vorschlag brachte, die
jedoch nur zum geringen Theil als wirkliche Verbesserungen angesehen werden können.
Zu letzteren dürfte, wie ich hoffe, die nachfolgende gehören, welche die
mannichfaltigsten Anwendungen zuläßt.
Fig. 18
stellt den Apparat in seiner einfachsten, Figur 19 dagegen in
zusammengesetzter Form und zwar mit doppelter Wirkung vor, indem die erste Art die
Anwendung einer, die zweite Art dagegen die Anwendung zweier Woulf'schen Flaschen ersetzen soll.
Betrachten wir die Vorrichtung nun etwas näher, und nehmen wir dabei den Fall an, daß
dieselbe aus Glas construirt sey.
a in Fig. 18 stellt die
Glasröhre vor, welche das Gas aus dem Gasentwickelungsgefäß zuführt. Diese Röhre
geht durch den Kork e, in welchem sie luftdicht
eingefügt ist, und endet oben bei a. Ueberstülpt ist
diese Röhre mit der um etwa 1/2 Zoll längeren und entsprechend weiteren Röhre c, welche an dem einen (nach oben gerichteten Ende)
zugeschmolzen ist. Diese Röhre steht frei und lose auf dem Kork e, der luftdicht in die als Hauptbehälter dienende
Glasröhre f eingesetzt ist. Letztere ist durch den Kork
g oben luftdicht geschlossen und die in diesem Kork
eingesetzte Röhre h zum Ableiten des durch den Apparat
gegangenen Gases bestimmt.
Will man nun mittelst dieser Vorrichtung z.B. eine einfache Gaswaschung vornehmen, so
gießt man, bevor man dieselbe in Thätigkeit setzt, zuerst in den durch die beiden
Röhren a und f gebildeten
Zwischenraum 2–3 Zoll hoch Wasser, stülpt dann lose den Cylinder c über die Röhre a und fügt
nun den Stopfen g luftdicht ein, worauf man mit dem
Zuleiten des Gases beginnen kann. Dasselbe steigt dann bis zum obern Ende der Röhre
a hinauf, geht von hier im Innern des Cylinders c abwärts bis zum Stopfen e,
von wo es gezwungen ist das Waschwasser zu durchstreichen und in den obern Raum des
Behälters f und von da an den Ort seiner Bestimmung zu
gelangen.
Die waschende Wirkung des Wassers ist hierbei aus dem Grunde eine sehr kräftige, weil
in Folge dessen daß der Cylinder c flach auf der Fläche
des Korkes e aufsteht, das Gas gezwungen ist in äußerst
dünnen Schichten in das Wasser einzutreten, und diesem daher eine sehr große
Berührungsfläche darbietet. – Der Gang des Gases ist durch die Pfeile
angedeutet.
Beim zusammengesetzten Apparat ist die Thätigkeit im Wesentlichen eine gleiche, nur
wiederholt sich hier das Spiel des Apparates, indem das Gas in einem und demselben
Hauptbehälter zwei verschiedene von einander getrennte Wassermengen (oder andere
reinigende) oder zur Sättigung bestimmte Stoffe zu durchstreichen hat.
Das in diesem Fall ebenfalls durch die Röhre a (Fig. 19)
zugeführte Gas tritt am obern Ende derselben in den innern Raum des oben
zugeschmolzenen Cylinders b aus, wird hier genöthigt
nach Abwärts und durch das in dem von den Röhren a und
c gebildeten Zwischenraum befindliche Wasser zu
streichen, von wo es zwischen dem Cylinder b und der
oben offenen Röhre c wieder aufwärts steigt, um, nachdem
es am obern Ende auch dieser Röhre angelangt, abermals und zwar in dem Zwischenraum
welcher von c und einem zweiten oben zugeschmolzenen und
lose eingesetzten Cylinder d gebildet wird, sich wieder
nach abwärts zu begeben, und unten eine zweite Waschung zu erleiden, indem es
gezwungen ist durch die im ringförmigen Raum, zwischen d
und der äußeren Hülle (h) des Apparats, abgesondert
befindliche zweite Wassermenge zu streichen.
Wie aus der Zeichnung ersichtlich, ist die oben offene Röhre c fest im Korke des Bodens eingesetzt, um als Scheidewand zwischen der
innerhalb und außerhalb derselben befindlichen Wassermenge zu dienen.
Bei der Zusammensetzung des Apparates in dieser Art befestigt man zuerst den mit der
Gaszuleitungsröhre a versehenden Stopfen luftdicht im
untern Ende der Röhre c, welches Ende man alsdann in
einem zweiten größeren Stopfen luftdicht einsetzt, der einen solchen Durchmesser hat
daß er das untere Ende der als Hauptbehälter (h)
dienenden Glasröhre zu verschließen im Stande ist.
Daß in ähnlicher Weise der Apparat für eine dreifache Waschung der Gase (außer den
anderen noch zu erwähnenden Zwecken) in einem und demselben Hauptbehälter
eingerichtet werden kann, versteht sich wohl von selbst.
In Vorstehendem habe ich bloß das Waschen der Gase als Beispiel angeführt; –
daß der Apparat aber sehr mannichfaltiger Anwendungen fähig ist, ist leicht
einzusehen. Von diesen will ich nur die wesentlichsten hier anführen:
1) Zu Waschungen (Reinigungen) von Gasen, und zwar zu einfachen, doppelten und selbst
dreifachen Waschungen in Wasser, alkalischen oder anderen Flüssigkeiten.
2) Zu einfachen oder doppelten Trocknungen der Gase, und zwar entweder mittelst
concentrirter Schwefelsäure oder trockner fester Stoffe. Bei Anwendung von
Schwefelsäure (bei welcher die Korke durch einen Ueberzug von Wachs oder in sonst
passender Weise vor der Einwirkung der Säure zu schützen sind) bringt man diese
statt des Wassers in den Apparat. Bei Anwendung von festen Stoffen, z.B. grob
pulverisirtem Chlorcalcium, setzt man zuerst den Cylinder c (Fig.
18) ein, und füllt alsdann den Raum zwischen diesem und der Röhre f mit dem Chlorcalcium an.
3) Zur Sättigung von Flüssigkeiten mit Gasen.
4) Zur trocknen Filtration von Gasen durch Baumwolle, Sand u.s.w.
5) Zur gleichzeitigen Waschung und Trocknung eines Gases, in welchem Falle man in den
inneren Behälter (Fig. 19) Wasser, in den äußeren dagegen Chlorcalcium oder Schwefelsäure
bringt.
6) Zur gleichzeitigen Waschung und trockenen Filtration eines Gases, wobei man in den
innern Behälter (Fig. 19) Wasser, in den äußern dagegen Sand, Baumwolle oder dergl. zu
bringen hat.
7) Zur gleichzeitigen Trocknung und trockenen Filtration, indem man in den innern
Raum concentrirte Schwefelsäure oder körniges Chlorcalcium, und in den äußern Raum
Baumwolle bringt.
8) Zum Reinigen der Luft von schädlichen Dünsten und in Staubform darin enthaltenen
Stoffen.
Was die dem Apparat zu gebende Größe anbelangt, so kann und muß dieselbe eine sehr
verschiedene seyn, je nachdem man ihn in der einen oder der andern Weise anzuwenden
beabsichtigt.
Für Versuche auf dem Experimentirtisch ist eine Länge von 9 bis 15 Zoll, bei einem
Durchmesser von 1 Zoll für einfache Waschungen, von 1 1/2 Zoll für doppelte und von
2 – 2 1/2 Zoll für dreifache Waschungen ein passendes Größenverhältniß.
Die Räume in welchen die Gase niederstreichen, erfordern bei solchen kleinen
Vorrichtungen eine Lichtweite von 1/2 bis 1 Linie, während die Räume in welchen das
Gas aufwärts steigt, wenigstens 1 1/2 Linien im Lichten weit seyn sollen.
Wo jedoch der Apparat technische Zwecke zu erfüllen hat, kann man ihm jede beliebige
Größe, selbst bis zu mehreren Klaftern Höhe geben, und sind für die Fälle wo es sich
um Gasabsorptionen handelt, größere Dimensionen zu wählen, als wenn man bloße
Waschungen von Gasen ausführen will.
Bei allen Anwendungen des Apparates im Großen hat man darauf zu sehen, daß man
Oeffnungen zum Füllen und Ablassen anbringt.
In jenen Fällen in welchen man das Gas keinem Drucke aussetzen will oder kann,
dasselbe aber dennoch zu waschen beabsichtigt, versieht man den Apparat mit einer
Träufel-Vorrichtung, mit welcher man ein regenähnliches Herabfallen von
Wasser in jenen Räumen bewerkstelligen kann, in welchen das Gas von unten nach oben
aufsteigt, oder man leitet nebst dem Gas einen ganz schwachen Strahl von Wasserdampf
in den innersten Theil des Apparates.
Was das Material anbelangt, aus welchem der Apparat anzufertigen, so ist für die
Anwendung im Kleinen natürlich das Glas am empfehlenswerthesten. Im Großen können
Thon, Blei und unter gewissen Umständen selbst Ziegelmauerwerk in Anwendung
kommen.
Als Ersatz für den Woulf'schen Apparat im Kleinen
empfiehlt sich die beschriebene Vorrichtung ganz besonders dadurch, daß sie
außerordentlich compendiös, sehr wirksam, äußerst billig und schnell herstellbar
ist, so wie endlich wegen ihrer so sehr geringen Zerbrechlichkeit.