Titel: | Ueber die quantitative Bestimmung der organischen Substanz und der Salpetersäure im Trinkwasser; von G. C. Wittstein. |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. XXXVI., S. 123 |
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XXXVI.
Ueber die quantitative
Bestimmung der organischen Substanz und der Salpetersäure im
Trinkwasser; von G. C. Wittstein.
Wittstein, Bestimmung der organischen Substanz
und Salpetersäure im Trinkwasser.
Zum Zweck obiger beiden Bestimmungen verdampft Alex. Müller
Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin,
1870, Nr. 13; polytechn. Journal Bd. CXCVIII S.
161. das Wasser mit einem Ueberschusse von kohlensaurem
Natron zur Trockne, digerirt den Rückstand mit heißem Wasser,
filtrirt und süßt den Filterinhalt gut aus. Derselbe enthält die
erdartigen Bestandtheile des Wassers nebst Kieselsäure und
Phosphorsäure, aber nur Spuren organischer Materie, während die
(nahezu) ganze Menge der letzteren in das Filtrat übergegangen
ist.
Das Filtrat wird mit Salzsäure genau neutralisirt, zur Trockne
verdampft, der Rückstand bei 115 bis 120° C. von dem
Reste des anhängenden Wassers befreit, gewogen, durch Glühen für
sich die organische Substanz zerstört, dann durch Zusatz von
doppelt-chromsaurem Kali und abermaliges Glühen die
Salpetersäure ausgetrieben.
Gegen diese Bestimmungsweise ist Folgendes einzuwenden. Soll der
erste Glühverlust die Quantität der organischen Substanz richtig
angeben, so darf das Wasser keine Salpetersäure enthalten. Da
aber kein oder fast kein Trinkwasser ganz frei von dieser Säure
ist, so treten hier fast immer zwei Fehler auf. Je nach den
gegenseitigen Mengen von organischer Substanz und Salpetersäure
wird die erstere entweder gänzlich oder theilweise durch den
Sauerstoff der letzteren verbrannt, und an die Stelle des
salpetersauren Salzes tritt entweder kohlensaures oder
salpetrigsaures Salz, oder beide. Der erste Glühverlust liefert
daher nicht bloß die Menge der organischen Substanz, sondern
auch die Gewichtsdifferenz zwischen dem salpetersauren Salze und
dem (oder den) daraus entstandenen neuen Salze (oder Salzen)
also zu viel organische Substanz. Dafür bekommt man dann bei der
zweiten Glühung (mit doppelt-chromsaurem Kali)
entsprechend weniger Salpetersäure, als das Wasser ursprünglich
enthält.
Zur Vermeidung dieser beiden Fehler habe ich nachstehende
Abänderung des Verfahrens getroffen und durch Hrn. Semenoff aus St. Petersburg ausführen
lassen.
1500 Grm. des in meinem Hause laufenden Quellwassers wurden mit
20 Grm. krystallisirten kohlensauren Natrons bis auf ein paar
Unzen Rückstand verdunstet, filtrirt, gewaschen, das Filtrat
eingetrocknet, die Salzmasse fein gerieben, bei 115 bis
120° C. entwässert, gewogen, zum schwachen Glühen erhitzt
und nach vollständiger Zerstörung der organischen Substanz
wieder gewogen.
Beim Beginn des stärkeren Erhitzens nahm die Salzmasse eine
bräunliche Farbe an, letztere verschwand jedoch so rasch wieder,
daß daraus schon auf den verbrennenden Einfluß eines
salpetersauren Salzes geschlossen werden konnte. Einen weiteren
Beweis, daß ein solches Salz hier im Spiele war, lieferte die
nunmehrige alkalische Reaction des Glührückstandes. Der durch
das Glühen entstandene Gewichtsverlust, 0,098 Grm., war mithin
nicht der richtige Ausdruck für die Quantität der in 1 1/2 Liter
des Wassers befindlichen organischen Materie, sondern gab zu
viel davon an.
Man löste nun das geglühte Salz in Wasser, ersetzte durch genaue
Neutralisation der Lösung mit reiner Salpetersäure die durch
Einwirkung der organischen Materie zerstörte Menge
Salpetersäure, trocknete wieder ein, fügte etwa den dritten
Theil des Gewichtes des Salzes (genau gewogen) feines
QuarzpulverMan sehe Wittstein's
Vierteljahresschrift, Bd. XII S. 284. hinzu, entwässerte bei 120° C., wog, glühte eine
Viertelstunde lang und wog wieder. Der dießmalige
Gewichtsverlust betrug 0,207 Grm. und zeigte die ganze Menge der
in 1 1/2 Liter Wasser enthaltenen Salpetersäure an.
Durch Abziehen des Gewichtes des bei 120° C. getrockneten
Gemenges von Salz und Quarzpulver (a) von dem Gewichte des zuerst bei 120° C.
getrockneten Salzes (b) und des
Quarzpulvers (c) mußte der Rest die
richtige Menge der in 1 1/2 Liter befindlichen organischen
Materie angeben.
b (bei 1200 getrocknetes
Salz)
8,785 Grm.
c (Quarzpulver)
2,345 „
––––––––––
Summa
11,130 Grm.
davon ab
a (Gemenge von Salz und
Quarz)
11,045 „
––––––––––
Rest
0,085 Grm.
Das Wasser enthielt folglich in 1 1/2 Liter:
0,085 Grm. organische Substanz
und
0,207 „
Salpetersäure;
oder in 1 Liter:
0,057 Grm. organische Substanz
und
0,138 „
Salpetersäure.
(Wittstein's Vierteljahresschrift für
praktische Pharmacie, 1871.)