Titel: | Darstellung condensirter Milch; von Prof. Dr. Trommer in Eldena. |
Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XXXIX., S. 169 |
Download: | XML |
XXXIX.
Darstellung condensirter Milch; von Prof. Dr.
Trommer in
Eldena.
Trommer, über Darstellung condensirter Milch.
Unter den erquickenden und erfrischenden Nährstoffen, die wir unseren kämpfenden,
insbesondere den verwundeten und erkrankten Kriegern reichen können, steht ohne
Zweifel die Milch oben an. Dieselbe aber als solche auf weite Entfernungen hin zu
versenden, hat bekanntlich in mehrfacher Beziehung seine großen, zum Theil
unüberwindlichen Schwierigkeiten. Anders gestaltet sich indessen dieses Verhältniß
indem wir 1) die Milch condensiren, d.h. das Wasser derselben oder ihre wässerigen
Bestandtheile, die in der Regel gegen 88 Procent betragen, möglichst entfernen, ohne
daß dabei die Natur der Milch selbst wesentlich verändert werde, und 2) diese
condensirte Milch gleichzeitig in einen Zustand versetzen, in welchem dieselbe dem
Verderben widersteht.
Nach meinen vieljährigen Untersuchungen und Erfahrungen, die ich bis jetzt im Gebiete
des Molkereiwesens gemacht habe, erreicht man dieß auf folgende unschwere Weise: Die
Milch, welche für diesen Zweck stets nur aus gereinigten, gewaschenen Eutern der
Thiere gemolken werden darf, außerdem aber auch noch sehr sorgfältig durchgeseiht werden muß, wird
zunächst bis zum Kochpunkt über freiem, rauchfreiem Feuer erhitzt oder aufgekocht.
Nach diesem wird die Milch noch einmal durch einen sehr feinen Durchschlag von Blech
durchgeseiht und kommt dann in ein sogenanntes Wasserbad, wo sie unter Zusatz des
gewöhnlichen raffinirten Zuckers und zwar 6–7 Loth auf ein Quart Milch, unter
stetem und gelindem Umrühren bis zur Consistenz eines dickflüssigen Syrupes
eingedampft wird.
Ein derartiges Wasserbad besteht aber lediglich aus einem gewöhnlichen eisernen
kesselartigen Gefäße, oder aus einem gewöhnlichen kupfernen Waschkessel, in welchem
ein zweites, mehr flaches Gefäß, das aus gewöhnlichem starken Weißblech verfertigt
seyn kann, eingehängt wird. Demnach muß der Durchmesser dieses Gefäßes ungefähr
2–3 Zoll kleiner seyn. Auch muß ferner das letztere mit einem besonderen,
ringförmigen, 5–6 Zoll breiten Rande versehen seyn, der so hoch angebracht
wird, daß dasselbe ungefähr um 2/3 in den ersten Kessel hineinragt und in diesem
Rande, der auf dem Rande des äußeren Kessels fest aufliegen muß und mit diesem durch
eine Zwischenlage von Tuch oder Leinewand und vermittelst einiger eiserner Klammern
fest verbunden seyn muß, – zugleich seinen Träger findet. Im Fall der äußere
Kessel Handhaben besitzen sollte, die dem Aufliegen oder dem Schließen dieses
vorspringenden Randes ein Hinderniß darbieten, muß selbstverständlich der letztere
entsprechende Ausschnitte bekommen.
Wird nun in den äußeren Kessel so viel Wasser gethan, daß seine Oberfläche noch
einige Zolle von der äußeren Fläche des Bodens des zweiten Kessels entfernt bleibt,
und wird ferner, nachdem beide Gefäße möglichst dicht verbunden worden sind, Feuer
unter dem ersten Kessel gemacht, so ist das für diesen Zweck verlangte Wasserbad
hergestellt. Die Temperatur einer in dem inneren Kessel befindlichen Flüssigkeit, in
diesem Falle der Milch, kann selbstverständlich niemals höher werden, als die
Temperatur des Wassers oder seiner Dämpfe des äußeren Kessels; es kann daher von
einem Anbrennen der Milch hier nicht mehr die Rede seyn. Im Gegentheil, die
Temperatur der in einem derartigen Wasserbade zu verdampfenden Milch ist in der
Regel 10–15°R. niedriger, als die des kochenden Wassers. Der Grund
dieser Erscheinung liegt zum Theil in dem beständigen Umrühren der Milch, zum Theil
aber auch darin, daß noch fortwährend, trotz aller Dichtigkeit die man zwischen der
Verbindung beider Kessel hergestellt zu haben glaubt, Wasserdämpfe aus dem äußeren
Kessel entweichen. Die Gefahr einer zu großen Spannung dieser Wasserdämpfe wird aber
dadurch vollständig beseitigt.
Daß aber unter diesen Umständen die Temperatur der zu condensirenden Milch in der
Regel nicht höher steigt als oben angegeben wurde, ist gerade ein Umstand der ganz
besonders zur Güte des Fabricates beiträgt.
Was zunächst das Größenverhältniß des zweiten oder inneren Kessels des Wasser-
oder auch Dampfbades anbetrifft, so richtet sich dasselbe, und zwar sein Umfang,
allerdings nach dem äußeren Kessel. Indessen muß der innere Kessel bei Weitem mehr
flach als tief seyn, indem die Verdampfung einer Flüssigkeit bei gleicher Temperatur
eine um so größere ist, je größer die Oberfläche ist, welche dieselbe der Luft
darbietet. Würde z.B. der Durchmesser des zweiten Kessels 2 Fuß betragen, so würde
seine Oberfläche 442 Quadratzoll seyn. Bei 1 Zoll Höhe der Flüssigkeit würde aber
ein solcher Kessel beinahe 7 Quart, bei 2 Zoll Höhe gegen 14 Quart, bei 4 Zoll Höhe
gegen 28 Quart zu fassen im Stande seyn. (1 preuß. Quart = 64 Kubikzoll.) Es muß
indessen noch bemerkt werden, daß in diesem Falle ein sogenannter Steigraum von
mindestens 4 Zoll frei bleiben muß, indem sonst beim Umrühren der Flüssigkeit sehr
leicht etwas von derselben verloren gehen kann.
Während des Aufkochens der Milch muß das betreffende Wasserbad in voller Thätigkeit
seyn, um die heiße und noch einmal durchgeseihte Milch aufnehmen zu können, welche
von jetzt ab ununterbrochen und regelmäßig gerührt werden muß. Geschieht dieß nicht,
so bilden sich unlösliche Häute, was mehr oder weniger mit der Zerstörung der
Fett- oder Butterkügelchen verbunden ist. Das Umrühren selbst geschieht bei
kleinen Quantitäten mit einem hölzernen Spaten, bei größeren hingegen mit einer
sogenannten hölzernen Krücke.
Bevor der Zusatz des Zuckers geschieht, wird derselbe ein wenig geläutert; dieß
geschieht einfach auf die Weise, daß man denselben mit ungefähr der Hälfte seines
Gewichtes Wasser eine Zeit lang kocht, abschäumt und die heiße Flüssigkeit durch
Flanell seiht. Nachdem dieser flüssige Zucker bis auf mindestens 60°R.
abgekühlt ist, wird er der Milch im Wasserbade zugesetzt. Der Zucker wirkt hier nur
allein als Conservirungsmittel; denn daß derselbe zugleich auch einen süßen
Geschmack ertheilt, ist hier eine Nebensache, um so mehr, als die Milch bereits
ihren eigenen Zucker enthält, den sogenannten Milchzucker.
Auch dürfte unter Umständen der Zusatz des (raffinirten) Zuckers die condensirte
Milch etwas vertheuern, da der Zucker bekanntlich theurer ist, als die festen
Bestandtheile der Milch. – Ohne Zucker hält es außerordentlich schwer, selbst
unter Beobachtung aller bis jetzt bekannten Conservirungsmethoden, die condensirte
Milch gegen innere Verderbniß oder Zersetzung zu schützen. Auch läßt sich nicht wohl, um den
Zweck der Conservirung vollständig erreichen zu können, jenes oben angegebene
Verhältniß des Zuckers zur Milch bedeutend schmälern.
Dagegen ist die Haltbarkeit einer nach dieser meiner Vorschrift bereiteten Milch von
der Art, daß es zur Aufbewahrung derselben gar nicht erst hermetisch verschlossener
Gefäße bedarf. Das weiter unten angegebene einfache Verfahren der weiteren
Aufbewahrung genügt vollständig.
Im Verlaufe der weiteren Condensation der Milch hat man nur darauf zu achten, daß die
Temperatur derselben niemals über 70°R. steigt. Eine höhere Temperatur würde
die Güte des Fabricates sehr beeinträchtigen. Man muß daher stets ein Thermometer in
Gebrauch ziehen, und wenn es nothwendig seyn sollte, durch Steuerung der Feuerung
und fleißigeres Umrühren die Temperatur-Verhältnisse zu reguliren suchen.
Hat die Flüssigkeit den gehörigen Grad der Condensation erreicht, was man unter
Anderem daran erkennt, daß dieselbe von dem Rührinstrumente nicht mehr in einem
dünnen Strahle oder tropfenweise abfließt, sondern vielmehr in größeren
zusammenhängenden Massen herabfällt, so wird zugleich zur Füllung derselben in
passende Gefäße geschritten. Diese letzteren bestehen in einfachen Blechbüchsen,
welche bekanntlich haltbarer als Glasgefäße sind, mit gut. schließbaren Deckeln
versehen, deren Seitenwand höchstens 6–8 Linien breit zu seyn braucht. Die
Größe dieser Blechbüchsen kann ganz willkürlich genommen werden; indessen ist es
zweckmäßig, nicht unter 1 Pfd. und nicht über 2 Pfd. Inhalt zu gehen. Was die Form
anbetrifft, so ist am zweckmäßigsten das Verhältniß des Durchmessers zur Höhe gleich
2 1/2 : 4 zu wählen. Dabei ist nur noch zu erwähnen, daß dergleichen Büchsen und
deren Deckel mit Sodalauge zuvor gehörig gereinigt seyn müssen, und daß sie ferner
kurz vor ihrem Gebrauch einige Secunden lang einer starken Hitze ausgesetzt werden,
wobei jedoch das Zinn oder das Loth derselben nicht schmelzen darf.
Sind die betreffenden Büchsen bis zum Rande mit der condensirten Milch gefüllt, so
bleiben sie bis zum vollständigen Erkalten (aber nur bis auf die gewöhnliche
Temperatur von 15–18° R.) ruhig stehen. Während dieser Zeit hat sich
der Inhalt auf mehrere Linien zusammengezogen; der dadurch oberhalb der condensirten
Milch entstandene Raum wird nun mit einer heißen concentrirten, geläuterten
Zuckerflüssigkeit vollständig gefüllt, dann die Büchse sogleich mit dem Deckel
verschlossen, der zuvor recht passend gemacht werden muß, und hierauf die Fuge
zwischen Deckel und
Büchse von außen, so weit sie nämlich sichtbar ist, mit einem Teig von Mehl und
heißem Wasser zugestrichen. Dabei darf aber die Büchse niemals aus ihrer verticalen
oder aufrechten Lage gebracht werden. Nach einiger Zeit wird dann noch ein, einige
Linien breiter Papierstreifen, der mit einem ähnlichen dicken und heißen Kleister
zuvor bestrichen worden ist, rings um jene Fuge gelegt. Ist dieser Verband gehörig
trocken geworden, so kann die Büchse in jegliche Lage gebracht werden. Damit aber
der Deckel ohne besondere Kraftanstrengung leicht abgenommen werden kann, so thut
man wohl, wenn man den äußeren Rand der Büchse, so weit der Deckel überfaßt, mit
reiner, frischer, geschmolzener und wieder erkalteter Butter vor dem Verschließen
bestreicht.
Die in der beschriebenen Weise aufbewahrte condensirte Milch hält sich ganz
vortrefflich, und ist dieselbe unter genauer Beobachtung aller hier mitgetheilten
Vorschriftsregeln bereitet, so bildet sie ein Fabricat, das sich nicht allein mit
kaltem oder warmem Wasser in jedem Verhältniß leicht mischen läßt, sondern es
unterscheidet sich auch ein derartiges Gemisch von einer frischen, zuvor
aufgekochten, eventuell wieder erkalteten Milch durchaus in nichts Anderem als in
seinem bedeutend süßeren Geschmack. Dieß dürfte aber wohl schwerlich derselben zum
Nachtheil gereichen!
Da in einem preußischen Quart der gewöhnlichen unverfälschten Milch 9 1/2 Loth feste
Milchbestandtheile angenommen werden können, und die nach meiner Vorschrift
bereitete condensirte Milch noch immer 25–30 Proc. Wasser enthält und
außerdem pro Quart 7–8 Loth Zucker genommen
worden sind, so gehören selbstverständlich mindestens 20–22 Loth von dieser
condensirten Milch dazu, um mit Hülfe eines Quart Wassers eine Flüssigkeit zu
erzeugen, welche ein Quart unverfälschter gewöhnlicher Milch in Betreff der
eigentlichen Milchbestandtheile zu ersetzen im Stande ist.
Spricht dieses Verhältniß auch keineswegs in ökonomischer Beziehung und unter den
allgemeinen Verhältnissen zu Gunsten der condensirten Milch, und läßt sich ferner
dieses Mißverhältniß nicht wohl wesentlich ändern, ohne dabei die Qualität der
condensirten Milch und ihre Haltbarkeit in Gefahr zu bringen, so dürfen wir nicht
vergessen, daß an Orten wo Krieg geführt wird, die Milch in der Regel zu den
seltensten Artikeln gehört, und mitunter selbst mit Gold kaum aufgewogen werden
kann. Es wird daher unsere Sorge seyn müssen, vor Allem unseren verwundeten und
erkrankten Kriegern, so weit ihnen Milch fehlt, dieses Labsal in Form concentrirter
oder condensirter Milch zu senden.
Ich bemerke schließlich daß, um eine möglichst fettreiche Milch gewinnen zu können,
ich den größeren Theil der zu verarbeitenden Milch in Form von Sahne oder Rahm
verwende. Auf 1 Theil der Sahne nehme ich 1 Theil frischer Milch: alles Uebrige
geschieht wie oben. Die Fabrication wird dadurch einfacher und kürzer. Zur Gewinnung
der betreffenden Sahne bleibt die Milch nur 12 Stunden stehen, wobei natürlich
ebenfalls die größte Reinlichkeit beobachtet werden muß. Die Milchsatten werden zu
dem Ende zugedeckt, und der Milch selbst auf je 10 Quart 1–1 1/2 Loth doppelt
kohlensaures Natron in Auflösung zugesetzt. (Nordd. Allg. Ztg.)