Titel: Die elektrischen Pendeluhren von Eduard Wensch.
Autor: L. Kohlfürst
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. VI., S. 8
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VI. Die elektrischen Pendeluhren von Eduard Wensch. Mit einer Abbildung auf Tab. I. Wensch's elektrisches Pendel. Fast gleichen Schritt haltend mit der Entwickelung der elektrischen Telegraphie, haben sich die Constructionen der elektrisch-chronometrischen Apparate vervollkommnet, so daß sie derzeit sowohl in der Form von Zeit-Telegraphen als auch selbsttätiger elektrischer Pendel bereits eine werthvolle Anwendung in der Praxis finden. Eine der jüngsten dieser Constructionen sind die Wensch'schen Pendel. Das Princip dieser Pendel besteht darin, den Schwerpunkt desselben bei jeder Schwingung so zu verlegen, daß dadurch die Schwingung dauernd erhalten und noch so viel Kraft gewonnen wird, um das Zeigerwerk zu treiben. Die Verlegung des Schwerpunktes geschieht in der Linse des Pendels durch galvanischen Strom. Figur 9 stellt ein solches elektrisches Pendel dar. A ist der metallene Stab des Pendels, welcher in der Feder F endigt und bei K durch Einklemmung aufgehängt ist; mit der Schraube R kann die Länge des Stabes rectificirt werden. Die Linse besteht der Hauptsache nach aus einem bleiernen Ringe B, an welchem symmetrisch die beiden Elektromagnete E und E¹ befestigt sind. Zwischen diese ist an dem, bei J drehbaren dünnen Stiel C der Anker S so angebracht, daß er leicht innerhalb E und E¹ bewegt werden kann. Die einen Enden der zu E und E¹ gehörigen Multiplicationsdrähte gehen zum Bleiring und sind an demselben mit den Schrauben g und g¹ metallisch verbunden. Da der Bleiring B wieder mit dem Pendelstab A sowie mit der Feder F und Klemme K in metallischem Contact steht, so ist auf diesem Wege einem galvanischen Strome der Durchgang offen. Von den anderen Enden der Multiplicationsdrähte geht das eine isolirt von E bis zur Platinfeder a und das andere von E ebenso nach b. Die Platinfedern a und b sind an den Stab A befestigt und sorgfältig von demselben isolirt; ihnen gegenüber befinden stabil, jedoch regulirbar die Contactschrauben c und d. Zu c und d schließt der eine Pol der Batterie an, beispielsweise Zink, zur Klemme K der zweite Pol, also in diesem Falle Kupfer. Wird nun das so construirte Pendel aus der Ruhelage gebracht und soweit in Schwingung versetzt, daß z.B. die Contactfeder b auf die Schraube d andrückt, so ist im Momente der Berührung E¹ magnetisch geworden, da vom Kupfer über K, F, A, B, g¹, E¹, b, d der Stromschluß bis zum Zink continuirlich hergestellt ist und die Batterie wirkt. Dasselbe geschieht beim Ausweichen des Pendels in der anderen Richtung mit E, und es wird also jedesmal wenn das Pendel die größte Ausschwingung und damit eine Contactschraube erreicht hat, der Anker S durch den betreffenden Elektromagneten angezogen und in der Bewegungsrichtung des Pendels verrückt werden. Da nun aber die Linse so äquilibrirt ist, daß ihr Schwerpunkt im Anker S liegt, so ändert sich beim Anziehen desselben auch die Schwerpunktslage des Pendels selbst, es wird der Schwerpunkt weiter seitlich verlegt, und es ist wie wenn die Amplitude vergrößert worden wäre. Für den Rückgang ist hierdurch ein überschüssiges Moment vorhanden, welches, wie die Erfahrung zeigt, nicht nur zur Erzielung einer continuirlichen und äußerst gleichmäßigen Belegung des Pendels, sondern auch noch zum directen Betriebe eines Zeigers ausreicht. Praktischer ist es jedoch, nicht den Anker in der Linse zum Betriebe des Zeigerwerkes zu verwenden, sondern in einem anderen Schließungskreise einen eigenen Elektromagnet zu diesem Zwecke einzuschalten. Die Verlegung des Schwerpunktes respective die Bewegung des Ankers hat Herr E. Wensch außer der oben angeführten Weise auch noch bei anderer Anordnung der elektrischen Vorrichtung in der Linse mit gleich gutem Resultat versucht und zwar durch Einziehen eines Eisenkernes in zwei Spiralen, durch einen einzigen galvanisirten Elektromagneten mit einem magnetischen Anker, endlich durch Einziehen und Ausstoßen eines Magneten durch eine Spirale etc. In den zwei letzterwähnten Fällen müssen die Contactvorrichtungen natürlicherweise Commutatoren seyn. Das oben angeführte Pendel ist jedenfalls das einfachste dieser Construction, doch reicht seine Beschreibung ohne Zweifel hin, das Princip vollständig zu erläutern. Der Vorzug welchen diese Apparate vor den anderen bekannten elektrischen Pendeln haben, besteht in ihrem an und für sich höchst einfachen Mechanismus, der eine große Sicherheit und Gleichmäßigkeit des Ganges gestattet. Der eigentliche Motor, die Schwere, bleibt constant. Der Schwerpunkt wird immer zu derselben Zeit und um ein ganz Bestimmtes verrückt, gleichviel ob die angewendete Batterie stark oder schwach ist, da der leiseste Strom hinreicht den leicht beweglichen, federlosen Anker anzuziehen, resp. abzustoßen. Ein einziges kleines Meidinger'sches Element reicht z.B. hin, ein nach solchem System im Etablissement von Siemens und Halske hergestelltes Pendel präcis functioniren zu machen. L. Kohlfürst.

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Tafel Tab. I
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