Titel: | Ueber die Anwendung des überhitzten Dampfes bei Schiffsdampfmaschinen; von John Penn. |
Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XLIV., S. 163 |
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XLIV.
Ueber die Anwendung des überhitzten Dampfes bei
Schiffsdampfmaschinen; von John
Penn.
Aus dem Civil Engineer and Architecht's Journal, Februar
1860, S. 45.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Penn, über die Anwendung des überhitzten Dampfes bei
Schiffsdampfmaschinen.
Neuere Versuche, welche in großem Maaßstabe angestellt worden sind, haben zu dem
Schluß geführt, daß die Anwendung des überhitzten Dampfes bei
Marine-Dampfmaschinen eine Brennmaterial-Ersparniß von 20 bis 30 Proc.
gewährt, und daß sich auch in Beziehung auf Unterhaltung und Behandlung des
Ueberhitzungs-Apparats kein Einwurf gegen das System erheben läßt.
Der eigentliche Vortheil bei Anwendung von überhitztem Dampf scheint darin zu liegen,
daß kein Wasser in den Cylinder gelangen und daß dieser stets nur mit reinem Dampf
gefüllt sehn kann. Bei allen Condensationsmaschinen ist das Innere des Cylinders
jedesmal während der halben Dauer einer Kurbeldrehung gegen den Condensator offen,
und somit während dieser Zeit mit der niederen Temperatur des Condensators, oder
ungefähr mit 43°,3 Cels. in Communication, wenn das Vacuum einer
Quecksilbersäule von 27 Zoll entspricht. Es findet daher eine rasche Wärmestrahlung
von den Seiten und dem Ende des Cylinders statt, welche die ganze Metallmasse
abkühlt. Bei dem nächsten Hub tritt der Dampf mit einer Temperatur von 126°,6
Cels. bei einem Drucke von 20 Pfd. per Quadratzoll in
den Cylinder, kommt mit diesen abgekühlten Flächen in Berührung, erhitzt sie wieder und wird
dadurch eines Theiles seiner Wärme beraubt. Die Folge hievon ist die Absetzung einer
entsprechenden Quantität Condensationswassers im Cylinder. Ein Theil dieses Wassers
kann gegen das Ende des Hubes hin wieder in Dampf verwandelt werden, indem die
Expansion des Dampfes auf einen hinreichend niedrigen Druck reducirt wird; aber
gerade dann ist sein effectiver Werth als Dampf zum Treiben des Kolbens während
aller vorhergehenden Theile des Hubes verloren gegangen. Bringt man nun dem Dampf,
bevor er in den Cylinder einströmt, durch Ueberhitzung noch so viel Wärme bei, daß
obiger Wärmeverlust wieder ersetzt wird, so bleibt der Dampf während des ganzen
Hubes trocken, und nicht ein Tropfen Wasser wird sich im Cylinder absetzen.
Nach meiner Ansicht veranlaßt die Ueberhitzung des Dampfes dadurch eine
Dampfersparniß, mithin auch eine Brennmaterialersparniß, daß sie den gewöhnlich
stattfindenden Wärmeverlust verhütet, und dieser Umstand bezeichnet den Grad, bis
auf welchen die Ueberhitzung mit großem Vortheil getrieben werden kann. Ich glaube,
daß ein Zuschuß von 55°,6 C. Wärme mit dem bei Marinemaschinen üblichen
Dampfdruck von 20 Pfund per Quadratzoll den
beabsichtigten Zweck erfüllt. Der Dampf wird demnach von 126°,6 C. auf
182°,2 C. erhitzt und ist alsdann nur ungefähr so heiß, als der bei
Locomotiven gebräuchliche Hochdruckdampf von 120 Pfd. per Quadratzoll.
Die Methode den Dampf zu erhitzen, bevor er in den Cylinder einströmt, ist einem
Dampfmantel vorzuziehen. Denn, wenn der Dampf dem Mantel und dem Cylinder von dem
nämlichen Kessel zugeführt wird, so geht die Erwärmung des Metalls langsamer vor
sich, als bei Anwendung überhitzten Dampfes, weil die Temperaturdifferenz geringer
ist; um den Zweck vollständig zu erreichen, muß der Dampf im Mantel überhitzt und
die Cylinderdeckel müssen gleichfalls mit einem Mantel versehen werden, weil bei den
Marinemaschinen mit kurzem Hube, bei denen der Cylinder-Durchmesser nahezu
doppelt so groß als die Hubhöhe ist, der Flächeninhalt der beiden Deckel demjenigen
der cylindrischen Seitenfläche gleichkommt. Aber dennoch erfolgt die Einwirkung der
Wärme mittelst des Dampfmantels auf der äußeren Seite des Cylinders und die Wärme
wird in ihrer Wirksamkeit dadurch aufgehalten, daß sie erst das dicke Metall
durchdringen muß, während durch Einführung überhitzten Dampfes ins Innere des
Cylinders dieser Zweck auf die directeste Weise erreicht wird, indem der Dampf die
Fläche, mit welcher er in Berührung kommt, erhitzt. Selbst eine momentane Abkühlung
des Dampfes gegen den Condensationspunkt hin ist gänzlich beseitigt. Durch
Ueberhitzung des Dampfes mit der abgängigen Wärme der Rauchkammer, die doch sonst
nicht weiter nutzbar zu
verwenden wäre, wird dieser Erfolg ohne weitere Kosten erzielt. Beim Dampfmantel
jedoch muß der Kessel den Dampf liefern.
Fig. 8 und
9 stellen
die Construction dar, welche der Verfasser an einem der Peninsular and Oriental Company angehörigen Dampfer von 260 Pferdekräften
angebracht hat, der den Dienst zwischen Malta und Alexandria versieht. In der
Rauchkammer A, A jedes Kessels sind zwei horizontale
Röhrensysteme B, B angeordnet, welche den
Ueberhitzungsapparat bilden. Jedes System besteht aus 44 schmiedeeisernen Röhren von
2 Zoll innerem Durchmesser und 6 Fuß 3 Zoll Länge, welche in verticalen Reihen
angeordnet sind, mit freien horizontalen Zwischenräumen, um dem Kessel behufs der
Reinigung leicht beikommen zu können. Diese Zwischenräume liegen jeder Röhrenreihe
eines Röhrenkessels gegenüber; im vorliegenden Falle jedoch ist der Kessel mit Lamb's verticalen Feuerzügen statt mit Röhren
ausgestattet. Die Ueberhitzungsröhren B, B sind in die
drei flachen schmiedeeisernen Kammern C, C, C befestigt.
Der Dampf gelangt aus dem Kessel in die mittlere Kammer durch das Ventil und die
Röhre D, und verläßt die Endkammern durch die Ventile
E, E, welche mit den in die Maschinen führenden
Dampfröhren F, F communiciren. Auf diese Weise streicht
der Dampf auf seinem Wege nach den Cylindern durch die Heizröhren und wird
überhitzt, indem er einen Theil der aus den Kesselröhren entweichenden Wärme
aufnimmt, bevor sie den in den Schornstein führenden Canal G erreicht. Die Dampfröhren F, F stehen
außerdem mittelst der zweiten Absperrventile H, H in der
gewöhnlichen directen Verbindung mit dem Dampfkessel, so daß der ganze
Ueberhitzungsapparat oder die eine Hälfte desselben zu jeder Zeit außer Thätigkeit
gesetzt werden kann.
Das Schiff machte mit dem Ueberhitzungsapparat zwei Reisen von Malta nach Alexandria
hin und zurück, eine Totalstrecke von 3276 engl. Meilen, und ohne den Apparat unter
sonst gleichen Umständen die nämlichen Reisen. Das Resultat war eine Ersparniß von
20 Proc. an Brennmaterial, obgleich der Maschinist in der Behandlung des Apparates
keine Erfahrung hatte, und man darf wohl mit Grund annehmen, daß wenn der Apparat
noch ein wenig länger in Gebrauch gewesen wäre, die Ersparniß noch größer
ausgefallen seyn würde. Die schmiedeeisernen Röhren sind 3/16 Zoll dick und haben
dicke angeschweißte Enden, die mit einer Schulter versehen sind. Sie sind sämmtlich
von gleichen Dimensionen und passen genau in die Löcher der Röhrenplatte, welche
nach dieser Seite hin eben gehobelt ist. Die Platten werden sodann gegen einander
geschraubt und dadurch sämmtliche Röhren auf einmal festgepreßt, so daß sie
dampfdicht schließen. Zuletzt werden die Enden der Röhren, wie Fig. 10 zeigt, aus einander getrieben.
Die Totalheizfläche des Apparates mit Einschluß der schmiedeeisernen Büchsen beträgt
374 Quadratfuß für jeden der beiden Kessel, also 2 3/4 Quadratfuß per Pferdekraft, da die Maschinen 260 Pferdekräfte
besitzen, bei einer Heizoberfläche der Kessel von 19 Quadratfuß per Pferdekraft. Der Apparat hat sich als sehr dauerhaft
bewährt. Er läßt sich an gewöhnlichen Schiffsdampfmaschinen unbeschadet der
Einrichtung der Maschinen und Kessel ohne Umstände anbringen. Sollte er irgendwie
eine Beschädigung erleiden, so braucht man nur das eine System von Ventilen zu
schließen und das andere zu öffnen.