Titel: | Bereitung dünner Stäbe aus schmelzbaren Stoffen; von A. Lipowitz. |
Autor: | A. Lipowitz |
Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. CXV., S. 454 |
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CXV.
Bereitung dünner Stäbe aus schmelzbaren Stoffen;
von A. Lipowitz.
Lipowitz's Bereitung dünner Stäbe aus schmelzbaren
Stoffen.
In Laboratorien tritt oft das Bedürfniß ein, dünne gleichförmige Stäbe oder
gleichförmige Stücke von Metallen, wie Zinn, Zink, Wismuth, Antimon oder von anderen
Stoffen, wie Aetzkali, Schwefel, Phosphor, salpetersaurem Silberoxyd etc. zu
besitzen. Man verwendet häufig aus Mangel an solchen, unbequeme eckige Stücke
verschiedener Größe und Form. Diesem Uebelstande abzuhelfen, kam ich vor einiger
Zeit, als ich zu einem bestimmten Zweck sehr dünner und langer Zinn- und
Zinkstäbe bedurfte, auf den Gedanken, mir diese durch Aufsaugung des geschmolzenen
Metalls in engen Glasröhren zu bereiten, und der erste Versuch entsprach gleich
meinen Erwartungen.
Wie aber häufig bei den einfachsten Dingen Handgriffe nöthig sind, von denen das
Gelingen abhängig ist, so auch hier; deßhalb theile ich im Nachstehenden mein
Verfahren mit.
Da man beim Aufsaugen mit dem Munde das Risico hat, die geschmolzene Masse mit hinein
zu ziehen, so construirte ich mir aus dem Gummiball einer Druckpipette einen Saugapparat. Ich
steckte in den Gummiball zuerst ein weites, starkes, etwa 6 Centimeter langes
Glasrohr (Zwischenstück), und in dieses erst die mit einem passenden durchbohrten
Kork versehenen engen Glasröhrchen. Bringt man diese Vorrichtung in das geschmolzene
Metall oder dergleichen, und hebt den Druck auf den vorher mit der rechten Hand
comprimirten Gummiball auf, so steigt momentan die geschmolzene Masse bis in das
Zwischenstück, hier einen stärkeren Ansatz bildend, und erkaltet schnell.
Man achte nur darauf, daß die Formröhrchen mit ihrem einen, etwas weiteren Ende in
das Zwischenstück gesteckt werden und das engere Ende in die aufzusaugende Masse
kommt. Bei den kurzen Enden der Glasröhrchen ist es schwer, das weitere Ende zu
erkennen, und ich rathe daher, vor dem Abschneiden der kurzen Enden, am langen
Glasrohr die engere und weitere leicht erkennbare Oeffnung sich zu merken und dann
durch aufgeschobene kleine Ringe von Gummischläuchen jedes Glasröhrchen am weiteren
Ende zu bezeichnen. Verfehlt man dieß, so kann man nicht durch Anfassen des
Gießkopfs das Metallstäbchen leicht aus der Glashülse herausziehen.
Wo es zulässig oder nöthig, kann man die Glasröhrchen vorher einölen, und hat nur
Sorge zu tragen, daß alles überflüssige Oel auf Fließpapier abläuft. Aus geölten
Formen stoßen sich die Stäbchen leicht mit einem Draht heraus, und man kann schnell
hintereinander mehreremale in demselben Formröhrchen aufsaugen. Ich habe auf diesem
Wege von Zinn, Zink und Schwefel fast 1/3 Meter lange und einen Millimeter starke
Stengelchen erhalten, welche nichts zu wünschen übrig ließen und einem gezogenen
Drahte ähnlich sehen. Scheut man nicht die kleine Auslage für die Röhrchen, so kann
man dieselben besonders bei schwer schmelzbaren Metallen, wie Zink, Wismuth und
Antimon preisgeben, und bringt sie, sobald das aufgesogene Metall erstarrt ist, die
Röhren aber noch heiß sind, in kaltes Wasser. Es wird
dann die ganze Oberfläche rissig und kann auf ebener geriefter Unterlage leicht vom
Metallstäbchen getrennt werden. Ebenso wird es häufig, je nach der Güte des Glases,
nöthig seyn, die Röhrchen, besonders bei schwer schmelzbaren Substanzen, vorher in
einer Flamme stark vorzuwärmen.
Für gasometrische Zwecke stelle ich mir statt der Kugeln jetzt kurze Cylinder von
Kali dar. Ich sauge in etwa einen halben Centimeter weiten schwach geölten
Glasröhrchen das geschmolzene Kali auf, schiebe dann nach dem Erkalten den langen
Stab heraus und schneide ein beliebiges Stück ab, erwärme das eine Ende und bringe
das eine, in Pfropfenzieher-Form gebogene und glühende Ende eines
Platindrahtes hinein, welches nach dem Erkalten vollständig festsitzt. Es ist durch dieses
Verfahren eine größere Oberfläche als in der Kugelform dem Gase dargeboten.
Diese Methode, Metallstäbe zu gießen, ist auch geeignet thermo-elektrische
Ketten aus Antimon und Wismuth herzustellen. Mit 8 Centimeter langen und 1/10
Centimeter starken Metallstäbchen aus Antimon und Wismuth, noch in ihren Glashülsen
befindlich, welche an dem einen Ende mit eingeschmolzenem Platindraht verbunden
waren und an jedem freien Ende ebenfalls einen eingeschmolzenen Platindraht hatten,
wurde ein Galvanometer mit astatischer Nadel in Verbindung gesetzt. Sobald eine
Erwärmung des verbindenden Platindrahtes stattfand, wurde die Galvanometernadel
herumgeschleudert. Bei der Umständlichkeit und Mühe, welche die Herstellung
thermo-elektrischer Ketten verursacht, und wodurch dieselben so theuer zu
stehen kommen, dürfte obiges Verfahren denkenden Mechanikern zu empfehlen seyn;
zumal sich damit der Vortheil verbindet, die Glashülsen als Isolatoren darauf
belassen zu können.