Titel: | Die Hand- und Dampfkrahne von J. Chrétien, Ingenieur in Paris. |
Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. XLVIII., S. 190 |
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XLVIII.
Die Hand- und Dampfkrahne von J. Chrétien, Ingenieur in
Paris.
Aus Armengaud's Génie industriel, Januar 1864, S.
13.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Chrétien's Hand- und Dampfkrahne.
Hr. Chrétien hat bei der Construction seiner Krahne
folgende Bedingungen zu erfüllen gesucht:
1) Möglichste Einfachheit der Maschine in ihrer Gesammtheit, wie auch eines jeden
ihrer Bestandtheile insbesondere. Diese Bedingung kann nur durch solche Anordnungen
erfüllt werden, welche für eine gegebene Last die Widerstände, welche die einzelnen
Theile auszuhalten haben, auf ein Minimum zu reduciren gestatten.
2) Möglichst geringer Anschaffungspreis, eine Bedingung, die hauptsächlich von der
einfachen Construction der Maschine abhängt.
3) Leichtigkeit und Schnelligkeit der Handhabung. Dieses Erforderniß läßt sich um so
besser erreichen, je directer die Triebkraft auf die zu hebende Last wirkt, weßhalb
man die Maschine aus möglichst wenigen Organen zusammensetzen muß.
4) Sicherheit. Eine der häufigsten Ursachen zu einem Abreißen der Ketten, Abbrechen
der Krahnsäule oder anderer Theile liegt ohne Zweifel in den heftigen Stößen und
Erschütterungen, welche durch die Wirkungsweise der gewöhnlich angewendeten
Zahnräderwerke entstehen. Solche nachtheilige Stöße etc. finden namentlich bei den
Dampfkrahnen statt und deren Stärke wird durch die hin- und hergehende
Bewegung des Kolbens noch vermehrt, so daß die ganze Maschine in eine schwingende
Bewegung geräth, die ihrer Dauerhaftigkeit sehr nachtheilig ist.
Ebenso ist das Ein- und Ausrücken der Kuppelungen häufig die Veranlassung zu
Unfällen in Folge des Stoßes, welcher bei dem raschen Eingriff der Räder stattfindet
und der geringste von diesen Unfällen ist der Bruch der Zahnräder.
Eine andere Ursache zu Brüchen ist in der Anwendung der Bremse zu suchen. Wenn man
nämlich bei dem Niederlassen einer Last dieselbe anhalten oder ihre Geschwindigkeit
verlangsamen will, so geschieht es nicht selten, daß der Arbeiter die Bremse etwas
zu heftig anzieht und dadurch einen Stoß veranlaßt, in Folge dessen entweder die
Bremse selbst oder die Zahnräder oder sogar die Krahnsäule zerbrechen.
Es ist daher rathsam, soviel als möglich die Anwendung von Zahnrädern bei der Bremse
und den Kuppelungen zu vermeiden.
5) Möglichst geringe Betriebskraft. Um eine gegebene Last mit möglichst geringer
Betriebskraft zu heben, muß man die Arbeit, welche auf den Betrieb der die Bewegung
fortpflanzenden Theile zu verwenden ist, auf das möglich geringste Maaß beschränken,
es muß daher die Zahl der Organe möglichst klein seyn und es müssen die Pressungen
unter denen sie arbeiten, möglichst vermindert werden.
An Chrétien's Krahnen nimmt man denn auch in der
That wahr, daß den vorstehenden Bedingungen gemäß die Bremse sowie die Kuppelungen
überall weggelassen sind. Die Zahnräder sind nur bei den Handkrahnen wegen der
Vortheile beibehalten, welche ihre Anwendung für Geschwindigkeitsveränderungen
bietet; auch sind dieselben zur Bewegung der Winden so angebracht, daß durch sie die
Nutzleistung des Krahns möglichst wenig geschmälert wird, und sie besitzen, da sie
aus cementirtem und gehärtetem Schmiedeeisen hergestellt sind, eine beträchtliche
Stärke und bieten die nöthige Sicherheit, welche bei den gußeisernen Zahnrädern
nicht vorhanden ist. Durch die bedeutende Vereinfachung der ganzen Maschine ist es
dem Erfinder auch gelungen, den Preis seiner Krahne sehr niedrig zu stellen.
Handkrahne, Fig. 1–3.
Von den verschiedenen Anwendungen der Chrétien'schen Handkrahne führen wir die beiden einfachsten an. Bei der
einen Art findet die Einwirkung direct auf die Kette mit dem Haken statt, welche wie
bei den Winden durch ein Getriebe bewegt wird, das seine Umdrehung von einigen
Zahnrädern erhält. Bei der zweiten Art erhält die Kette ihren Antrieb entweder
mittelst einer gezahnten Windestange, an welche sie direct befestigt ist, oder durch
eine Verbindung von Rollen, um den Weg der Kette zu vergrößern.
Bei beiden Arten sind die Organe zur Bewegung vollständig in den Schnabel oder in die
Säule des Krahnes eingeschlossen und auf diese Weise gegen äußere Störung und
Abnutzung geschützt; auch hält die Schmiere länger an.
Fig. 1 ist die
Seitenansicht eines Krahnes nach der ersteren Anordnung;
Fig. 2 ist ein
Verticaldurchschnitt durch den Fuß seines Schnabels;
Fig. 3 ist ein
auf dem vorhergehenden senkrecht stehender Durchschnitt, welcher die Anordnung der
im Inneren des Schnabels enthaltenen Zahnräder zeigt.
Die feste Krahnsäule A ruht mit ihrem unteren Ende a und dem starken gußeisernen Ring b auf dem Mauerwerk B. Der
Krahnschnabel F ist um die feste Säule A drehbar; zu diesem Zwecke stecken oben und unten auf
der Säule A die beweglichen Muffe c; und c', und am unteren Ende des Schnabels
F befindet sich eine starke conische Frictionsrolle
d, welche auf dem gußeisernen Ring d sich drehen kann, der zu diesem Zwecke eine conisch
abgedrehte Verstärkung erhält. Zwei schmiedeeiserne Spannstangen C verbinden den Fuß des Schnabels und den unteren Muff
c' mit dem oberen Muffe c; zwei andere Spannstangen C' stellen die
Verbindung des Schnabelkopfes mit dem oberen Muffe c
her.
Der Fuß des Schnabels, welcher durch ein Scharnier an dem Muffe c' befestigt ist und mittelst der Frictionsrolle d wie gesagt auf dem Ring b
ruht, besteht aus einer gußeisernen Kammer D, welche den
eigentlichen aus Blech angefertigten Schnabel F
aufnimmt; in dieser Kammer findet mittelst des Getriebes e das Auf- und Abwinden der Kette f
statt, die sich auf dem Boden ansammelt. Wie man aus Fig. 2 ersieht, ist diese
Bewegung eine sehr einfache und wird nur durch zwei kleine Getriebe und zwei Räder
g und g' nebst zwei
Spurscheiben hervorgebracht, von denen die obere h die
Kette nach dem Kopfe des Schnabels, die andere h' aber
dieselbe in das Innere der Kammer leitet, wodurch ein regelmäßiges Auf- und
Abziehen der Kette gesichert und eine Verwirrung derselben vermieden wird.
Bei der angenommenen Einrichtung können auch, indem man die Wellenenden i und i' der Getriebe (Fig. 1 und 3) nach außen
durchgehen läßt, Kurbeln j und j' an denselben angebracht und dadurch zwei, drei oder vier verschiedene
Geschwindigkeiten hervorgebracht werden, ohne hierzu einer Ein- und
Ausrückvorrichtung zu bedürfen.
Diese Krahne empfehlen sich daher, wie gesagt, durch ihre große Einfachheit und
können aus demselben Grunde zu einem sehr niedrigen Preise hergestellt werden.
Dampfkrahne, Fig. 4 bis 11.
Wenn man diese neuen Arten von Krahnen mit den bisher im Gebrauch befindlichen
vergleicht, so nimmt man auch bei ihnen, wie wir schon oben gesagt haben, auf den
ersten Blick die große Verschiedenheit in der Zahl und Einfachheit der Organe wahr.
Diese Apparate haben außer den drei unentbehrlichen Stücken, nämlich der Krahnsäule
A', dem Schnabel F und
den Spannstangen C', nur einen Dampfcylinder F', bei welchem die Steuerung unmittelbar durch einen
Handhebel stattfindet und dessen Kolben entweder direct auf die Kette mit den Haken,
oder auf eine Verbindung von Rollen einwirkt, um den Weg der Kette zu
vergrößern.
Bei den bisherigen Krahnsystemen findet man dagegen fast immer zwei vollständige mit
einander verbundene Dampfmaschinen mit ihren Nebentheilen. Der Dampfdruck wird
hierbei durch eine mehr oder minder große Zahl von Zahnrädern auf eine Trommel
übertragen, auf welche sich die Kette aufwickelt.
Die neuen Dampfkrahne sind, wie bereits erwähnt, dadurch so vereinfacht worden, daß
man entweder die Krahnsäule oder einen Theil des Schnabels als Dampfcylinder
benutzte, so daß auch bei ihnen meistens nur die drei unentbehrlichen Organe:
Krahnsäule, Schnabel und Spannstangen vorhanden sind.
So sieht man bei dem abgebildeten Apparate, daß der Dampfcylinder F' durch den unteren, etwas über die halbe Länge
betragenden Theil des Schnabels gebildet wird. Der Dampf tritt durch die Pfanne a' der Säule A' ein und
dringt durch den Dampfschieber e unter den Kolben E (Fig. 7). Der Schieber ist
sehr einfach construirt, er besteht nämlich in einem kleinen Metallwürfel, der mit
seinen Seiten auf zwei Messingplatten, und oben und unten in niedrigen Nuthen über
die Flächen des Kastens G gleitet, welcher an seinen
beiden Enden offen ist, um den Schieber einführen zu können (Fig. 11). Dieser Kasten
bildet den Boden des
Cylinders und ist zu diesem Zwecke mit zwei Canälen i
und i' versehen, durch deren einen der Dampf eintritt
und durch deren anderen derselbe wieder austritt, sobald der Schieber letzteren
geöffnet hat.
Der Schieber wird mit der Hand durch den Hebel L bewegt
und mit dem Kolben steigt auch die Rolle k (Fig. 5 und 6) auf, welche
an die beiden Spannstangen K befestigt ist, die durch
zwei Führungen hindurchgehen, welche den Deckel des Cylinders bilden und die
Leitrolle k' aufnehmen. Durch diese Einrichtung befindet
sich die Kette f mit ihren beiden Enden auf einem
Flaschenzuge und der Haken f' legt einen doppelt so
großen Weg mit doppelt so großer Geschwindigkeit als der Kolben zurück. Sobald
letzterer nach oben das Ende seines Hubes erreicht hat, drückt er auf die Stange l, welche bei ihrem Aufsteigen den Dampfschieber in
Bewegung setzt, die Oeffnung für den Eintritt des Dampfes verschließt, dagegen bei
ihrem weiteren Aufsteigen jene für den Austritt desselben öffnet.
Die Drehung des Krahnes in horizontaler Richtung erfolgt durch den Druck des Dampfes
in dem ringförmigen Cylinder M, welcher über den
Frictionsrollen m (Fig. 7, 8 und 9) liegt. Dieser Cylinder
wird durch einen in dem Umfang der Säule eingedrehten Falz gebildet, der außen durch
einen zweitheiligen Bundring M' geschlossen ist. Die
beiden Theile des Bundringes sind dicht auf die Ränder des Falzes aufgepaßt (Fig. 10) und
durch ein Oehr n mit der gußeisernen Fundamentplatte m verbunden. Ein Prisma n',
welches die Canäle für die Dampfvertheilung enthält, dient als Kolben. Ein zweites
Prisma o hingegen ist am Bundring befestigt (Fig. 9) und
kann sich daher nicht drehen. Je nachdem nun der Dampf in den einen oder anderen der
von den beiden Prismen n' und o gebildeten Räume eingelassen wird, dreht sich das Prisma nach der einen
oder anderen Richtung. Zur Vertheilung des Dampfes dient der mittelst des Hebels L' bewegte Schieber o' in
der Schieberkammer p, in welche der Dampf aus dem
Inneren der Säule durch das Rohr p' eingeführt wird. Am
unteren Ende des Hebels L' befindet sich eine
Frictionsrolle q, welche gegen einen Widerhalt angelegt
wird, wenn die Drehung beendet werden soll.
Chrétien hat endlich noch eine Krahnconstruction
angegeben, bei welcher der Dampfcylinder im Dampfkessel liegt. Dadurch werden nicht
nur die Dampfverluste durch Kondensation im Cylinder und in den Leitungsröhren
vermieden, sondern der Dampf wird sogar noch überhitzt, wenn er im Cylinder
arbeitet.