Titel: | Nachtrag zur Kritik des Siemens'schen (Steinmann'schen) Kalkofens mit Gasfeuerung; mitgetheilt von Docent Dr. Ot. Čech in Prag. |
Autor: | Ottokar Čech |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. XLI., S. 144 |
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XLI.
Nachtrag zur Kritik des Siemens'schen (Steinmann'schen) Kalkofens mit Gasfeuerung; mitgetheilt
von Docent Dr. Ot. Čech in
Prag.
Cech, über den Steinmann'schen
Kalkofen.
Ich habe in diesem Journal Bd.
CXCVIII S. 501 (zweites Decemberheft 1870) eine Kritik
des sogenannten Steinmann'schen
Kalkofens veröffentlicht. Unter diesem Namen hat nämlich Hr.
Ferdinand Steinmann, Ingenieur des
Dresdener Bureau's für Gasfeuerungs-Anlagen, nach
Friedrich Siemens' Regenerativsystem
eine große Anzahl dieser vortrefflichen Kalköfen in böhmischen
Zuckerfabriken und Kalkwerken eingeführt.
Um jedoch das Prioritätsrecht des Erfinders zu wahren und einen
bereits eingebürgerten Irrthum in die richtige Bahn zu leiten,
erlaube ich mir aus dem „Compendium für Gasfeuerung
von Ferd. Steinmann, Freiberg
1868,“ jene Citate anzuführen, welche
unwiderleglich beweisen, daß die fälschlich Steinmann'sche getauften Oefen Siemens'sche Oefen genannt werden
müssen.
Auf Seite 96 des erwähnten Werkes heißt es: „Eine
besondere Aufgabe stellte sich Hr. Hans Siemens in der Lösung des bisher noch nicht
durchgeführten Problemes, Kalt mit Gasfeuer zu brennen, und
hatte ich (Steinmann) die ersten
Versuche hierzu in seinem Auftrage auf dem sogenannten
Dreikönigsschachte bei Tharandt i. J. 1862 anzustellen. Hr.
Siemens ging dabei von dem
Gedanken aus, die Verbrennungsluft vor ihrer Mischung mit
dem Gase durch die gebrannte Kalkmasse zu leiten und damit
einen doppelten Zweck zu erfüllen: nämlich die dem Kalke
innewohnende Temperatur auf die Luft zu übertragen und
denselben zugleich auf diese Weise abzukühlen.“
Die dem Compendium beigegebene Zeichnung zu dem Hrn. Hans Siemens (gestorben zu Dresden i. J.
1867) für das Königreich Sachsen i. J. 1864 ertheilten Patente,
welches noch heutigen Tages im Besitz des Hrn. Friedr. Siemens ist, entspricht in allen charakteristischen Theilen der
a. a. O. im polytechn. Journal veröffentlichten Zeichnung, nur
fehlen in der letzteren die wesentlichen Austrittsöffnungen des
Gases in den Brennraum, welche jedoch nur durch ein Versehen
weggelassen seyn können.
Im ferneren Verlauf gibt Hr. Steinmann
noch an:
„Ich glaube, daß es mir vergönnt war den ersten Ofen nach dieser
Construction in Böhmen anzulegen, und zwar für die
Zuckerfabriksgesellschaft zu Dux bei Teplic;“
nachdem er vorher erwähnt:
„daß beiläufig seitdem bereits mehrere Zuckerfabriken
Norddeutschlands sich dergleichen zugelegt.“
Im Nachtrag S. 100 sagt Hr. Steinmann
dann noch:
„Seit Mitte October 1867 arbeitet ein von mir erbauter
Kalkofen nach der Construction Fig. 86–87 für die
Zuckerfabrik in Lobosic a. E.“ Von derselben
Figur ist aber S. 97 angegeben, daß sie dem königl. sächsischen
Patente entspricht.
Im Ergänzungshefte zu diesem Compendium (Freiberg 1869) schreibt
Hr. Steinmann S. 22:
„Die Gasfeuerung hat sich im Bereiche der
Kalkbrennerei resp. Zuckerfabrication in den letzten zwei
Jahren einer sehr wesentlichen Verbreitung zu erfreuen
gehabt und dürfte die Construction nach dem Compendium S. 98–100 (also nach Siemens' Patent) gegenwärtig von sehr vielen
norddeutschen Zuckerfabriken adoptirt worden seyn. Auch irr
Oesterreich greift dieselbe Platz und habe ich in den
verflossenen zwei Sommern eine ziemliche Anzahl Fabriken
damit versehen.“
Herr Ferdinand Steinmann selbst hält also
nicht sich, sondern Hrn. Hans Siemens für den Erfinder des
von mir beschriebenen Ofens, und da Hr. Steinmann sich bloß um die Einführung
des Ofens in Böhmen verdient gemacht hat, ebenso wie Hr. Lichtenstein um die Einführung
desselben in Norddeutschland, so ist der vom ostböhmischen
Zuckerfabrications-Verein als vorzüglich anerkannte und
in Folge eines für die bezügliche Vereinscassa lucrativen
Uebereinkommens mit Hrn. Steinmann
den böhmischen Zuckerfabriken warm anempfohlene Gaskalkofen nur als
„Siemens'scher
Kalkofen“ unter die neuesten und besten
Erscheinungen der Kalk-Industrie einzureihen.
Prag, im März 1871.