Titel: | Das Typoskop; von Prof. Dr. Emsmann zu Stettin. |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. CXV., S. 434 |
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CXV.
Das Typoskop; von Prof. Dr. Emsmann zu Stettin.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1862, Bd. CXV S. 157.
Emsmann Typoskop.
Von dem 1817 von Brewster erfundenen Kaleidoskop glaubte
man anfänglich, daß es sich bei Entwürfen von Mustern von besonders praktischem
Nutzen erweisen werde. Diese Erwartung ist nicht in Erfüllung gegangen, sondern das
Instrument hat eigentlich nur als beliebtesSpielzeug Verbreitung gefunden. Einen Hauptvorwurf, den
man dem Kaleidoskope in Betreff seiner praktischen Verwerthung gemacht hat, und der
allerdings vollkommen begründet ist, hat man daher genommen, daß sich nur Sterne
abbilden, und deren Wiederholung ermüdend wirkt. Es ist mir nun gelungen, diesem
Mangel an Mannichfaltigkeit auf leichte Weise abzuhelfen, und ich stehe nicht an,
die einfache Combination, durch welche dieses möglich wird, hier mitzutheilen, weil
mir nicht bekannt ist, daß sie bereits versucht worden sey.
Das Instrument, welches ich zusammengestellt habe, und welchem ich den Namen Typoskop (Musterzeiger) beilegen möchte, bietet eine
überraschende Mannichfaltigkeit von den einfachsten bis zu den zusammengesetztesten
Mustern; ferner läßt sich sofort übersehen, welchen Eindruck das Muster in der
Zusammenstellung machen wird, und außerdem kann die Zusammenstellung der einzelnen
Bilder auch noch einigermaßen abgeändert werden, ohne die Bilder zu stören, so daß
man über die vortheilhafte Anordnung sofort ein Urtheil gewinnt.
Das Typoskop ist nichts weiter als eine Combination eines Kaleidoskopes und eines
polyëdrischen Glases, und zwar in folgender Weise:
Ein Kaleidoskop von etwa 5 Zoll Länge und 1 1/4 Zoll Durchmesser bleibt an seinem
Ocularende offen, und erhält noch ein das Rohr umfassendes und an demselben
verschiebbares und drehbares Auszugsrohr von 6 bis 8 Zoll Länge, welches an der
Kaleidoskopröhre anschließt, nach dem Ocularende aber sich etwas erweitert, um dort
ein polyëdrisches Glas in einer etwa 2 Zoll nach dem Auge zu sich etwas
erweiternden Fassung aufnehmen zu können. Der Objectivbehälter ist leicht zu öffnen,
indem sich das mattgeschliffene Glas mit seiner Fassung wie ein Schachteldeckel
abnehmen läßt.
Diese Einrichtung bietet folgende Vortheile. Erstens kann man die Objecte leicht
beliebig nach Zahl und Art abändern, je nachdem man einfachere oder
zusammengesetztere Muster zu erhalten wünscht. Zweitens kann man das Kaleidoskop
drehen, ohne das polyëdrische Glas in eine andere Lage zu bringen. Drittens
läßt sich das polyëdrische Glas entweder allein, oder zugleich mit seinem
Rohre, je nachdem es in diesem drehbar oder fest ist, drehen, ohne das Kaleidoskop
zu bewegen und das Muster zu stören, wobei die Gruppirung der Bilder sich ändert.
Viertens läßt sich das Rohr mit dem polyëdrischen Glase auf dem Kaleidoskope
verschieben, wodurch man die das Muster bildenden Bilder einander näher rücken oder
von einander entfernen kann.
Am zweckmäßigsten hat sich das Typoskop mit drei unter 60° geneigten Spiegeln
herausgestellt; außerdem sind besonders für einfache MusterTyposkope mit zwei unter
45° oder 36° geneigten Spiegeln empfehlenswerth. Noch kleinere Winkel
geben ein zu kleines Gesichtsfeld. Für Musterzeichner dürfte ein Apparat mit
Kaleidoskopen von 60°, 45° und 36°, welche zu demselben Rohre
für das polyëdrische Glas passen, das vortheilhafteste seyn. Das
polyëdrische Glas kann aus weißem, aber auch aus farbigem Glase geschliffen
seyn. Grünes Glas ist unbrauchbar; gelbes und hellblaues wirkt besonders günstig. Es
empfiehlt sich, für dasselbe Typoskop verschiedene polyëdrische Gläser zu
besitzen. Als Objecte wähle man kleine Körper von farbigem Glase, sowohl eckige, als
vor der Stichflamme in verschiedene Formen gezogene, ferner aus durch und durch
gefärbtem Papiere oder aus gefärbter Hausenblase geschnittene Stücke in runder,
zackiger und in Sförmiger Gestalt, ferner die äußerste
Spitze einer Vogelfeder und dergleichen.
Die große Mannichfaltigkeit der Muster rührt daher, daß man nicht den ganzen Stern,
welcher sich im Kaleidoskope bildet, übersieht, sondern nur eine Zacke desselben,
die eben von der verschiedenartigsten Form seyn kann. Deßhalb ist es gut, das Auge
nicht sowohl senkrecht auf die Mitte des polyëdrischen Glases zu richten,
sondern mehr schräg durch dasselbe zu sehen. Ist ein Stern aus nur wenigen Objecten
entstanden, so kann man auch diesen als Musterbild ins Auge fassen.