Titel: | Anwendung der Spectralanalyse bei Bereitung von Bessemerstahl. |
Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. CXXXV., S. 483 |
Download: | XML |
CXXXV.
Anwendung der Spectralanalyse
bei Bereitung von Bessemerstahl.
Anwendung der Spectralanalyse bei Bereitung von
Bessemerstahl.
Man hört beim Bessemern mit dem Anblasen von Wind auf, sobald der
Kohlenstoff verbrannt ist und wird dieser Punkt durch das
Verschwinden der Flamme angezeigt. Nach Roscoe, welcher über diesen Gegenstand einen Vortrag
im Iron and Steel Institute hielt,
ist es nun leichter, das Ende des Processes zu bestimmen, wenn
man statt der ganzen Flamme nur ihre componenten Theile
betrachtet oder, mit anderen Worten, erstere statt mit freien
Augen, durch ein Prisma ansieht, wobei sich dann vom Anfange bis
zum Ende des Processes bei beiden Beobachtungsreihen folgende
Erscheinungen zeigen:
Zeit in Minuten.
Freies Auge.
Spectroskop.
(Erstes
Stadium)0–4
Keine Flamme sichtbar.
Schwaches
continuirlichesSpectrum, von Funkenglühenden
Metallesherrührend.
4–6
Kleine gespitzte Flamme.
Helles Spectrum
mitNatriumlinie-Blitzen.
6–8
Unstäte Flamme
mitExplosionen.
Spectrum hell,
Natriumliniebleibend, rothe Lithium-
undbeide Kaliumlinien.
(Zweites
Stadium)8–10
Helle dichte Flamme.
Die vorerwähnten Linien
undhelle Kohlenstofflinien inRoth, Grün und
Blau.
10–14
Flamme nach unten hell,aber
minder dicht.
Die hellen
Kohlenstofflinienin Grün deutlicher als
zuvor.
(Drittes
Stadium)14–16
Flamme weniger hellund
kleiner.
Die Kohlenstofflinien in
Grünwerden undeutlicher.
16–18
Flamme verschwindet,Gebläse
wird abgestellt.
Die hellen
Kohlenstofflinienin Grün
verschwindenplötzlich, das Spectrum
istcontinuirlich.
Neben diesen Linien zeigt die Bessemerflamme noch jene von Eisen,
Mangan, Wasserstoff und Stickstoff. Da sich im Spectrum der
Bessemerflamme Linien finden, die auf künstliche Weise von Kohle
nicht erhalten werden können, so ist es fraglich, ob die oben
verzeichneten Linien wirklich dem Kohlenstoff angehören. Roscoe vermuthet darin den
Kohlenstoff in einer eigenthümlichen Modification.
Wenn das Spectroskop in der Stahlindustrie auf dem Continente
weit mehr in Anwendung ist, als in England, so hat dieses
wahrscheinlich seinen Grund darin, daß in England verwendete
Erze viel gleichförmiger sind, als die hochmanganhaltigen Erze
auf dem Continente, welche Gleichartigkeit die Erzeugung eines
gleichförmigen Stahles ohne solche feine Instrumente zuläßt. Snelus hat die wichtige Beobachtung
gemacht, daß das Spectroskop nicht nur den Zeitpunkt der
Entkohlung genau angibt, sondern auch im Beginne oder Verlaufe
der Operation vorher zu sagen im Stande ist, wie lange das
Blasen dauern wird, so daß sich mit absoluter Genauigkeit das
Ende des Processes voraussagen läßt. Dadurch kann der Arbeiter
in den Stand gesetzt werden, das Gebläse zu irgend einem
beliebig erwünschten Zeitpunkte einzustellen. (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1871, Nr. 7.)