Titel: | Transparente Anilinlacke und das Färben des Glimmers; von Ferd. Springmühl. |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. LXIII., S. 224 |
Download: | XML |
LXIII.
Transparente Anilinlacke und
das Färben des Glimmers; von Ferd. Springmühl.
Springmühl, über transparente Anilinlacke und
das Färben des Glimmers.
Es handelt sich öfters, besonders beim Färben des Glases und
Glimmers, der jetzt häufiger sowohl zu Luxusgegenständen als
auch zu Brillen, Lampencylindern, Ofenthüren etc. gebraucht
wird, darum, durchsichtige farbige Lacke herzustellen, welche
bei geringer Dicke hinlängliche Intensität besitzen. Am besten
eignen sich zu diesem Zwecke die Anilinfarben, und zwar die
Auflösungen derselben in weingeistigen Lacken. Ich stellte
Lösungen der verschiedensten Harze und separat Anilinlösungen
dar, und erhielt bei der Anwendung meist sehr befriedigende
Resultate. Die zu färbenden Gegenstände müssen, um ein schönes
Product zu erhalten, vollkommen rein, klar und nicht zu dick
seyn. Glimmer wird vorher in die für ihn bestimmte Fassung
gebracht und ebenso wie das Glas auf 30° C. erwärmt. Das
Harz und die Anilinlösungen werden zu der Operation je nach
Belieben gewählt und dem Bedürfniß angepaßt. In der Regel
leistet gebleichter Schellack die gewünschten Dienste, während
die Hinzufügung von anderen Harzen fast immer zulässig, oft
sogar rathsam ist. Man löst in 90–95 procentigem Alkohol
bei gelinder Temperatur in verschlossenen Gefäßen das gepulverte
Harz in hinreichender Menge auf, filtrirt nach 24 Stunden
möglichst schnell durch Asbest und schützt die Lösung vor
Luftzutritt. Ist sie zu dünn geworden, so kann man sie durch
Eindampfen im Wasserbade leicht bis zu einer beliebigen
Concentration verdicken. Sandarach, in geringer Menge zugesetzt,
erhöht die Elasticität und Dauerhaftigkeit des Lackes,
Terpenthin und Terpenthinöl den Glanz; andere Harze sind bei
einzelnen Farben von gutem Einfluß. Die weingeistige,
concentrirte Farblösung wird für sich hergestellt und jedesmal
vor dem Gebrauch dem Lack zugesetzt.
Anilinviolett wurde in stärkstem Alkohol gelöst, einige Tropfen
Essigsäure zugesetzt und mit der Lösung schwach erwärmt, wobei
keine Trübung eintreten darf. Die erhaltene, tief dunkel
gefärbte, noch leichtflüssige Lösung auf Glas und Glimmer
gebracht, der bis 30° C. erhitzt war, und das Product
einer mäßigen Temperatur (20 bis 25°) ausgesetzt, bis der
Lack getrocknet war, gab eine klare und geschmeidige, zugleich
sehr intensive Farbschicht welche durch Wasser und Luft nicht
beeinflußt wurde.
Anilingelb gab, auf durchsichtigen Gegenständen in gleicher Weise
angewendet, eine zu wenig intensive Farbe, welche durch das
nochmalige Auftragen auf Kosten der Gleichmäßigkeit etwas
verstärkt werden konnte.
Anilinblau läßt sich auf verschiedene Weise herstellen. Schon
durch Kochen einer rothen fuchsinhaltigen Schellaklösung mit
kohlensaurem Natron erhält man einen blauen Lack, der jedoch zum
Färben von Glas und Glimmer sich nicht als geeignet erwies;
durch das Trocknen schrumpfte der Ueberzug zusammen, was durch
das kohlensaure Natron und dessen Wassergehalt hauptsächlich
hervorgerufen wurde. Auch die fuchsinhaltige Schellacklösung
allein nach dem Auftragen auf der Platte erhitzt, verwandelt
sich in Blau, wobei jedoch die Durchsichtigkeit durch viele
kleine Bläschen, welche durch das Erhitzen entstehen,
beeinträchtigt wird. Es ist daher, um einen schönen blauen
Ueberzug, der bei Brillengläsern oft sehr erwünscht ist, zu
erhalten, am zweckmäßigsten, das reine, käufliche Anilinblau in
dem Lack gelöst anzuwenden.
Anilinroth (Fuchsin) erzeugt, so lange es keiner hohen Temperatur
ausgesetzt wird, mit Schellacklösung einen prächtigen und
vollkommen durchsichtigen Ueberzug, der durch Zusatz von
Gummi-Gutti eine größere Beständigkeit erhält. Beim
Fuchsin sind andere Harze, wie Sandarach, Terpenthin etc., in
alkoholischer Lösung sehr zu empfehlen.
Zinanilin, aus Fuchsin und salpetriger Säure dargestellt, ließ
sich, da es in Alkohol leicht löslich ist, in gleicher Weise zu
gelben Lacken verwenden, durfte aber nicht über 100° C.
erhitzt werden.
Anilinbraun wollte mir keinen gleichmäßigen und durchsichtigen
Ueberzug geben, welche Harze ich auch anwenden mochte, was wohl
theils daran lag, daß mir kein reines Anilinbraun zu Gebote
stand.
Anilingrün (das tanninsaure Grün) in Alkohol gelöst und in nicht
zu großer Menge dem Lacke zugesetzt, brachte einen glänzend
hellen und dauerhaften, – Corallin, einen gegen Licht
nicht beständigen Ueberzug hervor.
Emeraldin und Aethylrosanilingrün werden am besten stets vor dem
Gebrauche aufgelöst und mit concentrirtem Lacke in Berührung
gebracht.
Man kann so fast alle Theerfarben zur Lackbereitung verwenden,
wobei man nur auf deren Reinheit und einen nicht zu hohen
Wassergehalt zu achten hat. Die Farbholzextracte und sonstigen
Farbstoffe eignen sich alle schlechter als die Anilinfarben zu
dem genannten Zwecke; bei einigen, z.B. dem Indigo, stehen sogar
offenbare Hindernisse der Anwendung im Wege.
Auffallend schöne Farbschichten auf Glas und Glimmer erhielt ich
mit gefärbten Lösungen der Schießbaumwolle in Aether. Die
Schießbaumwolle, gut gereinigt und vollkommen säurefrei, löst
sich, wenn sie in der geeigneten Art dargestellt ist, in Aether
(dem Weingeist zugefügt wird) vollkommen auf und hinterläßt beim
Verdampfen des Aethers auf einer Glimmer- oder Glasplatte
eine durchsichtige, je nach der Concentration der Lösung dicke
Haut. Der Farbstoff, wozu ich nur Anilinfarben verwenden konnte,
wird in Aether und Alkohol zu einer concentrirten Lösung
aufgelöst und in nur geringer Menge dem Collodium zugesetzt. Die
Collodiumhaut ist besonders bei Zusatz von etwas Terpenthinöl
sehr elastisch und kann, wenn die Platte vor dem Auftragen kalt
war, compact abgelöst werden, woraus man das farbige Häutchen in
Figuren (Carreaus, Kreise etc.) schneiden und alsdann wieder mit
farblosem Gummi auf durchsichtige Gegenstände kleben kann. Aetzt
man Glas oder Glimmer vorher, so haftet das Collodiumhäutchen
sehr fest, wobei allerdings die Durchsichtigkeit verloren geht.
Durch Aetzen einzelner Stellen oder Figuren in der Platte, kann
man auf diese Weise gefärbte Glas- oder Glimmerbilder
erhalten, indem die geätzten Stellen nur durchscheinend, die
nicht geätzten durchsichtig sind. Man überzieht zu diesem Zwecke
die Tafel mit dünnem Wachs oder mit dem sogenannten
Kupferstecherfirniß, legt die zu ätzenden Stellen mit einem
stählernen Stifte frei und bringt sie, so vorbereitet, in einen
verschlossenen Bleikasten oder auf eine Plattirschale, auf deren
Boden sich gepulverter Flußspath und Schwefelsäure zur
Entwickelung der Fluorwasserstoffsäure befinden. Nach einigen
Stunden entfernt man die Wachsschicht, reinigt die Platte mit
Aether und Alkohol, und lackirt. Ist eine Operation mißlungen,
so kann man natürlich mit dem Lösungsmittel der Harze den Lack
wieder entfernen und von Neuem auftragen.
Die im Handel in der letzten Zeit aufgekommenen sogenannten Prachtlacke sind größtentheils solche
mit Anilin gefärbte weingeistige Harzlösungen und werden vom
Publicum viel zu theuer bezahlt. (Musterzeitung, Zeitschrift für
Färberei etc., 1871, Nr. 15).