Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. , S. 455 |
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Miscellen.
Miscellen.
Elastische Radreifen von Straßenlocomotiven.
Die Maschinenfabrik von Aveling und Porter in Rochester hat neuerdings bei ihren Straßenlocomotiven Radreifen
von Kautschuk in Anwendung gebracht, die aus einzelnen Segmenten bestehen und mit
dem Radkranze durch Schrauben und eiserne Ringe verbunden sind. Bei einer kürzlich
gebauten Maschine von 5 Pferdekräften haben z.B. die 3 1/2 Fuß hohen Vorderräder
Kautschuksegmente von 12 Zoll Länge, 4 Zoll Breite und 3 Zoll Dicke, während die 5
Fuß hohen Hinterräder bei sonst gleichen Dimensionen 6 Zoll breit sind. Der
Kautschuk ist an 1/4 Zoll starke Stahlplatten befestigt, welche an die 1/2 Zoll
starken schmiedeeisernen Radkränze angebolzt sind, und Weiler sind die Segmente
durch 5/8 Zoll starke schmiedeeiserne Ringe an das Rad befestigt. Der Vortheil
dieser Methode gegenüber der Anwendung eines ganzen Kautschukringes, wie sie von Thompson (polytechn. Journal, 1868, Bd. CXC S. 177)
gewählt worden ist, liegt darin, daß der Ersatz eines beschädigten Segmentes leicht
und billig ist. Die Versuche welche mit der erwähnten Maschine auf sehr ungünstigem
Terrain angestellt wurden, fielen sehr befriedigend aus.
In anderer Weise stellt Nairn in Leith elastische
Radkränze für Straßenlocomotiven etc. her. Er bildet dieselben nämlich aus je 7
übereinander liegenden Schichten von circa 1 1/4 Zoll
starken Seilen. Die 6 inneren Schichten bestehen aus getheerten Seilen von
Kokosbast, ein Material das wegen seiner großen Elasticität gewählt wurde, die
äußerste Schicht dagegen aus getheertem Hanfseil. Der ganze Radkranz ist durch
umgelegte, sehr wenig von einander abstehende, Uförmige Eisenbänder mit dem
Radkörper verbunden. Nach kurzem Gebrauch werden die Seile zu einer ganz compacten,
soliden Masse, so daß sich kaum bemerken läßt daß sie eben aus einzelnen Seilen
bestehen, ihre Elasticität nimmt jedoch nicht ab. (Deutsche Industriezeitung, 1870,
Nr. 45.)
Ueber die von dem Weber Theodor Petri in Berlin angegebene Jacquardvorrichtung; Bericht von Dr. Max Weigert.
Der Genannte hat sich mit Eingabe vom 12. September 1869 an den Verein zur
Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen gewendet und um Prämiirung der von ihm
erfundenen Einrichtung an der Jacquardmaschine gebeten. Mit der Beurtheilung
derselben betraut, führe ich Folgendes an:
Bei der Fabrication gewirkter Shawls werden die Schußfäden, welche das complicirte
Dessin erzeugen, derartig eingeschlagen, daß sie nur an den Theilen wo sie das
Muster bilden, mit den Kettfäden verbunden werden, an den übrigen Theilen jedoch auf
der linken Seite unverbunden (flott) liegen bleiben, und nach Beendigung des Shawls
ausgeschnitten werden. Da ein auf diese Weise erzeugtes Gewebe jedoch keine
Consistenz haben, sondern auseinanderfalten würde, dienen gewisse Einschlagsfäden
dazu, dem Ganzen Halt und Festigkeit zu geben, die durch die ganze Breite des Shawls
mit den Kettfäden verbunden und demnach nicht später durch Ausschneiden an gewissen
Stellen entfernt werden. Diese Schußfäden nennt man Binde- oder Liage
Schüsse.
Bei der in Berlin üblichen Fabricationsweise der Shawls (nach dem sogenannten
Nimes'er Verfahren), bei welcher die Bindung Tastet oder Leinwand ist, dient zur
Bildung des Grundgewebes eine besondere Kette, die sogenannte Liage-Kette,
welche den fünften Theil der ganzen Kette ausmacht und durch die der Liageschuß
hindurchgeschossen wird.
Bei einem sechsfarbigen Shawl, d.h. einem Shawl bei dem 6 Schuß zur Bildung eines
Curses dienen, werden 1 oder 2 Schuß zur Herstellung der Liage benutzt. In einem
solchen Shawl, dessen Kette in der Regel aus 3000 Fäden besteht, gehört der fünfte
Theil, also 600 Fäden, zur Liage-Kette. Diese 600 Fäden, welche im Tastet
untereinander binden, sind durch zwei Nadeln mit zwei Platinen in Verbindung, durch
deren Eingreifen in die Hebemesser sie gehoben werden. Die Last welche diese
Platinen zu tragen, und der Widerstand den die Karte an den Stellen wo dieselben
nicht gehoben, die Nadeln also zurückgedrängt werden müssen, auszuhalten hat, ist im
Verhältniß zu den anderen Nadeln ein sehr bedeutender; er beträgt bei 3/4löthigen
Bleien, mit denen die Arcaden beschwert sind, bei je 300 Liagefäden, welche zu
gleicher Zeit von einer Platine gehoben werden müssen, 3/4 × 300 = circa 225 Loth, während die anderen Platinen, welche
zur Bildung des Musters heben, nur mit je 2 Arcaden, mit 3/4löthigen Gewichten, also
mit circa 1 1/2 Loth belastet sind.
Jede dieser Liage-Platinen geht bei dem angenommenen sechsfarbigen Shawl in
jedem Curse 1mal in die Höhe, – wo ein Loch in der Karte sich befindet;
– während sie von der Karte 5mal bei Seite gedrückt, die ganze erwähnte Last
von derselben also aus der Stelle gedrängt werden muß. Durch diesen starken und
häufig sich wiederholenden Druck wird die Karte, die aus ziemlich schwacher Pappe
besteht, leicht durchstoßen und ein Loch in sie gepreßt, wo sich keines befinden
soll, die Platine und mit ihr falsche Kettfäden in die Höhe gehoben und Fehler in
der Waare erzeugt.
Zur Vermeidung dieser Uebelstände hat Petri eine kleine
Blechplatte vor dem Nadelbrete angebracht, welche an den Stellen wo die
Liageplatinen nicht heben sollen, sich vor die betreffenden Nadeln schiebt und beim
Einfallen des Cylinders den Druck, den diese auf die Karte ausüben sollen, selbst
auffängt, die Karte also conservirt und das Durchstoßen verhindert. Das Vorschieben
dieser Platte, welche auf der einen Seite am Nadelbret durch eine Feder befestigt
ist, wird durch Hebel, die mit der Wechsellade oder auch besonderen Platinen in Verbindung stehen, nach
der einen Richtung bewirkt, während ihr Zurückgehen durch die Elasticität dieser
Feder bewirkt wird.
Die angeführte Vorrichtung ist geeignet, die erwähnten Uebelstände bei der
Fabrication zu vermeiden, wenn auch einerseits der Gedanke nicht ganz neu ist, indem
bei anderen Fabricationszweigen ähnliche Vorrichtungen zu gleichem Zwecke im Gange
sind, andererseits der allgemeinen Einfühlung der Vorrichtung eine ziemlich
verwickelte Verbindung mit Schnuren entgegenstehen dürfte. (Verhandlungen des
Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1870 S. 59.)
Ausbesserung schadhafter gußeiserner Kessel.
Ein Correspondent des Scientific American berichtet: er
habe eine Mischung von gleichen Theilen Bleiglätte und Bleimennige mit concentrirtem
Glycerin zu einer Paste zusammengeknetet, welche die Consistenz des Fensterkittes
gehabt, und damit die Spalte eines großen eisernen Kessels ausgefüllt, welche
derselbe durch Wasserfüllung bei starkem Frost erhalten.
Der Erfolg sey vortrefflich gewesen, doch erfordere das Trocknen einige Zeit; dann
aber wird der Kitt hart wie Stein und zeigt sich sowohl feuer- wie
wasserdicht. Man thut gut, zuerst die Spalte nach der Kittung des Kessels innerlich
und äußerlich mit einer dünnen Lage der Kittpaste zu überlegen, welche nach dem
Trocknen erforderlichen Falles mit einem alten Messer abgeschabt werden kann. W.
(Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1870, Nr. 46.)
Man sehe über den außerordentlich haltbaren, die mannichfaltigsten Verwendungen
zulassenden Kitt „für Eisen und Stein,“ welcher einfach aus
einer Mischung von gewöhnlichem käuflichen Glycerin und
geschlämmter trockener Bleiglätte besteht, die
Mittheilungen im polytechn. Journal Bd. CXCVI S.
92 (erstes Aprilheft 1870).
Solinger Schwerthärtemethode.
Die Schwerter werden in einem Kohksfeuer mit untenliegender Düse, vom hinteren Ende
anfangend, möglichst gleichförmig kirschroth gemacht, wovon man sich durch öfteres
Herausziehen überzeugt. Um die dünnen Stellen, wie die Schneide, vor dem Ablöschen
etwas abzukühlen, werden dieselben durch feuchte Lösche gezogen, dann das ganze
Schwert, Mit dem starken Ende zuerst, in Wasser getaucht und schnell herausgezogen.
Nachdem 5 Schwerter so behandelt sind, läßt sie ein Arbeiter blau an und probirt
dabei in einer Klemme den Elasticitätsgrad, worauf dieselben zuletzt grau angelassen
werden. Bei weichem Kern erhält man nach diesem Verfahren eine harte Oberfläche.
(Peiper, in der Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure, Bd. XIII S. 84.)
Ueber die Brönner'schen Patentbrenner; von R. Schmidt.
Die Erfindung dieser Apparate entstand durch die nicht befriedigende Leuchtkraft der
alten Brenner, bei welchen Brönner durch Vergleichung mit
der Bunsen'schen Gaskochlampe fand, daß die Leuchtkraft
durch das Einführen von zu viel Luft in das Gas beim Austritt aus dem Brenner
beeinträchtigt würde.
In der Gaskochlampe wird nämlich das Gas durch Vermischen mit Luft verbrannt und gibt
eine Flamme ohne jede Leuchtkraft, weil der Wasserstoff des Gases Mit dem Sauerstoff
der Luft zu Wasser verbrennt, der Kohlenstoff des Gases aber noch genug Sauerstoff
findet, um sofort zu Kohlensäure zu verbrennen. Durch Absperren der Luft kann man
diese Flamme leuchtend machen, und brennt die Flamme dann wie aus einem Brenner. Bei
dem Verbrennen des Gases aus einem Brenner geschieht das Vermischen des Gases mit
Luft bei dem Austritt desselben aus dem Brenner durch Aspiration, indem das
ausströmende Gas dort mechanisch Luft mitreißt, obwohl nicht in dem bedeutenden
Maaße wie bei der Kochlampe. Der Verbrennungsproceß ist dann folgender: der
Wasserstoff verbrennt wieder mit einem Theil des Sauerstoffes, während der
Kohlenstoff durch die geringere Menge des noch in dem Gemische enthaltenen
Sauerstoffes nicht mehr
ganz zu Kohlensäure verbrennen kann und sich theilweise ausscheiden muß; dieser
ausgeschiedene Kohlenstoff wird in der Wasserstoffverbrennung erhitzt und erglüht,
und dieß nur bildet das Leuchten der Flamme, wie es künstlich durch Einhalten von
Kohle, Kalk etc. in eine Wasserstoffflamme gemacht werden kann (Drummond'sches Licht).
Je schneller nun ein Quantum Gas in die Luft ausströmt, desto mehr Luft wird in den
Strom hineingerissen, d.h. desto mehr Kohlenstoff muß durch überschüssigen
Sauerstoff zu Kohlensäure verbrennen und desto weniger Kohlenstoff kann sich
ausscheiden, um durch sein Erglühen zur Leuchtkraft beitragen zu können. Wird im
Gegentheil die Geschwindigkeit des Stromes vermindert, so wird wenig oder gar keine
Luft in den Gasstrom gerissen, und es muß sich daher der größte Theil des
Kohlenstoffes ausscheiden können, derselbe wird glühen und die Flamme muß bei
gleichem Gasverbrauch mehr Licht geben.
Die Ausströmungsgeschwindigkeit hängt von dem Drucke in der Gasfabrik ad, welcher
bedeutend seyn muß, um entferntwohnende Consumenten mit Gas zu versehen, jedenfalls
ist derselbe bedeutend höher, als zu einer günstigen Verbrennung nöthig ist.
Die Brönner'schen Brenner vermindern die
Ausströmungsgeschwindigkeit, da der Druck im Inneren des Brenners bei einem
Leitungsdruck von 1 Zoll englisch (25 Millimet.) nur etwa 1/20 Zoll (1,25 Millimet.)
beträgt, ein Druck welchen eine Fabrik nie geben kann. Daß die Flamme heller brennt,
zeigt das Aufsetzen eines weiten Brenners auf einen alten Brenner, wodurch, ohne daß
mehr Gas verbrannt werden kann, der Unterschied in der helle leicht bemerkbar
ist.
Durch den niederen Druck, mit welchem das Gas aus dem Brönner'schen Brenner ausströmt, wird die Flamme natürlich nicht so ruhig
brennen, d.h. geringe äußere Verhältnisse werden dieselbe bewegen können, wie z.B.
ein Springbrunnen mit hohem Druck schon einen bedeutenden Wind vertragen kann,
während ein solcher mit niederem Druck schon bei wenig Wind unruhig steht. Die Brönner'schen Brenner müssen daher durch Zugapparate,
welche einen aufsteigenden Luftstrom bewirken, ruhig gehalten werden, wo es auf ganz
ruhiges Licht ankommt; und sind dieselben zu diesem Zwecke mit Glocken versehen,
welche jedoch ganz bestimmte Verhältnisse haben müssen. Brönner benutzt diese „Glockenbrenner“ zur Salon- und Bureaubeleuchtung. Die
andere Gattung, die sogenannten „Freibrenner,“ welche von etwas anderer Construction sind,
werden an Plätzen benutzt wo eine absolute Ruhe der Flamme nicht von Wichtigkeit
ist, z.B. in Straßen-, Perron-, Weichenlaternen: ferner in größtem
Maaßstabe zur Fabrikbeleuchtung, wobei dieselben durch eigens construirte
Blechschirme ebenfalls ein ganz ruhiges Arbeitslicht geben.
Von jeder dieser beiden Sorten existiren 11 Nummern, mit welchen man im Stande ist,
jedem Bedürfnisse von Helligkeit genügen zu können.
Der Vortheil des Brönner'schen Systemes für den
Consumenten liegt auf der Hand, denn er ist in den Stand gesetzt, an den
verschiedenen Stellen seines Geschäftes oder Hauses, wo bei vielleicht verschiedenen
Druckverhältnissen eine verschiedene Helle nöthig ist, sich solcher Nummern zu
bedienen, welche bei ganz offenem Hahn gerade das richtige, im Voraus bestimmte
Licht geben, die also auch nicht mehr Gas verbrauchen können, als im Voraus
gewünscht war. Der Consument ist dadurch von der Willkür seines Personals, welches
immer helleres Licht wünscht und nie sparen will, unabhängig, und in dieser
Beziehung sind diese Brenner wirkliche Sparbrenner.
Die Brenner selbst bestehen aus einem Messingstück, in welchem das die Gaszufuhr
bestimmende Einsätzchen sowie die Ausströmungsöffnung von Speckstein sind; dieser
Speckstein kann nie oxydiren und der Brenner selbst durch richtigen Gebrauch
verdorben werden; derselbe ist ferner so hart, daß keine Feile ihn angreifen kann,
wodurch dem Ausräumen durch Arbeiter, um mehr Licht zu erhalten, ebenfalls ein Ziel
gesetzt ist.
Von den Einwänden, welche von Gegnern des Systemes aufgeworfen sind, erwähne ich
hauptsächlich:
1) den Preis, welcher auf den ersten Anschein hoch erscheint, aber da Brönner nur unter Garantie von wirklicher Ersparniß
verkauft, doch in kurzer Zeit sich bezahlt macht. Dieß beweist das Zeugniß des
Postamtes zu Cassel, welches binnen 4 Monaten für 462 Fl. (260 Thlr.) Gas sparte,
somit nach Abzug von 58 Fl. (33 1/6 Thlr.) für verwendete 58 Stück Brenner, 362 Fl.
(230 5/6 Thlr.) ersparte und diesen Vortheil für die Folge hat.
2) Manche Gegner behaupten, daß man denselben Zweck durch große Schnittbrenner und
Zudrehen des Haupthahnes sowie der Brennerhähne erreichen kann; es ist dieß in der
Theorie vollkommen richtig, aber in der Praxis, namentlich für größere
Etablissements, durchaus unausführbar, und ist es mit ein wesentlicher Nebenzweck,
wie oben schon gesagt, daß alle Hähne offen seyn müssen und daher das Personal sie
nie weiter stellen kann. Auch läßt sich auf diesem Wege eine verschiedene Helle an
verschiedenen Stellen der Leitung sehr schwer erreichen. Selbst durch Anwendung von
Regulatoren kann man die Ersparniß nicht so weit treiben, und führe ich das Zeugniß
des tüchtigen englischen Gas-Ingenieurs Sugg an,
welcher sagt, daß die Brönner'schen Brenner für
gewöhnliche Fälle vollkommen ausreichen und Regulatoren nur bei sehr verschiedenem
Leitungsdrucke nothwendig seyen. Daß trotz Regulatoren
noch gespart werden kann, beweist das Zeugniß von zwei englischen Bahnen, welche
unter Beibehaltung der Regulatoren noch 27 und 26 Proc. sparten.
3) Andere Gegner sagten, der Argandbrenner gebe die beste Beleuchtung. Abgesehen von
der gegen Argandbrenner immer noch zu erzielenden Ersparniß, haben dieselben die
Unannehmlichkeit daß sie, sobald der Druck wechselt, das Licht verändern oder rußen,
häufig ein Geräusch verursachen etc. Ein Brönner'scher
Glockenbrenner mit Schirm und Glocke bietet ein ebenso ruhiges Licht, kann nie rußen
und können die Glocken nie platzen. Die Praxis hat auch hierin schon entschieden,
indem die königl. Eisenbahndirection in Elberfeld 434 Argandbrenner durch Bronner'sche Beleuchtung ersetzt hat; außerdem sind in
Rotterdam von 20,000 Brennern, welche gegen Argandbrenner hauptsächlich von 2000
Käufern vertauscht wurden, trotz des Anerbietens des Agenten, Brönner'sche Brenner unentgeltlich gegen Argandbrenner bei Unzufriedenheit
umzutauschen, gar keine an den Agenten zurückgegeben worden.
4) Es wird dem Brönner'schen Brenner eine Neigung zum
Verstopfen vorgeworfen; dieser Fehler war bei der früheren Construction wohl
möglich, ist jedoch durch die neue Anordnung gänzlich beseitigt. Gerade diese neue
Construction des unteren Einsätzchens hat dadurch der Erfindung erst den ganzen
Werth verliehen, und hat Hr. Brönner darauf Patentrechte für ganz Europa und Amerika
erworben.
Außerdem ist die Reinigung durch feine Blechstreifen oder feine Nadeln ganz
leicht.
Um einige von den Resultaten anzuführen, erwähne ich das Zeugniß des Copenhagener
Sommertivoli, welches halbjährlich 1260 Fl. (720 Thlr.) mit 700 Brennern spart; das
der königl. Eisenbahn-Direction in Elberfeld, welche über 2000 Flammen
anwendet und zur Zufriedenheit bei besserem Licht eine nicht unbedeutende Ersparniß
erzielt hat. Ferner, um auch das Heimathland des Gases und der Erfindungen
anzuführen, das Zeugniß der Great Northern Eisenbahn, welche bei Beleuchtung der
Platform der King's Croß Station bei besserem Licht gegen früher in einem halben
Jahre 1,072,000 Kubikfuß (32 Millionen Liter) Gas spart und demzufolge alle ihre
Stationen durch Brönner'sche Apparate beleuchten läßt. Um
die Anwendbarkeit des Systemes als Salonbeleuchtung nachzuweisen, führe ich an, daß
die von allen Zeitungen als großartig geschilderte Beleuchtung des neuen Opernhauses
in Wien durch Brönner ausgeführt wurde. –
(Vorgetragen in der Versammlung des Mannheimer Bezirksvereines deutscher Ingenieure
vom 28. November 1869; aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, April
1870.)
Gabbromasse nach J. v. Schwarz in
Nürnberg.
Der Speckstein, welcher im Wesentlichen aus wasserhaltiger
kieselsaurer Magnesia mit kleinen Beimengungen von Thonerde besteht, hat die
Eigenschaft, daß er für sich allein nicht plastisch ist und sich nicht formen und
drehen läßt; es mußte deßhalb eine Substanz zugefügt werden, welche ihm die
plastische Eigenschaft beibringt. Am geeignetsten hierzu hat sich der Töpferlehm
(wie er sich in der Nürnberger Gegend findet) und etwas Natron erwiesen. Mit dieser
Beimischung wird er vollkommen plastisch, bekommt eine große Zartheit und Festigkeit
und hat selbst gegen Porzellanmasse den Vorzug, daß er sich im halbtrockenen Zustand
wie Holz drehen läßt. Die beste Mischung für die mit dem Namen
„Gabbro“ bezeichnete Masse besteht in 2/3 Theilen
Specksteinpulver, 1/3 Theil Töpferlehm (aus der Nürnberger Gegend), 1/16 Theil
Natron.
Die Vereinigung dieser Masse geschieht unter Steinmühlen und geht sehr langsam von statten, weil der
Speckstein begierig das Wasser aufschluckt, und erst zum vollkommenen Schaum
gemahlen werden muß, um sich mit den anderen Substanzen gehörig verbinden zu können.
Die Mahlung erfordert daher immer 2–3 Tage.
Nach dem Mahlen wird die Masse in den Trockenofen gebracht und so weit getrocknet,
daß sie gedreht und geformt werden kann. Sind die Gegenstände bearbeitet, so kommen
sie nochmals in den Trockenofen und werden dann in den Flammofen eingesetzt und bei
starkem Feuer hart gebrannt.
Außerdem hat die Masse die Eigenschaft, daß sie jede Färbung durch Farbhölzer, Krapp,
Safran, Anilinfarben etc. annimmt. (Bayerisches Patent vom 30. November 1868.
– Aus dem bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt, 1870 S. 306.)
Eiserne Gefäße zum Aufbewahren von Schwefelsäure.
Nach einer Mittheilung von L. Schad aus Warrington in den
Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin (1870,
Nr. 15) ließen sich die HHrn. Balmain und Meuzies kürzlich in England die Anwendung eiserner Gefäße statt der
gläsernen zum Aufbewahren der Schwefelsäure patentiren. Die gewöhnlichen
Mineralsäuren, Schwefelsäure, Salpetersäure, greifen zwar das Eisen heftig an,
allein nur bei Gegenwart von Wasser; rauchende Salpetersäure und ebenso genügend
concentrirte Schwefelsäure afficiren unter gewöhnlichen Umständen das Eisen nicht
merklich. Es kann daher Schwefelsäure, welche bis zu einem gewissen Grade
concentrirt ist, mit vollkommener Sicherheit und billiger in eisernen Gefäßen
aufbewahrt und versandt werden, als in den gewöhnlichen Glasflaschen. Drei
Bedingungen sind nöthig, um diesen Vorschlag ausführbar zu machen: erstens muß die
Säure mindestens so stark seyn, daß ihr specifisches Gewicht 1,65 ist; zweitens muß
der Zutritt der Luft abgehalten seyn, welche das Eisen oxydiren und so der
Schwefelsäure angreifbar machen würde; drittens darf die Schwefelsäure
selbstverständlich keine Verunreinigungen enthalten, welche das Eisen angreifen.
Ueber eine neue Methode, die Reinheit geschmolzener Metalle
und verschiedener chemischer Verbindungen (Salze etc.) nach der Gestalt ihrer
Tropfen zu beurtheilen; von Prof. Quincke.
In der Mai-Versammlung 1870 des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in
Preußen sprach Hr. Professor Dr. Quincke (in Berlin) über eine neue Methode, die Reinheit geschmolzener
Metalle und verschiedener chemischer Verbindungen (Salze etc.) aus der Höhe flacher
Tropfen zu beurtheilen, welche dieselben auf einer beliebigen nahezu horizontalen
Unterlage bilden. Unter der Höhe eines solchen flachen Tropfens, wie ihn der Thau in
Kohlblättern oder das Quecksilber in einem Uhrglas oder auf einer horizontalen
Tischplatte bilde, werde der verticale Abstand der horizontalen Tropfenkuppe von dem
verticalen Theile der Tropfen-Oberfläche verstanden. Diese Höhe sey nahezu
constant und von dem Tropfen-Durchmesser unabhängig, sobald derselbe eine
gewisse Größe (etwa 20 Millimeter) überschreite.
Forme man aus geschmolzenen Substanzen große flache Tropfen bei möglichst niedriger
Temperatur, so sey die Höhe derselben dieselbe wie bei Quecksilber, oder werde
erhalten, wenn man die Höhe eines großen flachen Quecksilbertropfens mit der
Quadratwurzel aus einer ganzen Zahl 2 . 3 ... multiplicire.
Dieselbe Höhe wie Quecksilber zeigen flache Tropfen von geschmolzenem Blei, Wismuth,
Antimon, Chlormetallen (Chlorkalium, Chlornatrium, Chlorsilber, Chlorcalcium etc.),
salpetersauren Salzen, Fetten (Wachs, Wallrath, Paraffin), Zucker (Bonbon)
u.s.w.
Eine um 1/2mal größere Höhe (etwa 4 Millimet.) zeigen geschmolzenes Eis (Wasser),
Platin, Gold, Silber, Cadmium, Zinn, Kupfer, Borax, Phosphorsalz, kohlensaure und
schwefelsaure Salze, Glas; eine um 1/3mal größere Höhe wie Quecksilber Tropfen von
geschmolzenem Zink, Palladium (Eisen). Große flache Tropfen von geschmolzenem Schwefel, Phosphor,
Selen, Brom seyen am niedrigsten. Ihre Höhe sey um 1/2mal kleiner, als die von
Quecksilbertropfen. Höhe und Gestalt von Tropfen einer geschmolzenen Substanz in
Luft sey dieselbe (nur umgekehrt) wie die flacher Luftblasen in derselben Substanz
unter einer horizontalen festen Wand.
Die Höhe der flachen Tropfen oder Blasen werde aber sofort eine andere, und zwar
kleiner, wenn die Oberfläche des Tropfens mit einer dünnen Schicht einer fremden
Flüssigkeit überzogen sey. Unter Umständen genüge schon eine Flüssigkeitsschicht von
der Dicke weniger Milliontel eines Millimeters, um die Höhe der flachen Tropfen sehr
merklich zu erniedrigen; bei einer Dicke der fremden Flüssigkeitsschicht von 50
Milliontel eines Millimeters oder etwa 1/10 einer Lichtwelle trete schon ein Maximum
der Erniedrigung ein, welche 1/4 der ganzen ursprünglichen Höhe und mehr betragen
könne. Es ließen sich auf diese Weise noch geringe Mengen einer Substanz wahrnehmen,
die mit anderen Beobachtungsmethoden, Spectralanalyse vielleicht ausgenommen, nicht
mehr zu bemerken seyen. Eine Spur Oel auf einen Thautropfen oder eine flache
Luftblase in Wasser gebracht, ein Milliontel Blei zu einem auf Kohle geschmolzenen
Silbertropfen zugesetzt, brächten die ursprüngliche Höhe von 4 Millimet. auf 2,8
Millimeter, so daß selbst ungeübte Augen den Unterschied leicht wahrnehmen könnten.
Bei Substanzen welche leicht oxydiren oder ihre Oberfläche an der Luft leicht
verändern, müßten die flachen Tropfen in einem indifferenten Gase, wie Kohlensäure,
geschmolzen werden.
Große flache Eisentropfen aus den verschiedensten Werken, deren Oberfläche freilich
nicht rein, sondern mit einer Oxydschicht bekleidet war, zeigten dieselbe Höhe von
etwa 5,2 Millim. Die Arbeiter in den Gießereien pflegen nach
der Tropfengestalt des Gußeisens die Güte desselben zu beurtheilen, und
glaubte der Vortragende, daß eine nähere Untersuchung der Höhe und Gestalt von
flachen Tropfen für manche Gebiete der Technik ein wichtiges Hülfsmittel zur
Beurtheilung der Beschaffenheit des Materiales abgeben dürste. Derselbe erläuterte
die erwähnten Gesetze an einigen vorgelegten Proben großer flacher Tropfen aus
geschmolzenen Metallen und Salzen, und zeigte schließlich durch einige Versuche, wie
geringe Spuren Fett oder der aus der Atmosphäre condensirten Dämpfe einen
bedeutenden Einfluß auf die Gestalt von Wasser- oder Oeltropfen ausüben,
welche auf einer reinen Quecksilber- oder Wasseroberfläche schwimmen.
(Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1870 S.
54.)
Ueber die Entwickelung von reinem Stickstoff aus den
stickstoffhaltigen organischen Substanzen; von Fr. Crace Calvert.
Die stickstoffhaltigen organischen Substanzen des Thierreiches entwickeln reinen Stickstoff, wenn sie mit Unterchlorigsäuresalzen
behandelt werden.
Nach Versuchen, wobei die Umstände so lange abgeändert wurden bis sie zu constanten
Resultaten führten, fand ich daß, wenn man in einen Kolben von bekanntem Inhalte 200
Kubikcentimeter einer Lösung von reinem unterchlorigsaurem Kalk (der im Handel
vorkommende ist nach meiner Erfahrung zu unrein) bringt, welche eine bekannte
Gewichtsmenge, z.B. 5,476 Grm. (bei der Temperatur der umgebenden Atmosphäre)
Unterchlorigsäure enthält, und dann 100 K. C. einer Gelatinelösung zufügt, welche
1,5 Grm. gereinigte Gelatine enthält, sich nun ein Gas entwickelt, welches sich als
Stickstoff, mit Spuren von chlorigsauren Verbindungen erweist. Man wäscht das Gas
mit ein wenig Aetznatronlösung, trocknet es und bestimmt sein Volum oder sein
Gewicht. Ueberdieß beobachtet man, daß die den unterchlorigsauren Kalk enthaltende
Flüssigkeit sich trübt und nach und nach ein Niederschlag von kohlensaurem Kalk sich
bildet; diesen sammelt man und wäscht ihn aus, worauf man ihn zu schwefelsaurem Kalk
umwandelt; sein Gewicht zeigt die Menge des Kohlenstoffes an, welchen die organische
Substanz verloren hat, oder welcher in Kohlensäure umgewandelt worden ist. Zur
vollständigen Einwirkung der Unterchlorigsäure auf die organischen Substanzen sind
etwa fünf bis sechs Stunden erforderlich.
Ich beschränke mich auf die Mittheilung der Durchschnittsresultate mehrerer
Analysen:
Menge des in 100 Th. Substanzenthaltenen
Stickstoffes.
Menge des durch die
Unterchlorigsäurefreigemachten Stickstoffes.
Gelatine
15,7
5,391
Albumin
15,7
7,810
Casein
15,8
6,210
Wolle
17,7
7,810
Seide
17,6
6,900
Es ist interessant, daß die stickstoffhaltigen Substanzen thierischen Ursprunges
sämmtlich nahezu ein Drittel ihres Stickstoffgehaltes in gasförmigem Zustande
verlieren.
Ich bin jetzt mit der Untersuchung der organischen Producte beschäftigt, welche bei
dieser chemischen Wirkung entstehen. (Comptes rendus, t.
LXXI p. 322; August 1870.)
Ueber die Verhütung von Schimmelbildung in wässerigen
Weinsäure-Lösungen; von W. H. Wood zu Middlesbrough-on-Tees.
Im Juli 1867 begann ich Untersuchungen (die ich seitdem zu verschiedenen Malen
fortgesetzt habe und noch jetzt weiter verfolge), deren Zweck war, zu ermitteln ob
es möglich sey, die Bildung von Schimmelpilzen in wässerigen Weinsäurelösungen zu
verhüten, welche sich gewöhnlich kurz nach deren Bereitung einstellt.
Zunächst versuchte ich es mit einem Zusatze von Kreosot
und fand, daß ein einziger Tropfen davon zur Conservirung einer Unze der (von Galloway in seiner „qualitativen
Analyse“ empfohlenen) Lösung von 1 Th. Weinsteinsäure in 2 Th. Wasser
hinreicht. Kürzlich machte mich einer meiner Freunde auf ein ganz ähnliches, von Bowman (in seiner Practical
Chemistry, fünfte Auflage) empfohlenes Verfahren zur Conservirung von
Weinsäurelösungen aufmerksam; Bowman sagt nämlich:
„die Bildung von Schimmel läßt sich durch Zusatz einer sehr geringen
Menge Carbolsäure verhüten, welche der Anwendung der
Weinsäure in der Analyse nicht hinderlich ist.“
Ich will keineswegs eine Priorität bezüglich dieser Beobachtung beanspruchen, sondern
nur darauf aufmerksam machen, daß, so weit meine Erfahrung reicht, eine wässerige
Weinsäurelösung, mag sie schimmelig geworden seyn oder nicht, sobald sie filtrirt
und darauf kurze Zeit (etwa 10 Minuten lang) gekocht wird, nicht mehr schimmelt, mag
sie nun in einem verschlossenen Gefäße oder bei Luftzutritt aufbewahrt werden.
Die Details meiner in dieser Hinsicht angestellten Versuche werde ich später in einem
ausführlichen Aufsatz mittheilen. Analoge Versuche beabsichtige ich mit
Citronensäure und anderen Substanzen anzustellen, deren wässerige Lösungen eine
ähnliche Zersetzung erleiden. (Chemical News, vol. XXII
p. 13; Juli 1870.)
Aechtfärbung von Baumwollgarn mit Anilinfarben, nach H.
Knab.
Als Beize verwendet man eine Lösung von 3 Pfund Bleizucker in 12 Maaß (24 Pfd.)
heißem Wasser, der man eine Lösung von 3 Pfd. Potasche in der gleichen Menge Wasser
und hierauf eine Lösung von 6 Pfd. Alaun in 20 Maaß Wasser zusetzt. Die so erhaltene
Flüssigkeit wird noch weiter hinlänglich verdünnt, das Garn (20 Pfund) 12 Stunden
lang gebeizt, gut ausgewunden und 1 Stunde lang in ein Chlorzinnbad gebracht, worauf
man es im klaren Wasser spült und auswindet.
Zum Färben bringt man das Garn in ein kaltes Bad, welchem 6 Loth Anilinroth, vorher
in 3 Maaß 96procentigem Weingeist gelöst, zugesetzt wurden. Man erhitzt das Bad bis
zum Sieden, läßt einige Minuten kochen, nimmt dann das Garn heraus, spült im Wasser
und trocknet. (Bayerisches Patent vom 27. Mai 1867. – Aus dem bayerischen
Industrie- und Gewerbeblatt, 1870 S. 306.)
Reinigung der Gelatine für den Pigment- und Lichtdruck;
von J. Stinde.
Das so häufige Mißlingen der Pigment- und Lichtdrucke ist in den mechanischen
Verunreinigungen der Gelatine zu suchen. Namentlich ist es phosphorsaurer Kalk, Gyps
und Alaun, welche störend wirken. Ein einfaches Mittel, selbige zu entfernen,
besteht darin, die Gelatine mit einer Schere in schmale Streifen zu schneiden, und
diese wieder der Quere nach in Quadrate zu theilen. Man wässert diese Stückchen mit
nach 1/4–1/2 Stunde gewechseltem Wasser öfters aus, bis das zuletzt
abgelaufene und filtrirte Wasser mit oxalsaurer Ammoniaklösung (1 : 24) keine
Trübung mehr gibt. Das Weiße von einem Ei wird nun mit 5 Tropfen Ammoniak und mit
dem zweifachen Volum destillirten Wassers gemischt und in einer Flasche zu Schaum
geschüttelt. Diese Quantität genügt für 200–250 Gramme Gelatine; letztere
wird in einer Schale erwärmt und dazu das Eiweiß gebracht und gut gemischt. Dann
setzt man tropfenweise 1 Theil Eisessig mit 250 Theilen Wasser gemischt hinzu unter
stetem Umrühren, bis empfindliches Lackmuspapier sauer reagirt. Nun wird die
Gelatine rasch unter beständigem Umrühren zum Kochen gebracht, und möglichst auf
einmal auf ein großes Sternfilter von gutem schwedischen Filterpapier gebracht. Das
Filtriren ist an einem warmen Orte vorzunehmen und die ziemlich reine Gelatine ist
durchgelaufen. Sie enthält nur noch die Salze des Eiweißes und etwas essigsaures
Ammon nebst freier Essigsäure. Diese werden jedoch durch die Dialyse entfernt. Der
Dialysator ist im Kleinen ein flacher Glascylinder, dessen untere Seite mit
Pergamentpapier wasserdicht verschlossen ist. Hierin legt man in destillirtem Wasser
die filtrirte, und nach dem Erkalten in Stückchen geschnittene Gelatine und setzt
den Cylinder zum Schwimmen auf eine möglichst große Menge destillirten Wassers.
Dadurch werden die Gelatine-Stückchen vollständig entsäuert. Man trocknet sie
dann an der Luft. (Photographische Correspondenz.)
VegetabilischerVegetabilicher Leim (Wiener Pappe) und Eiweißleim.
Der sogenannte vegetabilische Leim, Wiener Pappe, enthält, wie die
„deutsche Industriezeitung“ mittheilt, nach einer in
Chemnitz vorgenommenen Untersuchung keine oder nur sehr wenig Stärke, dagegen zeigt
er in seinem chemischen Verhalten durchaus Uebereinstimmung mit Kleber.
Wahrscheinlich ist er durch Trocknen von etwas gefaultem Kleber bereitet und wohl
identisch mit dem schon seit längerer Zeit bekannten sogenannten Eiweißleim.
Letzterer wird dadurch bereitet, daß man Kleber mehreremal mit Wasser übergießt und
denselben dann längere Zeit einer Temperatur von 15–25° C. aussetzt,
wobei der Kleber in Gährung geräth und bis zu einem gewissen Grade flüssig wird. Die
Umwandlung ist beendet, wenn man die Masse leicht mit dem Finger zertheilen kann.
Man gießt sie dann in Formen, welche man in einen auf 25–30° C.
erwärmten Raum bringt. Sind nun nach 1–2 Tagen die oberen Schichten hart
geworden, so nimmt man die Täfelchen heraus, breitet sie mit der hartgewordenen
Seite nach unten auf Leinwand oder Drahtgewebe aus und läßt sie so im Trockenraum
vollständig trocknen, was in 4–5 Tagen geschieht. Dieser Eiweißleim wurde
bereits vor einer Anzahl von Jahren von Hannon namentlich
als Ersatz des Eiweißes in der Appretur und beim Färben und Drucken von Zeugen
empfohlen.
Baumwolle als Verbandmaterial.
Nach einer Mittheilung von Prof. v.
Bruns in Tübingen wird seit 5 bis 6 Jahren in der dortigen
chirurgischen Klinik anstatt der Charpie ausschließlich Baumwolle zum Verband bei allen eiternden Wunden u.s.w. benutzt, und hat
sich dieser Verband während dieser Zeit auf's Beste bewährt. Der Haupteinwurf, den
man gemacht hat und noch macht, daß die Baumwolle Flüssigkeiten viel weniger leicht
aufsauge als Leinen (ein auf Wasser geworfenes Häufchen Baumwolle bleibt lange Zeit
trocken aus der Oberfläche des Wassers schwimmen, während ein Häufchen Charpie rasch
benetzt wird und in Wasser einsinkt), und daß sie deßhalb Wundflüssigkeiten nicht
rasch genug aufsauge,
ist allerdings richtig, aber leicht zu beseitigen. Die angegebene Eigenschaft der
rohen Baumwolle rührt von einem derselben anhaftenden wachsähnlichen fettigen Stoff
her, welcher durch ein einfaches Verfahren entfernt werden kann. Prof. Bruns läßt zu diesem Zweck die rohe
Baumwolle etwa 1 Stunde lang in Wasser mit einem Zusatz von 4 bis 5 Procent Soda
oder von gewöhnlicher aus Buchenholzasche bereiteter Lauge kochen, dann mit reinem
Wasser auswaschen, stark ausdrücken, an der Luft trocknen und schließlich ganz
gleichmäßig fein auszupfen. Diese entfettete Baumwolle, welche sich zwischen den
Fingern rauher anfühlen läßt als die rohe Baumwolle, gibt ein durchaus
gleichmäßiges, weiches, lockeres Verbandmaterial, welches überall mit geringen
Kosten von gleicher Güte und Reinheit herzustellen ist. Beim Gebrauch wird unter die
Baumwolle unmittelbar auf die Wundfläche ein entsprechendes Stück groblöcheriger
nicht appretirter Gaze gelegt, wodurch die so mühsam herzustellende Gittercharpie
und gefensterte Leinwand ebenfalls entbehrlich gemacht worden sind. Eine weitere
Verbreitung dieser Verbandweise dürfte um so mehr anzurathen seyn, als die
Anschaffung größerer Mengen alter Leinwand von guter Qualität in neuerer Zeit immer
schwieriger und kostspieliger geworden ist, und somit dieselbe statt zur
Charpiebereitung zweckmäßiger zur Anfertigung anderer Verbandstücke verwendet werden
kann.
Comprimirtes Leder
wird gegenwärtig aus den Lederabfällen der
Schuhwaaren-Fabriken und Sattlereien hergestellt. Diese Abfälle werden zuerst
von Schmutz und fremden Bestandtheilen gereinigt, dann in feine Streifen
geschnitten, mit den Abfällen roher Häute vermengt, und in Wasser eingeweicht,
welches 1 Procent Schwefelsäure enthält, bis das Ganze eine plastische Masse bildet,
die sodann in Formen von der erforderlichen Größe gepreßt wird. Nachdem dieselbe
mittelst Dampf getrocknet worden ist, muß sie mehrere Gänge durch verschieden
gestellte Walzwerke machen, damit sie weich und glatt und dem Originalleder gleich
werde. Um sie mehr geschmeidig zu machen, gibt man auf je 100 Pfd. dieses Fabricates
1 Pfd. Glycerin zu. Dieses Fabricat läßt sich für viele untergeordnete Zwecke, wie
Brandsohlen, wo es der Nässe etc. nicht ausgesetzt ist, statt des Leders verwenden
und ist bedeutend billiger als dieses. (Arbeitgeber.)