Titel: | Vergleich der Mitteldruck-Expansions- und Condensationsmaschine mit der Hochdruck-Expansionsmaschine bezüglich des Brennstoffverbrauches; von W. Theis, Ingenieur. |
Autor: | W. Theis |
Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. XXXIX., S. 169 |
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XXXIX.
Vergleich der
Mitteldruck-Expansions- und Condensationsmaschine mit der
Hochdruck-Expansionsmaschine bezüglich des Brennstoffverbrauches; von W. Theis, Ingenieur.
Theis, über Anwendung des Condensationsprincips auf
Expansionsmaschinen.
Der Zweck dieses Artikels ist nicht der, die zahlreichen Dampfmaschinensysteme zu
kritisiren: ob der Cylinder aufrecht oder schief steht, oder ob er liegt, ob der
eine oder der andere Expansionsmechanismus angewendet ist, bleibt für die
Hauptfrage, die Kohlenersparniß gleichgültig, so lange die Maschine zweckmäßig und
einfach construirt ist, und so lange die Mechanismen ihrer Bestimmung vollkommen
entsprechen; dagegen sollen die Vortheile des Condensations- und
Expansionsprincips und die Nachtheile ihrer Vereinigung bei Maschinen, welche mit
einigermaßen hohem Druck arbeiten, einer kurzen Betrachtung unterworfen werden.
So lange noch die Dampfmaschinen mit 1/2 Atmosphäre oder wenig mehr Ueberdruck
arbeiteten, war die Anwendung des Condensationsprincips von außerordentlichem
Vortheil, denn es konnte aus der gleichen Dampfmenge die doppelte oder noch größere
Leistung erzielt werden, welche dem Dampfdrucke entsprach. Die ungenügenden oder
ungenügend scheinenden Mittel der damaligen Zeit, Kessel und Maschine für höheren
Druck zu construiren, sind die Ursache, daß das Expansionsprincip erst später die
verdiente Würdigung erfahren hat. Sobald die Dampfspannung einmal gesteigert werden
konnte, blieb seine Anwendung nicht mehr aus, und besonders bei Maschinen, wo
Kondensation nur schwierig anzubringen ist, wie die Locomotive, steigerte man bald
den Expansionsgrad und mit ihm wieder die Dampfspannung. Als nun diese beiden
Principien der Condensation und Expansion sich in der Anwendung hinlänglich bewährt
hatten, lag der Gedanke nahe, ob nicht die Vereinigung beider einen noch günstigeren
Erfolg sichern würde, und so entstand die oft kurzweg mit dem passenden Namen
Mitteldruckmaschine bezeichnete Kraftmaschine.
Betrachten wir nun den Vorgang in dem Dampfcylinder einer solchen Maschine. Die
Anfangstemperatur des eintretenden Dampfes sey 135° C. (einer Spannung von 3
Atmosphären absolut oder 2 Atmosphären Ueberdruck entsprechend), die Temperatur beim
Ende des Hubes, d. i. beim Beginne des Ausströmens in den Condensator nach einer
entsprechenden Expansion dagegen 112° C. (1/2 Atmosphären absolut, 1/2
Atmosphäre Ueberdruck); während der Dauer der Condensation würde nun, wenn die Zeit
dieß gestattete, die Temperatur auf diejenige des Condensators, nämlich 38°
fallen. Je größer der Hub und je langsamer der Gang der Maschine, desto vollkommener
wird die Abkühlung der Cylinderwände und des Kolbens seyn.
Die erste Thätigkeit des eintretenden Dampfes besteht darin, den Cylinder bis zu
seiner eigenen Temperatur zu erwärmen; diesen Vorgang wollen wir so betrachten, als
geschähe er in zwei Abschnitten: im ersten würden nämlich die Cylinderwände von der
Temperatur des Condensators, d.h. 38° C. auf diejenige, welche der Dampf bei
seinem Austritt in den Condensator besitzt, d.h. 112° C. erhöht, die
Temperatur des Metalles also um 112 – 38 = 74° C. gesteigert; im
zweiten hingegen erhalte das Metall die weiteren 23'' der Differenz zwischen der
Anfangs- und Endtemperatur des Dampfes bei seiner Wirkung auf den Kolben.
(135° – 112° = 23° C.). – Es ist augenscheinlich,
daß bei dem jedesmaligen Eintritt des Dampfes eine gewisse Dampfmenge condensirt
werden muß, die in bestimmtem Verhältnisse zu der Masse des zu erwärmenden Metalles
und dessen specifischer Wärmecapacität steht; da nun stets neuer Dampf aus dem
Kessel nachströmt, so erhält sich gleichwohl die Temperatur von 135° und die
ihr entsprechende Spannung. Sobald die Expansion beginnt, ändert sich der Vorgang
vollkommen; der Cylinder vertritt die Stelle des Kessels, indem er auf Kosten der
von ihm aufgenommenen Wärme einen Theil des Condensationswassers, welches sich beim
Eintritte des Dampfes bildete, wieder verdampft, und da diese Wiederverdampfung vor
sich geht, während der Dampf auf den Kolben wirkt, einen Theil des ursprünglich
verlorenen Dampfes wieder nutzbar macht. Dieser Wiedergewinn compensirt jedoch bei
weitem nicht den ursprünglichen Wärmeverlust, denn die Temperaturdifferenz hinter
dem Kolben beträgt während der Dauer der Expansionsperiode nur 135° –
112° = 23° C., und nur während dieser Periode kann Wiederverdampfung
stattfinden. Wir sehen hieraus, daß, wenn der Wärmeaustausch vollständig stattfinden
könnte, Cylinderwände, Deckel und Kolben ursprünglich eine Wärmemenge in sich
aufnehmen würden, die der Temperatur von 97° (135°–38°)
entspräche, von welcher aber nur eine Wärmemenge, die 23° C. entspricht,
wieder nutzbar gemacht würde, während die als im ersten Abschnitt aufgenommen
betrachtete, 74° entsprechende Wärmemenge als gänzlich verloren anzusehen ist. –
Ein Viertel etwa würde also wiedergewonnen, während drei Viertel des Wassers
unverdampft blieben, um erst während der Condensationsperiode die Temperatur von
Cylinder und Condensator auszugleichen.
Bei der nicht-condensirenden Hochdruckmaschine setzen wir die
Anfangstemperatur als 164° C. (6,5 Atmosphären absolut; 5,5 Ueberdruck) und
einen solchen Expansionsgrad (etwa 5fach) voraus, daß die Endtemperatur des Dampfes
auf 110° (entsprechend 1,4 Atmosphären absolut und 0,4 Ueberdruck) kommt. Die
Temperatur im Abgangdampfrohr sey 100° C. (atmosphärischer Druck). Nehmen wir
wieder, wie oben, zwei Abschnitte an, während welcher die Cylinderwände vom
eintretenden Dampf vorgewärmt werden, so muß das Metall im ersten von 100°
auf 110'' erwärmt werden, also eine Wärmemenge absorbiren, welche 10°
Differenz, im zweiten dagegen eine solche, die 164° – 110° =
54° entspricht. – Das Volum des condensirten Dampfes hängt hier
natürlicher Weise wieder vom Gewicht und der specifischen Wärme des Metalles ab, mit
welchem es in Berührung kommt. Sobald Expansion eintritt, wird wieder ein Theil des
Condensationswassers verdampft, und zwar werden hier nicht weniger als 164°
– 110° = 54° wieder nützlich gemacht, und von den im Ganzen vom
Metall aufgenommenen 64° sind nur 10° als absolut verloren zu
betrachten.
Es mag zur Veranschaulichung dienen, für den oben angenommenen Fall eine
Condensationsmaschine zu betrachten. Die Anfangstemperatur sey also wieder
164°, die Endtemperatur vor der Ausströmung 110°, so sind im Ganzen
164° – 38° = 126° zum Erwärmen der Cylinderwände
erforderlich (in der Praxis ist der Verlust begreiflicher Weise nicht ganz so groß,
weil nicht genug Zeit zum Uebergange der Wärme vorhanden), von welchen 164°
– 110° = 54° wieder nutzbar gemacht werden, 110°
– 38° = 72° aber gänzlich verloren sind. Mit anderen Worten:
wäre genügend Zeit vorhanden, so gienge fast die Hälfte des von Anfang eintretenden
Dampfes verloren, und mit der Anwendung der Condensation geht siebenmal so viel
Wärme verloren als ohne dieselbe.
Aus dieser Betrachtung geht nun einfach hervor, daß die
Anwendung des Condensationsprincips auf Maschinen, die mit Expansion und mit
höherem Druck arbeiten, einen Wärmeverlust verursacht, der in keinem
Verhältnisse zu dem Zuwachs an Kraft steht.
Wo aus mehrfachen Gründen nur Niederdruck angewendet werden kann, und die Zuführung
des Condensirwassers so leicht bewerkstelligt werden kann, wie bei Marinemaschinen, da ist eine
Condensationsmaschine vollkommen an ihrem Platze; bei stabilen Maschinen dagegen,
wenn es die Güte des Speisewassers nur einigermaßen erlaubt, den Druck zu steigern,
ist kein Grund vorhanden, die Complicationen, welche Condensator und Luftpumpe
verursachen, zuzufügen, besonders wenn das Einspritzwasser aus beträchtlicher Tiefe
gehoben werden muß.
Ferner ist der Einfluß der Metallmasse von Cylinder, Deckel und Kolben nachgewiesen.
Je größer diese Masse, desto größer die Wärmeaufnahme und desto größer der
Wärmeverlust; es ist also rathsam, die Wände des Cylinders schwach, die Deckel und
Kolben leicht zu halten, und dem letzteren eine große Geschwindigkeit zu geben.
Der Einfluß der Wärmeverluste während der Einwirkung des Dampfes auf den Kolben ist
von jeher erkannt worden; dieß beweist die frühzeitige Anwendung der Dampfumhüllung. Doch scheint es, daß man dabei mehr den
Wärmeverlust durch Ausstrahlen in die Atmosphäre im Auge gehabt habe, als den der
inneren Wände. Für eine Condensationsmaschine, bei welcher eine größere Menge Dampf
im Cylinder condensirt wird, wirkt eine Dampfumhüllung weit stärker, als für eine
einfache Hochdruckmaschine; man hüte sich jedoch, diesen Umstand für einen
ökonomischen Vortheil zu halten. Die Maschine liefert allerdings in Folge dessen
einen weit größeren Effect, aber dieß geschieht auf Kosten der Wärme, welche die
Dampfumhüllung dem Kessel entzieht.
In einer Gegend, welche weitaus den größten Theil ihres Brennmaterials aus dem
Auslande bezieht, wie die hiesige, erscheint es doppelt wichtig, möglichst
ökonomische Dampfmaschinenanlagen herzustellen, und dieser Umstand veranlaßte mich,
zunächst bei einer Anzahl bestehender Maschinen Tabellen über Brennstoffverbrauch
zusammenzustellen, mittelst des Indicators Diagramme aufzunehmen, und um mich
gleichzeitig bezüglich des Nutzeffects der Maschinen zu vergewissern, die Prony'sche Bremse anzulegen. Die so gewonnenen
praktischen Resultate bestätigten in jeder Hinsicht die oben angestellten
Betrachtungen.
Einfache Mitteldruckmaschinen mit einem Cylinder ohne Dampfumhüllung zeigten bei
Beginn der Expansion eine etwas raschere Abnahme des Druckes, als die Rechnung
ergab. (Bei Schiffsmaschinen war dieß nicht immer der Fall, hier zeigte aber
jedesmal der Indicator, welcher statt einer concaven Curve eine convexe zeichnete,
daß der Expansionsapparat unvollkommen war, und immerfort neuen Dampf eintreten
ließ.) Bei Mitteldruckmaschinen mit Dampfumhüllung erhielt ich allerdings sehr
vollkommene Diagramme, und die Maschinen leisteten weit mehr, als ihre Nominalkraft,
dafür stand aber der Kohlenverbrauch mindestens in gleichem Verhältniß. – Am
auffallendsten zeigten die hier sehr beliebten Woolf'schen Maschinen den Einfluß der Abkühlung. Da der aus dem kleinen
Cylinder in den großen strömende Dampf keine directe Wärme mehr aus dem Kessel
beziehen kann, so muh er auf eigene Kosten den großen Cylinder vorwärmen, und eine
Wärmemenge hergeben, welche während der Dauer der Condensation an den Condensator
verloren wird.
Bei Cylindern, deren Querschnitte nur das Verhältniß 1 : 4 hatten, war der Dampf von
3 bis 4 Atmosphären anfänglicher Spannung schon nach 1/4 des Hubes im großen
Cylinder soweit condensirt, daß die Bleifeder des Indicators unter die
atmosphärische Linie gelangte; vor Ende des Hubes war hinter dem Kolben fast das
gleiche Vacuum wie vor demselben, d.h. der Seite, welche mit dem Condensator in
Verbindung stand. Eine Steigerung des Dampfdruckes bei solchen Maschinen erzeugte
freilich einen größeren Effect, aber der Kohlenverbrauch stellte sich im Verhältniß
zur Leistung höher.
Als ein sicheres Maaß der relativen Leistung einer Anzahl Maschinen verschiedener
Construction galt mir auch die Production derselben. Die beobachteten Maschinen
haben zufällig die gleichen Kesselconstructionen, werden mit demselben Brennmaterial
geheizt, und mahlen mit ganz gleichgebauten Mühlen und gleichen Mühlsteinen dieselbe
Mehlsorte. Die besten Mitteldruckmaschinen mit Condensation von ansehnlicher Größe
lieferten kaum 15 Kilogr. Mehl per 1 Kilogr. Steinkohle,
während eine kleine Hochdruckmaschine 16 Kilogr. Mehlproduction per 1 Kilogr. Kohlen überschritt. Woolf'sche Maschinen gelangten nicht über das Verhältniß 1 : 12.
Bei einer Woolf'schen Maschine, welche ich construirte,
weil man eine große Vorliebe für dieses System hatte, verringerte ich das
Expansionsverhältniß auf 1 : 3 1/2, wobei die Canäle mitgerechnet sind, brachte an
beiden Cylindern vorn und hinten Schieberkästen an, reducirte überhaupt Dampfwege
und Kolbenspiel auf ein Minimum, und vergewisserte mich durch Dampfeinlassen bei
abgehobenen Cylinderdeckeln sowohl des genauen Schlusses der beiden Kolben als der
vier Schieber. Selbst hier sielen die mehrfach genommenen Diagramme nichts weniger
als befriedigend aus; ja sie schienen sogar auf den ersten Blick absurd, denn hinter
dem kleinen Kolben war bei Anfang der Communication zwischen beiden Cylindern noch
ein ziemlicher Druck, während die Spannung im großen Cylinder gleichzeitig höchstens
ein Drittel des ursprünglichen Druckes betrug. Diese Erscheinung ist der geringen
Oeffnung der Dampfcanäle zuzuschreiben, durch welche der Dampf im Anfang passiren
muß; der Dampf
braucht eine gewisse Zeit, um durch die kaum geöffnete Spalte zu dringen, condensirt
sich aber sofort zum großen Theile, wenn er sich im großen Cylinder befindet, und
daher der Unterschied der Spannung in beiden Cylindern.
Diagramme, welche von der theoretischen Curve kaum abwichen, erhielt ich von einer
gleichzeitig construirten Hochdruckmaschine, deren Beschreibung ich mir für ein
anderes Mal vorbehalte.
Neapel, den 19. März 1866.