Titel: | Widerlegung des Fasbender'schen Artikels über Brodvergiftung; von Dr. H. Vohl in Cöln. |
Autor: | Hermann Vohl |
Fundstelle: | Band 207, Jahrgang 1873, Nr. CXXXVI., S. 496 |
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CXXXVI.
Widerlegung des Fasbender'schen Artikels über Brodvergiftung; von Dr. H. Vohl in Cöln.
Vohl, über Brodvergiftung.
In diesem Journal Bd. CCVI S. 475 (zweites Decemberheft 1872) ist von Herrn R. Fasbender, Lehrer der Chemie an der höheren Bürgerschule
zu Maastricht, ein Artikel „über Brodvergiftung“ erschienen, welcher die Richtigkeit der
Angaben, die Herr Geheim. Medicinal- und Ministerialrath Dr. H. Eulenberg und ich in
unserem Artikel „über
Brodvergiftung“ in diesem Journal Bd. CXCVII S. 530 (zweites
Septemberheft 1870) machten, in Zweifel zu ziehen sucht und die von uns resp. von
mir in Anwendung gebrachte Untersuchungsmethode einer Kritik unterzieht.
Bezüglich der Auslassungen des Hrn. Fasbender ist im
Allgemeinen zu bemerken, daß dieselben nicht dazu angethan sind, die Richtigkeit
unserer Angaben und die Zuverlässigkeit der bei den betreffenden Analysen
angewandten Untersuchungsmethoden in irgend einer Weise zu alteriren.
Aus diesem Grunde hätten wir eine Entgegnung auf den Fasbender'schen Artikel als überflüssig erachten können, wenn nicht im
Interesse der Sache selbst es geboten wäre, Klarheit in die Angelegenheit zu
bringen.
Da Hr. Fasbender besonders den
chemisch-analytischen Theil unserer Abhandlung einer scharfen Kritik
unterzieht, resp. mich, der ich diesen Theil zu vertreten
habe, einer Menge Unrichtigkeiten und Verstöße in wissenschaftlicher Hinsicht zeihen
will, so sehe ich speciell mich veranlaßt, wenn auch mit Widerstreben, das
Unhaltbare und Unrichtige der Fasbender'schen
Auslassungen darzuthun, sowie die von demselben aufgeführten Unwahrheiten nachzuweisen und zu berichtigen.
Unsere Behauptung, daß die von Hrn. Fasbender angegebenen
Resultate, welche er bei der Analyse mehrerer Brodsorten erhalten hat, die
Richtigkeit unserer Angaben nicht im Geringsten in Frage
stellen können, erhellt schon zur Genüge daraus, daß die von uns und
Fasbender untersuchten Brodproben in keiner Weise identisch
waren und also von übereinstimmenden Resultaten keine Rede seyn kann.
Die von uns in der betreffenden Abhandlung mitgetheilten Untersuchungsergebnisse
waren bei der Analyse von drei verschiedenen Brodproben und zwar zu zwei verschiedenen Zeiten erhalten worden.
Das zur Analyse I und II benutzte Brod war vom 17. Juli 1869 (Fasbender's Angabe, daß das Brod zu I und II vom 7. August 1869 herstamme,
ist falsch); die zu III verwandte Brodprobe war vom 8.
November 1869.
In sämmtlichen Brodproben wurde Zinkoxyd und Thonerde gefunden, das Zink als Zinkoxyd und Thonerde als
solche in unserem Berichte aufgeführt. Die Angabe Fasbender's, daß wir schwefelsaures Zinkoxyd, Alaun und Bolus etc. in der
Analyse aufstellten, ist unwahr.
Das Brod, welches Hr. Fasbender untersuchte, stammt nach
seiner Angabe vom 2. und 15.
November 1869 und vom 3.
Juni, 3. Juli und 7. August 1870 (!) her.
Obgleich hiernach eine Identität der von Hrn. Fasbender und mir
analysirten Untersuchungsobjecte offenbar nicht anzunehmen ist, selbst dann
nicht, wenn die verschiedenen Brodsorten von derselben Bäckerei herstammten (wofür
jedoch auch nicht der entfernteste Beweis vorliegt), und demnach eine
Uebereinstimmung der Versuchsergebnisse selbst bei derselben Untersuchungsmethode
nicht zu erwarten ist, so erklärt Hr. Fasbender dennoch
die von mir und ihm untersuchten Brodproben für identisch,
trotzdem, wie dargethan, Wochen, Monate, und sogar fast ein ganzes Jahr zwischen
den Darstellungsdaten der verschiedenen Brodproben liegen.
Ferner nennt Hr. Fasbender das Brod welches ich am 8. Nov.
1869 erhielt, und dasjenige welches er am 15. Nov. desselben Jahres analysirte,
„Brod derselben Zeit“ (man
s. Seite 477 des Fasbender'schen Aufsatzes).
Das Brod welches ich am 8. Nov. erhielt, mußte doch nothwendigerweise schon einige
Tage vorher gebacken worden seyn, und es liegen somit zwischen
dem Backtage seiner und meiner Probe mindestens 8–9 Tage.
Nichtsdestoweniger will Hr. Fasbender auch hier eine vollständige Identität der
Untersuchungsobjecte angenommen wissen.
Herr Fasbender gibt nun weiter an, daß es ihm nicht möglich gewesen sey, in den von ihm
untersuchten verschiedenen Brodproben resp. deren Aschen, auch
nur eine Spur fremder metallischer Bestandtheile resp. Zinkoxyd nachweisen zu
können, und ich will ihm dieses sehr gern glauben; damit ist aller nicht
gesagt, daß dadurch Hr. Fasbender den Beweis erbracht
hat, daß auch in
Wirklichkeit in den von ihm untersuchten Brodproben sich
keine fremden metallischen Bestandtheile
vorfanden.
Seine eigenen Worte sind: „es ist mir nie gelungen, metallische Gifte in
dem hiesigen Brod zu finden.“
In unserer Abhandlung erwähnen wir, daß gutes Weißbrod
durchschnittlich 1,07 bis 1,50 Proc. Asche enthalte. Das von mir untersuchte Brod
konnte aber schon seiner grauen Farbe wegen nicht den guten Weißbrodsorten
beigezählt werden, und wurde diese Ansicht durch den hohen Aschengehalt bestätigt.
Der Aschengehalt schwankte bei den untersuchten Brodproben zwischen 2,0166 und
5,3662 Proc., und deutete sofort auf eine mineralische Beimischung.
Herr Fasbender dagegen behauptet, daß er in 40 (!) Fällen
den Aschengehalt der fraglichen Brodsorten im Maximum zu
1,5 Proc. gefunden habe, daß er dagegen in feinem
Weißbrod (feinem Brödchen) den Aschengehalt bis
auf 2,16 Proc. sich steigern sah.
Diese Angaben widersprechen zu sehr einer jeden Erfahrung, als
daß man auf dieselben irgend ein Gewicht legen könnte.
Es scheint dem Hrn. Fasbender nicht bekannt zu seyn, daß
gewöhnlich mit der Güte und Feinheit des Brodes sich der
Aschengehalt vermindert; daß das Alter resp. der Wassergehalt des Brodes,
sowie die Qualität des Mehles, ob viel oder wenig Kleiensubstanz in demselben
enthalten ist, die Höhe des Aschengehaltes bedingt; daß ferner der Zusatz von
Kartoffelmehl zum Teige den Aschengehalt sehr bedeutend vermindern kann, so daß auch
nicht immer ein niedriger Aschengehalt für die Feinheit
und Güte des Brodes spricht.
Hr. Fasbender wird sich aus den vortrefflichen Werken von
Dumas, Karmarsch, Knapp, Muspratt etc. die
nothwendige Belehrung darüber verschaffen können.
Was die von Hrn. Fasbender aufgestellten Berechnungen
anbetrifft, so muß ich offen gestehen, daß sie mir in vieler Hinsicht unverständlich sind und auf falschen Voraussetzungen basirend,
eine weitere Besprechung nicht verdienen.
Seite 477, Zeile 14 v. u., sagt Hr. Fasbender wörtlich: „Ob bei solchen
Mengen die durch Hrn. Vohl gefundenen Quantitäten von
Zinkoxyd im Stande sind, einer häufig an sich schon schwach gelblich gefärbten Asche in der Hitze eine schön citronengelbe Farbe zu geben, bezweifle ich.“
– „Ich habe wenigstens bei Versuchen die ich weiter unten
besprechen werde, in einem Falle wo der Zinkgehalt in Brodasche relativ größer war, als in dem von Hrn. Vohl citirten Falle, Nichts dergleichen wahrnehmen
können.“
Zu diesen Auslassungen ist Nachfolgendes zu bemerken: Die Asche von reinem
Weizen- oder Roggenbrod ist niemals schwach gelblich
gefärbt, und wenn Hr. Fasbender dieses
beobachtet hat, so hatte er es mit einer sehr unreinen
Brodsorte zu thun.
Die Weizen- und Roggenkörner (mit den Schalen, Kleien) geben stets eine weiße oder schwach grau gefärbte Asche;
niemals ist dieselbe gelblich gefärbt. Um so mehr muß das aus Weizen- oder
Roggenmehl gewonnene Brod, wenn ihm keine fremdartigen Stoffe beigemischt sind, eine
weiße Asche geben, wenn es wie das fragliche kleienfrei ist.
Der einzige Bestandtheil, welcher der Weizen- und Roggenkörnerasche eine
gelbliche Farbe geben könnte, ist das Eisenoxyd resp. pyrophosphorsaure Eisensalz.
Seine Menge ist aber so unendlich klein, daß von einer Färbung durch dasselbe
vernünftigerweise keine Rede seyn kann. Auch ist das Erscheinen der Farbe beim
Erhitzen, und Verschwinden beim Erkalten, bei einem Eisengehalt niemals
eintreffend.
Nach den vortrefflichen Arbeiten von Th. Way und G. Ogston (Journal of the Royal
Agricultural Society of England, vol. VII p.
593) enthalten die bei 100° C. getrockneten Weizenkörner mit den Hülsen
(Kleien) 1/2 bis 2,0 Proc. Asche, die ungeschälten Roggenkörner 1,36 Proc.; 100
Theile Weizenasche enthalten durchschnittlich 0,68 Theile Eisenoxyd und die
Roggenasche nach Schulz-Fleeth (Poggendorff's Annalen, Bd. XCII S. 419; Journal für
praktische Chemie, Bd. LXII S. 493) 0,20 Proc. Eisenoxyd.
Es werden demnach 100 Gewichtstheile dieser Cerealien mit den Schalen enthalten:
Weizen =
0,0136 Eisenoxyd
Roggen =
0,0027 „
Daß von einer Gelbfärbung keine Rede seyn kann, versteht sich von selbst. Auch wird
von keiner einzigen Autorität wie J. Liebig, Fresenius, Will,
Way und Ogston, Horsford etc., eine gelbe oder
gelbliche Färbung der Weizen- und Roggenasche
angeführt.
Wenn nun Weizen und Roggen mit den Hülfen (Kleien), welche
letztere vorzüglich den Eisenoxydgehalt besitzen, keine gelbgefärbte Asche geben, so
kann dieses noch weniger bei kleienfreiem Brod, wie in
unserem Falle, möglich seyn.
Die Behauptung des Hrn. Fasbender, daß häufig die Brodasche
gelbgefärbt sey, ist demnach falsch und unbegründet.
Was nun die citronengelbe Färbung einer zinkhaltigen Brodasche beim Erwärmen
anbetrifft, welche Hr. Fasbender nicht beobachten konnte,
so ist zu bemerken, daß ich in dieser Hinsicht seinen Angaben vollen Glauben
schenke, daß er aber durch seine Versuche keineswegs im Entferntesten berechtigt
ist, die Richtigkeit unserer Angaben in Frage zu stellen.
Das Erscheinen der citronengelben Farbe einer zinkhaltigen Brodasche beim Erhitzen
hängt nämlich nicht immer von der Quantität des Zinkoxydes
in derselben ab, sondern ist stets von der Qualität der Brodasche
bedingt.
Bekanntlich ist die Brodasche stets mehr oder minder reich an Phosphaten, je nachdem
das verwandte Mehl größere oder kleinere Mengen von Kleiensubstanz enthielt. Reicht
der Phosphorsäuregehalt der Brodasche hin, alles Zinkoxyd in ein Phosphat zu
verwandeln, oder besitzt die Asche in dieser Hinsicht einen Ueberschuß von
phosphorsauren alkalischen Erden (Magnesia oder Kalk) oder Alkalien, so kann die
charakteristische citronengelbe Färbung des Zinkoxydes beim Erhitzen nicht eintreten, weil phosphorsaures resp. pyrophosphorsaures
Zinkoxyd diese Reaction nicht zeigt. Enthält dagegen die Brodasche keine
hinreichende Menge Phosphate, um sämmtliches Zinkoxyd zu binden, oder aber sind
sogar freie oder kohlensaure alkalische Erden oder Alkalien vorwaltend, so tritt bei
einem Zinkgehalt der Asche die charakteristische Färbung beim Erwärmen stets ein, weil alsdann Zinkoxyd als solches in der Asche
vorhanden ist. Phosphorsaures resp. pyrophosphorsaures Zinkoxyd gibt auch mit
Kobaltsolution vor dem Löthrohr keine charakteristische
Reaction. Dieß Alles hätte dem Hrn. Fasbender bekannt
seyn müssen, um sich das Nichterscheinen der Färbung bei seinem Versuche erklären zu
können, und es kann der einzelne Versuch welchen er machte, ihn gewiß nicht
berechtigen unsere Angabe, daß die Asche des fraglichen Brodes die charakteristische
Reaction des Zinkoxydes zeigte, in Frage zu stellen.
Seite 478 sagt Hr. Fasbender: „Die HHrn. Eulenberg und Vohl mögen
mir nicht verübeln, wenn ich die Bezeichnung „Lencin“ (soll
heißen Lenzin) oder „Bolus“ etwas unbestimmt, ja bedenklich
finde.“ – Es ist uns unerklärlich, wie Hr. Fasbender zu dieser Aeußerung kommt, da wir in unserer
ganzen Abhandlung diese Bezeichnungen niemals gebraucht haben.
Im Anschluß an diese Aeußerung theilt Hr. Fasbender nun
mit, er habe gefunden daß der Kaolin (welchen er unrichtiger Weise auch
China clay nennt) durch kochende
Salzsäure und verdünnte Schwefelsäure angegriffen werde. Seine eigenen
Worte sind:
„Ueberhäuft mit Arbeiten habe ich bis jetzt mich nicht mit der Prüfung
verschiedener im Handel unter dem Namen von Kaolin (China
clay u.s.w. vorkommenden Thonsorten in Bezug auf ihre Angreifbarkeit
durch chemische Agentien, welche ich im Hinblick auf den vorliegenden Fall
vorzunehmen Willens war, beschäftigen können; Einiges will ich aber hier doch
bemerken. Ein Kaolin (China clay) einer hiesigen
Fayencefabrik wurde nicht allein durch kochende Salzsäure, sondern auch durch
Schwefelsäure, welche mit der Hälfte ihres Gewichtes an Wasser verdünnt war,
sehr merklich angegriffen.“
Hr. Fasbender gibt nicht an, in welcher Weise der Kaolin
angegriffen wurde, welche Substanzen die Säuren gelöst enthielten und welche
Quantitäten in Lösung übergegangen waren.
Daß die Angreifbarkeit verschiedener Thon- resp. Kaolinsorten durch Salzsäure
und verdünnte Schwefelsäure eine längst bekannte Thatsache ist, weiß jeder Fachmann,
und es sind in dieser Richtung hin ganz vortreffliche Untersuchungen von Autoritäten
angestellt worden, die keinen Zweifel darüber obwalten lassen. Es kann somit von
einer Entdeckung des Hrn. Fasbender in dieser Beziehung
keine Rede seyn.
Man unterscheidet nämlich im Kaolin drei verschiedene Gemengtheile Ein Theil
derselben ist durch verdünnte Säuren ausziehbar und besteht aus Kalk, Magnesia, Spuren von Eisenoxyd, zuweilen von
Manganoxydul und Alkalien. Ein zweiter Theil, welcher aus dem eigentlichen
Kaolinthon und freier ungebundener resp. bei der Zersetzung abgeschiedener
Kieselsäure besteht, kann nur durch Behandlung mit siedender concentrirter
Schwefelsäure und verdünnter Natronlauge entfernt werden. Ein Rest widersteht diesen
Behandlungen, und besteht aus Resten des Muttergesteines, nämlich aus Feldspath,
Quarz u.s.w.
Schon im Jahre 1838, also vor 35 Jahren haben Al. Brongniard und Malaguti eine Reihe von
Versuchen in dieser Hinsicht angestellt und bei 31 Thonsorten der verschiedensten
Fundorte, dieses Löslichkeitsverhältniß ermittelt, so daß eine Arbeit des Hrn. Fasbender in dieser Richtung hin wohl als vollständig
überflüssig erscheinen muß. (Alex. Brongniard und Malaguti, Comptes rendus, 2.
semestre 1838, p. 1085.;
Berzelius' Jahresbericht Bd. XIX S. 746; Muspratt-Stohmann, Encyklopädie der technischen
Chemie, Bd. I Anhang Seite 50, erste Auflage.)
Dieses Verhalten soll nun die von uns in Anwendung gebrachte Untersuchungsmethode als
eine unzuverlässige erscheinen lassen, insofern auch die als Silicat dem Brod
beigemischte Thonerde mit in Lösung gehen könnte.
Nach den vorher angezogenen, vortrefflichen und zuverlässigen Arbeiten von Alex. Brongniard und Malaguti wird
dem Kaolin keine Spur Thonerde
durch verdünnte Säure entzogen, sondern sind es nur die oben angeführten
Substanzen, welche der Einwirkung der Säure nicht widerstehen und die durch den
Verwitterungsproceß des Muttergesteines aus ihrer Verbindung mit dem Thonsilicat
ausgetreten sind. – Wird frisches Brod mit concentrirter Schwefelsäure
getränkt, so wird sie durch den Wassergehalt desselben so weit verdünnt, daß sie,
wenn das Brod Thonerdesilicate enthält, demselben keine Thonerde entzieht, wie
dieses durch vielfältige Versuche ermittelt wurde. Es sind demnach die so häufig
auftauchenden Bedenklichkeiten des Hrn. Fasbender auch hier vollständig unbegründet.
Bezüglich des Verhaltens der Brodasche zu Kaolin behauptet Hr. Fasbender, daß letzterer fast vollständig aufgeschlossen werde. Er sagt:
„Durch gelindes (?) anhaltendes Glühen mit 1/3 des Gewichtes an Brodasche schien derselbe fast vollständig aufgeschlossen zu werden.“
Hr. Fasbender hätte zur Ermittelung der Wahrheit sich
nicht mit dem Schein begnügen dürfen, sondern sich durch
eine genaue Untersuchung vom wirklichen Thatbestand
überzeugen müssen. Er würde alsdann gefunden haben, daß auch hier die Qualität der Asche die Hauptrolle spielt, und daß es nur
von dem Vorhandenseyn von kohlensauren und freien alkalischen Erden oder Alkalien
abhängig ist, ob ein Aufschließen des Kaolins statthat und daß in letzterem Falle
dieses nur bei recht lebhaftem, anhaltendem Glühen, aber
dennoch höchst mangelhaft stattfindet.
Im Uebrigen hat dieses Verhalten mit der von uns angewandten Methode durchaus nichts
zu thun, da wir vorher nicht die Asche darstellten.
Bekanntlich enthalten die Cerealien als Aschenbestandtheil niemals Thonerde, und wird im Brod auf irgend eine Weise Thonerde
gefunden, so ist dieselbe immer als eine zufällige oder
geflissentliche Verunreinigung anzusehen. Reines Brod darf keine Thonerde oder
Verbindungen derselben enthalten.
Bezüglich der Abwesenheit der Thonerde in der Asche der Cervalien kann sich Hr. Fasbender durch das Nachschlagen der interessanten
Untersuchungen des Fürsten Salm-Horstmar die ihm
benöthigte Belehrung verschaffen. (Journal für praktische Chemie, Bd. XL S. 302; Chemical Gazette von 1847 S. 306.)
Hr. Fasbender greift nun die von uns in Anwendung
gebrachte Methode an, und sagt Seite 478 Zeile 6 von unten:
„Was letztere (die Methode) anbetrifft, so scheint mir dieselbe in nichts
Anderem als in einer Modification, vielmehr in der nicht zu Ende geführten schon
älteren Methode von Danger und Flandin zu bestehen. Nach dieser Methode werden die organischen
Substanzen mit 1/4 bis 1/6 Schwefelsäure in einer Porzellanschale verkohlt, die kohlige Masse mit Salpetersäure oder
Königswasser versetzt, nach Verdampfung der Salpetersäure mit Wasser ausgezogen
u.s.w. Hr. Vohl übergießt mit Schwefelsäure,
„so viel als das Brod aufzusaugen vermag“ in einer Retorte, verdampft im Sandbade zur Trockne und zieht
mit destillirtem Wasser aus u.s.w. Ich kann mich hier über die Methode nicht
auslassen und will mich auf ein Citat aus „Dragendorff's Ermittelung der Gifte“ beschränken. Dort
heißt es nach Aufzählung der Uebelstände der Danger-Flandin'schen Methode: „Der Vorschlag Bérard's, die Zerstörung in einer Retorte
vorzunehmen, ist wegen des starken Aufschäumens unausführbar. Sollte Brod
eine Ausnahme machen?“
Was diese Schlußfrage anbetrifft, so ist es mir unerklärlich, warum Hr. Fasbender nicht diesen höchst einfachen Versuch
anstellte, der ihn, wenn er mit Sachkenntniß und Geschick angestellt wurde, gewiß
seiner Bedenklichkeit enthoben haben würde.
Dieses Verkohlen des Brodes mit Schwefelsäure ist eine ganz vortreffliche Methode in
der Hand eines Geübten.
Was nun die von nur angewandte Methode anbetrifft, welche Hr. Fasbender als eine Modification der Danger-Flandin'schen ansieht und uns resp. mich beschuldigt,
dieselbe als eine neue von uns in Anwendung gebrachte veröffentlicht zu haben, so
weisen wir diese Beschuldigung auf das Bestimmteste zurück.
Die Verkohlung organischer Substanzen mit concentrirter Schwefelsäure bei derartigen
Untersuchungen ist eine zu bekannte Thatsache, als daß ein Fachmann sie heute noch
für neu ansehen könnte.
Auch in unserer Abhandlung sagen wir Seite 534: „Um den Zinkgehalt mit
Sicherheit qualitativ und quantitativ nachzuweisen, ist es nothwendig, daß man
das fragliche Brod in einer Retorte mit chemisch reiner Schwefelsäure übergießt
u.s.w.“
Wie nun Hr. Fasbender daraus schließen kann, daß wir jenes
Verfahren als ein von uns erfundenes neues Verfahren
angeben wollen, ist unerfindlich.
Charles Flandin, Arzt und Mitglied des Conseil de salubrié in Paris, beschäftigte sich
in Gemeinschaft mit Danger viel mit toxikologischen Arbeiten und
veröffentlichte i. J. 1841 eine neue Methode um das Arsen bei Vergiftungsfällen im
Inhalt des Magens und der Eingeweide nachzuweisen. Die Methode bestand darin, daß
sie die getrocknete Masse mit 1/1, höchstens 1/3 ihres
Gewichtes concentrirter Schwefelsäure vermischten und erhitzten. Dragendorff gibt die Menge der zuzusetzenden
Schwefelsäure unrichtig an, nämlich 1/6 bis 1/4 dem Gewichte nach, weßhalb denn auch
Hr. Fasbender denselben Fehler macht. (Dragendorff's gerichtlich-chemische Ermittelungen
von Giften, §. 22 Seite 32, VIII.). Das Erhitzen der breiigen Masse wurde so
lange fortgesetzt, bis sie das Ansehen von trockener Kohle erhalten hatte, alsdann
mit Salpetersäure oder besser mit Königswasser übergossen und nun mit Wasser
ausgelaugt u.s.w. Diese Methode, welche ursprünglich nur zur Ermittelung des Arsens
in Anwendung kam, wurde auch später von ihnen zur Ermittelung des Antimons in
Anwendung gebracht. Sie war bezüglich der Arsen- und Antimonermittelung mit
großen Mängeln behaftet und hat deßhalb viele Widersacher gefunden. (De l'arsenic, suivi d'une instruction, propre à servir
de guide aux experts dans le cas d'empoissonnement etc., par Mrs.
Danger
et
Flandin, Paris 1841;
Journal für praktische Chemie, Bd. XXVI S. 446; Berzelius' Jahresbericht, Bd. XXII S. 18 u. Bd. XXIII S. 251.)
Der Vorschlag, die Verkohlung zum Auffangen des bei einem allenfallsigen
Kochsalzgehalte sich entwickelnden Arsenchlorürs in einer Retorte vorzunehmen,
stammt nicht von Bérard her, sondern wurde von Danger und Flandin selbst
gemacht.
Die Dragendorff'sche Angabe ist demnach nicht richtig.
Selbstverständlich macht Hr. Fasbender denselben
Fehler.
Hr. Fasbender sagt Seite 479 Zeile 10 v. o.:
„Bei meinen Versuchen sind die durch Verbrennung in Platingefäßen
erhaltenen Aschenmengen auf metallische Beimengungen untersucht worden; außerdem
wurde die Methode von Hadow (Campecheholz- und Blutlaugensalzauflösung) angewendet.
Ich habe mich bei vergleichenden Proben von der Empfindlichkeit derselben,
namentlich der Campecheholzreaction überzeugen können.
Es ist einem jeden Fachmanne bekannt, daß man zinkhaltige organische Substanzen nicht
ohne einen Verlust an Zink verbrennen resp. einäschern kann, und daß bei einem sehr
geringen Zinkgehalt letzterer sich sogar gänzlich verflüchtigt. Die Fasbender'schen Untersuchungen sind wahrlich nicht dazu
angethan, diese Thatsachen umzustoßen.
Hr. Fasbender wird stets einen Zinkverlust erlitten haben,
wenn er zinkhaltiges Brod einäscherte.
Seine Behauptung, daß dieses nicht möglich sey, kann den allbekannten und tausendfach
bestätigten Erfahrungssatz, „daß das Zink in
Gegenwart organischer Substanzen beim Einäschern reducirt und verflüchtigt
wird“ nicht umstoßen, und es sind seine deßfallsigen
Behauptungen geradezu absurd zu nennen.
So sagt er z.B. Seite 479 Zeile 19 v. u.: „Bei der Bereitung einer
Brod- oder Getreideasche verbietet sich, wegen der leichten
Schmelzbarkeit der Asche, eine so hohe Temperatur daß Reducirung und
Verflüchtigung des Metalles bei Anwesenheit von schwefelsaurem Zinkoxyd zu
befürchten wäre, von selbst.“
Bekanntlich ist jedoch die Verbrennungswärme dieser Substanzen mehr wie hinreichend
um Zinkoxydsalze zu reduciren resp. zu verflüchtigen. Tränkt man z.B. eine Holzkohle
mit schwefelsaurem Zinkoxyd und läßt dieselbe nach dem Trocknen langsam in einem nur
halbbedeckten Platintiegel verbrennen resp. verglimmen, so findet man stets einen
Zinkbeschlag an dem Deckel und den Wandungen des Tiegels.
Die Annahme des Hrn. Fasbender, daß er bei Zusatz von
schwefelsaurem Zinkoxyd zum Brod noch das schwefelsaure Salz in der Mischung habe,
ist ganz unrichtig. Es wird vielmehr, wie auch schon
vorher bemerkt, sich stets ein Zinkphosphat bilden und die Reduction dieses Salzes
ist in Betracht zu ziehen.
Schließlich theilt Hr. Fasbender die Versuche mit, welche
er mit zinkhaltigem Brod angestellt hat, und behauptet daß es ihm gelungen sey, die ganze Menge des zugefügten Zinkes in der betreffenden
Achse wiederzufinden.
Diese Behauptung ist zu absurd, als daß sie einer Widerlegung werth zu halten
ist.
Hr. Fasbender hat zur Ermittelung der Thonerde die Hadow'sche Methode benutzt und spricht sich sehr lobend
bezüglich derselben aus.
Nach E. A. Hadow soll man eine Probe des zu untersuchenden
Brodes in einem frischbereiteten verdünnten
Campecheholz-Absud 12 Stunden unter Luftzutritt schwimmen lassen, und soll
das alaunhaltige Brod dabei eine Purpurfarbe annehmen, wohingegen das alaunfreie
Brod nur oberflächlich orangeroth gefärbt wird. (Quarterly
Journal of the Chemical Society of London, vol. X p. 103.)
Nach den Erfahrungen welche bei Anwendung dieser Methode gemacht wurden, ist dieselbe
höchst unzuverlässig, und Niemand der auf
Zuverlässigkeit Anspruch macht, wird dieselbe anwenden; nichtsdestoweniger genügt sie vollkommen dem Hrn. Fasbender.
Schließlich kann ich es nicht unterlassen Folgendes zu bemerken:
Unsere Abhandlung „über Brodvergiftung“ ist vollständig objectiv gehalten, und es mußte uns also um
so mehr befremden, daß Hr. Fasbender, ohne eine jede
Veranlassung, außer der im Interesse zweier Maastrichter Bäckermeister, eine Lanze
zu brechen, unsere Arbeit erst nach zwei Jahren einer Kritik unterzieht und dabei
subjectiv zu Werke geht.
Cöln, im Februar 1873.