Titel: Ueber die Wirkung und neueren Constructionen der eisernen Fachfilter für den Scheideschlamm der Rübenzuckerfabrication; von Louis Walkhoff.
Autor: Louis Walkhoff
Fundstelle: Band 180, Jahrgang 1866, Nr. LXXVI., S. 291
Download: XML
LXXVI. Ueber die Wirkung und neueren Constructionen der eisernen Fachfilter für den Scheideschlamm der Rübenzuckerfabrication; von Louis Walkhoff. Mit Abbildungen auf Tab. V. Walkhoff, über die eisernen Fachfilter für die Rübenzuckerfabrication. Diese Apparate werden fast allgemein „Filterpressen“ benannt, während sie doch bloß Filter sind, welche die festen Bestandtheile der geschiedenen oder saturirten Säfte der Zuckerfabrication auf der größtmöglichen Filtrirfläche zurückhalten. Eine Pressung findet in den Fachfiltern nicht statt, da der Saft aus den Safthebern (monte-jus) mit geringem Dampfdrucke in dieselben getrieben wird; der Proceß ist daher nur eine Filtration unter Druck. Dem entsprechend ist auch der in diesen Apparaten verbleibende Rückstand nicht „gepreßt“ und enthält nicht unbedeutende Wasser- resp. Saftmengen, welche von 80 bis 60 Proc. variiren.Polytechn. Journal Bd. CLXXVII S. 286. Wenn man den Schlammrückstand aus diesen Filtern einer wirklichen Pressung mittelst hydraulischen Druckes unterwirft, so erhält man noch Saft. Ich habe zur Constatirung dieser Thatsache die Rückstände von 5648 Ctrn. Rüben einer Pressung unterzogen und dadurch noch 6959,5 Pfd. Saft von 11,4 Proc. Zuckergehalt erzielt, was 0,140 Pfd. Zuckergewinn auf 100 Pfd. Rübe ausmacht. 1000 Pfd. des nach der Pressung erhaltenen Schlammrückstandes wurden mit 1000 Pfd. Wasser gemischt, das Gemisch nochmals saturirt (da die Saturation bei der Jelinek'schen Scheidung nicht vollständig geschieht) und die erhaltene Lösung auf ihren Zuckergehalt untersucht. Sie enthielt in 100 Theilen 2,6 Th. Polarisations-Zucker und die Menge derselben betrug 1600 Pfd. Flüssigkeit à 2,6 Proc. Zucker (bei 3 Proc. Balling Dichtigkeit) = 41,60 Pfd. Zucker oder per 100 Pfd. Schlamm = 4,16 Pfd. Zucker. Da nun bei diesen Versuchen 1000 Pfd. Schlamm das Product von 15300 Pfd. Rüben waren, so ergibt sich ein Zuckerverlust auf 100 Pfd. Rübe von 0,272, welche mit obigen 0,140 (durch Pressen des Schlammrückstandes von 100 Rübe gewonnenen Zuckers) im Ganzen 0,412 Proc. ergeben. Wenn also nach der Operation in solchen Fachfiltern keine Pressung oder sonstige Manipulation zur Gewinnung des Zuckers aus dem Schlammrückstande vorgenommen würde, so bezifferte sich der Zuckerlust auf 0,412 Pfd. per 100 Pfd. Rübe, somit auf einen nicht unbedeutenden Betrag. Diese Thatsache festzustellen, erschien mir vor Allem wichtig, da sich daraus sowohl eine rationelle Behandlung der Fachfilter als auch die beste Construction derselben ergeben mußte. Wenn man die Wirksamkeit dieser Apparate als „mechanische Filter“ betrachtet, so ist deren Leistung ganz vorzüglich; denn es werden beträchtliche Quantitäten Saft dadurch fast augenblicklich von den sie verunreinigenden festen Theilchen abgesondert, mithin gereinigt, ein Resultat, welches die großartigen Filterflächen erwarten ließen. Wenn man aber die Wirkung derselben als „Pressen“ betrachtet, so ist das Resultat keineswegs ein so vollkommenes wie es der Fabrikant zu erzielen genöthigt ist, und man entschloß sich daher, das so nahe liegende Hülfsmittel des Verdrängens der Zuckerflüssigkeit aus den Rückständen mittelst Wasser anzuwenden. Man benutzte zu diesem Zwecke Injectoren, Injectionspumpen etc., überhaupt Mittel, welche mit mehr oder weniger Kraft das Wasser durch die compacte Schlammmasse in diesen Fachfiltern treiben. Dieses Verfahren ist aber meiner Ansicht nach nicht ganz rationell, denn zu jeder Verdrängung – insbesondere bei einer so großen Oberfläche (hier von 24 × 24 = 570 Quadratzoll) – ist eine gewisse Zeit erforderlich, und zwar mehr Zeit als ein kräftiger Druck gestattet. Nur bei ruhiger, langsamer Einwirkung scheint das Wasser im Stande zu seyn, in die compacte Masse gleichmäßig einzudringen und den Proceß des Verdrängens mit Erfolg bewerkstelligen zu können. Deßhalb wende ich jetzt den einfachen Wasserdruck aus einem höher gelegenen Wasserreservoir an (ähnlich wie bei meinem Saftgewinnungsverfahren); nach meiner Erfahrung ist eine Höhe von 16 Fuß genügend. Dieses Verfahren ist zugleich das einfachste, welches man in einer Fabrik einschlagen kann. Bei einem einmaligen Absüßen erhielt ich aus einer Schlammpresse, welche 192 Pfd. Schlamm enthielt, 150 Pfd. Flüssigkeit à 3,43 Proc. Polarisations-Zucker oder 5,14 Pfd. Zucker; das macht per 100 Pfd. Schlamm 2,70 Pfd. Zucker, während ohne Absüßen nach Obigem per 100 Pfd. Schlamm 4,16 Pfd. Zucker verloren giengen. Es ist also hierdurch der Verlust auf 1,46 Pfd. vermindert worden, somit nahezu auf ein Drittel. Wenn diese einfache Verdrängung mit Wasser länger andauerte oder wiederholt wurde, so wurde dadurch der Zuckergehalt des Schlammes so weit vermindert, daß per 100 Pfd. desselben nur noch 1,20 bis 1,10 Pfd. Zucker verloren giengen, also auf 100 Rübe (da 100 Pfd. Schlamm das Product von 1530 Pfd. Rübe sind) 0,08 Zucker. Bedenkt man nun, daß mit denselben Gerätschaften ohne das Mittel der Verdrängung durch Wasser per 100 Rübe 0,412 Zucker verloren gehen, aber mittelst der Anwendung von Wasser zum Verdrängen desselben nur noch 0,08, so erscheint der mit geringen Kosten erzielte Gewinn von 0,332 Pfd. Zucker per 100 Pfd. Rübe bedeutend genug, um das Aussußen des Schlammes in solchen Filtern als etwas Wesentliches zu betrachten, und diese Apparate sollten daher so construirt werden, daß der Zuckerfabrikant die Verdrängung mittelst Wasser anzuwenden im Stande ist. Es ist vielfach die Meinung verbreitet worden, daß durch dieses sogenannte „Aussüßen“ des Schlammrückstandes viele, der Zuckerabscheidung schädliche sogenannte „fremde Substanzen“ wieder ausgezogen werden. Wie eine nähere Untersuchung der beim Aussüßen erhaltenen Lösungen ergibt, enthalten dieselben aber im Gegentheil durchaus nicht mehr Salze als die Säfte. Acidimetrische Bestimmungen ergaben auf 100 Zucker 1 bis 1,2 Kalk nebst Alkalien, und Hr. Dr. C. Stammer hat in diesem Journal Bd. CLXXVII S. 282 Analysen mitgetheilt, welche ein gleiches Ergebniß an organischem sowohl als an unorganischem Nichtzucker lieferten. Es ist also auf das Verdrängen mittelst Wasser ein großes Gewicht zu legen, da außerdem die Saftausbeute aus dem Scheideschlamme als eine sehr mangelhafte bezeichnet werden muß. Die rasche Verbreitung der eisernen Fachfilter erklärt sich aus dem Bestreben unseres Zeitalters, die Handarbeit durch die mechanische Arbeit oder die Maschine zu ersetzen; dieser Vortheil, in Verbindung mit der großen Reinlichkeit, welche im Vergleich mit der Handarbeit erzielt wird, ist der einzige, welchen man aus den neuen Maschinen zieht, wenn man es verschmäht, den rückständigen Zucker mittelst Verdrängung durch Wasser aus dem Schlamme zu gewinnen. Wir wollen nun zur Besprechung einiger neueren Constructionen dieser Filter übergehen. Bekanntlich war Hr. Danek in Prag der Erste, welcher gußeiserne Fachfilter für die Zuckerfabrication baute und Hr. Trinks in Helmstedt hat sich insbesondere große Verdienste um die Vereinfachung dieser Apparate erworben. Letzterer hat neuerdings seine, in diesem Journal Bd. CLXXVII S. 278 nach beigegebener Abbildung beschriebene Schlammpresse dadurch vereinfacht, daß er den Schlammzuführungscanal in die Mitte (statt oben über die Presse) legt, nämlich in c Fig. 32. Eine hohle Messingmutter a hält in der Mitte das um jenes (an beiden Seiten vertiefte) Gußstück geschlagene Tuch fest. Der Schlamm sammelt sich in den Vertiefungen der Platten, die an den Rändern erhöht mit dem Tuche dichten, und entleert sich bei dem Auseinandernehmen oder Auseinanderschieben der einzelnen Platten von selbst, indem er nach unten in einen Wagen fällt. – d ist der Wasser- und Dampfcanal, und b sind die kleinen Hähne, welche dazu dienen, das Wasser zum Absüßen zwischen je zwei Kuchen aufzuhalten, um eine seitliche Durchdringung (Verdrängung) der Schlammkuchen zu ermöglichen. Um das ganze Fachfilter zusammenzuhalten, dienen zwei Schrauben g, g in Fig. 33 und 34. Es kam nun öfter vor, daß die Muttern von den Arbeitern ungleich angezogen wurden, wodurch in einigen Fällen das Zerspringen des Holmes etc. veranlaßt wurde. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, habe ich das Getriebe i, k angebracht, daher durch Drehen der Kurbel u beide Muttern vollkommen gleichmäßig vor- oder zurückgeschroben werden und zugleich (mittelst h) den vorderen Holm mit zurückziehen oder vorschieben. Kleine Häkchen l fallen dann von selbst auf die Stifte m und ziehen so die verschiedenen Platten der ganzen Presse in die gehörigen Abstände, wie in Fig. 34 zu sehen ist, die das geöffnete Fachfilter darstellt (welches in Fig. 33 zugeschroben gezeichnet ist). Da ein Arbeiter das Oeffnen und Schließen des Filters durch Drehen an der Kurbel u besorgt und der Schlamm sich von selbst entleert, so erfordern derartige Filter die geringste Arbeitskraft und bieten die größte Gewähr gegen Zerspringen. Dadurch, daß zwei Muttern vorhanden sind, ist auch größere Sicherheit geboten, als bei den Constructionen mit nur einer Schraube, welche auf die Mitte drückt. Eine andere Construction derartiger Filter von den Ingenieuren Riedel und Kemnitz in Halle a. S. wurde von A. List empfohlen. Dieselben wenden durchlöcherte Platten r, Fig. 35, an, welche ebenfalls die Schlammeinführung s in der Mitte haben. Zwei solcher Platten sind zusammengenietet und zwischen denselben läuft der klare Saft ab. Der Rückstand sammelt sich in mit Hundgriffen t versehenen gußeisernen Rahmen, deren jeder zwischen einem Plattenpaare r liegt. Die Rahmen haben 21 Zoll im Quadrat. Als Hauptvortheil dieser Filterpressen wird angeführt, daß ihre Leistung die doppelte der übrigen Constructionen ist. Dieß beruht aber unstreitig auf einem Irrthum, denn jeder Rahmen hat nur 21 × 21 = 441 Quadratzoll Filterfläche auf jeder Seite oder 882 auf beiden Seiten. Wenn nun 24 Rahmen vorhanden sind, so beträgt die gesammte Filterfläche 24 × 882 = 21168 Quadratzoll, während die oben besprochenen Filter à 24 Zoll im Quadrat auf jeder einfachen Seite 576 Quadratzoll oder auf beiden Seiten 1152 Quadratzoll Filterfläche haben. Um jene 21168 Quadratzoll in diesen größeren Pressen zu erhalten, wären mithin nur 21168: 1152 = 18 Zwischenplatten erforderlich, in welcher Anzahl dieselben bereits vielfach in Anwendung sind. Dagegen ist aber bei der Construction der genannten Ingenieure die Selbstentleerung aufgegeben; es muh mit Aufwand von Arbeitskraft jeder einzelne, mit Schlamm gefüllte Rahmen herausgehoben und entleert werden. Dieß ist entschieden kein Fortschritt. Ferner sind die inneren Muttern a in Figur 3234 weggelassen und wird das Tuch nur zusammengenäht (in der Mitte). Dadurch ist es aber unmöglich geworden, das Tuch behufs gründlicher Reinigung, welche zu seiner Conservirung wesentlich beiträgt, öfter abzunehmen und mit salzsäurehaltigem Wasser zu waschen. Als weiterer Vortheil wird der Wegfall der Siebe und Hähne bezeichnet. Was die Siebe betrifft, so erfordert deren Auswechselung Capital, und es ist immerhin besser, sie gar nicht anzuwenden. Dieß ist aber schon lange bei den besseren Constructionen der Fachfilter gebräuchlich, nachdem die Praxis bewiesen hatte, daß die Siebe nicht nöthig sind. Wenn aber sämmtliche Hähne b, d, s und t in Fig. 3234 wegbleiben, so ist man in die Unmöglichkeit versetzt, den Schlammrückstand zur Gewinnung des rückständigen Zuckers absüßen zu können. Abgesehen von diesem sehr beachtenswerthen Umstande ist der Fabrikant dieser Hähne stets benöthigt, um den einen oder anderen schließen zu können, wenn in einer Abtheilung das Tuch zerreißt und unfiltrirten Saft durchfließen läßt, wodurch eine ganze Operation verdorben würde. Schließlich bemerke ich, daß das Weglassen der Messingfassung den Preis eines Fachfilters um 50 Thlr. verringern müßte, so daß ein Filter für 12 Kuchen großen Kalibers um 370 Thlr geliefert werden könnte.

Tafeln

Tafel Tab.
                                    V
Tab. V