Titel: | Ueber einige Legirungen; von Prof. A. Bauer. |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. LXXIX., S. 285 |
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LXXIX.
Ueber einige Legirungen; von
Prof. A.
Bauer.
Aus den Sitzungsberichten
der kais. Akademie der Wissenschaften. Bd. LXIII,
Märzheft 1871.
Bauer, über einige Legirungen.
Wie ich vor KurzemPolytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVIII S. 218. mitgetheilt habe, geht das Blei mit dem Platin eine
bestimmte chemische Verbindung ein, welche nach der Formel PtPb
zusammengesetzt ist.
Diese Verbindung kann leicht in größerer Menge und unter
Vermeidung der gleichzeitigen Bildung von fein vertheiltem
Platin (auf die ich in meiner früheren Abhandlung aufmerksam
gemacht habe und welche hauptsächlich die Ursache war, daß man
nur geringe Mengen der reinen Verbindung, Bleiplatin darstellen
konnte) bereitet werden, wenn man folgendermaßen verfährt:
Man schmilzt das Platin mit einem kleinen Ueberschuß von Blei
unter einer Decke von Boraxglas zusammen, was leicht und unter
lebhafter Feuererscheinung erfolgt, läßt hierauf den Tiegel mit
dem Metallgemisch sehr langsam, etwa durch Umgeben des Tiegels
mit heißer Asche, erkalten, schlägt ihn dann entzwei und erhält
nun die Metallverbindung in Form einer sehr schön
krystallinischen und vollkommen wismuthähnlichen röthlichen
Masse, welche sich leicht pulvern läßt und durch Behandlung mit
Essigsäure bei Luftzutritt von dem kleinen Bleiüberschusse sehr
rasch befreit werden kann.
Die Dichte dieses Productes wurde, in naher Uebereinstimmung mit
den früheren Beobachtungen zu 15,736 bestimmt und zu 14,89
berechnet,Nach der Formel: 100/(A/S +
A¹/S¹) wobei S
und S¹ die
specifischen Gewichte der betreffenden Metalle, und A und A¹ den Procentgehalt in der Verbindung
bedeuten. woraus hervorgeht, daß bei der Bildung des Bleiplatins
eine Contraction stattfindet.
Wird das Bleiplatin mit einem solchen Ueberschuß von Blei
zusammengeschmolzen, daß eine Legirung entsteht welche auf ein
Atom Platin zwei Atome Blei enthält, so ändert sich das Ansehen
derselben wenig; dagegen erscheint es weiß und erhält ein mehr
klein-krystallinisches Gefüge beim Schmelzen mit einem
Platinüberschuß.
Gestützt auf die bei der Einwirkung des Bleies auf Platin
gewonnenen Resultate habe ich auch das Verhalten einiger anderen
Metalle gegen Blei näher studirt und werde die hierbei
beobachteten Thatsachen in Folgendem mittheilen:
Blei und
Quecksilber.
Zwei Gewichtstheile Blei wurden geschmolzen, hierauf vorsichtig
mit einem Gewichtstheile Quecksilber gemengt und das entstandene
Amalgam so lange der Einwirkung von Essigsäure und Kohlensäure
ausgesetzt, als Bleiweiß und essigsaures Bleioxyd gebildet
wurden. Der hierbei unverändert gebliebene Theil des Amalgames
wurde nun von Hrn. H. Wieser
analysirt und folgende Resultate erhalten:
I. 0,8705 Grm. Substanz gaben
0,5214 Grm. schwefelsaures Blei und 0,5962 Grm.
Quecksilbersulphid, entsprechend 0,3562 Grm. Blei und 0,5139
Grm. Quecksilber.
II. 0,9701 Grm. Substanz lieferten 0,5796
Grm. schwefelsaures Blei oder 0,3959 Grm. Blei und 0,6662 Grm.
Quecksilbersulphid, entsprechend 0,5742 Grm. Quecksilber.
100 Theile enthalten demnach:
Textabbildung Bd. 200, S. 286
Die durch die Analyse ermittelten Zahlen stimmen sehr nahe mit
den für die Formel Hg³Pb² berechneten überein,
wobei zu bemerken kommt, daß das nach den bisher bekannten
Methoden dargestellte feste und krystallisirte Bleiamalgam auf
zwei Theile Blei drei Theile Quecksilber enthält, also mit
Rücksicht auf die Atomgewichte beider Metalle wohl dieselbe
Zusammensetzung hat wie das von mir dargestellte Amalgam.
Das letztere ist fest, krystallinisch, körnig, weiß, ändert beim
Aufbewahren an der Luft stellenweise seine Farbe in's
Bläulichgelbe und zeigt bei 17° C. eine Dichte von 12,49.
Für ein Amalgam von der Formel Hg³Pb² berechnet
sich die Dichte nach der oben mitgetheilten Formel zu 12,6085
(wobei das specifische Gewicht des Quecksilbers zu 13,557
angenommen wurde). Hieraus ergibt sich, daß bei Bildung dieses
Amalgames keine Verdichtung der Masse stattgefunden hat, was mit
den Beobachtungen von Kupffer über
die Bleiamalgame nicht übereinstimmt, dagegen mit einer von Crookewitt
Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXVIII S. 290. über das aus gleichen Atomen Blei und
Quecksilber bestehende Amalgam gemachten Mittheilungen im
Einklange ist.
Blei und
Palladium.
Ein Theil granulirtes Blei wurde mit etwas mehr als einem Theil
Palladiumblech in einem Porzellantiegel zum Glühen erhitzt,
wobei die beiden Metalle rasch und leicht, unter sehr lebhafter
Feuererscheinung zusammenschmolzen und nach dem Erkalten eine
schön krystallinische, spröde und grauweiße Legirung lieferten,
die in grobe Stücke zerbrochen und hierauf der Einwirkung der
Essigsäure und Kohlensäure in der früher angegebenen Weise
ausgesetzt wurde. Dieselbe änderte sich hierbei stark unter
Bildung von essigsaurem Blei und Bleiweiß, wurde zu
wiederholtenmalen mit verdünnter Essigsäure gewaschen, fein
gepulvert, neuerdings der Einwirkung der genannten Agentien
ausgesetzt und diese endlich unterbrochen, als man beobachtete
daß auch das Palladium auf diese Weise angegriffen wurde und
beim Waschen mit Essigsäure theilweise in Lösung ging.Palladiumoxydul, durch Fällung der salpetersauren Lösung
des Metalles mittelst kohlensaurem Natron erhalten, ist,
wie wir uns überzeugten, in verdünnter Essigsäure leicht
löslich. Diese Lösung wird bei längerem Kochen
theilweise reducirt und metallisches Palladium
abgeschieden. Uebrigens blieb von diesem Augenblicke an auch die
Zusammensetzung der Legirung eine constante, wie die eben unten
angeführten Analysen zeigen, welche mit Substanzen ausgeführt
wurden, die der genannten Einwirkung verschieden lang ausgesetzt
waren.
Die Analysen selbst wurden von Hrn. J. Stingl in der Weise vorgenommen, daß man das Blei
durch Fällung mit verdünnter Schwefelsäure von Palladium
trennte, wobei man einen Ueberschuß des Fällungsmittels anwenden
muß, um die Bildung und Abscheidung von basischschwefelsaurem
Palladiumoxydul zu hindern. Der entstandene
Blei-Niederschlag muß bis zur völligen Befreiung von
Palladium mit verdünnter Schwefelsäure gewaschen und zuletzt
diese durch verdünnten Weingeist verdrängt werden.
Die weingeisthaltigen Waschwässer sind zu entfernen, da die
Palladiumlösung bekanntlich durch Alkohol rasch reducirt
wird.
Das Palladium selbst wurde aus der schwefelsäurehaltigen
Flüssigkeit nach Neutralisation mittelst Sodalösung durch
Quecksilbercyanid gefällt und schließlich als Palladium
gewogen.
Diese Methode gibt, wie wir uns durch qualitative Untersuchung
des entstandenen Niederschlages überzeugten, wenn man vorsichtig
arbeitet, recht befriedigende Resultate.
Die Analysen ergaben folgende Resultate:
I. 0,5682 Grm. Substanz
gaben 0,334 Grm. schwefelsaures Blei, entsprechend 0,2281 Grm.
Blei und 0,3415 Grm. Palladium.
II. 0,7977 Grm. der Legirung
ergaben 0,4594 Grm. schwefelsaures Blei oder 0,3138 Blei und
0,484 Grm. Palladium.
III. 0,7610 Grm. der Substanz lieferten
0,4348 Grm. schwefelsaures Blei oder 0,29704 Grm. Blei und
0,4647 Grm. Palladium.
100 Theile enthalten demnach:
Textabbildung Bd. 200, S. 288
Die gefundenen Zahlen stimmen somit sehr nahe mit den für die
Formel Pd³Pb berechneten überein und ich halte daher
diese Legirung für eine bestimmte, aus einem Atom Blei und drei
Atomen Palladium bestehende Verbindung. Dieselbe stellt ein
krystallinisches, stahlgraues Pulver dar, ist schwer schmelzbar
und zeigt ein specifisches Gewicht von 11,255.Es muß hierbei bemerkt werden, daß zu dieser
Dichtenbestimmung nur eine sehr geringe Menge Substanz
verwendet werden konnte. Für die Verbindung Pd³Pb berechnet sich dasselbe
zu 11,65. Als negative Elektrode für eine Batterie von sechs Bunsen'schen Elementen angewendet,
nimmt diese Verbindung, wenigstens unter den Umständen wie ich
bisher den Versuch angestellt habe, keinen Wasserstoff an,
während reines Palladium unter denselben Umständen eine
bedeutende Occlusion von Wasserstoff zeigte.
Blei und Gold; Blei
und Silber.
1,5 Theile Gold wurden mit 11 Theilen Blei und 10 Theile Silber
mit 7 Theilen Blei durch Zusammenschmelzen legirt, die
entstandenen Legirungen zu sehr dünnem Blech ausgewalzt und
dieses der Einwirkung von Essigsäure, Kohlensäure und Luft
ausgesetzt.
In beiden Fällen wurde eine starke Bleiweißbildung beobachtet und
dieses Salz durch wiederholte Behandlung mit ganz verdünnter
Essigsäure entfernt. Der hierbei schließlich bleibende Rückstand
war jedoch im ersten Falle nahezu reines Gold und im zweiten
Falle nahe reines Silber, und zwar erschien das Metall jedesmal
in Form einer pulverigen Masse, welche einem Aggregat von
Krystallen täuschend ähnlich sah. Eine Verbindung der genannten
Metalle, Gold und Silber, mit dem Blei, konnte daher nach dem
eingeschlagenen Verfahren, trotz öfterem Wiederholen des
Experimentes, nicht erhalten werden.
Zink und
Kupfer.
Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir auch zu bemerken, daß, wie
mir Hr. Regierungsrath A. v. Löwe
mittheilte, vor etwa 30 Jahren eine Partie schön krystallisirtes
Messing an das Münzprobiramt in Wien eingesendet wurde, welches
sich angeblich in einer Fabrik zufällig gebildet hatte. Dieses
Messing wurde damals von Hrn. Franz Hoffmann analysirt und folgende Resultate gefunden:
1,16 Grm. Substanz gaben 1,08 Grm. Kupferoxyd, entsprechend
0,862 Grm. Kupfer und 0,367 Grm. Zinkoxyd, entsprechend 0,294
Grm. Zink.
100 Theile enthalten demnach:
Textabbildung Bd. 200, S. 289
Es kann daher wohl angenommen werden, daß jenes Messing ebenfalls
eine bestimmte, nach der Formel Cu³Zn zusammengesetzte,
chemische Verbindung war.
CroockewitAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXVIII S. 292. hat allerdings schon vor vielen Jahren mehrere
Legirungen des Zinkes mit Kupfer studirt, welche nach bestimmten
chemischen Formeln zusammengesetzt waren und die er deßhalb auch
für chemische Verbindungen hielt, allein keine der von ihm
dargestellten Verbindungen hatte die oben angegebene
Zusammensetzung.