Titel: | A.Mallet's Verfahren zur Darstellung von Sauerstoff; nach Dr. Joseph Philipps. |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. CXXXIII., S. 466 |
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CXXXIII.
A.Mallet's Verfahren zur
Darstellung von Sauerstoff; nach Dr. Joseph Philipps.
Mallet's Verfahren zur Darstellung von
Sauerstoff.
Unter den Methoden der Darstellung von Sauerstoff haben die durch
directe Uebertragung des Luftsauerstoffes auf chemische
Verbindungen in neuerer Zeit besondere Beachtung gefunden. Zu
ihnen gehört auch das Verfahren von A. Mallet (polytechn. Journal, 1867, Bd. CLXXXIV S. 442);
dieses beruht nämlich auf der Eigenschaft des Kupferchlorürs,
den Sauerstoff der Luft zu absorbiren, denselben aber bei
Erwärmung auf ca. 400° C.
wieder abzugeben. Dr. Philipps in Cöln, der Erfinder einer
Beleuchtungsmethode, die auf Verbrennung von sogen. Carboline in
Sauerstoff beruht (m. s. polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVI S.
510) hat kürzlich ein interessantes Schriftchen
veröffentlicht,Der Sauerstoff. Vorkommen, Darstellung und Benutzung
desselben zu Beleuchtungszwecken, nebst einem neuen
Verfahren der Sauerstoffbeleuchtung. Von Dr. Jos. Philipps. Berlin, Verlag von
Inl. Springer, 1871. worin er u.a. auch über das von ihm benutzte
Mallet'sche Verfahren die im
Wesentlichen nachstehend wiedergegebenen Mittheilungen
macht.
Das Kupferchlorür, wie es zu diesem Verfahren angewendet wird,
läßt sich auf wohlfeile Welse darstellen, indem man Kupferspäne,
Abfälle von Kupferblech oder Kupferhammerschlag mit Salzsäure
bei Gegenwart von Luft behandelt. Kupferblech ist vorzuziehen,
weil der Hammerschlag oft viele Verunreinigungen enthält. Wendet
man letzteren an, so geht der Proceß rascher und es ist auch der
Luftzutritt nicht nöthig. Die Kupferspäne werden in hohe Töpfe
geschüttet und mit so viel rauchender Salzsäure übergossen, daß
sie gehörig davon benäht werden. Von Zeit zu Zeit wiederholt man
das Uebergießen mit Salzsäure und stellt die Töpfe an einen
mäßig warmen Ort, im Sommer an die Sonne. Nach 2 bis 3 Wochen
sind die Kupferspäne verschwunden und man hat eine schwere,
dunkelbraun-grüne Flüssigkeit, welche, in einer
Porzellanschale verdampft, eine smaragdgrüne krystallinische
Masse von Kupferchlorid hinterläßt. 1 Kilogrm. Kupferspäne gibt
3 Kilogrm. obigen Kupferchlorids. Wird das erhaltene
Kupferchlorid stark erhitzt, so geht zuerst Nasser, hierauf bei
stärkerer Hitze ein Theil Chlor fort, und man erhält eine
dunkelbraune Masse von wasserfreiem Kupferchlorür. Wird
letzteres an feuchte Luft gebracht oder mit Wasser angefeuchtet,
so wird es durch Wasseraufnahme anfangs weiß, nach 2 bis 3
Stunden gesättigt grün, indem es durch Aufnahme von Sauerstoff
aus der Luft in ein Kupferoxychlorid übergeht, entsprechend der
Formel:
Cu²Cl + HO + (Luft resp.) O = CuCl +
CuO + HO.
Ob die erhaltene Verbindung genau obiger Formel entspricht,
darüber sind noch Untersuchungen anzustellen. Es ist
wahrscheinlich, daß noch basischere Verbindungen gebildet
werden. – Wird das Kupferoxychlorid nun wieder erhitzt,
so gibt es zuerst Wasser ab und bei ca. 400° C. entweicht der aufgenommene
Sauerstoff und Kupferchlorür bleibt wieder zurück nach der
Formel: CuCl + CuO + HO = Cu²Cl + HO + O.
Diese Aufnahme und Abgabe von Sauerstoff kann unter den
angegebenen Bedingungen beliebig wiederholt werden. Behandelt
man das Kupferoxychlorid mit Salzsäure, so wird wieder
Kupferchlorid gebildet, welches beim Erhitzen zuerst wieder
Chlor abgibt.
Prof. M. Laurens in Rouen hat,
gestützt auf diese Eigenschaft des Kupferchlorides, ein
Verfahren zur Darstellung von Chlor angegeben (polytechn.
Journal, 1861, Bd. CLXII S. 286), welches von Mallet in einem zu dem Zwecke
construirten rotirenden Apparat in größerem Maaßstab ausgeführt
wurde und unter gleichzeitiger Benutzung des Apparates und der
Masse auch zur Sauerstoffdarstellung dient.
Dr. Philipps hat das Mallet'sche Verfahren der Sauerstoffdarstellung versucht
unter Anwendung eines Apparates, der von Mallet selbst angegeben, in einer Cölner
Maschinenfabrik angefertigt war und gegenwärtig im Betrieb zur
Darstellung von Sauerstoff steht. Dieser Apparat besteht aus
einem eisernen Ofen, welcher 0,95 Met. hoch und breit und 0,75
Met. tief ist. Eine gußeiserne Matte, welche zur Aufnahme der
Retorten mit vier quadratischen Oeffnungen versehen, ist,
bedeckt denselben. Der Ofen ist im Inneren mit Chamotte
ausgefüttert. Die Feuerzüge sind seitlich einander
gegenüberstehend, laufen zur Hälfte um den Ofen herum unter der
Platte und vereinigen sich in einem gemeinschaftlichen
Schornstein. Die viereckigen gußeisernen Retorten haben 0,72
Met. Höhe, oben 0,18 Met. im Quadrat und verjüngen sich nach
unten auf 0,15 Met. In den Boden der Retorte ist ein gußeiserner
Ring eingelassen, um die Retorten mit einem Haken fassen und
umstürzen zu können, wenn man sie ihres Inhaltes entleeren will.
Die Retorten sind mit übergreifenden Deckeln versehen, deren
Ränder mit Thon beschmiert werden und welche mittelst eines
Bügels und einer Schraube fest aufgedrückt werden. Seitwärts der
Mitte im Deckel befindet sich eine Oeffnung, welche mit einem
0,10 Met. hohen Rohraufsatz umgeben ist. Die innere Weite des
Rohraufsatzes ist derart, daß ein in dieselbe gestecktes
Bleirohr so viel Spielraum läßt, daß dasselbe rings herum mit
Thon fest eingekittet werden kann. Retorte und Deckel sind im
Inneren gut emaillirt. Mallet
empfiehlt bei größeren Apparaten die Retorten mit Chamotte
auszukleiden und die Fütterung mit einer Lösung von Wasserglas
und Magnesia zu behandeln. Die Retorten kommen etwas schräg in
den Feuerraum zu hängen. Die aus den Retorten führenden
Bleirohre gehen in einem Bogen in einen Waschapparat, welcher
Aehnlichkeit mit demjenigen hat, worin das Leuchtgas gewaschen
wird. Indem Waschapparat befindet sich Wasser, in welchem die
gebogenen Rohre untertauchen und so gegen einander abgeschlossen
werden. In diesem Apparat verdichtet sich zugleich das aus der
Masse der Retorte als Wasserdampf übergehende Wasser und das
überflüssige fließt durch ein seitliches Rohr ab. Dasselbe wird
nach der Operation wieder zum Anfeuchten der Masse verwendet.
Der Verschluß des Waschapparates nach Außen wird ebenfalls durch
Wasser bewerkstelligt und muß dieses wegen Verdunstung von Zeit
zu Zeit erneuert werden. Aus dem Waschapparat führt ein
gemeinschaftliches Rohr den Sauerstoff in den Gasometer. Der
Waschapparat ruht auf zwei Säulen, welche auf der Platte des
Ofens befestigt sind.
Die von Dr. Philipps zur Beschickung der Retorten verwendete Masse besteht aus 50 Kilogrm. Kupferchlorid, gemengt mit 33
1/3 Proc. Kaolin, um das Zusammenbacken der Masse zu verhindern.
Bei anfangs gelindem, später verstärktem Feuer wird das Chlor
abgetrieben und hierdurch die zu der späteren
Sauerstoff-Absorption geeignete Masse hergestellt. Will
man das Chlor verwenden, so läßt man es durch nasse Kupferspäne
streichen, die es absorbiren und neues Kupferchlorid bilden.
Nachdem das Chlor abgetrieben, werden die Retorten nach einiger
Zeit mittelst eines Flaschenzuges aus dem Feuer gehoben und zur
Entleerung des Inhaltes mit einem Haken, den man in den im Boden
befindlichen Ring einklemmt, umgestürzt. Die erhaltene braune
Masse befeuchtet man mit Wasser; sie wird dann nach zwei bis
drei Stunden, unter Sauerstoffaufnahme aus der Luft, grün. Diese
Masse gibt nun bei jedesmaliger Behandlung, wie oben erwähnt,
Sauerstoff ab, so oft dieselbe erhitzt wird, und an der Luft
nimmt sie in Gegenwart von Feuchtigkeit wieder Sauerstoff auf.
Am besten läßt man die Masse in den Retorten regeneriren,
wodurch jeder Verlust vermieden wird. Die 50 Kilogrm.
Kupferchlorid, welche ursprünglich zur Verwendung gelangt,
geben, nachdem das Chlor ein für alle Mal entfernt und der
Sauerstoff aufgenommen ist, bei jedesmaligem Abtreiben 1,5
Kubikmeter Sauerstoff ab, vorausgesetzt daß die Operation
richtig geleitet wird. In Philipps'
Laboratorium findet sich Masse, welche zu mehr als 200
Operationen gedient und nichts an Qualität eingebüßt hat. Wohl
zu beachten bleibt, daß die Masse nie mit Eisen in Berührung
kommt, weil das Kupferchlorid dadurch zersetzt würde. Die
Beaufsichtigung des Apparates erfordert wenig Mühe; man hat
einfach das Feuer zu überwachen. Bei der Darstellung von
Sauerstoff nach dieser Methode im Großen, wozu Mallet horizontal rotirende Retorten
construirt hat, ist ein Verlust ebenfalls nicht zu besorgen, da
die Masse in der Retorte bleibt; Mallet nimmt die Wiederbelebung mit Wasserdampf in der
Retorte vor, wo die Masse in Gegenwart von Luft bei etwa
200° C. den Sauerstoff derselben sofort aufnimmt.
(Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr. 16.)