Titel: | Selbstthätige Expansionssteuerung und Kolbenschieberconstruction für Lokomobilen, von E. R. Turner und F. Turner in Ipswich. |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. XCV., S. 347 |
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XCV.
Selbstthätige
Expansionssteuerung und Kolbenschieberconstruction für Lokomobilen,
von E. R. Turner und F. Turner in
Ipswich.
Nach Engineering,
December 1870, S. 462 und 464.
Mit Abbildungen auf Tab. VII.
Turner's Expansionssteuerung und
Kolbenschieber.
Die von den HHrn. Turner auf dem
letzten Smithfield Show ausgestellte
Locomobile war mit einer bemerkenswerthen selbstthätigen
Expansionssteuerung und Kolbenschieberconstruction versehen,
welche in Figur
1 bis 5,
bez. Fig. 6
bis 9
dargestellt sind.
Was die selbstthätige Expansionssteuerung betrifft, so kann das
mit einem Schlitz versehene Excenter rechtwinkelig zur
Kurbelwelle verschoben werden, welche zu diesem Behufe an der
betreffenden Stelle im Querschnitt quadratisch geformt und mit
Führungslappen (Fig.
5) versehen ist. Dabei ist in diesem speciellen Falle der
Schlitz im Excenter so angebracht, daß der Mittelpunkt des
letzteren in einer im Abstand von 17/32 engl. Zoll vom
Wellenmittel rechtwinkelig zur Kurbel gedachten Geraden sich
verschiebt, d.h. in jeder Stellung des Excenters bleibt die
Voreilung des Schiebers 17/32 Zoll. Da die Ueberdeckung des
Schiebers 1/2 Zoll ist, so beträgt die Oeffnung des Dampfweges
bei der Endstellung des Kolbens in allen Fällen 1/32 Zoll.
Aus Fig. 3
und 4 ist
zu entnehmen, daß durch den quadratischen Theil der Kurbelwelle,
rechtwinkelig zum Excenterschlitz, ein Bolzen hindurchgeht, auf
welchem zu beiden Seiten je eine Klinke sitzt. Die unteren Enden
dieser Gelenkglieder sind ebenfalls durch einen Bolzen
verbunden, auf welchem neuerdings drei Klinken aufgeschoben
sind. Zwei derselben stehen mit einer auf der Kurbelwelle
gleitenden Hülse in Verbindung, während das dritte und zwar
mittlere Gelenkglied unten mit dem Excenter selbst verbunden
ist. Die ganze Anordnung bildet eine Art Kniehebelverbindung,
welche durch das mit dem Gleitstück auf der Welle verbundene
Klinkenpaar angezogen oder nachgelassen werden kann. In Fig. 4 ist der beschriebene Mechanismus so
dargestellt, daß das Excenter in der einen äußersten Stellung
sich befindet. Knickt man durch entsprechende Verschiebung des
Gleitmuffes auf der Kurbelwelle das Kniegelenk in die punktirt
angedeutete Lage ein, so wird das Excenter verschoben und dessen
Hub vermindert, so daß eine frühere Dampfabsperrung
eintritt.
Das Excenter ist, wie ebenfalls in Fig. 4
zu sehen, so eingerichtet, daß das Kniegelenk auch nach der
entgegengesetzten Seite angeordnet werden kann, wenn die
Richtung, nach welcher die Maschine läuft, verkehrt wird.
Die allgemeine Anordnung dieser selbstthätigen
Expansionssteuerung, welche recht sicher und befriedigend
functioniren soll, ist nun aus Fig. 1
und 2 ohne
weitere Erklärung verständlich. Der Schieberweg variirt von 1
1/16 bis 2 1/4 Zoll, da die Querverschiebung des Excenters bis
zu 1 Zoll reicht.
Bei der entlasteten Kolbenschieberconstruction, welche sich an
Turner's Locomobile vorfand,
besteht der Schieber (Figur
6) aus zwei durch eine Röhre verbundenen Kolben und
das Ganze ist aus einem Stück gegossen. Der mit einem
Dampfmantel versehene Cylinder der Ausstellungsmaschine ist 6
1/4 englische Zoll weit, während die Bohrung des
Schiebercylinders 4 1/2 Zoll beträgt. Das Verbindungsrohr der
Kolbenschieber hat 2 1/4 Zoll inneren Durchmesser. Die
Schieberspindel ist an einem in der Rohrmitte angebrachten
Bolzen befestigt.
Die Schieberdichtung ist in Fig. 7
bis 9
skizzirt; wie man daraus ersieht, ist jeder Kolben mittelst
zweier gespaltenen Stahlringe gelidert, welche je an einem Ende
durch drei Kupferniete an der den Dampfcanälen zugekehrten Seite
befestigt sind. Die Enden dieser Dichtungsringe können somit nie
in die Dampfwege gerathen – der Kolbenschieber ist gegen
jede Verdrehung gesichert – und doch wird durch die gegen
die entgegengesetzte Seite sich wirksam machende Federkraft der
Liderungsringe eine gute Dichtung erzielt. Jeder Ring nimmt in
der Dicke vom angenieteten zum freien Ende ab. Zur Verminderung
der Abnutzung, welche aus dem Eigengewicht des
Kolbenschiebers entspringt, ist die gegen den Schieberspiegel
gekehrte Auflagfläche, wie in Figur
6 gezeichnet, erweitert.
Der Dampf wird in den ringförmigen Raum zwischen den beiden
Steuerkolben zugelassen und gelangt je nach der Schieberstellung
durch sehr kurze, gerade Dampfwege in den Cylinder; es ist daher
der schädliche Dampfraum ein sehr geringer. Das Auslaßrohr
communicirt mit dem Vordertheil des Schiebercylinders, wohin der
Dampf von der hinteren Cylinderseite durch das Verbindungsrohr
der beiden Kolbenschieber gelangen kann.
Der Dampfcylinder sowie das Schiebergehäuse werden durch
gemeinschaftliche Deckel abgeschlossen, so daß alle Theile
bequem zugänglich sind.
Zum Anlassen der Maschine dient ein in Fig. 6
ersichtlicher kleiner Schieber, welcher die Dampfcanäle im
oberen Theil des Schiebercylinders bedeckt. Dieser Anlaßschieber
wird durch einen Zahnradsector verschoben, welcher in die Zähne
am Rücken dieses Schiebers eingreift und von Außen durch einen
Hebel bewegt wird. Der Einlaßdampf streicht zunächst um den
Cylindermantel und geht durch den Anlaßschieber zum
Vertheilungsschieber.
Bisher war es schwierig, bei kleinen Dampfmaschinen entlastete
Schieber anzubringen, welche hinlängliche Dauerhaftigkeit
besitzen. Die beschriebene Anordnung wird sehr günstig
beurtheilt und soll die bestehenden Schwierigkeiten mit dem
besten Erfolg beseitigt haben.