Titel: | Beschreibung der patentirten Schuß- und Kettenspulmaschine von H. Häfner in Chemnitz. |
Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. CIV., S. 416 |
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CIV.
Beschreibung der patentirten Schuß- und
Kettenspulmaschine von H.
Häfner in Chemnitz.
Aus der deutschen Gewerbezeitung, 1860, Heft 2 S.
94.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
Häfner's Schuß- und Kettenspulmaschine.
Obgleich die Anwendung der Schuß- und Kettenspulmaschinen sich über ein sehr
weites Feld ausdehnte und für ganz verschiedenartige Fabrikationen, als
Strumpfwirkerei, Weberei in Tuch-, Leinen- und Baumwollwaaren fast
unentbehrlich wurde, so traten, dem Fabrikanten doch die größten Hindernisse und
Geldkosten in den Weg, indem die Maschinen einen zu ausgedehnten Platz beanspruchten
und übergroße Bedienung erheischten. Diesen Uebelständen abzuhelfen, hat sich der
Verfasser zu einer neuen Construction entschlossen und durch dieselbe das
befriedigendste Resultat erreicht. Auf demselben Platz, den nach der früheren Bauart
mit liegenden
Spindeln 6 derselben mit einer Person Bedienung einnahmen, können nach der neuen
Construction 24 Spindeln mit 2 Personen Bedienung stehen; mithin nehmen diese
Maschinen den vierten Theil des bisher nöthigen Raumes ein und bedürfen bloß das
halbe Arbeiterpersonal. Dabei sind der ruhige Gang, sowie die vortheilhaften
Handgriffe dieser Maschine zu beachten, während sich gleichzeitig die wöchentliche
Production auf ein Höheres erstreckt, als die der früheren Maschinen.
Auf Verlangen des Bestellers werden die Maschinen auch zum Naßzwirnen eingerichtet,
wozu sie sich ganz vorzüglich eignen, indem das angebrachte Seifenbad sowohl bequem
zu bedienen ist, als auch den Faden ganz zweckentsprechend zu den zu producirenden
Waaren anfeuchtet.
Diese Maschinen sind doppelreihig gebaut, jede Reihe zu 12 Spindeln, wobei eine Reihe
von Kötzern und eine Reihe von Winden (Zahlen), oder auch beide Reihen von Kötzern
zur Arbeit angelassen werden können.
Der Betrieb der nach der Zeichnung, Fig. 1, für Handarbeit
eingerichteten Maschinen ist folgender: Die Riemenscheibe A, welche mit der Riemenscheibe B auf einer
und derselben Hauptwelle festsitzt und die beide ihre Bewegung von der auf dem
Schwungrad festgekeilten Riemenscheibe C erhalten,
setzen bei ihrer Umdrehung durch Vermittelung des an dem innern Ende der Hauptwelle
sitzenden conischen Rades a das Diagonalrad b und so die Querwelle D in
Bewegung, an deren beiden Enden je ein conisches Rad c
und d steckt, welche die Wagenhubwellen E und F durch die darauf
befindlichen conischen Räder in Bewegung setzen; auf jeder dieser beiden Wellen
befinden sich zwei verstellbare Herzconus, durch deren gleichmäßige Verstellung ein
beliebiger Hub erzielt werden kann.
Ferner bewegt die Riemenscheibe B auf der Hauptwelle
durch ihren Riemen die beiden Spindelwellen I, K, auf
deren jeder sich 12 Frictionsräder befinden, die ihre Bewegung den Spindeln dadurch
mittheilen, daß die am unteren Ende der Spindeln befestigte Scheibe o auf dem Lederbelag der Frictionsscheibe f aufliegt und somit sich nebst der Spule, welche von
dem Stift g auf der am oberen Ende der Spindel
befestigten Spulenscheibe h aufgenommen wird, umdreht.
Will man während des Ganges der Maschine eine, zwei oder mehrere Spindeln zum
Stillstand bringen, ohne daß man das Schwungrad, mithin die anderen Spindeln in
ihrer Arbeit stört, so drängt man die Feder i, die man
an ihrem Angriff erfaßt, nach rechts ab, worauf durch einen nach Innen angebrachten
Stift das verschiebbare Spindellager k in dem Theile l von seinem festen Haltepunkt befreit und der Bügel m ergriffen und nach Außen gezogen wird; wie weit dieser
Auszug stattfinden kann, wird durch folgenden Mechanismus bestimmt. Das Spindellager
k bildet sowohl das obere wie das untere Lager der
Spindel, wodurch letztere eine ganz sichere und feste Lagerung erhält und nicht von
der Last oder der Geschwindigkeit der Spule schadhaft gemacht wird. Der Theil l, in welchem das Spindellager seine horizontale Führung
hat, ist an der Rückseite durch seinen angegossenen Winkel l' an den Spindelbaum L geschraubt, und durch
dieselbe Schraube wird zugleich der schmiedeeiserne Winkel n festgehalten. Am vorderen Theil dieses Winkels bei n' ist eine längliche Oeffnung (Schlitzloch), durch
welche die Spindel geht, so daß bei dem Aus- und Einziehen des Spindellagers
k die Spindel bei jedweder Stellung des Lagers ihren
freien Gang hat.
Wie zu ersehen, ist der Winkel n an dem vordersten Ende
doppelt so stark, als er sonst durchgängig ist; durch diesen starken Theil geht die
Hälfte des Schlitzloches, und wenn nun das Spindellager mit seiner Spindel nach
Außen geschoben wird, so muß die Warze der Spulenscheibe h auf der schrägen Ebene des verstärkten Winkelendes aufsteigen, sonach
die Spindel, auf der die Spulenscheibe h befestigt ist,
in die Höhe heben. Wird aber die Spindel gehoben, so wird solches gleichzeitig die
Spindelscheibe o, welche vermittelst einer Stellschraube
auf der Spindel befestigt ist. Indem aber hierdurch die Spindelscheibe, von dem
Frictionsrad befreit wird, muß auch die Bewegung aufhören.
Zur Bildung der Spule dient der Apparat M, dessen
Construction und Zweck folgender ist: Die eingängig rechte Schraube p, sowie das Führungsstäbchen q, sind auf eine längliche Platte genietet, die vermittelst einer in ihrer
Mitte angebrachten Schraube auf den eisernen Wagenbaum N
befestigt ist, so daß die Schraube mit dem Führungsstäbchen bei jeder beliebigen
Drehung der Platte senkrecht auf dem Wagenbaum stehen bleibt.
Die hölzerne Rolle r, welche auf der Schraube q steckt, hat anstatt der Mutter die Feder s, welche am Ende etwas umgebogen ist, damit das
umgebogene Knie sich in dem Gange des Gewindes einlegt und somit die Mutter bildet,
so daß bei jeder Drehung der Rolle sich dieselbe auf- oder abwärts schraubt.
Damit sich die Holzrolle durch das vielfältige Aufwärtsschrauben nicht so leicht in
ihrem Loche ausnutzt, ist dasselbe mit einer Messinghülse ausgebüchst, an deren
unterem Ende der Fadenführer t befestigt ist, der sonach
bei dem Aufwärtssteigen der Rolle mit derselben denselben Weg zu passiren hat. Damit
der Fadenführer eine bloß senkrechte constante Bewegung erhält, ist derselbe am
hinteren Ende verlängert, um eine Führung durch das Stäbchen q zu erleiden.
Beginnt nun die Maschine zu arbeiten, so wird folgender Vorgang eintreten. Der Faden,
sowohl vom Kötzer als von der Winde, durch seinen Fadenführer an den Fortrückungsapparat geleitet,
wird durch die senkrechte Auf- und Abwärtsbewegung des Wagens, auf dem die
Apparate stehen, an der Spule auf- und abwärts geführt. Da nun die Holzspule
die zu erhaltende Conusform schon an sich selbst hat, so wird durch so vielmaliges
Auf- und Abwärtsgehen des Wagens der Spulenconus so stark überzogen werden,
bis die Rolle r beim niedrigsten Stand des Wagens mit
dem stärksten Theil des Fadenconus zusammentrifft und durch die Umdrehung des
letzteren so lange mit bewegt wird, bis die Rolle nicht mehr von dem Fadenconus
berührt wird.
Da die Drehung der Spule rechts geht, geht die der Rolle links, wobei letztere in
Folge ihrer rechtsgängigen Schraube sich aufwärts schraubt. Durch den
ununterbrochenen Gang der Maschine wiederholen sich demgemäß auch diese Operationen,
woraus ersichtlich, daß die Spule bis an ihr oberstes Ende vollgespult wird.
Damit bei dem schnellen Gange der Maschine der Faden sowohl von Kötzer als Winde
keine vibrirende Bewegung erhält, auch fest auf die Spule gewunden wird, so geht
derselbe über die Bremsrolle u, welche eine hölzerne,
mit einer breiten Spur eingedrehte Rolle ist, deren Spur mit feinkörnigem Schmirgel
umleimt ist, damit der Faden nicht schleifen kann; damit aber diese Rolle sich nicht
nach Willkür des Fadens auf ihrer Rolle drehen kann, ist an ihrer Rückseite noch ein
kleiner Spurenwürtel, um den ein Drahtring faßt, der durch die Feder v nach Bedarf eingespannt wird. Diese beliebige Spannung
zu erzielen, ist bloß der Hebel w, der seinen Drehpunkt
seitwärts der Bremsrolle hat, auf oder nieder zu stellen, wobei die Feder v locker oder angespannt wird.