Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. , S. 462 |
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Miscellen.
Miscellen.
Großartige Drahtseiltransmission.
Die großartigste aller bis jetzt bestehenden Drahtseiltransmissionsanlagen dürfte die
in der Ausführung begriffene der Société générale Suisse des
eaux et forêts à Fribourg (Schweiz) werden. Diese Gesellschaft beabsichtigt
nach einer Mittheilung
des Ingenieur L. Carlé in der „Wochenschrift
des nieder-österreichischen Gewerbevereines“ zunächst unter
der Direcion des Ingenieur G. Ritter, die Ausbeutung der
vorhandenen Wasserkraft aus dem Fluß Saane von circa
1500 Pferdekräften nur theilweise vorzunehmen, d. h. zuerst mit 3 0 Pferdekräften
zum Betrieb von Holzsägen, um das ihr durch Vertrag mit der Stadt Freiburg
zugefallene Holz aus den dortigen Wäldern auf einem Flächenraum von 1421 Jucharten
(Schweizer Maaß) für Exportholz zuzuschneiden, weiter aber 300 weitere Pferdekräfte
dazu zu verwenden, eine Wassermenge von vorläufig circa
112 Liter pro Secunde, die aus der Saane filtrirt werden
soll, auf die Höhe des Quinzet, resp. 150 Meter hoch zu fördern.
Dort wird ein entsprechendes Reservoir für die Wasserversorgung der Stadt Freiburg
angelegt und letztere mit einem entsprechenden Röhrennetz, sowohl zum Zweck der
Nutz- und Trinkwasserversorgung, als auch zur Abgabe von Wasser an die
Kleinindustrie (zum Betrieb kleiner Wassermotoren etc.) versehen, das später je nach
Bedürfniß auf das Doppelte ausgedehnt werden kann. Im Ganzen sind fünf Turbinen von
je 300 Pferdekräften projectirt, doch werden im Anfang nur zwei nebst einer kleinen
Hülfsturbine zur Bewegung der Schleusen etc. ausgeführt. Alle Turbinen arbeiten
unter einem Gefälle von 10,5 Met. und ist für spätere Zeiten der Gesellschaft die
Ausbeutung eines Gefälles von 15 Meter Zugesichert, wenn dieselbe in den Fall kommen
sollte, mehr Wasserkraft zu benöthigen. Die Bildung des Gefälles erfolgt durch
Aufstauung des Flußbettes auf diese Höhe und Errichtung eines Beton-Wehres
von gleicher Höhe in einer Breite von circa 120
Meter.
Die Sägen werden in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes Freiburg gebaut und die
Betriebskraft hierzu mittelst Drahtseiltransmission von circa 2500 Fuß schwzr. Maaß Länge unter einer Steigung von 1 : 8
zugeleitet, zu welchem Zweck auch ein Tunnel durch den zwischenliegenden Berg
getrieben wurde. Die Drahtseiltransmission wird für doppelte Seilscheiben, resp. für
Uebertragung von je 2 × 300 = 600 Pferdekräfte angelegt, um später bei
Hinzufügung einer dritten Turbine von 300 Pferdekräften Kraft an industrielle
Unternehmungen in die Nähe des Bahnhofes abgeben zu können. Einstweilen wird nur der
eine Seiltrieb für 300 Pferdekräfte ausgeführt.
Die Pläne zu diesen Anlagen wurden vom Ingenieur D. H. Ziegler ausgearbeitet und sind die Turbinen sowie alle Theile der
Drahtseiltransmission etc. in den Werkstätten von Joh. Jacob Rieter u. Comp. in Winterthur (welche Firma auch die oben genannten
Drahtseiltransmissionen ausführte) bereits in Arbeit, von wo aus die Werke wohl noch
im Lauf dieses Jahres in Betrieb gesetzt werden.
Registrirapparate zum Messen der Geschwindigkeit bei
Eisenbahnzügen.
In der Versammlung des hannoverschen Bezirksvereines deutscher Ingenieure vom 3. März
1871 sprach Hr. Uhlenhut über diesen Gegenstand und
erläuterte seinen Vortrag durch Vorzeigung zweier Apparate.
Der eine von diesen, von Samman und v. Weber, besteht aus einem Uhrwerk, welches eine runde
Scheibe bewegt, auf welcher ein Papierstreifen befestigt ist. Das Ende eines Armes,
welcher in der Mitte der Scheibe seinen Befestigungspunkt, resp. Drehpunkt hat,
trägt einen Bleistift, welcher, wenn der Apparat thätig ist und der Zug steht, auf
dem Papiere einen concentrischen Strich beschreibt. Ist dagegen der Zug in Bewegung,
so wird der ganze Apparat, und dieß ist das Eigenthümliche desselben, in eine
schüttelnde Bewegung versetzt, durch welche der Bleistift auf dem Papiere eine
gewisse Breite desselben schraffirt. Aus der Zeiteintheilung, welche auf dem Papiere
verzeichnet ist, kann man dann ersehen, wie lange der Zug gefahren ist. Dieser
Apparat, welcher keine sehr große Genauigkeit besitzt, dient nur dazu, um die
Fahrzeit von Station zu Station, sowie den Aufenthalt auf den Stationen zu
bestimmen, ist also nur eine Controlle des Zugführers und verhütet so Differenzen
mit demselben. Auch ist es nur möglich, ganze Minuten darauf abzulesen, aber keine
Theile derselben.
Ein zweiter vollkommenerer Apparat ist der von dem Maschinenmeister Cremer in München erfundene. Bei diesem wird ein Uhrwerk
und vermittelst zweier Walzen ein schmaler Papierstreifen abgewickelt, welcher durch
Striche genau eingetheilt ist, und an welchem die Entfernung zweier Striche die
Zeitdauer einer Minute angibt; durch einen besonderen Mechanismus, darin bestehend,
daß von einer Achse des Wagens aus, in welchem der Apparat aufgestellt ist,
vermittelst Riemenscheibe und Excentrik einer Stange eine auf- und
abwärtsgehende Bewegung ertheilt wird, wird einer gewissen Anzahl von Hüben der
Stange entsprechend eine bestimmte Anzahl Nadelstiche in den Papierstreifen gemacht,
und so ist die Beziehung zwischen Weg und Zeit aufgezeichnet. Bei diesem Apparat
entsprechen fünf Nadelstiche 42 Hüben und bezeichnet ein Punkt, den die Nadel macht,
die Geschwindigkeit von 3 Kilometer pro Stunde. Befinden
sich also auf dem Papierstreifen in einer Minutenabtheilung 15 Nadelstiche, so hat
der Zug während dieser Zeit eine Geschwindigkeit von 15 × 3 = 45 Kilomet, pro Stunde gehabt. Steht der Zug still, so schlagen die
Nadeln nicht in den Papierstreifen, weil von der Wagenachse keine Bewegung auf die
auf- und abwärtsgehende Stange übertragen wird, hingegen wird der fragliche
Papierstreifen durch die Uhr weiterbewegt, woraus die Haltezeit auf den Stationen
genau zu entnehmen ist. Ueberdieß gewährt der Apparat auch noch die Möglichkeit zu
beurtheilen, ob der Führer die gesetzliche Maximalgeschwindigkeit überschritten
hat.
Ein solcher Apparat ist schon längere Zeit auf der Strecke
Hannover-Gerstemünde in Thätigkeit gewesen und hat ganz vorzügliche Resultate
ergeben.
Hr. Dr. Rühlmann erwähnte noch
einen Apparat zum Registriren der Geschwindigkeit, welcher auf französischen Bahnen
zur Anwendung gekommen seyn soll. Er besteht im Wesentlichen darin, daß zwei
bogenförmige Blattfedern in ihren Mitten Kugeln tragen, während sie mit ihren Enden
an Muffen befestigt sind, welche ihrerseits auf einer Welle stecken, und von denen
die eine ähnlich wie bei einem Regulator verschiebbar ist. Bei Rotation der Welle
mit den Federn wird vermöge der Fliehkraft der Kugeln der eine Muff der Welle
verschieben und dadurch einen damit in Verbindung stehenden Hebelapparat in Bewegung
setzen, welcher vermittelst eines Schreibstiftes ebenfalls die Geschwindigkeit
graphisch darstellt. Es ist jedoch anzunehmen, daß dieser Apparat keine genauen
Resultate liefert. (Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, Bd. XV S. 410.)
Zweckmäßige Stellung der Haspelhörner.
Der vortheilhafteste Aufsteckungswinkel liegt zwischen 80° und 180° da,
wo die günstigste Position der einen Kurbel mit der ungünstigsten der anderen
zusammenfällt. Einer genauen Untersuchung zufolge entspricht der Winkel von
120° dieser Bedingung. Eine derartige Aufsteckung der Kurbeln findet gar kein
Hinderniß und hat die Erhöhung der Arbeitsleistung eines zweimännischen Haspels zur
Folge. (Maschinenconstructeur.)
Reparatur zerbrochener Walzenzapfen durch Anschweißen.
In der Versammlung des Bezirksvereines deutscher Ingenieure an der Lenne vom 26. März
1871 (in Werdohl) theilte Hr. Schuchart mit, daß diese
Reparatur auf einer Hütte an der Lenne in der Weise bewerkstelligt werde, daß durch
aufgelegte glühende Kohlen die Bruchfläche ganz rothwarm gemacht werde, nachdem eine
Lehmform aufgesetzt worden, mit seitlichen Oeffnungen von circa. 1 Zoll (26 Millimet) Größe und ebenso hoch über der Bruchsfläche.
Hierauf werde flüssiges Eisen aufgegossen, welches durch diese Oeffnungen wieder
abfließe und in naheliegenden Gußformen nutzbar verwendet werde, bis es anfange die
Walzenfläche anzufressen, resp. auszuhöhlen; dann werden die Oeffnungen seitlich
geschlossen und die Form zur Herstellung des Zapfens voll gegossen.
Hr. Bernau bestätigte im Wesentlichen diesen Vorgang nach
der Praxis auf der Bochumer Gußstahlhütte, wo man noch seitwärts Gebläsewind in die
Kohks auf dem Zapfen zur raschen und starken Erhitzung einführe. Es sey Thatsache,
daß ein angeschweißter Zapfen dort noch nicht wieder gebrochen sey. (Zeitschrift des
Vereines deutscher Ingenieure, Bd. XV S. 416.)
Befestigung von Verzierungen an größeren Gußtheilen.
In der Versammlung des hannoverschen Bezirksvereines deutscher Ingenieure vom 17.
März 1871 theilte Hr. Fischer eine besondere und
vortheilhafte Methode mit zur Befestigung von Verzierungen an größeren Gußtheilen,
als Säulen und dgl., wie sie in der Eisengießerei und Maschinenfabrik von Krigar und Ihßen in Hannover
angewendet wird. Sie bestehe einfach darin, daß in die Verzierungen schmiedeeiserne
Zapfen eingegossen werden und alsdann dieselben bei Herstellung der Form für die
größeren Gußtheile in entsprechender Lage gleich mit in den Sand gedrückt werden, um
beim Guß dieser mit angegossen zu werden. Diese Methode habe gegenüber der des
Annietens sicherlich große Vorzüge. (Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
Bd. XV S. 412.)
Ueber die gegenwärtige Nickel- und
Kobaltproduction
sind der Redaction des „Jahresberichts über die
Leistungen der chemischen Technologie“ (am 5. Juni 1870) nachstehende
zuverlässige Mittheilungen gemacht worden, wobei hervorgehoben werden mag, daß das
Addiren der Productionszahlen nicht statthaft ist, weil man dadurch Summen erhalten
würde, welche mit der Wirklichkeit nicht im Einklang stehen. Ungarn, Schweden und
Norwegen führen z. B. ihre Production an Kobalt und Nickel zum größten Theil in Form
von Erzen und Halbproducten aus, die in anderen Ländern zu fertigen Fabricaten
verarbeitet werden und nur durchgängig als Landesproducte auftreten.
Textabbildung Bd. 201, S. 465
Jahr; Art der Producte; Jährliche
Production an; Metallinhalt; Kobaltproducten; Nickelproducten;
Kobalt-Nickelproducten; Kobalt; Nickel; Sächs. Blaufarfarbenwerke;
Preußen; Ungarn (Dobschau); Salzburg; Baden (St. Blasien); Norwegen (Ringerige);
Schweden (Klefva); Smalte, Oxyde, Nickel etc.; Erze, Speisen, Nickel etc.; Erze,
Speise; Speisen; Nickelstein; Nickelstein; Neckelstein
Für Dobschau gibt der ginsender keine Jahreszahl; die Production daselbst ist
sehr constant.
Die Production von Ringerige ist nur geschätzt.
Ueber die Nickelproduction Englands liegen keine Erhebungen vor; seine
Kobaltproduction wird ungefähr derjenigen der sächsischen Blaufarbenwerke
gleichkommen. Für Belgien und Frankreich vermag der Einsender (Cl. W.) genaue Zahlen
nicht anzugeben. 800 Ctr. für Belgien (wie häufig angegeben wird) dürfte, wenn Nickelmetall gemeint ist, viel zu hoch seyn. (Wagner's Jahresbericht über die Leistungen der chemischen
Technologie i. J. 1870, S. 155.)
Ueber die Verkohkung der mageren Steinkohlen; von Stöhr.
Die österreichische Staatsverwaltung, beziehungsweise das Finanzministerium als
oberste Betriebsleitung der ärarischen Montanwerke, hat in den Jahren 1868 und 1869
Verkohkungsversuche im Großen mit nicht kohkenden Kohlen der Art anstellen lassen,
daß man dieselben mit backenden in gewissen Verhältnissen mengte und dieses Gemenge
dann in einem Appolt'schen oder François'schen Ofen verkohkte.
Die Durchführung der Versuche übernahm auf Ersuchen Hr. Director Rexroth in Salzbach bei Saarbrücken auf seinen dortigen
großartigen Kohksanlagen, was um so willkommener seyn mußte, als derselbe durch
seine vielfachen Erfahrungen zunächst berufen erschien, diese Angelegenheit
praktisch zu fördern. Man versuchte es zuerst mit der Fohnsdorfer Kohle. Bevor man
jedoch einen Versuch im Großen durchführte, wurde zunächst der Aschengehalt
derselben bestimmt, und derselbe ergab sich im Mittel zu 2,32 Procent. Dann wurden
Tiegelversuche gemacht, welche namentlich den Zweck hatten, über das Backvermögen
und das Ausbringen an Kohks Aufschluß zu geben. Das Resultat war, daß die
Fohnsdorfer Kohle für sich allein nicht backt; nur bei einer Temperatur, die
bedeutend höher war, als die gewöhnliche Kohksofen-Temperatur, sinterten die
einzelnen Stückchen im Tiegel etwas zusammen. Die größeren Stücke entgasen, ohne die
Form der Kohle zu verlieren. Das Ausbringen war im Mittel aus einer größeren Anzahl
von Versuchen 52,36 Procent. Nach Constatirung dieser Thatsachen wurde nun der
Verkohkungsversuch mit einem Gemenge von backender Saarkohle und Frohnsdorfer Kohle
angestellt. Die Saarkohle, welche ein mittleres Backvermögen bei einem Ausbringen
von 68 Procent besitzt, wurde in einem Tiegel mit 55 bis 60 Procent Fohnsdorfer
Kohle verkohkt, dieser Versuch ergab schon feste Kohks. Bei den Versuchen im Großen
in den Oefen nach Appolt'schem und François'schem System wurde ein Mischungsverhältniß zwischen Fohnsdorfer
und Saarkohle wie 1 : 1 eingehalten, welches sehr befriedigende Resultate gab.
Nachdem durch diese Versuche festgestellt worden war, daß durch eine Mengung von
nicht backender mit backender Kohle sehr schöne Kohks sich erzeugen lassen, hat man
nun die Versuche auf mehrere Kohlengattungen der österreichischen Monarchie
ausgedehnt. Es wurde also eine Reihe von solchen Verkohkungsversuchen mit
Jaworznoer, Miröschauer, Braser und Ostrauer Kohlen, durchgeführt, welche wieder in
dem oben genannten Etablissement unter der Leitung des Directors Rexroth gemacht wurden.
Es wurde zuerst der Aschengehalt der einzelnen oben aufgeführten Kohlengattun gen
bestimmt, und zwar der der Mährisch-Ostrauer zu 4,38 Proc., der der
Jaworznoer zu 7,92 Proc., der der Braser zu 2,65 Proc. und der der Miröschauer zu
4,36 Proc.
Diese Ziffern sind die Mittelwerthe von einer Reihe von Einäscherungen. Dann führte
man Tiegelversuche mit den einzelnen Gattungen aus, um das Backvermögen einestheils,
wodurch man Anhaltspunkte für eine passende Kohlenmischung erhält, und anderntheils
das Ausbringen an Kohks kennen zu lernen. Die Resultate sind folgende:
Mährisch-Ostrauer Kohle gab 80,55 Proc., Jaworznoer 51,05 Proc., Braser 56,95
Proc. und Miröschauer 57,45 Proc.
Aus diesen Tiegelversuchen und nach den bei denselben erzielten Verkohkungsproducten
konnte schon mit aller Sicherheit geschlossen werden, daß die Mineralkohle von
Jaworzno, sowie die Braser Kohle aus dem Pilsener Becken an und für sich (ohne
Beimengung anderer Kohle) zur Verkohkung nicht verwendet werden kann, daß die
Miröschauer Kohle zwar für sich verkohkt werden kann, daß sie aber als Bindemittel
für andere magere Kohlen sich nicht eignet, daß die Kohle von Mährisch-Ostrau
dagegen eine vorzügliche Backkohle ist, die auch mit Vortheil zum Zusammenbacken von
magerer Kohle verwendet werden kann.
Die mit Mischungen angestellten Verkohkungsversuche, welche sowohl in Tiegelöfen als
auch in großen Kohksöfen (nach den oben angegebenen Systemen) vorgenommen wurden,
haben diese Schlüsse vollkommen bestätigt.
Dasjenige Mischungsverhältniß, welches als untere Grenze betrachtet werden muß, für
welche ein kaum genügendes Zusammenbacken von Kohle von Jaworzno, sowie von
Fohnsdorfer Kohle mit Backkohle von Mährisch-Ostrau stattfindet, ist 60
Gewichtstheile Kohle von Mährisch-Ostrau und 40 Gewichtstheile von Jaworznoer
oder Fohnsdorfer Kohle. Bei einer Fabrication im Großen würde das Verhältniß von 60
: 40 vielleicht nicht ganz genügen; es müßte aller Wahrscheinlichkeit nach das Mischungsverhältniß von
70 Gewichtsprocenten Mährisch-Ostrauer Kohle mit 30 Proc. magerer Kohle (von
Jaworzno oder Fohnsdorf) benutzt werden, um feste und transportfähige Kohks zu
erzeugen. Allein das Princip der Mengung magerer und fetter Kohlen, um auch die
ersteren zur Verkohkung zu bringen, ist durch diese Versuche im Großen hinreichend
dargethan, daß man darauf weitere Arbeiten und Vervollkommnungen bauen könne.
(Oesterreichische Zeitschrist für Berg- und Hüttenwesen, 1871, Nr. 28.)
Anwendung poröser Hohlkegel zum Filtriren.
Vei der Gewichtsbestimmung solcher Niederschläge, welche nicht geglüht werden können,
die man daher auf gewogenen Filtern sammelt, trocknet und wägt, macht sich der
Mißstand geltend, daß Papierfilter sich nicht wohl über 100° C. erhitzen
lassen ohne Gefahr von Verlust.
C. E. Munroe wendet in solchen Fällen statt der
Papierfilter poröse Hohlkegel zur Filtration an; dieselben sind von sehr leichtem
und porösem gebranntem Thon (earthen-war)
verfertigt, mit einem Winkel von etwa 60°.
Ueber den Rand eines gewöhnlichen Glastrichters wird ein Stück Gummischlauch gezogen;
der oberhalb des Trichterrandes bleibende Theil des Schlauches spannt sich der Art,
daß er in der oberen Trichteröffnung einen Ring bildet. In diesen Ring wird der
Hohlkegel gesteckt und der Trichter dann mit der Bunsen'schen Pumpe in Verbindung gesetzt. Wenn der Kegel befeuchtet wurde und
der Druck wirkt, so schließt der Gummiring luftdicht und die Flüssigkeit läuft mit
großer Schuelligkeit durch. Vor der Anwendung werden die Kegel zuerst mit
concentrirter Salzsäure, dann mit destillirtem Wasser sorgfältig gewaschen,
getrocknet und gewogen. Zum Wiegen stellt man sie in einen kleinen Porzellantiegel,
den man bei der Waage beläßt.
Die Kegel lassen sich nach Munroe wiederholt gebrauchen
und können Papierfilter in jedem Fall ersetzen.
Für technische Arbeiten, als Trocknen von Krystallen,
Filtriren ätzender Flüssigkeiten, werden sich diese Kegel ohne Zweifel von großem
Werth erweisen. (American Journal of science and arts,
Mai 1871.)
Das chromsaure Kali in seiner Einwirkung auf
Verdickungsmittel.
Jedem Nesseldrucker wird es aufgefallen seyn, daß zu gewissen Zeiten der Aetzpapp sich von den gedruckten Stoffen nicht wieder
rein entfernen läßt. An Stelle weißer Zeichnungen erhält man schmutzig gelbe, und alles Waschen bewirkt nicht die sonst so
leicht zu erreichende Reinigung. Man wirft den Papp weg und ersetzt ihn durch neuen,
man ändert an der Zusammensetzung des Pappes; keine Hülfe, der Uebelstand bleibt
derselbe, der Papp ist nachher nicht wieder zu entfernen. Plötzlich zeigt sich der Papp, ohne daß man weiter
eine Veränderung vornahm, von besserer Beschaffenheit und läßt sich leicht
entfernen; nach Verlauf einiger Zeit tritt aber wieder derselbe Uebelstand ein, wie
vorher. Die Sache scheint mit dem Wetter zusammenzuhängen, und so ist es, wie man
jetzt weiß, in der That. Der Aetzpapp enthält neben anderen Ingredienzien auch chromsaures Kali und Gummi,
auch wohl Dextrin und Stärke.
An und für sich läßt sich der Papp, nachdem er den Indigogrund weggeätzt hat, leicht
entfernen. Nicht so, wenn das Sonnenlicht Gelegenheit fand, auf das bedruckte Stück
einzuwirken. In diesem Falle wird das Gummi durch das chromsaure Kali unlöslich und
schließt die übrigen Bestandtheile des Pappes, Thon, Kupfersalze etc., mit ein,
indem es an dem Stoffe haftet.
Die Einwirkuug des Lichtes ist weniger schädlich, wenn dasselbe nur Gelegenheit
hatte, den Stoff von oben zu beleuchten, weil dann die
obere Decke des Pappes unlöslich wurde. Gelangte dagegen das Licht von der Stoffseite zu dem Papp, so haftet dieser mit
außerordentlicher Zähigkeit an dem Stoff und ist nicht wieder gänzlich zu entfernen.
Die Zeichnungen bleiben dann gelblich und unansehnlich, und der Druck ist nicht als
gelungen zu betrachten. Damit erklärt sich auch die Erscheinung, daß das Abwäschen
des Pappes zu Zeiten gelang, zu anderen nicht.
Um diesen Uebelstand zu vermeiden, hat man nicht nöthig, bei vollständigem Ausschluß
des Sonnenlichtes zu arbeiten. Es ist nur erforderlich, dem Lichte die Eigenschaft
zu nehmen, auf chemische Verbindungen verändernd einzuwirken, indem man ihm die
chemisch wirkenden Strahlen entzieht. Dieß geschieht dadurch, daß man es durch röthlich-gelbes Glas hindurch gehen läßt, welches
diese Strahlen vollständig absorbirt. Man hat also, um den erwähnten Uebelstand zu
vermeiden, nur nöthig, diejenigen Räume, in welchen der Papp aufgedruckt wird, und
in denen die bedruckten Stoffe bis zur weiteren Behandlung gelagert werden, mit
Fenstern aus röthlich-gelbem Glase zu versehen.
Dextrin ist allerdings weit weniger empfindlich gegen
chromsaures Kali, als Gummi, indessen doch ein wenig. Das reine Dextrin wird zwar
von chromsaurem Kali bei Einwirkung des Lichtes fast gar nicht verändert: die
unreinen Sorten des Handels zeigen dagegen in höherem oder geringerem Grade eine
Veränderung durch chromsaures Kali.
Auch muß man auf die Ingredienzien Acht haben, welche zur Appretur des Stoffes
benutzt wurden; denn auch diese kann, wenn Leim etc darin ist, zu Unzuträglichkeiten
Veranlassung geben.
Von der Einwirkung des Lichtes auf die Mischung von chromsaurem Kali mit Gummi etc.
kann man andererseits in der Druckerei auch Vortheile ziehen. Es leuchtet ein, daß
man Körperfarben, wie Ultramarin und Guignet'sches Grün, statt sie durch Albumin und
nachheriges Dämpfen zu fixiren, mit Leim, Albumin, Casein,
Gummi etc. und chromsaurem Kali aufdrucken und
nachher dem Lichte exponiren kann, um die Masse unlöslich zu machen. (Reimann's Färber-Zeitung, 1871, Nr. 12 und
16.)
Ueber das Naphtalinrosa (Rosanaphtalin) oder
Magdala-Roth.
Dieser schon im Jahrg. 1869 des polytechn. Journals, Bd. CXCII S. 513.
besprochene Farbstoff, welcher von A. Clavel in Basel in
den Handel gebracht wird, erzeugt auf Seide und Wolle ein prachtvolles, dem Safflor
ganz ähnliches Rosa; indessen hindert der hohe Preis des Farbstoffes seine
Anwendung; das Kilogramm desselben kostet nämlich 1000 Frcs. Das Merkwürdigste an
demselben ist ein auffälliger Dichroismus. Löst man den Farbstoff in Alkohol, so
erhält man eine Lösung von bläulichem Fuchsin ähnlicher Farbe. Betrachtet man das
Glas (am besten ein Reagensgläschen) aber im auffallenden Lichte, so erscheint die
Lösung nicht mehr rosa, sondern prachtvoll scharlach gefärbt, aber, was das
Merkwürdigste ist, nicht mehr durchsichtig, sondern vollkommen undurchsichtig. Die
Lösung hat dann das Aussehen einer Fällung von Jodquecksilber.
Behufs der Anwendung dieses Farbstoffes in der Färberei löst man nach Clavel 30 Gramme des Pulvers in einem Liter starkem
Spiritus auf, gießt diese Auflösung in circa 40 Liter
heißen Wassers, kocht auf, setzt etwas Schwefelsäure zu, läßt dann noch ¼
Stunde kochen und gießt kochend durch ein Wollenfilter.
Um Seide zu färben, nimmt man ein altes Seifenbad und
bricht dasselbe durch Säure, setzt den Farbstoff zu dem etwa 40° R. warmen
Bade, rührt um, bringt die Seide hinein und kehrt dieselbe einige Male. Man macht
das Bad kochend und setzt etwas Schwefelsäure zu.
Hierbei färbt sich die Seide prachtvoll Rosa, und man muß nur darauf achten, daß die
Farbe auch gleichmäßig werde. Man nimmt die Seide nach der Färbung aus dem Bade
heraus, wäscht und avivirt kochend mit Schwefelsäure, sodann noch einmal kalt. Um
recht klare Nüancen zu bekommen, kann man die Seide noch heiß seifeniren. (Reimann's Färberzeitung, 1871, Nr. 26.)
Das schwefelächte Schwarz.
So ächt das Chromschwarz auch ist, so ist es dennoch nicht im Stande, den Proceß des
Schwefelns auszuhalten. Da man die schwarz und weiß
melirten Stoffe, Tuche, sogar Lieferungstuche Marengo), nachdem dieselben gewalkt
sind, schwefelt, und
dadurch das in der Mischung befindliche Weiß bedeutend hebt, so kann man für das
Schwarz Chromschwarz an und für sich nicht benutzen. Dasselbe wird aber hierfür sehr
wohl benutzbar und stellt ein schwefelächtes Schwarz dar, wenn man nach dem
Ausfärben die Waare entweder mit Eisen nachfchwärzt, also
ein Eisenschwarz darauf setzt, oder, was besser ist, nach dem Ausfärben noch einmal
in den Chromsud zurückgeht.
Man erzeugt auf 100 Pfd. reine Waare das schwefelächte
Schwarz auf folgende Art.
Man siedet mit
100
Loth chromsaurem Kali,
50
Loth Kupfervitriol,
100
Loth Weinstein und
100
Loth Schwefelsäure.
Am anderen Tage färbt man mit etwa
60
Pfd. Blauholz
aus und geht nach dem Ausfärben auf die Chromflotte zurück, in
welcher man von Neuem siedet.
Nach einem im „deutschen Wollen-Gewerbe“ mitgetheilten
Recept verfährt man zur Erzeugung des schwefelächten Schwarz ganz ähnlich; nur
schwärzt man mit Eisenvitriol nach.
Man siedet die
100
Pfd. Waare an mit
3
Pfd. chromsaurem Kali,
3
Pfd. Kupfervitriol und
1½
Pfd. Schwefelsäure.
Am anderen Tage färbt man mit
60
bis 70 Pfd. Blauholz
aus und schwärzt schließlich mit
6
Pfd. Eisenvitriol.
Beim Schwärzen kommt es dann sehr auf das Wasser an, so daß man
an manchen Orten besser thut, statt des Eisenvitriols
4
Pfd. Kupfervitriol
zu nehmen, um die genügende Tiefe zu erreichen.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß das mit Anilinöl erzeugte Schwarz neben
seiner außerordentlichen Widerstandsfähigkeit gegen alle anderen Einwirkungen auch
die Eigenschaft der vollständigen Schwefelächtheit besitzt. Es gibt in der That kein
Mittel, welches dieses Schwarz auch nur in seiner Tiefe beeinträchtigen kann, und
man ist eher im Stande, die gefärbte Wolle zu
zerstören, als es dahin zu bringen, daß die Farbe
auch nur um einen Schein erbleicht. Dieses Schwarz mit Anilin dürfte sich
in der Herstellung wohl auch billiger stellen, als das nach einem der beiden obigen
Verfahren hergestellte schwefelächte Schwarz. (Reimann's
Färberzeitung, 1871, Nr. 27.)
Ueber die Gespinnstpflanze Ramié.
Der nieder-österreichische Gewerbeverein hat in Erfahrung gebracht, daß
Acclimationsversuche mit der Ramiépflanze in Oesterreich unternommen wurden, ohne
ein besonders günstiges Resultat zu ergeben, und es ist anzunehmen, daß ein solches
nicht zu erreichen seyn wird, da, wenn es auch gelänge, Ramié in Oesterreich zu
pflanzen, die klimatischen Verhältnisse einen keineswegs vortheilhaften Einfluß auf
die Qualität derselben üben würden, mithin die Ertragsfähigkeit dieser Pflanze
wesentlich alterirt werden würde.
Diese Ansicht wird durch ein erst kürzlich dem Vereine zugekommenes competentes
Gutachten noch bekräftigt, wie folgt:
„Der Ramiéstrauch (Boehmeria nivea und Boehm. tenacissima) ist identisch mit dem Chûmâ oder Chinagras, gedeiht am besten auf leichtem,
sandigen Boden, die Pflanzen werden 5 bis 9 Fuß hoch und liefern leicht vier bis
fünf Ernten jährlich, so daß ein damit bepflanzter Morgen Landes ungefähr 800 bis
900 Pfd. Fasern gibt. Die Ramié kommt nicht höher als 35, höchstens 38°
nördlicher Breite und
gewöhnlich nur dort vor, wo auch Baumwolle gedeiht, scheint also die gleiche
pflanzengeographische Grenze zu besitzen, mithin eignet sich Ramié kaum für den
Anbau in Europa, geschweige in Oesterreich, während deren Product, in Indien, dem
malayischen Archipel, China und Japan massenhaft vorkommend, als Handelsartikel die
größte Beachtung verdient. Nähere Angaben finden sich in Forbes Royle: the fibrous Plants of India. London 1855, S.
346.“
In Bezug auf die technische Verwendbarkeit des vorliegenden Stoffes ist der
nieder-österreichische Gewerbeverein auf Grund der vor nicht langer Zeit von
Hrn. I. R. Hainisch (Spinnereibesitzer zu Aue bei
Schottwien, Niederlage in Wien 1. Dorotheergasse) erhaltenen Gespinnstproben im
gefärbten Zustande, welche Gespinnste vermöge ihrer reinen, schönen Farbe und ihres
seidenartigen Glanzes geeignet erscheinen, als Ersatzmittel für Gespinnste aus
Abfallseide gebraucht zu werden, der Ansicht, daß hinsichtlich der Verwendung dieses
Stoffes in der Weberei und textilen Kunst auf einen günstigen Erfolg unter der
Voraussetzung zu rechnen sey, daß der Preis desselben im entsprechenden Verhältnisse
zu seinem relativ hohen specifischen Gewichte stehen werde.
Hr. Hainisch, welcher über das Versuchsstadium nicht
hinaus ist, will und kann keine Preise angeben, und ungeachtet mehrseitiger Umfrage
ist es dem niederösterreichischen Gewerbevereine nicht gelungen, verläßliche Daten
in dieser Beziehung zu erfahren; denn während einerseits verlautet, daß auf dem
Londoner Markte für Ramié im rohen Zustande 75 bis 100 Pfd. Sterl. per Tonne verlangt werden, heißt es andererseits, daß noch keine erheblichen
Quantitäten dort eingeführt wurden und englische Fabrikanten nur 25 bis 35 Pfd.
Sterl. per Tonne zu zahlen gewillt seyen.
Beim Bleichen soll sich ein Verlust von 30 Procent ergeben.
Englische Gespinnste sind schon in Wien als Muster ausgegeben worden, aber
Bestellungen hierauf nicht erfolgt.
Nachstehende Preise werden per engl. Pfund und gebündelt
verlangt:
Nr.
20
25
30
36
40
50
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Prima
3,75
3,80
3,95
4,05
4,15
4,60
fl. österr. W.
Secunda
3,15
3,20
3,30
3,40
3,50
4 —
fl. österr. W.
Schließlich muß noch erwähnt werden, daß Hr. Hainisch,
welcher auf oben erwähnte Präparirung und Färbung der Gespinnste für Oesterreich und
Ungarn ein Privilegium genommen hat, inzwischen die Wahrnehmung machte, daß auch
eine feine Flachssorte ebenso zu dieser Präparation sich
eigne und sehr glanzvolle Farbe annehme, was überdieß den Vortheil leichteren
Bezuges und billigeren Preises gewähre.
Aus diesem Grunde hat Hr. Hainisch sich um Ramié nicht
weiter bekümmert, einen Stoff, an welchem er übrigens guten Stapel und Zähigkeit der
Faser zu rühmen weiß. Vorgelegte Muster, aus solch' präparirtem Flachse gewebt, sind
in Bezug auf glänzenden Effect von Fabricaten aus Ramié kaum zu unterscheiden. Es
dürfte somit wieder zum Wohle der vaterländischen Industrie ein neu verbessertes, zu
schönen Hoffnuugen berechtigendes Webematerial gewonnen worden seyn. (Wochenschrift
des nieder-österreichischen Gewerbevereins, 1871 S. 239.)
Ueber die Anwendung des Desinfectionspulvers mit Carbolsäure;
von Apotheker Burk in Stuttgart.
Unter den in neuerer Zeit empfohlenen Schutzmitteln gegen die Verbreitung
ansteckender Krankheiten steht die Carbolsäure (auch Phenylsäure genannt) oben
an.
Die Carbolsäure ist nämlich das kräftigste Fäulniß verhindernde Mittel, welches die
Wissenschaft dermalen kennt; Fäulniß und Verwesung aber sind häufig die Ursachen und
Träger ansteckender Krankheiten; somit ist die Carbolsäure das geeignetste chemische
Mittel, um der Verschleppung von Krankheitsstoffen entgegenzuarbeiten.
Als die gefährlichsten Herde der Ansteckung gelten die Auswurfstoffe von Menschen und
Thieren, dann überhaupt faulende organische, besonders thierische Stoffe, und die
Orte, wo solche Stoffe lagern: Abtritte, Stallungen, Dunglegen u. s. w., endlich die
mit den kranken Menfchen oder Thieren in unmittelbare Berührung kommenden Stoffe und Geräthe:
Kleider, Weißzeug, Verbandzeug, Geschirre, Geräthe verschiedener Art, Krippen und
Wandungen der Ställe u. s. w.
Ueberall kann hier die Carbolsäure mit Nutzen angewendet werden, stets aber muß die
Form ihrer Verwendung — als Pulver, oder in wässeriger Auflösung — dem
Ort und dem Zweck entsprechen.
Zur Desinfection von Excrementen, wo die flüssigen und festen Stoffe nicht getrennt
sind, wie das bei dem System der Senkgruben oder Tröge der Fall ist, eignet sich am
besten die Anwendung eines Pulvers, das aus Stoffen besteht, die theils specifisch
schwerer, theils leichter als Wasser sind, die somit auf halbflüssige Excremente
gestreut sich ebensowohl den flüssigen, oben aufschwimmenden, wie den unten
liegenden festeren Bestandtheilen rasch mittheilen.
Eine solche Mischung ist das Desinfectionspulver mit Carbolsäure.Das Carbolsäurepulver wird hergestellt durch
Vermengen von 100 Thln. Torf, Gyps, Erde, Sand, Sägemehl, Kohlenpulver, mit
1 Theil Carbolsäure, die vorher mit Wasser angerührt wurde. Die
sogenannte Süvern'sche Masse dagegen, welche aus
Steinkohlentheer, Aetzkalk und Wasser bereitet wird,Die Zubereitung der Süvern'schen
Desinfectionsmasse ist im Jahrg. 1868 des polytech. Journals, Bd. CLXXXVII S.
439, von Dr. Grouven ausführlich beschrieben. ist eine dickliche
Flüssigkeit, in welcher der Kalk mit den Bestandtheilen des Theeres in viel Wasser
theils gelöst, theils suspendirt ist. Diese Methode von Süvern eignet sich da, wo das Canalisationssystem durchgeführt ist und
reichlich Wasser zum Ausspülen der Canäle zu Gebot steht. Die Süvern'sche Masse muß überdieß an Ort und Stelle bereitet uud verbraucht
werden, denn der Transport derselben ist mit Schwierigkeiten und Kosten verknüpft,
besonders im Winter; das Desinfectionspulver mit Carbolsäure dagegen ist leicht
transportabel und handlich anzuwenden, es wird nicht bloß auf den Bahnhöfen, sondern
auch in allen württembergischen Militärlazarethen, sowie in Staatsanstalten und
öffentlichen Gebäuden (Gefängnissen, Irrenanstalten, Rath-, Schul- und
Armenhäusern etc.) angewendet; nach und nach findet es auch vielfach Eingang in
Privathäusern.
Es dient dieses Pulver nicht allein zum Geruchlosmachen der Abtritte, sondern auch in
den Zimmern zum Desinficiren der Nachtgeschirre, Eiterbecken u. s. w.
In Spitälern wird es mitunter auch als Luftreinigungsmitel angewandt, und zu diesem
Behuf einfach auf den Boden oder auf ein erhitztes Eisenblech (Ofen, Schaufel)
gestreut, oder in ein Becken mit Wasser geworfen, das man auf den heißen Ofen
stellt; mit den Wasserdünsten erhebt sich dann zugleich die flüchtige
Carbolsäure.
Die Carbolsäure hat nämlich nicht bloß die Wirkung, die mit derselben in unmittelbare
Berührung kommenden festen und flüssigen organischen Stoffe vor Fäulniß zu bewahren,
sondern sie wirkt auch, da sie flüchtig ist, auf die die Luft verunreinigenden,
übelriechenden und gesundheitsschädlichen Gase.
Das Desinficiren der Abtritte hat je nach Bedürfniß täglich oder mehrmals in der
Woche zu geschehen, allerlei Umstände, wie Temperatur der Luft, mehr oder weniger
gute Ventilation kommen dabei in Betracht. Die Menge des einzutragenden Pulvers
richtet sich nach der Zahl der Hausbewohner.
Erfahrungsgemäß bedarf man zu einer gründlichen Desinficirung der Abtritte eines
Kaffeelöffels voll Desinfectionspulver täglich für je einen Hausbewohner (1 Pfd. auf
50–60 Personen). Im Allgemeinen gilt die Regel, daß man von dem Pulver in die
Cloaken einwerfen soll, so oft der Theergernch der Carbolsäure im Abtritt nicht mehr
bemerklich ist; denn sobald dieß der Fall ist, beginnt wieder die Entwickelung der
Zersetzungsgase der Auswurfstoffe und damit das Auftreten jenes bekannten
ammoniakalischen Geruches.
Das Einwerfen des Pulvers in die Cloaken geschieht, wo thunlich, direct in den Trog,
wo dieß nicht angeht, durch Einstreuen in den Schlauch; wenn aber der Schlauch sehr
lang oder stark gebogen ist, so empfiehlt es sich, das Desinfectionspulver in einem
Geschirr mit Wasser zu verrühren und diese Mischung durch den Schlauch
hinunterzuschütten.
Außer dem Gebrauch für's Krankenzimmer und für Cloake dient übrigens das
Desinfectionspulver mit Carbolsäure noch für viee andere Zwecke — zur
Desinfection und
Conservirung von Häuten, Fellen und Pelzwaaren, zur Desinfetion von Stallungen und
Stallgeräthen u. s. w.
Da, wo das Desinfections-Pulver nicht haften bleibt, zieht man die Anwendung
der flüssigen Form vor, indem man entweder das Pulver mit Wasser verrührt und die
Lösung vom Ungelösten abgießt, oder indem man Carbolsäure direct in Wasser löst
— in den meisten Fällen genügt etwa ¼ Pfd. auf eine große Gießkanne
voll Wasser oder auf ein Imi Wasser. Mit diesen Lösungen werden die Wandungen der
Ställe, Geschirre, Krippen u. s. w. — wohl auch Bekleidungsstoffe, die meist
ohne Schaden in einem wenig Carbolsäure enthaltenden Wasser gewaschen werden können
— angestrichen oder gewaschen.
Zur Desinfection von Stallungen nimmt man am besten das Pulver mit Carbolsäure. Man
streut es einfach auf den Boden oder begießt den Boden des Stalles mit einer Lösung,
die man erhält, wenn man 2 Pfd. Desinfectionspulver in eine Gießkanne voll Wasser
schüttet.
Mit einer Ausgabe von etwa 1 Kreuzer pro Stück Vieh und
pro Woche läßt sich — vorausgesetzt daß auch
sonst auf Ordnung und Reinlichkeit gehalten wird — in einem Stalle reine und
gesunde Luft herstellen. Auch kommt hier noch der Vortheil in Betracht, daß das Vieh
vom Ungeziefer weniger belästigt wird; denn die Carbolsäure verhindert die
Entwickelung der im Mist schlummernden Insectenbrut. Die Befürchtung, daß die
Carbolsäure dem Dünger schädlich sey, ist ganz unbegründet; im Gegentheil erhöht die
Anwendung des Desinfectionspulvers mit Carbolsäure den Werth des Düngers, theils aus
den aus dem Gesagten hervorgehenden Gründen, theils unter Mitwirkung mehrerer
anderer Bestandtheile des Pulvers.
Was den Kostenpunkt anbelangt, so kommt dessen Anwendung nach angestellten
vergleichenden Versuchen mindestens 25 Proc. billiger, als der seither gebräuchliche
Eisenvitriol; dabei ist die Behandlung eine viel einfachere und wird von den damit
beauftragten Personen williger und schon deßhalb mit besserem Erfolg ausgeführt.
(Württembergisches Gewerbeblatt, 1871, Nr. 36.)
Bierverbrauch in verschiedenen Ländern.
Der Bierverbrauch beträgt per Kopf in
Bayern
80
Maaß
England
74
Maaß
Belgien
51
Maaß
Württemberg
40
Maaß
Oesterreich
16
Maaß
Frankreich
13
Maaß
der Schweiz
12
Maaß
Preußen
10
Maaß
Die Biersteuer liefert:
in England
133
Millionen Franken oder
7,5
Proc. aller
Staatseinkünfte.
in Oesterreich
40
Millionen Franken oder
2,9
Proc. aller
Staatseinkünfte.
in Bayern
18
Millionen Franken oder
15,5
Proc. aller
Staatseinkünfte.
in Frankreich
16
Millionen Franken oder
1,9
Proc. Aller
Staatseinkünfte.
in Preußen
6½
Millionen Franken oder
1,2
Proc. Aller
Staatseinkünfte.
(Der Arbeitgeber.)