Titel: | Apparat zur Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Körper; mitgetheilt von Julius Löwe. |
Autor: | Julius Löwe [GND] |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. LXVI., S. 251 |
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LXVI.
Apparat zur Bestimmung des Schmelzpunktes
organischer Körper; mitgetheilt von Julius
Löwe.
Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
Löwe's Apparat zur Bestimmung des Schmelzpunktes organischer
Körper.
Die Methode zur Bestimmung des Schmelz- und Erstarrungspunktes organischer
Körper, welche in den Laboratorien wohl die häufigste Anwendung findet, beruht auf
der Beobachtung feiner, in Capillarröhren aufgesogener Fäden oder Säulchen der zur
Prüfung vorliegenden Substanz. Sie verlangt zu einem Versuche allerdings nur wenig
Material, dagegen Sorge für eine möglichst gleichförmige Mischung der nur durch
Strömung sich erwärmenden Flüssigkeit, welche zur Aufnahme des Thermometers und der
Capillarröhre dient, und ferner noch eine getheilte Aufmerksamkeit für den Stand des
Thermometers und den beginnenden Schmelzpunkt der Substanz. Bei Anwendung von
Körpern, deren Schmelzpunkt unter 100° C. liegt und bei denen also Wasser als
wärmendes Bad dient, stellt sich oft der kleine, die Beobachtung störende Uebelstand
ein, daß die entweichenden Wasserdämpfe sich an dem Thermometer und der
Capillarröhre niederschlagen.
Die neue Methode zur Bestimmung des Schmelzpunktes organischer Körper, welche ich
hier zur Mittheilung bringe, verlangt nur nach sorgfältiger Aufstellung der hierzu
erforderlichen Apparate die genaue Beobachtung des Thermometers, dessen Gang und Stand durch Einstellung
eines Fernrohres bis zu Unterabtheilungen eines Thermometergrades sicher verfolgt
werden kann. Als wärmendes Bad dient hier bei allen Fällen Quecksilber, welches
Metall durch seine gute Wärmeleitung eine größere Sicherheit bietet und wenigstens
keine Mischungsmanipulation erfordert und nicht leicht Dämpfe entbindet, die gerade
ein genaues Ab lesen der Thermometergrade beeinflussen. Auch diese Methode erheischt
nur ein geringes Versuchs-Material, um in zwei Prüfungen den Schmelzpunkt des
reinen Körpers mit Sicherheit festzustellen. Sie fußt auf der Thatsache, daß ein
elektrischer Strom eines schwach wirkenden Elementes bei geschlossener Kette einen
in den Kreis eingeschaltenen kleinen elektromagnetischen Weckerapparat in Thätigkeit
versetzt. Wird nun bei geschlossener Kette ein Platindraht, mit einer den
elektrischen Strom nicht leitenden Substanz überzogen, deren Schmelzpunkt ermittelt
werden soll, in den Kreis des Stromes eingeschoben, so ist letzterer unterbrochen
und erst in dem Augenblicke, bei welchem in Folge der gegebenen Temperatur der
Ueberzug abschmilzt, findet der Strom wieder seinen Weg zum Wecker-Apparate
und kündet auch das Lärmsignal den Punkt an, bei welchem die herrschende Temperatur
des Quecksilberbades am eingesenkten Thermometer abzulesen und als Schmelzpunkt der
Substanz zu notiren ist.
Der zu diesen Bestimmungen dienende, in Figur 13 dargestellte
Apparat hat nachstehende Einrichtung. Ein viereckiger Kasten von Gußeisen, A, 17 Centimet. lang, 11 Centimet. breit und 7½
Centimeter hoch, dient als Wasser- oder Oelbad, je nachdem bei Temperaturen
unter oder über 100° C. operirt werden soll. Derselbe ist verschlossen durch
einen dicht aufgeschraubten gußeisernen Deckel, in dessen Mitte sich eine
kreisförmige, am Boden geschlossene Höhlung befindet, deren Durchmesser 2½
Centimet. und deren Tiefe 4½ Centimet ist. Diese Vertiefung dient als
Quecksilber-Wanne. An der Seite dieses Deckels ist außerdem eine kleine
Oeffnung angebracht, um den entweichenden Dämpfen des Bades Abzug zu gestatten. In
dem Quecksilber genannter kleinen Wanne schwebt ein genaues Thermometer a, und um dasselbe vor Abkühlung zu schützen, ist es in
eine an beiden Enden offene Glasröhre eingeschoben, welche ebenfalls unter dem
Spiegel des Quecksilbers mündet und durch ein Stativ in senkrechter Stellung
gehalten wird. Ferner taucht in das Quecksilber der Wanne ein mäßig dicker,
zugespitzter Platindraht b, dessen äußeres Ende zu einer
Oehre umgebogen ist. Um diesen bequem in das Quecksilber lothrecht einschieben und
mittelst des Statives halten zu können, ist er in der Mitte von einer Glasröhre
umgeben und mittelst Siegellack an derselben befestigt. Die Oehre dieses
Platindrahtes wird mit
dem Kupferdrahte des Zinkpoles der Batterie verbunden. Zur Fortleitung des Stromes
ist ein zweiter etwas schwächerer Platindraht c in das
Quecksilber eingesenkt und dieser ist verbunden mit einem Kupferdrahte, welcher
letztere zum Wecker führt. Der andere Pol des elektrischen Elementes steht mittelst
eines Kupferdrahtes mit der Weckervorrichtung direct in Verbindung. Ist nun die
Kette geschlossen, so spielt der Wecker und man erkennt an diesem Zeichen die
richtige Aufstellung des Apparates. Um nach dieser Vorprüfung mit der Operation
beginnen zu können, löst man den Kupferdraht von der Oehre des Platindrahtes,
entfernt letzteren aus dem Quecksilber, glüht ihn in der Flamme der Spirituslampe
frisch aus, kühlt ihn dann unter Quecksilber ab und taucht ihn 2 bis 3 Mal schnell
in die geschmolzene Substanz, deren Schmelzpunkt ermittelt werden soll. Es bedarf
nur eines dünnen, jedoch gleichförmigen, wenige Millimeter hohen Ueberzuges, der
nicht stärker zu seyn braucht, um beim Einsenken in das Quecksilber eben den
metallischen Contact zwischen beiden aufzuheben. Es verlangt wenig Uebung zur
Erlangung dieser kleinen Manipulation, an deren sorgfältige Ausführung, beim
kleinsten Verbrauch an Substanz, immerhin ein Grad von Genauigkeit für das Resultat
des Versuches geknüpft ist. Taucht man nun den so überzogenen Draht einige
Millimeter unter die Oberfläche des Quecksilbers mit der Vorsicht, daß noch eine
belegte Stelle aus dem Quecksilber herausragt, und schließt die Kette durch
Einhängen des Kupferdrahtes in die Oehre des Platindrahtes, so ist der Strom, wie
bei geöffneter Kette durch die den Strom nicht leitende an dem Platindraht
angeschmolzene Substanz unterbrochen, und es ertönt kein Signal. Nur für den Fall,
daß der Ueberzug des Drahtes kein regelrechter war, und einen metallischen Contact
zwischen beiden Metallen zuläßt, wird ein Zeichen erfolgen und eine neue Belegung
des Platindrahtes erforderlich machen. Wird nun bei gelungener Operation das Bad mit
der Bunsen'schen Lampe erhitzt, so schmilzt die Bedeckung
des Drahtes bei einer ganz bestimmten Temperatur ab, es findet dann wieder
metallische Berührung statt, der Strom ist nicht mehr unterbrochen und bekundet
seine freie Circulation durch das ertönende Lärmsignal. Dieses ist der wirkliche
Schmelzpunkt der Substanz, dessen Höhe am Thermometer unmittelbar abzulesen und zu
notiren ist.
Bei Anwendung von Substanzen, deren Schmelzpunkt unter 100° C., überhaupt
niedrig liegt, ist es rathsam die Flamme zur Heizung des Bades klein zu halten, um
die Temperatur nicht zu rasch zu steigern. Kennt man durch eine Vorprüfung einmal
den ungefähren Schmelzpunkt der dem Versuche unterzogenen Substanz, so kann man, wie
bereits erwähnt, durch
Einstellung eines Fernrohres auf die betreffenden Thermometergrade die Ablesung
ungemein verschärfen.
Durch die beschriebene Methode erfährt man allerdings den genauen Schmelzpunkt der
Substanz, allein der Erstarrungspunkt derselben ist durch sie begreiflich nicht
gegeben, da die geschmolzenen Tropfen beim Aufsteigen leicht von der Oberfläche des
Quecksilbers abfließen. Der angegebene Apparat dient, mit der kleinsten Menge
Substanz, jedoch auch zu diesem Zwecke, sobald man Batterie und
Wecker-Apparat ausschaltet. Man operirt dann nur auf dem Quecksilberspiegel,
der durch die regelmäßige Wärmeleitung des Metalles schon genaue Bestimmungen
ermöglicht. Zu diesem Zwecke legt man auf die convexe Oberfläche der kleinen Wanne
einen Splitter der Substanz, deren Schmelzpunkt ermittelt werden soll, stellt über
die kreisförmige Oeffnung der Quecksilberwanne den abgesprengten Hals B einer Kochflasche, um das Metall vor Abkühlung von
Außen möglichst zu schützen, und senkt dann das Thermometer mit seiner Umhüllung
ebenfalls wieder schwebend in das Quecksilber. Der Apparat ist so für die
Beobachtung zugerichtet. Das Bad wird darauf erwärmt und man beobachtet mit bloßem
oder bewaffnetem Auge genau den Moment der eintretenden Schmelzung, bei welchem der
Stand des Thermometers als Schmelzpunkt zu notiren ist. Wird darauf die Heizquelle
unter Vermeidung jeglicher Erschütterung vorsichtig entfernt, und tritt langsame
Abkühlung ein, so ließe sich auch der Punkt ermitteln, bei welchem der auf der
Oberfläche des Quecksilbers schwimmende, wasserhelle Tropfen erstarrt und wieder
undurchsichtig wird. Nach diesem Verfahren habe ich ebenfalls recht befriedigende
Resultate erlangt, allein es ist hier eine ungleich größere Aufmerksamkeit
erforderlich, als bei der zuerst erwähnten Methode. Mit wenigen Milligrammen
Substanz läßt sich der Versuch öfter mit Sicherheit wiederholen, nur muß man bei
gleichzeitiger Ermittelung des Erstarrungspunktes sorgsam jede Erschütterung
vermeiden, durch welche der flüssige Tropfen leicht von der convexen Fläche des
Quecksilbers abfließt und der ferneren Beobachtung sich entzieht. Bei beiden
Verfahrungsarten bedarf es nur einer Abkühlung des Bades von 2–3° C.
unter dem Schmelzpunkt der Substanz, um mit derselben einen neuen Versuch zu
beginnen, so daß die zwischen zwei Operationen liegende Zeit nur eine geringe ist
und sich noch auf die Weise abkürzen ließe, daß man dem Bade etwas heißes Wasser
entzieht und dieses durch kaltes unter Mischung ersetzt.
Ob das im Vorstehenden beschriebene Verfahren bedingungslos sich für alle organischen
Substanzen, namentlich von sehr hohem Schmelzpunkte, möchte zur Ausführung bringen
lassen, ohne Modificationen zu erleiden, wage ich kaum zu behaupten, bevor nicht ein langer
Gebrauch des Apparates eine größere Erfahrung liefert; allein bei Körpern von nicht
sehr hohem Schmelzpunkte dürfte nach vieler Prüfung dessen vortheilhafte Anwendung
kaum zweifelhaft seyn und in der Praxis sichere Dienste leisten.
Im Nachstehenden gebe ich den mit dem elektromagnetischen Wecker-Apparate
festgestellten Schmelzpunkt einiger unter 100° C. schmelzenden Substanzen,
bei dessen Ermittelung es mir vorerst weniger um Feststellung des wirklichen
Schmelzpunktes bei chemischer Reinheit zu thun war, als vielmehr darum, ausfindig zu
machen, wo der nach dem Wecker-Signale notirte Stand des Thermometers bei ein
und derselben Substanz ein stabiler blieb.
Weißes sublimirtes
Naphtalin.
Schmelzpunkt = 81° C.
81° C.
81° C.
81° C.
81° C.
Paraffin.
Schmelzpunkt = 57° C.
57° C.
57° C.
57° C.
57° C.
Wallrath.
Schmelzpunkt = 45° C.
45° C.
45° C.
45° C.
45° C.
45° C.
Weißes
Bienenwachs.
Schmelzpunkt = 64° C.
64° C.
64° C.
64° C.
64° C.
64° C.
Stearin.
Schmelzpunkt = 54° C.
54° C.
54° C.
54° C.
54° C.
54° C.
Frankfurt a. M., im Juni 1871.