Titel: | Notiz über Flückiger's Wasserglasreactionen; von W. Heintz. |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. CIX., S. 396 |
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CIX.
Notiz über Flückiger's
Wasserglasreactionen; von W. Heintz.
Heintz, über Flückiger's
Wasserglasreactionen.
Im vorigen Jahrgange dieses Journals (Bd. CXCVIII S. 236) wurden
Mittheilungen über interessante Reactionen gemacht, welche Hr.
Flückiger angestellt hat und aus
denen er den Schluß zieht, daß „die in Wasser am
reichlichsten löslichen Salze des Kaliums, Natriums,
Lithiums und Ammoniums das Vermögen besitzen, aus
concentrirter Wasserglaslösung Kieselsäure
abzuscheiden.“
Wenn Hr. Flückiger den Niederschlag
auch nicht für reine Kieselsäure hält, so glaubt er doch, wohl
durch Ordway's Angabe, daß viel
Wasser aus Wasserglas Kieselsäure auszuscheiden vermöge,
verleitet, daß er Kieselsäurehydrat sey, welches bald mehr, bald
weniger die Basis in loser Verbindung mit niederreiße.
Wenn nach Analogie mit den Seifen die Angabe von Ordway wohl verständlich ist, so ist
doch nicht ersichtlich, wie concentrirte Salzlösungen in
gleicher Weise wirken können. Es ist keine chemische Action
zwischen Wasserglas und Neutralsalzen der fixen Alkalien
denkbar, durch welche freie Kieselsäure ausgesondert werden
könnte. Vielmehr darf erwartet werden, daß diese Neutralsalze
sich gegen Wasserglas analog wie gegen Seifen verhalten, d.h.
daß der Niederschlag nicht aus Kieselsäurehydrat, sondern aus
kieselsaurem Alkali besteht.
Der Versuch hat meine Erwartung vollkommen bestätigt. Hr. Stud. pharm. Thüssing hat auf meine Veranlassung ein
Natronwasserglas, welches die wichtigsten der von Flückiger angegebenen Reactionen
zeigte, mit concentrirter Ammoniakflüssigkeit gefällt und den
Niederschlag durch dieselbe Flüssigkeit unter öfterem Zerreiben
mit Hülfe der Bunsen'schen
Wasserluftpumpe vollkommen ausgewaschen.
Der erhaltene gallertähnliche Niederschlag war, sobald das freie
Ammoniak verdunstet war, vollkommen frei von Ammoniak, enthielt
aber eine bedeutende Menge Natron.
Die quantitative Analyse, welche Hr. Thüssing mit noch ganz feuchter Substanz ausgeführt
hat, weil es nur darauf ankam, das Verhältniß der Säure-
und Basismenge festzustellen, ergab Folgendes:
2,000 Grm. lieferten 0,700 Grm. Kieselsäure und 0,342 Grm.
Chlornatrium. – Hieraus ergibt sich für die wasserfreie
Substanz die Zusammensetzung:
gefunden
berechnet
Kieselsäure
79,38
79,47
4 SiO²
Natron
20,62
20,53
1 Na²O
––––––––––––––––––
100,00
100,00
Durch das anhaltende Waschen mit Ammoniak hat sich also das
Verhältniß zwischen Kieselsäure und Natron in keiner Weise
geändert. Der Niederschlag ist unverändertes Wasserglas.
Um zu zeigen, daß auch Neutralsalze dieses Verhältniß zu Gunsten
der Kieselsäure nicht alteriren können, wurde Wasserglas durch
eine concentrirte Lösung von Natronsalpeter gefällt, der
Niederschlag unter mehrfachem Verreiben und mit Hülfe der
Wasserluftpumpe anfangs mit der gleichen Lösung und endlich mit
verdünntem Alkohol ausgewaschen, bis im Filtrat die
Salpetersäureaction nicht mehr zu bemerken war. Der Niederschlag
enthielt sehr reichlich Natron. Hr. Stud.
pharm. Hoene erhielt bei der
quantitativen Analyse dieses Körpers folgende Zahlen:
I. 1,256 Grm. der lufttrockenen Substanz lieferten 0,6500
Kieselsäure und 0,3536 Grm. Chlornatrium.
II. 0,856 Grm. verloren beim Glühen 0,2775 Grm. Wasser.
Hieraus ergibt sich folgende Zusammensetzung:
gefunden
berechnet
Kieselsäure
51,75
53,81
4 SiO³
Natron
14,97
13,90
1 Na²O
Wasser
32,42
32,29
8 H²O
––––––––––––––––
99,14
100,00
Die Menge des Natrons ist im Verhältniß zur Kieselsäure in dem
analysirten Niederschlage nicht vermindert, sondern vielmehr
vermehrt. Obgleich Salpetersäure in wesentlicher Menge in
demselben nicht vorhanden war, so glaube ich doch, daß dieses
analytische Resultat nicht den Schluß erlaubt, es sey etwas
Natron von dem Nitrat auf das Silicat übergegangen.
Der Schluß aber darf als sicher angesehen werden, daß der durch
salpetersaures Natron entstandene Niederschlag nicht
Kieselsäurehydrat ist, welches etwas Natron mit niedergerissen
hat, sondern im Wesentlichen unverändertes Wasserglas.
Man darf aber sicher noch weiter schließen, daß auch die übrigen
Neutralsalze der fixen AlkalienAmmoniaksalze wirken natürlich in ganz anderer Weise. aus Wasserglaslösung eben nur festes Wasserglas fällen,
nicht Kieselsäurehydrat.
In der That verhält sich also das Wasserglas gegen Neutralsalze
ganz analog den Seifen. Während aber diese auch durch
caustisches Kali und Natron gefällt werden, tritt bei jenem
diese Erscheinung nur mit Hülfe von concentrirter
Ammoniakflüssigkeit ein. Dieser Umstand läßt sich vortrefflich
zur Darstellung des Wasserglases in chemisch reinem Zustande
benutzen. (Buchner's neues
Repertorium für Pharmacie, Bd. XX, Heft 4.)