Titel: Bestimmung des specifischen Gewichts von Gasarten, insbesondere des Leuchtgases; von A. Lipowitz.
Autor: A. Lipowitz
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. LV., S. 188
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LV. Bestimmung des specifischen Gewichts von Gasarten, insbesondere des Leuchtgases; von A. Lipowitz. Mit einer Abbildung auf Tab. III. Lipowitz, über die Bestimmung des specifischen Gewichtes von Gasarten, insbesondere des Leuchtgases. Vor einigen Jahren mit der Darstellung von Leuchtgas aus allen nur denkbaren organischen Stoffen, besonders aber aus Abfällen des Haushaltes und der Gewerbe beschäftigt, war mir ein Apparat zur schnellen Bestimmung des specifischen Gewichtes des Leuchtgases sowohl im gereinigten als ungereinigten Zustande, wie auch während des Processes der Entwickelung, ein Bedürfniß geworden. Ich construirte mir daher den nachstehend beschriebenen Apparat, welcher mir auch in neuester Zeit bei Begutachtung einer Holzgasanstalt die besten Dienste geleistet hat. Die Vorzüge, welche ich demselben zuschreibe, sind seine schnelle und sichere Handhabung beim Gebrauch, geringe Zerbrechlichkeit, die schnelle Ausgleichung der Temperaturunterschiede; in Folge dessen auch eine weniger geübte Hand kaum größere Fehler damit begehen kann, als solche die erst in der 3ten und 4ten Decimalstelle in Rechnung kommen. Der Apparat, Fig. 33, besteht aus einem Cylinder von Weißblech schwächster Sorte, hat einen Durchmesser von 10 Centimeter und eine Höhe von 12 Centim. Bei a befindet sich ein kurzes heberförmig nach innen gebogenes, an beiden Enden offenes Blechröhrchen von 0,5 Centim. Durchmesser und bei b ein eben solches, welches gerade und 2 Centim. lang ist. Beide Röhrchen sind mit kurzen, etwa 2 Centim. langen Kautschukschläuchen versehen, welche einen Schluß durch Quetschhähne meiner Construction haben. Jeder Quetschhahn besitzt außerdem einen zweiten aufgezogenen Gummiring, um durch Heraufziehen desselben auf die beiden Drucklappen die Hähne beliebig offen zu halten. Bei c ist ein zu einem Häkchen umgebogener Draht angelöthet, mit dem der ganze Cylinder an das Ende d einer Waage aufgehängt werden kann, wie die Zeichnung andeutet. Wenn man den Inhalt des Cylinders an atmosphärischer Luft bei einer bestimmten Temperatur nach Maaß oder Gewicht kennt, so ist einleuchtend, daß derselbe zur Bestimmung des Gewichtes anderer Gasarten, welche das Metall nicht angreifen, leicht benutzt werden kann. Den Inhalt durch Ausmessen mit einer Flüssigkeit zu bestimmen, dürfte nicht gut angehen, da einmal die Schwere der Flüssigkeit die dünnen Wände ausdehnen würde und durch Hinterlassung einzelner Theile den Cylinder verunreinigen oder durch Rost zerstören könnte. Ich zog daher vor, den Gewichtsinhalt der Luft in folgender Art zu bestimmen. Um den Cylinder ganz trocken zu haben, wurde nach Oeffnung der beiden Hähne durch denselben ein Strom durch Schwefelsäure geleiteter und somit getrockneter Luft bei einer Stubentemperatur von 15° C. mittelst eines Aspirators durchgezogen. Dieser Proceß wurde so lange fortgesetzt, bis der Cylinder, mit seiner ganzen Armatur an einer empfindlichen Waage aufgehängt, bei wiederholter Wägung constantes Gewicht beibehielt. Dieses Gewicht wurde notirt, und nun aus Marmor entwickelte, durch Schwefelsäure vom Wassergehalt befreite Kohlensäure, so lange durchgeleitet, bis keine weitere Gewichtszunahme beim fortgesetzten Durchleiten der Kohlensäure wahrgenommen werden konnte. Aus dem Mehrgewicht des Cylinders war es nun leicht den Inhalt desselben an Kohlensäure und an Luft zu bestimmen. Der Unterschied der spec. Gewichte der Kohlensäure und Luft ist: 1,5202 – 1,0000 = 0,5202. Wog der Cylinder bei gleicher Temperatur mit trockener Kohlensäure gefüllt 0,586 Grm. mehr als vorher mit trockner atmosphärischer Luft, so läßt sich der wirkliche Inhalt der trocknen Kohlensäure leicht aus der einfachen Proportion finden: 0,5202 : 1,5202 = 0,586 : x x = 1,712 Grm. Kohlensäure. Zieht man hievon das Mehrgewicht des mit Kohlensäure gefüllten Cylinders ab, so verbleibt der Gewichtsinhalt des Cylinders an trockner, atmosphärischer Luft; also: 1,712 – 0,586 = 1,126 Grm. atmosph. Luft. Ist somit irgend eine Gasart in genügender Menge vorhanden, so ist's leicht deren specifisches Gewicht mit diesem Apparate zu bestimmen. Man hat nur Rücksicht zu nehmen, daß dieß stets bei derselben Temperatur und wo möglich bei gleichem Barometerstande geschieht. In der Praxis, z.B. zur Bestimmung des specifischen Gewichtes vom Leuchtgase, braucht man, wenn die Temperatur des Zimmers stets + 15° C. gehalten wird, eine Temperaturverschiedenheit des im Metallcylinder befindlichen Gases nicht zu befürchten. Ich habe mich hievon öfter durch Einleiten kälteren Gases überzeugt, welches nach wenigen Minuten im Cylinder die Temperatur dieses und somit der umgebenden Luft angenommen hatte. Es scheint mir daher die Anbringung eines Thermometers, welcher das Gewicht unnütz vermehren würde, für praktische Zwecke überflüssig zu seyn. Hat man ein für allemal den Inhalt des Cylinders an trockner Luft auf demselben durch Eingraviren vermerkt, und hütet sich die Form des Cylinders durch äußere Beschädigung zu verändern, so wird man jederzeit das specifische Gewicht der Gase bestimmen können. Wie dieß zu bewirken, wird ein Beispiel am besten lehren. Der Cylinder wird an einer gut ziehenden Waage tarirt; dann läßt man das Gas einströmen. Ist das Gas leichter als atmosphärische Luft, so leitet man es durch b ein, ist's hingegen schwerer, so läßt man es durch a eintreten. Nach einiger Zeit der Durchleitung schließt man die Quetschhähne und wiegt den Cylinder, leitet wieder durch und wiegt aufs Neue. Hat bei wiederholter Wägung keine Zu- oder Abnahme des Gewichts stattgefunden, so kann man sich überzeugt halten, daß der Cylinder ganz von der durchgeleiteten Gasart gefüllt sey. War durch den Cylinder Leuchtgas gegangen, und zeigte er bei wiederholtem Wägen ein bleibendes geringeres Gewicht von 0,567 Grm., so ist: 1,126 – 0,567 = 0,569 Grm. das Gewicht des im Cylinder enthaltenen Leuchtgases und nach der Proportion: 1,126 : 0,569 = 1 : x ist x = 0,4964 das spec. Gewicht desselben. Daß eine recht zuverlässige Bestimmung der Gase möglich ist, wenn sonst alle Vorsicht und eine genaue Waage in Anwendung gebracht wurden, geht aus folgendem Versuch hervor, den ich zur Feststellung der richtigen Auswägung des Cylinders anstellte. Aus Zink entwickeltes und durch Kalilauge und Schwefelsäure gewaschenes und getrocknetes Wasserstoffgas wurde so lange durchgeleitet, bis bei der dritten und vierten Wägung der Cylinder constant 1,0485 Grm. weniger als mit Luft gefüllt, wog. Der Inhalt an Wasserstoffgas betrug somit 0,0775 Grm. und hieraus berechnet sich das specifische Gewicht zu 0,0688, welche Zahl nur um 0,0004 von dem auf dem wissenschaftlichsten Wege gefundenen Werthe abweicht. Will man das specifische Gewicht der Luft in Zimmern, Kellern, Bergwerken, Brunnenschachten, Höhlen u. dgl. bestimmen, so kann man den Cylinder leicht dadurch füllen, daß man in diesen Räumen einige Zeit mit einem kleinen geeigneten Blasebalg Luft durchbläst, welche vorher durch Schwefelsäure geleitet seyn kann. Man achte nur darauf, daß der geschlossene Cylinder, wenn er in ein wärmeres Zimmer zurückgebracht wird, zuweilen bei a auf einen Augenblick geöffnet wird, damit die eingeschlossene kältere Luft sich mit der äußern und wärmern in Gleichgewicht setzen kann. Ich habe mit diesem Cylinder und unter Mitanwendung von Kautschukröhren nicht bloß die Luft in verschiedenen Räumen, sondern auch Luft aus durchlöcherten und in die Ackerkrume gelegten Röhren, sowie aus Drains, auf ihr specifisches Gewicht geprüft und auffallende Unterschiede, welche jedoch meistens in dem größern Antheil vorhandener Kohlensäure und Wassergehalt ihren Grund hatten, gefunden. Einige Vorsichtsmaßregeln und Gebrauchsmethoden sind noch zu 1) Der Cylinder darf während des Gebrauchs nie mit der bloßen Hand angefaßt werden, und ist stets sorgfältig rein zu halten. 2) Das Schließen der Hähne muß stattfinden wenn die Einleitung beendet, und bevor die Zuleitung aufgehoben ist. 3) Die Gewichte können für den Apparat so eingerichtet werden, daß sie stets in 1/1000, 1/100 und 1/10 das Gewicht von dem ganzen Inhalt des Cylinders an atmosphärischer Luft, und somit direct ohne Rechnung das specifische Gewicht angeben. Es kann hiezu eine Einrichtung wie bei der Mohr'schen Waage zur Bestimmung des spec. Gewichts getroffen seyn. 4) Man kann die Gase im Cylinder lange ohne eine Diffusion zu befürchten, aufbewahren. 5) Die aufbewahrten Gase können, wenn ihre Eigengewichte von dem der atmosphärischen Luft sehr verschieden sind, wie z.B. Kohlensäure und Wasserstoffgas, fast rein in andere Gefäße übergeleitet werden. Man befestigt Glasröhren bei a und b, und je nachdem man ein schwereres oder leichteres Gas im Cylinder hat, setzt man unter b oder hält über a das Aufnahmegefäß und läßt nach Oeffnung beider Hähne das Gas einströmen. 6) Will man das Gas auf andere Temperaturen berechnen, so darf man nur festhalten, daß sich dasselbe für jeden Grad Celsius um 0,003665 seines Volumens ausdehnt, und respective bei abnehmender Wärme um so viel zusammenzieht. 7) Für mehr wissenschaftliche Beobachtungen ist es selbstverständlich, daß der jedesmalige Atmosphärendruck berücksichtigt werden muß, worüber das vortreffliche Werk „Gasometrische Methoden von Robert Bunsen Anweisung ertheilt. Bei gewöhnlichen praktischen Arbeiten wie in der Gasanstalt, bei Prüfung der Kohlensäure aus dem Gasometer der Mineralwasser-Fabrikanten, wird die Annahme eines mittleren Drucks genügen, und es werden selten Fehler vorkommen, welche wie schon erwähnt, als kleine Bruchtheile in die dritte und vierte Decimalstelle fallen. 8) Man thut gut, den Apparat beim Nichtgebrauch in einem besondern Kasten vor Beschädigung zu bewahren.

Tafeln

Tafel Tab. III
Tab. III