Titel: | Gewinnung des Farbstoffes und der Oxalsäure aus den Waschwässern des Krapps bei der Garancin-Fabrication; von Pernod in Avignon. |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. LXXXVI., S. 315 |
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LXXXVI.
Gewinnung des Farbstoffes und
der Oxalsäure aus den Waschwässern des Krapps bei der
Garancin-Fabrication; von Pernod in Avignon.
Aus dem Bulletin de la
Société industrielle de Mulhouse, t.
XL p. 414; August 1870.
Pernod, über Verwerthung der Waschwässer bei
der Garancinfabrication.
In den Umgebungen von Avignon bereitet man das Garancin, indem
man das Krapppulver bei der Siedhitze mit verdünnter
Schwefelsäure behandelt. Das Product wird hernach wiederholten
Waschungen unterworfen, um dem Krapp die in demselben
enthaltenen löslichen Stoffe und die bei dieser Behandlung
angewandte Schwefelsäure zu entziehen.
Sämmtliches Waschwasser läßt man in den Fluß in der Nähe der
Fabriken ablaufen; dasselbe enthält eine große Menge
Schwefelsäure und schwefelsauren Kalk, ferner in reichlicher
Menge ein Pektinderivat, nebst Oxalsäure und Farbstoff
aufgelöst. Dieses Wasser, welches in dem Zeitpunkt wo es in den
Fluß abläuft, hellgelb gefärbt und vollkommen klar ist, trübt
sich bei seiner Vermischung mit dem Flußwasser bald, indem es
einen sehr reichlichen flockigen Niederschlag von röthlichgrauer
Farbe und gallertartigem Ansehen bildet, welcher sich rasch
zersetzen kann, wobei er den Geruch faulender thierischer Stoffe
verbreitet.
Ich habe mich durch Versuche überzeugt, daß wenn man dieses
Wasser mit Kalk neutralisirt und dann absitzen läßt, bevor man
es in den Fluß ableitet, es möglich ist dasselbe zu reinigen und
so die Nachtheile zu vermeiden, welche seine Gegenwart im Wasser
der Flüsse für die öffentliche Gesundheit und für die Industrie
haben könnte.
Für die Anwendung dieses Reinigungsverfahrens ließ ich in meiner
Fabrik zu Pontet bei Avignon zwei Behälter aus Ziegelsteinen
nebeneinander im Boden herstellen, welche 9 Meter lang, 4 Meter
breit und 1 Meter 10 Centimeter hoch sind. Diese Behälter, in
welche das Waschwasser der Fabrik ablaufen kann, sind in 30
Centimeter Entfernung vom Boden mit Hähnen versehen.
Alles Waschwasser wird abwechselnd in diese Behälter geleitet,
worin man es mit der zu seiner gänzlichen Sättigung
hinreichenden Menge Kalkhydrat versetzt; daß diese erfolgt ist,
erkennt man leicht an der hellrothen Färbung welche das Wasser
annimmt, und an der Bildung eines sehr reichlichen hellvioletten
Niederschlages.
Jeder dieser Behälter hat einen Inhalt von 39,600 Liter, der mehr
als hinreicht, um das Wasservolum aufzunehmen welches meine
Fabrik im Verlauf von drei Stunden liefert (30,000 Liter). Diese
Menge ist während der Nacht etwas weniger beträchtlich.
Nachdem der erste Behälter die zu seiner Neutralisation
erforderliche Kalkmenge empfangen hat, überläßt man die Masse
der Ruhe. Während dieser Zeit leitet man eine neue Quantität
sauren Wassers in den zweiten Behälter.
Nach zweistündiger Ruhe hat sich der durch den Kalk gebildete
Niederschlag im ersten Behälter gänzlich abgesetzt, und das über
ihm stehende Wasser, obgleich schwach röthlichgelb gefärbt, kann
durch seine Vermischung mit dem Wasser der Flüsse nicht mehr die
flockige Substanz liefern, welche das Waschwasser der
Garancinfabriken vor seiner Neutralisation gibt.
Man kann daher dieses Wasser ohne Nachtheil in den Fluß ablaufen
lassen; zu diesem Zweck öffnet man die Hähne welche 30 Centimet.
über dem Boden des Behälters angebracht sind. Nachdem der zweite
Behälter gänzlich gefüllt und mit der zu seiner Sättigung
erforderlichen Kalkmenge versetzt ist, läßt man ihn wie den
ersten absetzen. Während dieser Zeit beginnt man eine neue
Operation im ersten Behälter, und so fährt man fort, bis der
Kalkabsatz in den Behältern die Höhe der Decantirhähne erreicht
hat.
Man schafft dann den Niederschlag mittelst einer Pumpe heraus, um
ihn in einem anderen Behälter mit einer großen Menge Wasser zu
behandeln, welches mit Schwefelsäure oder Salzsäure angesäuert
ist; hierzu läßt sich das saure Wasser vom Waschen des Garancins
vortheilhaft verwenden; jedenfalls muß die Säuremenge
hinreichend seyn, daß nach ihrer Vermischung mit dem
Kalkniederschlag die Flüssigkeit eine deutlich saure Reaction
zeigt.
Nach zwölfstündiger Ruhe hat sich die Masse vollständig
abgesetzt. Man decantirt die überstehende FlüssigkeitDiese Flüssigkeit wird in einen besonderen Behälter
geleitet, wo man sie mit einer zu ihrer vollständigen
Sättigung hinreichenden Menge Kalk versetzt. Nach
dreistündigem Absitzenlassen decantirt man die
überstehende Flüssigkeit, welche man weglaufen läßt, und
sammelt den Kalkabsatz auf einem Filter, um ihn als
Dünger beim Krappbau zu benutzen. und sammelt den Niederschlag auf einem wollenen
Filter.
Dieser Niederschlag, welcher zum großen Theil aus schwefelsaurem
und oxalsaurem Kalk und einem gewissen Antheil Farbstoff
besteht, wird in der Siedhitze mit so viel Schwefelsäure
behandelt, als erforderlich ist um den darin enthaltenen
oxalsauren Kalk zu zersetzen. Nachdem die Masse erkaltet ist,
verdünnt man sie mit einer kleinen Menge Wasser und bringt sie
auf ein wollenes Filter, wo man sie vollständig abtropfen
läßt.
Sämmtliche durch das Filter gegangene Flüssigkeit, welche die
Oxalsäure enthält, wird in einem bleiernen Kessel abgedampft.
Beim Erkalten setzt sie eine große Menge krystallisirter
Oxalsäure ab, welche sich leicht von der Mutterlauge trennen
läßt. Die so erhaltene Oxalsäure enthält noch eine gewisse Menge
Schwefelsäure, wovon sie durch wiederholtes Umkrystallisiren
leicht gereinigt werden kann.
Die auf dem wollenen Filter zurückgebliebene teigige Masse, aus
welcher die Oxalsäure abgeschieden wurde, besteht dann nur noch
aus schwefelsaurem Kalk, gemengt mit einem gewissen Antheil
Farbstoff. Durch wiederholtes Auswaschen mit angesäuertem Wasser
auf einem wollenen Filter löst man den größten Theil des
schwefelsauren Kalkes auf, und auf dem Filter verbleibt nur noch
eine braune Masse, welche den Farbstoff enthält. Getrocknet und
gepulvert liefert sie beim Färben sehr reine Nüancen, ähnlich
denen welche das Alizarin gibt.J. Steinbach bemerkt in
seinem, der Industriegesellschaft über Pernod's Abhandlung
erstatteten Bericht, über das den Farbstoff enthaltende
Product: „Dasselbe ist ein wenig
farbstoffreicher als der Krapp, und die Nüancen
welche es beim Färben liefert, sind schön. Für Roth
und Braun färbt man besser ohne Kreide; das Violett
fällt aber durch einen Zusatz von 5 Proc. Kreide
schöner aus. Die Nüancen, welche aus dem Färbebad
reiner als die Krappfarben hervorgehen, widerstehen
den Seife- und
Säurebädern wenigstens so gut wie die mit Krapp
erhaltenen.“