Titel: | Ueber die Kalkabsorption der Knochenkohle in der Rübenzuckerfabrication; von Dr. C. Schrader. |
Autor: | C. Schrader |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. LXXIV., S. 289 |
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LXXIV.
Ueber die Kalkabsorption der Knochenkohle in der
Rübenzuckerfabrication; von Dr. C. Schrader.
Schrader, über die Kalkabsorption der Knochenkohle in der
Rübenzuckerfabrication.
Die Kalkabsorption der Knochenkohle steht in engster Verbindung mit dem Kalkgehalte
der Zuckersäfte. Diese können nun zunächst in den verschiedenen Gegenden und
Campagnen insofern kalkärmer oder reicher seyn, als sie aus Rüben gewonnen sind,
welche ärmer oder reicher, an Salzen der anorganischen und organischen Säuren
gewesen sind. Durch die Scheidung mittelst Kalk werden diese größtentheils in
Kalksalze übergeführt und verbleiben so den Säften.
Neben diesen in mannichfacher Art und Menge in den Säften vorhandenen Kalksalzen
findet sich natürlich eine Quantität Kalk als Saccharat vor, welche durch die
Saturation der Säfte mit Kohlensäure nie gänzlich aus diesen abgeschieden wird. Die
Quantitäten des in den Säften als Saccharat vorhandenen Kalkes habe ich durch eine
Reihe von Versuchen in verschiedenen Fabriken zu verschiedenen Zeiten, bei Anwendung
von verschiedenen Quantitäten Kalkes behufs der Scheidung, festgestellt. Ich gebe im
Nachstehenden einige der erhaltenen Zahlen:
Aetzkalk (CaO) als Saccharat.
Datum des Versuchs.
Scheidesaft.
Saturirter Saft.
1. October
0,224 Proc.
0,086 Proc.
2.
December
0,226 „
0,098 „
3.
November
0,196 „
0,101 „
5.
December
0,112 „
0,089 „
10.
Januar
0,200 „
0,078 „
Aus diesen Zahlen geht hervor, daß selbst bei verschiedenen zur Scheidung in
Anwendung gekommenen Mengen Kalk nahezu gleiche Quantitäten Zuckerkalk in den
saturirten Säften verbleiben. Daß eine Quantität Kalk als Saccharat in den Säften
gleichsam freiwillig zurückbleibt, ist eine Lebensfrage der Fabrication. Dieser Kalk
ist nothwendig zur Neutralisation der etwa im Laufe der Arbeit sich bildenden Säuren
und er ist ein Beförderer der Zersetzung der stickstoffhaltigen Substanzen der Säfte
zu Ammoniak. Fehlt er, oder ist er in zu geringem Maaße in den Säften vorhanden, so
muß er sofort ersetzt werden.
Die schnell auszuführende alkalimetrische Probe mit titrirter Salpetersäure kann
rasch über den Saccharatgehalt der Säfte Auskunft geben und können diese vermittelst
derselben auf jedem gewünschten Kalkgehalt leicht erhalten werden.
Welche Quantitäten von diesem Kalke von den Knochenkohlen aufgenommen werden, ist für
einige specielle Fälle nachgewiesen worden. Es enthielt ein Saft an Aetzkalk (CaO)
als Saccharat:
Scheidesaft.
Saturirter Saft.
Filtrirter Dicksaft.
0,224 Proc.
0,086 Proc.
0,039 Proc.
Es wurden also von den Kohlen 0,047 CaO aus 100 Theilen Saft absorbirt. Da nun ein
Scheidekessel, wie er in diesem Falle angewandt wurde, 2000 Pfd. Saft enthielt, so
würden von dem in einer Scheidung saturirten Saftes enthaltenen Zuckerkalk gegen 1
Pfund von der Kohle absorbirt worden seyn. Es giengen nun 8 solcher Scheidungen über
ein Filter von 20 Ctr. Beschickung; es nahmen daher diese Kohlen 0,376 Proc. ihres
Gewichtes an CaO auf. Die Fabrik gebrauchte täglich 7 Filter und hatte einen Vorrath
von 1400 Ctr. Spodium; es würde also nach Verlauf von je 10 Tagen dasselbe Filter
wieder an die Reihe kommen. Rechnet man die Campagne zu 150 Tagen, so würde jedes
Filter 15mal an der Reihe gewesen seyn. Die Kohle würde also bei angenommen gleichen
Verhältnissen 5,64 Proc. CaO absorbirt haben, welche 10,08 Proc. kohlensaurem Kalk
entsprechen, zu dessen Lösung 22,18 Proc. Salzsäure von 21–22 Proc. Gehalt im
Laufe der Campagne erforderlich sind.
Betrachten wir jetzt den Kalk, welcher als Salz in den Säften vorhanden ist, so
können, wie bereits angedeutet, derartige Zahlen nur von sehr relativem Werthe seyn.
Abnormitäten abgerechnet, wurden im Durchschnitt gefunden:
Aetzkalk (CaO) als Kalksalz.
Saturirter Saft.
Dicksaft.
0,039 Proc.
0,009 Proc.
Es waren mithin von der Kohle 0,03 Proc. aufgenommen. Rechnen wir wie oben, so sind
in 2000 Pfd. Saft 0,6 Proc. Kalk (als Salz), in 8 Scheidungen 4,8 Proc. enthalten.
Es würde also jedes Filter zu 20 Ctr. Beschickung 0,24 Procent CaO aufnehmen. Diese
Zahl, wie oben mit 15 multiplicirt, gibt 3,6 Proc. Kalk (CaO) = 6,4 Proc.
kohlensaurem Kalk.
Rechnen wir hiezu den aus dem Saccharat herrührenden Kalk, so erhalten wir:
9,24 CaO = 16,6 Proc. CaO, CO²,
zu dessen Lösung 36,5 Proc. obiger Salzsäure vom Gewichte der
Kohlen im Laufe der Campagne erforderlich sind. Die Kohle absorbirt also in diesem
Falle täglich 1,10 Proc. CaO, auf kohlensauren Kalk berechnet, zu dessen Lösung 2,42 Proc.
Salzsäure von 21–22 Proc. Gehalt erforderlich sind.
Die Knochenkohle, über welche die hier untersuchten Säfte giengen, enthielt vor der
Filtration 3,9 Proc., nach derselben 5,3 Proc. Kalk auf kohlensauren berechnet. Es
waren mithin hiernach 1,3 Proc. kohlensaurer Kalk aufgenommen, was nahezu mit obiger
Betrachtung, wornach 1,10 Proc. absorbirt werden, übereinstimmt.
Mögen noch einige Beispiele über die Kalkabsorption der Kohlen hier ihren Platz
finden.
Eine Fabrik, die täglich 1400 Ctr. Rüben verarbeitete und 12 Proc. Knochenkohlen
gebrauchte, welche à 25 Ctr. in 7 Filtern
vertheilt waren, hatte folgende Erscheinung in Bezug auf die Kalkabsorption der
Kohlen:
1) ungebrauchte, frisch regenerirte Kohle enthielt 6,2 Proc. CaO, CO²;
2) Kohle desselben Filters, nach der Benutzung, enthielt 7,9 Proc. Kalk auf
kohlensauren berechnet.
Die Kohle hatte mithin 1,1 Proc. kohlensauren Kalk aufgenommen.
In derselben Fabrik hatte ein zweites Filter:
1) vor dem Gebrauch
7,9 Proc. kohlensauren Kalk;
2) nach demselben
9,1
Proc. „ „
Mithin hatte die Kohle 1,2 Proc. kohlensauren Kalk aufgenommen.
Es ist daraus zu ersehen, daß die Furcht vor Anwendung größerer Quantitäten Salzsäure
behufs Wiederbelebung der Knochenkohle eine sehr ungerechtfertigte, daß dieselbe im
Gegentheil zur Erhaltung der Kohlen nothwendig ist. Ich habe sogar einen Fall
beobachtet, bei dem beträchtlich mehr Kalk von den Kohlen absorbirt wurde. In dieser
Fabrik wurden 17 Proc. Knochenkohle, von dem Gewicht der Rüben, angewandt. Es waren
zwei Sorten Kohlen vorhanden, die beständig mit 3 Proc. Salzsäure behandelt wurden.
Folgende Zahlenwerthe geben die hier stattgehabten Verhältnisse an:
Nr. A.
Nr. B.
Datum des Versuchs.
kohlensaurer Kalk
kohlensaurer Kalk.
8. October
3,4 Proc.
–
18. November
4,3 „
3,4 Proc.
20.
März
3,5 „
3,1 „
woraus ersichtlich, daß hier gut und gern 1,5 Proc.
kohlensaurer Kalk aufgenommen sind.
Viel ungünstiger stellen sich die Verhältnisse in den Fabriken wo keine Saturation
mit Kohlensäure angewendet wird. In einer solchen waren zwei Sorten Kohlen vorhanden
und wurden 12 Proc. vom Gewichte der Rüben verwandt. I ist stets mit 3 Proc., II mit
4 Proc. Salzsäure
behandelt. Zur Scheidung wurden 12 Pfd. Kalk pro
Scheidekessel beinahe durchgehend angewandt.
Diese Kohlen enthielten:
I
II
Datum des Versuchs.
kohlensauren Kalk.
kohlensauren Kalk.
15. November
9,2 Proc.
10,5 Proc.
29.
„
10,2 „
12,4 „
6.
December
8,6
„
12,0 „
9.
„
7,9
„
13,6 „
25.
„
7,8
„
13,4 „
22. Januar
7,9
„
12,5 „
Kohle I wurde für Dicksäfte, Kohle II für Dünnsäfte angewandt. Kohle II hatte trotz
einer Behandlung mit 4 Proc. Salzsäure, 2 Proc. kohlensauren Kalk aufgenommen.
Dieselbe hat also 4 Proc. kohlensauren Kalk im Laufe der Campagne beständig
absorbirt, von denen nur 2 Proc. durch Behandlung mit Salzsäure fortgeschafft
wurden.
Aus diesen Untersuchungen ziehe ich folgende mit der Praxis in Einklang stehende
Schlüsse:
1) die Quantitäten des in den saturirten Dünnsäften befindlichen Kalksaccharats
können bei der jetzigen Fabricationsmethode als ziemlich constante angesehen
werden;
2) die Zahlen, welche über die als Kalksalz von den Kohlen aufgenommenen Kalkmengen
aufgestellt wurden, sind zwar nur approximative Werthe, zeigen uns aber daß die
Summe der von den Kohlen absorbirten Kalkmengen nie unter 1 Proc. kohlensaurem Kalk
von dem Gewichte der Kohlen beträgt.
Schließlich brauche ich kaum zu erwähnen, daß bei sehr starken Abänderungen der zur
Verarbeitung gelangten Rüben zu dem Kohlenverbrauch, auch Abweichungen von den oben
erwähnten Erscheinungen eintreten; dieselben werden indessen proportional jenen
Zahlenwerthen seyn.