Titel: | Die Saftgewinnung aus der Zuckerrübe; von Prof. Dr. Heeren. |
Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. XIII., S. 57 |
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XIII.
Die Saftgewinnung aus der Zuckerrübe; von Prof.
Dr. Heeren.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen
Gewerbevereines, 1873 S. 71.
Heeren, über die Saftgewinnung aus der Zuckerrübe.
Die von Jahr zu Jahr auch in der Provinz Hannover sich ausbreitende
Zucker-Industrie und die nicht selten in öffentlichen Blättern darüber
erscheinenden Artikel machen es dem gebildeten Laien wünschenswerth, mit den
Fortschritten in diesem wichtigen Industriezweige einigermaßen sich auf gleicher
Höhe zu erhalten. Es ist dieß der Zweck des folgenden kleinen Aufsatzes, welcher
also, weit entfernt, dem Zuckerfabrikanten Neues sagen zu wollen, nur dazu dienen
soll, einen besonders wichtigen Theil dieser Industrie, nämlich die Gewinnung des
Saftes, in leicht verständlicher Weise zu beschreiben.
Die weiße schlesische Zuckerrübe, keineswegs die in hiesiger Gegend vielfach gebaute
rothe Runkelrübe ist es, welche zur Zuckergewinnung Anwendung findet, jedoch wieder
in einer großen Menge Spielarten vorkommt, unter welchen die sogenannte
Imperialrübe, wegen des bedeutenden Zuckergehaltes und der Reinheit ihres Saftes
wohl als die vorzüglichste Anerkennung findet.
Ohne auf das Landwirtschaftliche, Boden, Beackerung, Düngung, Aufbewahrung der Rüben
u. dgl. hier einzugehen, bemerke ich nur, daß die Zuckerrübe nicht, wie die hiesige
rothe Rübe, weit aus der Erde hervorwächst, sondern daß sie sich, zumal wenn der
Boden hinreichend tief aufgelockert war, fast ganz unter der Erde hält und nur einen
kleinen Kopf hervorragen läßt. Es ist dieser Umstand von großer Wichtigkeit, weil
nur der Saft des in der Erde befindlichen Theiles Zucker, jener des aus der Erde
hervorragenden Theiles dagegen nur ganz wenig davon enthält.
Das gewöhnliche mittlere Gewicht der Zuckerrüben ist etwa 0,5 bis 1 Kilogrm., doch
kommen auch ausnahmsweise viel größere vor, deren Saft dann aber sehr wässerig zu
seyn pflegt.
Ein preußischer Morgen (25,53 Ar) liefert durchschnittlich etwa 7500, selten bis zu
10,000 Kil., ja mitunter auf feuchtem Boden bis zu 15,000 Kil. Rüben. Diese erreichen dann
oft eine bedeutende Größe, geben aber einen wässerigen, viele Salze, namentlich
Salpeter enthaltenden, schwierig zu verarbeitenden und zur Verdampfung so vielen
Wassers viel Brennmaterial erfordernden Saft.
Die Runkelrübe, abgesehen von der feinen Oberhaut, die sich durch Abschaben leicht
entfernen läßt, besteht ganz und gar aus feinen Zellen, deren außerordentlich dünne,
zarte Wände aus Zellgewebe (Cellulose Holzsubstanz)
gebildet und durch ein zwischengelagertes Bindemittel, die Intercellularsubstanz,
verbunden sind. Diese letztere soll nach den darüber angestellten
mikroskopisch-chemischen Untersuchungen aus Pektos
bestehen, einer festen organischen Substanz, welche sich durch die Eigenschaft, in
heißem Wasser aufzuquellen und sich sowohl in Alkalien wie in Säuren zu lösen,
charakterisirt. Die Zellwände nebst der Intercellularsubstanz, welche allein den
festen Theil, gewissermaßen das Gerippe der Rübe bilden, machen nur etwa 4 Procent
vom Gewichte der Rübe aus, so daß der in den Zellen enthaltene Saft durchschnittlich
96 Proc. vom Gewichte der Rübe bildet. Die Rübe besteht somit, bis auf wenige
Procente fester Substanz, fast ganz aus Saft.
Der Saft, eine etwas trübe, gelblich gefärbte Flüssigkeit von süßem Geschmack enthält
als Bestandtheile:
1. krystallisirbaren Zucker;
2. Pflanzeneiweiß (Albumin) durch Erhitzen gerinnend;
3. andere stickstoffhaltige, durch Erhitzen nicht gerinnende,
wohl aber durch Kochen mit Kalk fällbare, ihrer Natur nach noch nicht genau
bekannte Stoffe;
4. Kali- und Natronsalze, theils unorganische
(Salpetersäure), theils organische Säuren (Aepfel-, Klee-,
Citronensäure) enthaltend.
Das Mengenverhältniß dieser Bestandtheile unterliegt, je nach dem Boden, der Düngung,
der Witterung und anderen äußeren Einflüssen vielfachen Schwankungen, wie z.B. ein
kalter, feuchter, frisch gedüngter Boden größeren Salz-, hingegen kleineren
Zuckergehalt im Safte zur Folge haben kann. Der Kürze halber pflegt man in der
Sprache der Technik alle im Safte gelösten Bestandtheile mit Ausnahme des Zuckers
mit dem Collectivnamen „Nichtzucker“
zu belegen.
Nach Beobachtungen von Siemens enthält der untere Theil
der Rüben einen concentrirteren Saft als der obere, wie die folgenden drei Versuche
zeigen, worin die Zahlen den Procentgehalt an Zucker im Safte angeben:
1)
2)
3)
9,75
11,6
9,9
10,12
13,0
10,0
10,50
13,5
10,9
12,25
13,5
11,47
15,0
11,16
12,38
Nr. 1 und 3 war von größeren, Nr. 2 von kleinen Rüben gewonnen.
Der Rübensaft enthält den Zucker durchaus in krystallisirbarem Zustande, und nur in
Folge der Verarbeitung geht ein Theil desselben in unkrystallisirbaren
Schleimzucker, Syrup, über; ein großer Uebelstand, welchem trotz aller
Vervollkommnung der Zucker-Industrie noch nicht vorgebeugt werden konnte.
Um den Zuckergehalt des Saftes zu bestimmen, bedient man sich allgemein einer
optischen Untersuchung, der Polarisation, deren ohnehin sehr schwierige populäre
Darstellung aber die dem vorliegenden Aufsatze gesteckten Grenzen weit überschreiten
würde, auch für das Folgende ganz entbehrlich ist. Natürlich existiren über den
Zuckergehalt untersuchter Rübensäfte unzählige Angaben, nach welchen sich derselbe
meistens auf 10 bis 12 Procent beläuft, doch sind gar weit günstigere Resultate mit
Rüben erzielt, welche freilich mit besonderer Sorgfalt gezogen waren. So erhielt Sehring folgende Zuckergehalte:
Rübensorte
Zucker in Procenten des Saftes
1. Gröbzig
17,38
2. Vilmorin
20,74
3. Gerlebogk
19,25
4. Königsrübe
17,77
5. Löbnitz
16,45
6. Koppy
20,04
7. Glauzig
18,49
8. Imperial
18,76
9. Elektoral
20,04
10. Wörbzig
19,75
11. Wehringer
19,75
12. Edderitz
18,67
––––––––––
Mittel
18,93
Ob es je gelingen wird, auch im Großen so günstige Ergebnisse
zu erzielen, steht dahin, doch scheint die Möglichkeit vorhanden.
Wenn nach den Untersuchungen von Peligot, Dupuy und Casaseca
der Zuckergehalt im Safte
des Zuckerrohres von Martinique, Guadaloupe und von Cuba durchschnittlich 20 Procent
beträgt, so sieht man, daß der Rübensaft unter sehr günstigen Verhältnissen dem des
Zuckerrohres gleichkommen kann. In Betracht aber, daß man aus dem Zuckerrohr durch
Auspressen zwischen kräftigen eisernen Walzen nur etwa 65 Procent Saft gewinnt,
während aus der Zuckerrübe durch die neueren vervollkommneten Methoden der
Saftgewinnung fast der ganze Saft, jedenfalls über 90 Procent gewonnen werden kann,
so würde unter Annahme obigen Gehaltes die Rübe dem Zuckerrohr überlegen seyn.
Nehmen wir aber auch den Gehalt nur zu 12 Procent an, so verhält sich das Zuckerrohr
zu der Zuckerrübe wie 100 zu 84. Ein wesentlicher Vorzug des Zuckerrohres freilich
liegt darin, daß der Saft der Rübe einen unangenehm bitterlich kratzenden Geschmack
besitzt, welcher zwar dem Zucker nicht angehört, sondern in den Syrup übergeht, aber
eben deßhalb eine vollständigere Reinigung des Zuckers vom Syrup verlangt, als dieß
beim Rohrzucker der Fall ist.
Nicht uninteressant sind Versuche von Lotman über den
zunehmenden Zuckergehalt bei fortschreitendem Wachsthum der Rübe. So fand er im
Safte:
am 19. Juli
2,71 Proc. Zucker
„ 6.
August
4,25 „
„
„ 17. August
4,90 „
„
„ 1.
September
6,96 „
„
„ 21. September
7,50 „
„
„ 4.
October
9,34 „
„
„ 12. October
9,63 „
„
Zur Gewinnung des Saftes sind nun verschiedene Methoden in
Anwendung gekommen, und theilweise auch jetzt noch in Anwendung, nämlich:
1) Pressen,
2) Maceration,
3) Centrifugiren,
4) Diffusion,
anderer, nie im Großen zur Anwendung gekommener Vorschläge
nicht zu denken.
A. Pressen.
Die Rüben werden zu diesem Zweck durch Reibmaschinen auf's Feinste zerrieben und in
Brei verwandelt, wobei die Absicht vorliegt, möglichst alle Zellenwände zu
zerreißen, um dem Safte freien Austritt zu gestatten. Daß diese Absicht auch bei den
vollkommensten Reibmaschinen wegen der ungemeinen Kleinheit der Zellen immer nur unvollkommen
erreicht werden kann, liegt auf der Hand, wie denn auch in der That mittelst des
Pressens gewöhnlich nur 84 bis 86, höchstens, nämlich bei zweimaligem Pressen, 90
Procent Saft vom Gewicht der Rüben gewonnen werden, mithin 6 Procent Saft in den
Preßlingen (Träbern) verbleiben. Zwar, da diese Traber als Viehfutter dienen, kommt
der in ihnen noch vorhandene Zucker dem Vieh als Nahrungsmittel zu Gute; es ist aber
klar, daß sich dieses Nahrungsmittel ziemlich theuer stellen. muß, weil sich ja die
Kosten des Reibens und Pressens, sowie die der Versteuerung auf diesen, der
Zuckergewinnung entgehenden Theil mit vertheilen.
Man preßt den Rübenbrei mittelst kräftiger, gewöhnlich einen Druck von 200,000
Kilogrm. gebenden hydraulischen Pressen, wobei der Brei in wollene Tücher
geschlagen, oder, obwohl weniger zweckmäßig in Säcke gefüllt, zwischen starken
Eisenblechen zu einem Packstoß von etwa 30 solchen Packeten aufgeschichtet, in die
Presse eingesetzt und etwa 20 Minuten lang der vollen Pressung ausgesetzt bleibt.
Zum Zwecke der vollständigeren Saftgewinnung läßt man schon in der Reibmaschine
etwas Wasser (etwa 20 Procent vom Gewicht der Rüben) zufließen, durch welche
Verdünnung das Entweichen des Saftes aus dem Mark so bedeutend erleichtert wird,
daß, trotz der zum nachherigen Wiederverdampfen dieses Wasserzusatzes erforderlichen
Feuerungskosten, diese Verdünnung doch allgemeine Anwendung findet.
Statt einmaligen Pressens bedienen sich einige Fabriken des zweimaligen Pressens,
indem die Preßkuchen zuerst etwa 10 Minuten lang vorgepreßt, dann aus der Presse
genommen, auf's Neue zwischen Eisenplatten aufgeschichtet, in eine andere Presse
wieder eingesetzt und nochmals gepreßt werden. Die Ausbeute an Saft beträgt in
diesem Falle selten über 86 Procent. Eine beträchtlich höhere, bis zu 90 Procent
steigende Saftgewinnung gewährt das Verfahren des zweimaligen Reibens und Pressens,
nach welchem die vollständig ausgepreßten Kuchen nochmals unter Wasserzufluß
gerieben und nochmals gepreßt werden.
Der Versuch, die hydraulische Presse durch ein anderes continuirliches Pressen
mittelst Walzen zu ersetzen, um schneller zu arbeiten und die zur Bedienung der
hydraulischen Pressen sehr bedeutenden Arbeitslöhne zu vermindern, hat zwar ganz
günstige Resultate gegeben, da zur Bedienung von zwei Walzenpressen Ein Arbeiter
ausreicht und bei zweimaligem Reiben und Walzen unter ungünstigen Verhältnissen,
nämlich in sehr vorgerückter Jahreszeit, im März, 87 Procent gewonnen wurden,
scheint aber, in Deutschland wenigstens, der Concurrenz des Diffusionsverfahrens
nicht gewachsen zu seyn. Die Walzenpresse von Champonnois
besteht im Wesentlichen
aus zwei starken eisernen Walzen, zwischen welchen zwei lange Preßtücher ohne Ende
hindurchlaufen. Der Rübenbrei fließt zwischen dieselben, wird bei ihrem Fortrücken
zwischen die Walzen geführt und ausgepreßt. Eine besondere Vorrichtung hält dabei
die Preßtücher an den Seiten zusammen, um das seitliche Entweichen des Breies zu
verhindern.
B. Die Maceration. Das Wort
„Maceriren“ heißt so viel wie aufweichen, wird aber nur für
organische Substanzen gebraucht, wenn man dieselben durch längeres Einlegen in
kaltes oder warmes Wasser zu erweichen und die löslichen Theile in Auflösung zu
bringen sucht.
Schon im Jahre 1821 wurde von dem Franzosen Dombasle ein
schon früher von Marggraf angeregtes Verfahren der
Saftgewinnung durch Behandlung der in Scheiben zerschnittenen Rüben mit Wasser ohne
alles Pressen zur Ausführung gebracht. Die mittelst einer Schneidmaschine in dünne,
etwa 0,004 Meter starke Scheiben zerschnittenen Rüben wurden in großen Bottichen mit
kochend heißem Wasser behandelt, um alle löslichen Theile auszuziehen. Nun aber
würde durch das zugesetzte Wasser der Rübensaft stark verdünnt, und doch würden die
Rübenschnitte keineswegs vollständig erschöpft werden, wenn nicht durch Anwendung
eines sehr sinnreichen Verfahrens, der sogenannten continuirlichen Auslaugung die Aufgabe, auf der einen Seite die
Rübenschnitte möglichst zu erschöpfen, auf der anderen Seite aber doch den Rübensaft
in wenig verdünntem Zustande zu gewinnen, ihre vollständige Lösung gefunden hätte.
Er stellte eine Batterie von 12 großen Bottichen auf und gab die Rübenschnitte in
große cylindrische Siebe, welche über den Bottichen hängend in diese hineingelassen
und wieder herausgezogen, zugleich aber auch verschoben werden konnten, so daß jedes
Sieb successive in den ersten, dann den zweiten, dritten Bottich u.s.f.
herabgelassen werden konnte.
Denken wir uns nun zu Anfang der Arbeit alle 12 Bottiche in einer Reihe aufgestellt,
von der linken zur rechten Hand fortlaufend mit den Zahlen 12, 11, 10........ 1
bezeichnet und mit heißem Wasser gefüllt. Es seyen ferner alle 12 Siebe in gleicher
Weise von 12, 11, 10 bis 1 numerirt und mit Rübenschnitten geladen. Man senke nun
das erste Sieb, Nr. 1 in den letzten Bottich Nr. 12, lasse es vielleicht eine halbe
Stunde darin, winde es sodann heraus, senke es darauf in den vorletzten, inzwischen
mit heißem Wasser gefüllten Bottich Nr. 11, dann nach abermaligem Verlauf einer
halben Stunde in Nr. 10 und so fort bis zum Ende der Batterie, und man wird durch
die zwölfmalige Behandlung mit immer neuen Portionen heißen Wassers die Schnitte sicher so weit
aller löslichen Theile berauben, als es unter diesen Umständen möglich ist, womit
der eine Theil der Aufgabe, Erschöpfung der Rüben, gelöst wäre. – Während nun
das Sieb Nr. 1 seinen Weg durch die Reihe der Bottiche zurücklegt, bringe man das
Sieb Nr. 2, welches, wie gesagt, auch mit frischen Schnitten gefüllt ist, in den
letzten Bottich 12, dann nach einer halben Stunde in Nr. 11 und lasse es, dem ersten
Siebe folgend, die ganze Batterie durchwandern. Fährt man in dieser Reihenfolge
fort, so wird der Inhalt des Bottiches 12, nachdem er zwölfmal mit frischen
Schnitten in Berührung gewesen, eine, dem Safte der Rüben fast gleiche Concentration
besitzen. Man zapft diesen Dicksaft aus ihm ab und füllt ihn mit heißem Wasser,
während man zugleich das Sieb Nr. 1 von den erschöpften Schnitten leert und es mit
frischen Schnitten füllt. Nun beginnt ein zweiter Turnus.
Der Bottich 11, dessen Inhalt in Folge des Durchpassirens von zwölf Sieben schon
ziemlich, wenn auch nicht ganz gesättigt ist, kommt nun zuerst an die Reihe, indem
man das frisch gefüllte Sieb zuerst in ihn einsenkt, wogegen der mit Wasser neu
gefüllte Bottich 12 nunmehr zum letzten degradirt wird, so daß das fast erschöpfte
Sieb 2 zuletzt in diesen Bottich kommt und an das darin befindliche Wasser den
letzten Rest der löslichen Theile abgibt. Nachdem der Bottich 2 eine halbe Stunde
lang sich des Besuches noch unberührter jungfräulicher Schnitte erfreut und dadurch
bis zum Maximum gesättigt hat, zapft man auch seinen Inhalt ab, füllt ihn mit heißem
Wasser und degradirt ihn somit zum letzten, während Nr. 12 seinen Rang um eine Stufe
erhöht und zum vorletzten wird. – Es folgt nun der dritte Turnus, u.s.f., dergestalt, daß jedes Sieb, nachdem es frisch
gefüllt worden, die ganze Batterie durchwandert, dabei successiv mit immer
schwächerem Saft, zuletzt mit reinem Wasser in Berührung kommt, während jeder
Bottich zuerst ein fast erschöpftes Sieb, dann nach und nach weniger erschöpfte und
schließlich ein frisch gefülltes beherbergt und dadurch zur Sättigung gelangt.
Das Dombasle'sche Macerationsverfahren machte, dem damals
nur bekannten Preßverfahren gegenüber, seiner Einfachheit wegen großes Aufsehen,
konnte sich aber mehrerer Uebelstände wegen nicht behaupten. Die mindestens
6stündige Einwirkung des heißen Wassers brachte das Pektos der Intercellularsubstanz
in Lösung, es entstanden sogenannte Pektinkörper, welche die Krystallisation des
Zuckers in solchem Grade erschweren, daß sie die 15fache Menge ihres Gewichtes
Zucker am Krystallisiren hindern können; der Saft färbte sich, ohne Zweifel in Folge
der oxydirenden Einwirkung des atmosphärischen Sauerstoffes, dunkelbraun und war, zumal man damals noch
nicht die so überaus günstige Reinigung durch Filtration über Beinkohle kannte, sehr
schlecht zu verarbeiten. Dazu kam, daß auch die Zellwände zu einer fast schleimigen
Masse aufquollen, welche den Austritt des Saftes erschwerte, somit die Ausbeute an
Saft hinter die erwartete Menge zurückdrängte. Eine Erniedrigung der dem Safte so
höchst nachtheiligen auf 80 bis 85° Cels. erhaltenen Wärme, zeigte sich wegen
der dann sehr unvollkommenen Auslaugung der Schnitzel unzulässig.
Nach langjähriger Ruhe, während welcher das Preßverfahren allein sich behauptete,
traten andere Macerationsapparate, so der von Pelletan
erfundene Levigateur, der Reichenbach'sche Edulcorator,
Apparate von Hallette und Boucherie, von Martin und Champonnois in's Leben, ohne jedoch dasselbe fristen zu können, bis durch
das von Schützenbach erfundene Verfahren die Maceration
wieder ganz in den Vordergrund trat. Nach diesem Verfahren werden die Rüben nicht in
Gestalt geschnittener Scheiben, sondern als fein geriebener Brei und dieser nicht
mit heißem, sondern mit kaltem Wasser extrahirt, wobei zur wesentlichen Förderung
dieser Extraction der Inhalt der Gefäße durch eine Rührvorrichtung in steter
Bewegung gehalten wird. Auf einer treppenförmigen Unterlage stehen 12 eiserne
cylindrische Gefäße von 1,6 Met. Durchmesser und 1,2 Met. Höhe, unten mit einem
geneigten Boden und darüber mit einem Siebboden versehen. Der unter dem Siebboden
sich sammelnde Saft steigt in einem Seitenrohr aufwärts und flieht in das nächste,
etwa 0,1 Met. niedriger stehende Gefäß, von welchem er wieder in das nächstfolgende,
und so weiter bis zu dem letzten untersten gelangt. Eine kräftige Rührvorrichtung
hält den Brei in steter Bewegung, während von oben durch einen aufgelegten zweiten
Siebboden beständig der Saft aus dem vorhergehenden Gefäße zufließt. Um die Löcher
der beiden Siebböden stets offen zu halten, befindet sich an der Rührvorrichtung
über jedem der beiden Siebböden ein Bürstenwerk, dessen Bürsten über den Siebböden
hinstreifen und jeder Verstopfung der Löcher durch Fasern vorbeugen. Die Reihenfolge
im Betriebe ist ähnlich der im Vorhergehenden bei dem Dombasle'schen Apparate beschriebenen, dergestalt also, daß ein steter
Wechsel im Turnus eintritt. Auf das am längsten in Betrieb befindliche Gefäß,
gleichviel, ob es das oberste, oder eines der folgenden ist, läßt man reines Wasser
auffließen, um den Inhalt, die Träber, zu erschöpfen, läßt das hiervon abfließende,
erst wenig Saft enthaltende Wasser auf das nächste Gefäß treten, dessen Inhalt schon
weniger erschöpft ist, mithin dem Wasser etwas mehr Safttheile übergibt, u.s.f. bis
die Flüssigkeit nach progressiver Verstärkung schließlich das letzte, neu gefüllte Gefäß passirt und
hier zur Sättigung gelangt. Um den wechselnden Turnus und zu dem Ende das
Ueberfließen aus einem Gefäße in das andere zu ermöglichen, muß auch der dem
untersten Gefäße entfließende Saft auf das nächste, also das oberste Gefäß gelangen,
was durch eine fortwährend arbeitende Pumpe geschieht. Da das Entleeren und
Wiederfüllen der Gefäße einige Zeit beansprucht, arbeitet man gleichzeitig nur mit
10 Gefäßen, während immer zwei zum Zweck der Entleerung und Wiederfüllung durch
angemessene Stellung der Hähne in den Röhrenverbindungen aus der Reihe ausgeschaltet
sind. Da nun stets nach 5 Minuten ein Wechsel vorgenommen, d.h. ein neues Gefäß
gefüllt und ein erschöpftes abgelassen wird, so folgt, daß der Saft nicht länger als
50 Minuten oder höchstens eine Stunde in der Batterie verbleibt. In dieser kurzen
Zeit ist um so weniger Eintritt von Gährung zu befürchten, als ja der Saft nicht
einmal erwärmt wird.
Eine Batterie mit Gefäßen der angegebenen Größe ist im Stande pro Tag 136,500 Kilogrm. Rüben zu verarbeiten.
Noch ist zu bemerken, daß der innere Raum der Gefäße nur wenig über ein Drittel mit
Rübenbrei gefüllt wird, daß also fast zwei Drittel des Raumes mit Flüssigkeit
gefüllt sind und die zerrissenen Zellen fast in dem doppelten Volumen Wasser
aufgeschwemmt sind.
Erfahrungsmäßig soll das Schützenbach'sche
Macerationsverfahren etwa 89 Procent Saft zu Gute bringen. Es eignet sich besonders
für gute zuckerreiche Rüben, wie sie meistens in deutschen Fabriken zur Verarbeitung
kommen, und würde wahrscheinlich in Deutschland allgemeine Verbreitung gefunden
haben, wenn nicht das Centrifugir- und später das
Robert'sche Diffusionsverfahren als siegreiche Concurrenten aufgetreten wären.
Bekanntlich dienen die erschöpften Rückstände, Traber, als Viehfutter, wie denn auch
alle Rübenzuckerfabriken mit einem bedeutenden Viehstande verbunden sind, der als
wichtige Nebenerwerbsquelle in erster Linie steht. Diese Träber bestehen, nach
vollständiger Entfernung des Saftes, aus den leeren Zellwänden, also Cellulose, und
der Intercellularsubstanz, hauptsächlich Pektos, von welchen erstere wie Sägespäne
unverdaulich, das letztere dagegen verdaulich und als stickstofffreies
Respirationsmittel dem Körper als Nahrungsmittel nutzbar zu seyn scheint. Hieraus
geht hervor, daß durch heiße Maceration, welche das Pektos in Auflösung bringt, und
wie oben erwähnt, den Saft in sehr nachtheiliger Weise verunreinigt, den Träbern ein
großer Theil ihres Werthes entzogen wird. Der wichtigste, blutbildende Nährstoff
aber findet sich im Albumin und den anderen stickstoffhaltigen Bestandtheilen des
Saftes. Da nun beim Preßverfahren und der Schützenbach'schen Maceration die
Rüben gerieben, die Zellen also gewaltsam geöffnet werden, so gehen diese
stickstoffhaltigen Nährstoffe in den gewonnenen Saft, sodann bei dessen Läuterung in
den Scheideschlamm über, können mithin nur als Dünger, nicht aber als Viehfutter
Verwendung finden. Zudem sind diese stickstoffhaltigen Substanzen im Safte
keineswegs wünschenswerth, weil hauptsächlich sie es sind, die den Kalkzusatz bei
der Läuterung erfordern und, durch den Kalk unlöslich gemacht und niedergeschlagen,
die Menge des unbequemen Scheideschlammes bedingen.
Könnte man also bei der Saftgewinnung diese stickstoffhaltigen Materien und zugleich
das Pektos in den Träbern zurückhalten, mithin einen reineren Saft und zugleich
besseres, nahrhafteres Viehfutter erzielen, so läge darin ein unverkennbarer
Fortschritt. Diese Aufgabe hat in der That, wie wir sehen werden, in dem Robert'schen Diffusionsverfahren ihre Lösung
gefunden.
C. Das Centrifugiren
(Schleuderfahren). Um einigermaßen der chronologischen Ordnung gerecht zu werden,
muß ich hier dem von Frickenhaus eingeführten
Centrifugiren seinen Platz anweisen.
Die Anwendung der Centrifugal- (Flieh- oder Schleuderkraft) zur
Trennung flüssiger von festen Körpern hat sich in der Technik und selbst in der
Zuckerfabrication längst Bürgerrecht erworben, fand aber bei dieser letzteren nur
zur Trennung des Syrups vom krystallisirten Zucker Anwendung. Nachdem aber schon
früher von Schöttler die Verwendung der Centrifuge zur
Saftgewinnung, obwohl ohne Erfolg, empfohlen worden, wurde 1857 von Frickenhaus die Aufmerksamkeit der Zuckerfabrikanten auf
das Centrifugiren durch die Thatsache wieder belebt, daß sich nach Einspritzen von
Wasser (Decken) auf die die Wände der Trommel bedeckenden Rückstände, in Folge der
extrahirenden und verdrängenden Wirkung dieses Wassers, die Saftgewinnung bedeutend
erhöhen lasse.
Die Wirkung der Centrifuge beruht hauptsächlich auf der Schnelligkeit der Drehung,
welche freilich in praktischen Hindernissen ihre Grenzen findet, gewöhnlich aber bis
zu 1000 Drehungen in der Minute (16 in der Secunde) wirklich getrieben wird. Während
nun früher durch einfaches Centrifugiren des Rübenbreies nur etwa 60 bis 67 Proc.
Saft gewonnen wurden, erhöhte sich durch die Wasserdeckung die Saftausbeute sehr
bedeutend. So wurden bei den von Ilienkoff darüber
angestellten Versuchen bei 100 Kil. Breifüllung ohne Wasserdeckung in 13 Minuten nur
65 Proc., dagegen bei Anwendung von 45 Proc. Deckwasser 87,45 Proc. Saft (natürlich
nach Abzug des zugesetzten Wassers) gewonnen, und nur bei einer bedeutend stärkeren
Wasserdeckung von 80
Proc. stieg die Saftausbeute auf 90 1/2 Proc. Der Erfolg des Centrifugirens hängt
sehr wesentlich von der richtigen und geschickten Handhabung des Deckens ab, und
erfordert eine aufmerksame Kontrolle der Arbeiter. So führt Ilienkoff einen Fall an, wo durch Verstopfung nur des zehnten Theiles der
feinen Löcher in dem Deckrohr, durch welche das Wasser einspritzt, sich die
Saftausbeute um 3 Proc. verminderte. Eine Centrifuge ist, bei einer jedesmaligen
Breiladung von 100 Kilogrm. und einer Dauer des Centrifugirens von 20 Minuten im
Stande, täglich 5000 bis 6000 Kilogrm. Brei zu verarbeiten. Zwar verstopfen sich die
Maschen der Drahtsiebe, mit welchen die Trommeln der Centrifugen ausgelegt sind,
nach einiger Zeit, so daß man sie täglich, ja oft mehrmals während eines Tages
herausnehmen und durch neu gereinigte ersetzen muß; doch bietet ihre Reinigung nicht
die geringsten Schwierigkeiten, auch sind sie von langer Dauer, ein wesentlicher
Vorzug dem Preßverfahren gegenüber, bei welchem das häufige Zerreißen und dann
erforderliche Flicken der Preßtücher eine wirklich entmuthigende Calamität
bildet.
In der zu Gehrden unweit Hannover belegenen, von Hrn. Wrede gegründeten, jetzt unter Oberleitung des Hrn. Hurtzig stehenden Zuckerfabrik ist das Centrifugiren lange Jahre hindurch
mit Erfolg in Betrieb gewesen und erst in der gegenwärtigen Campagne hat auch diese
Fabrik das unzweifelhaft vortheilhaftere Diffusionsverfahren adoptirt, denn bei
allen Lichtseiten des Schleuderverfahrens bietet dieses doch auch seine
Schattenseiten, die einestheils in der bedeutenden Triebkraft, da jede Centrifuge
zwei Pferdekräfte beansprucht, anderntheils in der verhältnißmäßig raschen Abnutzung
der Centrifugen liegen. –
D. Diffusionsverfahren. Das
im Jahre 1865 von Hrn. Robert in Seelowitz eingeführte, von ihm so genannte Diffusionsverfahren gründet
sich auf die Beobachtung, daß bei angemessener Dünne der Schnitzel von etwa 1
Millimeter die Saftgewinnung aus ihnen schon bei einer Temperatur von 50 bis
60° C. sehr vollständig erfolgt und daß in Folge dieser niederen Temperatur
ein bedeutend reinerer Saft, als sonst gewonnen wird.
Einige kurze Bemerkungen über Osmose und Diffusion mögen vorhergehen.
Wenn man die untere Oeffnung eines unten offenen Gefäßes durch Blase, Pergamentpapier
oder sonst eine Membran zubindet, hierauf irgend eine Lösung eines krystallisirbaren
Salzes hineingießt und nun das Gefäß in eine Wasser enthaltende Schale senkt, so daß
dieses die äußere Fläche der Membran berührt, so zeigt sich nach einiger Zeit, daß
sich das Salz durch die
Blase hindurch dem Wasser der Schale mittheilt und daß dieser Vorgang erst aufhört,
wenn beide Salzlösungen sich in gleichem Grade der Concentration befinden. Ersetzt
man die so entstandene äußere Salzlösung durch frisches Wasser, so beginnt das
Durchwandern des Salzes von Neuem, bis bei fortgesetztem Wechsel des Wassers
sämmtliches Salz fortgeführt ist und sich an Stelle der ursprünglichen Salzlösung
nun reines Wasser befindet. Anders verhalten sich der Krystallisation nicht fähige Substanzen, z.B. Lösungen von Gummi
arabicum, Dextrin, Syrup, Eiweißstoff, Käsestoff, Leim, welche man nach Letzterem
(colla) mit dem Namen Colloïdsubstanzen belegt, im Gegensatz zu den ersteren, welchen in
dieser Beziehung die Benennung Krystalloïdsubstanzen beigelegt wird.
Bringt man die Lösung einer solchen Colloïdsubstanz in das Gefäß, so zeigt
sich, wesentlich verschieden von den Krystalloïdsubstanzen, daß sie entweder
gar nicht, oder doch jedenfalls außerordentlich langsam durch die Blase
hindurchgeht. Ja, noch mehr, bringt man in das Gefäß eine gemischte Lösung einer
Colloïd- und einer Krystalloïdsubstanz, so wandert die letztere
rasch durch die trennende Membran, während die erstere zurückbleibt, eine
Erscheinung die sich sehr gut als Mittel zur Trennung solcher Stoffe anwenden läßt
und auch in der That schon zur Abscheidung und Gewinnung des im Syrup noch
vorhandenen krystallisirbaren Zuckers in Anwendung gebracht ist. Die auf diesem Wege
auszuführende Trennung krystalloïdischer und colloïdaler Substanzen
wird mit dem Namen „Dialyse“ bezeichnet, während man der
Erscheinung selbst den Namen Osmose, auch wohl Exosmose oder Endosmose
gegeben hat.
Leider gestatten die, dem gegenwärtigen kleinen Aufsatze gesteckten Grenzen nicht,
auf die, besonders von Dubrunfaut erfundene Osmosirung
oder Dialysirung der Melasse, also die Abscheidung des krystallisirbaren Zuckers aus
der Melasse mittelst der Osmose näher einzugehen; ein Verfahren, welches, wenn auch
wissenschaftlich interessant, doch bei der praktischen Ausführung an schwachen
Seiten, so namentlich der starken Verdünnung der gewonnenen Zuckerlösung, sowie an
dem Uebelstande leidet, daß die in der Melasse enthaltenen Salze, als
krystalloïdische Substanzen durch die Membran (Pergamentpapier) mit
hindurchgehen, und den gewonnenen Zucker verunreinigen.
Eine der Osmose verwandte, ja, derselben theilweise zu Grunde liegende Erscheinung
ist die Diffusion.
Zunächst bei luftförmigen Körpern beobachtet, besteht sie darin, daß zwei
verschiedene Gasarten von verschiedenem specifischem Gewicht auf solche Art in einem
gemeinschaftlichen Gefäße zusammengebracht, daß sich die schwere unten, die leichtere
oben befindet, sich nach und nach mischen und nach einiger Zeit eine völlig
gleichartige Mischung bilden. Man sieht, daß sich diese Erscheinung von der Osmose
(äußerlich wenigstens) nur dadurch unterscheidet, daß die trennende Membran fehlt
und sich die beiden Gase ohne Vermittelung eines dritten Körpers unmittelbar
berühren. Dieser Vorgang beruht nicht etwa auf Bewegungen, die, sey es durch
Temperaturunterschiede oder andere Einflüsse stattfinden, sondern erfolgt auch bei
völligem Ausschluß äußerer Einwirkungen.
Aehnlich wie Gase verhalten sich tropfbare Flüssigkeiten, jedoch mit dem
Unterschiede, daß nicht alle Flüssigkeiten sich mischen können, wie z.B. Wasser und
Oele, in welchem Falle dann natürlich von Diffusion nicht die Rede seyn kann.
Beobachtet man aber Flüssigkeiten, welche überhaupt der Mischung fähig sind, so
zeigen sie ganz ähnliches Verhalten, wie die Gase, sie mischen sich also, auch wenn
die schwerere zu unterst, die leichtere zu oberst sich befindet ohne alle äußere
mechanische Beihülfe, allmählich, bis ein völlig gleichmäßiges Gemisch entstanden
ist.
In Betracht, daß bei der Robert'schen Saftgewinnung die
feinen Zellwände als Membranen wirken und den Zucker des Saftes mittelst Osmose
hindurchlassen müssen, ist die Benennung „Diffusionsverfahren“
eigentlich nicht zutreffend, wie denn auch anfänglich das richtigere, obwohl sehr
schwerfällige, ja kaum auszusprechende Wort „osmotische
Maceration“ gebraucht wurde. Gleichwohl schließe ich mich gern dem
wohllautenderen Worte „Diffussionsverfahren“ an.
Da nun der Rübensaft außer dem krystalloïdischen Zucker auch colloïdale
Substanzen, nämlich Eiweißstoff und andere stickstoffhaltige Materien enthält, so
geht in Folge der Osmose der Zucker rasch hindurch, wogegen die colloïdalen
stickstoffhaltigen Materien größtentheils in den Zellen zurückbleiben, was, wie
schon erwähnt, den doppelten Vortheil gewährt, einmal einen reineren, daher leichter
zu verarbeitenden Zuckersaft, zum anderen nahrhaftere Rückstände zu liefern.
Es wurde in der ersten Zeit ausschließlich, und wird auch noch jetzt in vielen
Fabriken die Diffusion in der Art ausgeführt, daß der Inhalt sämmtlicher Gefäße
(Diffuseure) auf etwa 50° C. gehalten wird, weil die Arbeit mit kaltem Wasser
zu geringe Ausbeute gab. Wir werden aber sehen, daß die sogenannte kalte Diffusion,
bei welcher freilich auch eine theilweise Erwärmung vorkommt, der warmen den Vorrang
abzulaufen scheint. Begreiflicherweise sind im Verlaufe der seit Einführung des
Diffusionsverfahrens verflossenen sieben Jahre mehrfache Veränderungen und
Verbesserungen der Apparate eingeführt, obwohl das Princip des continuirlichen Auslaugens,
wie wir es oben bei dem Dombasle'schen
Macerationsverfahren gesehen haben, dasselbe geblieben ist.
Die Diffusionsgefäße (Diffuseure) sind stehende cylindrische Gefäße von Eisen, unten
mit einem flachen, oben einem gewölbten Boden versehen, welcher letztere eine weite,
hermetisch verschließbare Oeffnung zum Einbringen der Rübenschnitzel enthält. Eine
Anzahl solcher systematisch verbundener Diffuseure (6 bis selbst 20) bildet eine
Batterie. Um den Inhalt auf der geeigneten Temperatur von 50° C. (40°
R.) zu erhalten, gibt man jedem Diffuseur ein kupfernes Schlangenrohr, welches auf
dem Boden liegend, durch Dampf erhitzt wird. Ein über der Schlange liegender
Siebboden läßt nur den Saft, nicht die Schnitzel mit der Schlange in Berührung
kommen. Die Gefäße sind in der Art miteinander verbunden, daß man den aus dem einen
durch ein von unten abgehendes Rohr abfließenden Saft von oben in das nächstfolgende
schaffen, und so dieselbe Flüssigkeit successiv durch die ganze Batterie treiben
kann. Als Triebkraft fungirt der hydrostatische Druck eines etwa 6 bis 9 Meter höher
liegenden Wasserbehälters, denn da während der Arbeit sämmtliche Diffuseure, mit
Ausnahme desjenigen welcher entleert und neu beschickt wird und zu dem Ende aus der
Batterie ausgeschaltet ist, hermetisch geschlossen bleiben, so kann sich der durch
die hohe Wassersäule bewirkte Druck auf alle Behälter fortpflanzen und so die ganze
Flüssigkeit in Bewegung setzen.
Da die systematische Reihenfolge im Betriebe dem bereits oben darüber Mitgetheilten
entspricht, dergestalt also, daß auf der einen Seite die Schnitzel ganz ihres
Zuckergehaltes beraubt werden, auf der anderen Seite ein möglichst concentrirter
Saft gewonnen wird, so enthalte ich mich einer Wiederholung desselben.
Die von Robert eingeführte warme Diffusion, welche auch jetzt noch in vielen Zuckerfabriken Anwendung
findet, gibt schon recht befriedigende Resultate, obwohl sie von dem Uebelstande
noch nicht freizusprechen ist, daß mitunter eine Entmischung (Schleimgährung)
eintritt, wobei sich der Saft trübt, dickflüssig und fadenziehend wird, und
Kohlensäure entwickelt, ein um so störenderes Ereigniß, als die fest verschlossenen
Gefäße die Beobachtung des Inhaltes nicht gestatten.
Als Vorzüge des Diffusionsverfahrens wurden schon gleich in den ersten Jahren die
folgenden anerkannt:
1) Gewinnung eines reineren, gut zu verarbeitenden Saftes;
2) Gewinnung eines besseren, nahrhafteren Viehfutters. Zwar sind
die Träber, bei welchen nun Wasser an die Stelle des Saftes getreten ist, sehr
wasserhaltig, so daß sie 70 Procent vom Gewichte der Rüben betragen, doch
wird dadurch ihre Nährungsfähigkeit nicht beeinträchtigt, auch verlieren sie
nach einiger Zeit des Lagerns in Haufen oder Mieten unter dem Druck einer
Erdschicht viel Wasser und stellen. ein durch Erfahrung bewährtes vortreffliches
Viehfutter dar, vorausgesetzt daß sie in geeigneter Weise verwendet
werden;
3) Die Diffusion gestattet eine vollständigere Extraction des
Zuckers als irgend eine der anderen Saftgewinnungsarten;
4) Bedeutende Ersparniß an Maschinenkraft, mithin an
Kohlen;
5) Umgehung der Preßtücher und der mit ihrer Instandhaltung
verbundenen vielfachen Uebelstände;
6) Ersparniß an Arbeitern, besonders dem Preßverfahren gegenüber,
die sich wohl auf die Hälfte erstreckt;
7) Gewinnung eines concentrirteren Saftes, da sich der Saft der
Rübe durch zugeführtes Wasser nur um 25 Procent vermehrt, während bei dem
Preßverfahren, zweimaliges Pressen vorausgesetzt, beim ersten Reiben 20 Procent,
beim zweiten Reiben der Kuchen noch weiter 12 Proc., in Summa also 32 Proc.
Wasser vom Gewicht der Rüben zugeführt werden; beim Centrifugiren endlich wohl
50 Proc. Deckwasser hinzukommen.
8) Bedeutende Ersparung an Anlagekosten.
Nachdem die Robert'sche warme Diffusion sich vielfacher
Verbreitung erfreuet, wurde dann von Schulz 1870 eine
Abänderung derselben in der Zuckerfabrik Horsky's von
Horskysfeld in Kolin (Böhmen) eingeführt, die unter der Benennung der „kalten Diffusion“ sich mehr und mehr
verbreitet, einer insofern unrichtigen Benennung, als auch bei ihr Wärme angewandt
wird, obwohl mit dem wesentlichen Unterschiede, daß nur die frischen Schnitzel
einmal mit warmem Wasser, dann aber mit succesiv kälterem, später ganz kaltem Wasser
oder vielmehr Saft behandelt werden. Sodann erfreuet sich der Schulz'sche Apparat der praktisch wichtigen Verbesserung, daß der Eintritt
des Saftes in die Diffuseure von unten (nicht wie bei dem Robert'schen Apparate von oben) erfolgt, durch welche Anordnung jede
Schicht der Schnitzel gleichmäßig durchdrungen und so die Bildung von Canälen
beseitigt wird, denn solche Canäle, d.h. freie Zwischenräume, durch welche die
Flüssigkeit vorzugsweise ihren Weg nimmt, können gar leicht ganze Klumpen dicht
zusammengelagerter Schnitzel trocken lassen und der Einwirkung des Wassers
entziehen. Die Erwärmung des Saftes, soweit sie überhaupt erforderlich ist, erfolgt
nicht in den Diffuseuren selbst, sondern in aparten Wärmpfannen, deren mehrere neben der Batterie,
aber des nöthigen Druckes wegen etwa 1,8 Met. erhöht, aufgestellt sind.
Jeder Diffuseur, im Wesentlichen dem Robert'schen gleich,
steht durch vom Boden ausgehende Röhren mit einer der Wärmpfannen, sowie mit dem vorhergehenden Diffuseur, ferner durch von oben ausgehende Röhren ebenfalls mit einer Wärmpfanne,
sowie mit dem nächstfolgenden Diffuseur in Verbindung;
endlich enthält er im Boden ein Rohr, welches sowohl zum Ablassen des Saftes behufs
der weiteren Verarbeitung, sowie auch zum Ablassen des Wassers nach Erschöpfung der
Schnitzel dient. Daß alle diese Verbindungsröhren durch Hähne beliebig geschlossen
und geöffnet werden können, ist selbstverständlich.
In der Zahl der Diffuseure, 6 bis selbst 20, wie auch in dem systematischen Betriebe
der Auslaugung können, den An- und Absichten der Fabrikanten entsprechend,
vielfache Abweichungen vorkommen. Nehmen wir im Folgenden eine Batterie von 11
Diffuseuren und zur Erläuterung des Betriebes ein verhältnißmäßig ziemlich einfaches
Verfahren an, und bezeichnen die 11 Gefäße von der Linken zur Rechten fortschreitend
mit Nr. 1 bis 11.
Zum Verständniß des Betriebes ist zunächst auf den Unterschied zwischen der
anfänglichen Inbetriebsetzung, gewissermaßen, der acuten
Periode und sodann dem späteren dauernden Verlauf, der chronischen Periode, hinzuweisen.
A. Anfang des Betriebes
(acute Periode). Alle 11 Diffuseure sind leer und man beginnt am linken Ende der
Batterie mit der Füllung Nr. 1, indem man die geeignete Ladung von Rübenschnitzeln
durch die obere weite Oeffnung, und sodann heißes Wasser von 66° C. aus der
Wärmpfanne von unten hinein läßt. Für jeden Kubikmeter Raum werden 450 Kilogrm.
Schnitzel und 550 Kilogrm. Wasser angenommen. Das Ganze, dessen Temperatur nun auf
etwa 45° abgekühlt ist, wird sorgfältig durchgerührt, so daß es eine
gleichförmige Masse ohne Knoten bildet, da solche der Auslaugung entgehen würden,
und bleibt nun 20 Minuten ruhig stehen und der Diffusion überlassen. Diese erste
Erwärmung der Schnitzel, gewissermaßen ein Aufschließen derselben, scheint aus noch
unbekannten Gründen zur Einleitung der Diffusion unentbehrlich. Nachdem der
Diffuseur fest verschlossen worden, öffnet man das zur Wärmpfanne führende Steigrohr
und zugleich die Communication mit der Wasserleitung und drückt so durch
hydrostatischen Druck den Saft in die Wärmpfanne, wogegen sich der Diffuseur mit
kaltem Wasser aus der Wasserleitung füllt, das jedoch durch Berührung mit den warmen
Schnitzeln sich etwas erwärmt. Während sich nun der Saft in der Wärmpfanne wieder auf 66°
C. erwärmt, hat man den Diffuseur Nr. 2 mit Schnitzeln gefüllt. Man läßt den Saft
aus der Wärmpfanne hinzu und damit wieder 20 Minuten lang digeriren. Hierauf öffnet
man wieder die Wasserleitung nach Nr. 1 und drückt dadurch den in Nr. 2 enthaltenen
Saft in die Wärmpfanne, wogegen sich Nr. 2 mit dem Safte von Nr. 1, diese aber sich
mit frischem Wasser füllt. Nunmehr kommt der Diffuseur Nr. 3 an die Reihe, der, mit
frischen Schnitzeln gefüllt, jetzt mit dem Wärmsaft aus der Wärmpfanne gefüllt und
damit wiederum 20 Minuten lang in Diffusion gelassen wird.
Der solchergestalt entstandene, durch dreimalige Berührung mit frischen Schnitzeln
verstärkte Saft, welcher nun als Dicksaft bezeichnet
wird, besitzt hinreichende Concentration, um von der Diffusionsbatterie abgelassen,
und zum Behufe der weiteren Verarbeitung der Scheidepfanne übergeben zu werden. Man
öffnet zu dem Ende das von Nr. 3 nach der Scheidepfanne führende Rohr, sowie die
Uebersteigrohre von 2 nach 3 und von 1 nach 2 und das Wasserleitungsrohr nach 1,
wodurch der hydrostatische Druck hergestellt, der Dicksaft von 3 in die
Scheidepfanne, der Dünnsaft von 2 nach 3 und jener von 1 nach 2 gedrückt, 1 dagegen
wieder mit frischem Wasser gefüllt wird. Hat sich dieser Wechsel vollzogen, so
schließt man die Verbindung von 3 mit der Scheidepfanne, öffnet dagegen jene nach
der Wärmpfanne, und drückt somit den Inhalt von 3, der zwar schon warm aber doch
noch nicht warm genug ist, in die Wärmpfanne, um ihn auf 66° zu bringen,
jenen von 2 nach 3, jenen von 1 nach 2 und füllt Nr. 1 mit frischem Wasser. Nach
genügender Erwärmung kommt nun der Dünnsaft von der Wärmpfanne auf den mit
Schnitzeln gefüllten Diffuseur 4, worauf eine 20 Minuten lange Ruhe in allen Gefäßen
erfolgt. Der nunmehr in Nr. 4 gebildete Dicksaft wird durch Oeffnen der
Wasserleitung, wobei der Saft von 3 nach 4, jener von 2 nach 3 und jener von 1 nach
2 gedrückt wird, auf die Scheidepfanne gebracht und sobald dieß erfolgt ist, der
jetzt in Nr. 4 enthaltene Dünnsaft in die Wärmpfanne, jener von 3 in 4, von 2 in 3
und von 1 in 2 gedrückt, wobei sich 1 wieder mit frischem Wasser füllt. Nach diesem
Vorgange kommt der Diffuseur 5 an die Reihe, und so fort bis zum rechten Ende der
Batterie, in der Art also, daß jedesmal der zuletzt mit frischen Schnitzeln in
Diffusion gewesene Dicksaft in die Scheidepfanne gedrückt wird, wobei zugleich die
Säfte sämmtlicher Diffuseure um eine Nummer fortrücken. Wenn nun nach 20 Minuten die
Wasserleitung nach 1 wieder geöffnet wird, rücken abermals die Inhalte sämmtlicher
Diffuseure um eine Nummer fort. Man ersieht hieraus, daß bei jedem neu in den
Betrieb eintretenden Diffuseur zweimaliges Fortrücken der Säfte in allen
vorhergehenden stattfindet, daß mithin, wenn der vorletzte, Nr. 10, seinen Dicksaft
an die Scheidepfanne, und sodann seinen Dünnsaft an die Wärmpfanne abgegeben hat,
die in Nr. 1 enthaltenen Schnitzel zwanzigmal mit frischem Wasser in Berührung
gekommen, und zwar zehnmal zwanzig Minuten lang damit in Diffusion gewesen sind.
Nehmen wir die Zeitdauer des jedesmaligen Anwärmens der Säfte in der Wärmpfanne zu 5
Minuten und ebenso viel Zeit zum Ein- und Abfließen an, so bedingt jeder neu
hinzukommende Diffuseur eine Zeitdauer von 20 + 10 Minuten, also eine halbe Stunde;
die ganze Batterie mithin 5 Stunden, während welcher Zeit die Schnitzel in Nr. 1 mit
zwanzigmal wechselndem Wasser in Berührung sind und so zur Beendigung der Diffusion
oder Osmose, also zur Abgabe ihres Zuckergehaltes hinreichende Zeit finden.
B. Fortgesetzter Betrieb.
(Chronische Periode.) Nachdem in der angegebenen Art nach und nach die ersten zehn
Diffuseure der Batterie in Gang gesetzt worden, wird nunmehr Nr. 1 durch Abschluß
der Hähne außer Verbindung mit der Batterie gebracht, um, nachdem das in ihm
vorhandene Wasser abgelassen worden, seines erschöpften Inhaltes entledigt und dafür
mit frischen Schnitzeln gefüllt zu werden, während gleichzeitig die Wasserleitung
mit Nr. 2 in Verbindung gesetzt wird. Diese Entleerung und Wiederfüllung von Nr. 1
findet also statt, während Nr. 11 in Betrieb kommt, und man ersieht somit, daß von
den eilf Diffuseuren zur Zeit immer nur zehn gleichzeitig arbeiten, während der
eilfte zum Zweck der Entleerung und Füllung ausgeschaltet ist. Nachdem der Dicksaft
aus Nr. 11 in die Scheidepfanne abgelassen, und der jetzt in demselben Diffuseur
vorhandene, noch nicht ganz concentrirte Saft auf die Wärmpfanne gedrückt und
erwärmt worden, läßt man ihn auf die frische Füllung in Nr. 1 fließen, um hier 20
Minuten lang mit derselben in Diffusion zu bleiben. Während dieser Zeit wird Nr. 2
von der Wasserleitung getrennt, entleert und mit neuen Schnitzeln gefüllt, wogegen
nun die Wasserleitung mit Nr. 3 in Communication gesetzt wird. In dieser Weise setzt
sich der Turnus regelmäßig fort. Nachdem also der Saft durch neun Gefäße seinen Weg
genommen und sich mehr und mehr verstärkt hat, gelangt er zuletzt, in der Wärmpfanne
auf 66° angewärmt, in den frisch geladenen folgenden Diffuseur, bleibt hier
20 Minuten lang mit den frischen Schnitzeln in Berührung und wird als Dicksaft
mittelst des aus dem vorhergehenden Diffuseur eingedrückten Saftes zur Scheidung
abgezogen, worauf der noch warme Inhalt dieses selben Diffuseurs nach dem Anwärmen
auf den folgenden Diffuseur kommt u.s.f.
Mit Ausnahme desjenigen Behälters, in welchem sich die frischen Schnitzel mit dem
erwärmten Saft in Diffusion befinden, und etwa auch noch der beiden folgenden,
bleibt die Batterie kalt und somit der Saft der Gefahr der Entmischung entzogen.
Die Temperatur, bis zu welcher man die Säfte in der Wärmpfanne erhitzt, muß so
bemessen werden, daß nach ihrer Mischung mit den kalten Schnitzeln eine Temperatur
von etwa 40° C. herauskommt, und kann durchschnittlich, wie auch im
Vorhergehenden geschehen, zu 66° angenommen werden.
Bei sorgfältiger Arbeit beläuft sich der Gesammtverlust an Zucker, theils durch die
kleine in den Träbern verbleibende Menge, theils durch das von den Träbern zuletzt
abgelassene Wasser, auf etwa 0,2 bis 0,5 Proc. vom Gewicht der Rüben, doch kann er
bei mangelnder Sorgfalt sich auch bedeutend höher stellen. Nehmen wir den
Zuckergehalt im Safte zu 12 Proc., so würde ein Zuckerverlust von 0,2 bis 0,5 Proc.
einem Saftverlust von 1,6 bis 4 Proc. entsprechen, mithin die Ausbeute an Saft 94,4
bis 92 Proc. betragen. Ist auch für jetzt diese Unsicherheit nicht ganz beseitigt,
so steht doch mit Sicherheit zu erwarten, daß fortgesetzte Erfahrungen die der
neuen, schon jetzt so glänzend bewährten Methode noch anklebenden Mängel mehr und
mehr bewältigen werden.
Ausdrücklich wiederhole ich die schon oben gemachte Bemerkung, daß die beschriebene
systematische Betriebsordnung mannichfache Abweichungen zuläßt, und daß das
beschriebene Verfahren nur als Beispiel einer solchen Betriebsordnung dienen
soll.
Großen Einfluß auf das Gelingen der Arbeit übt die gute Wirkung der
Schnitzelmaschine, die, durch Dampfkraft getrieben, mittelst sehr scharf
geschliffener Messer von eigenthümlicher Construction die eingeschütteten Rüben in
rasender Schnelligkeit in zarte Bändchen von 1 Millimeter Dicke, 10 Millimeter
Breite und etwa 100 Millimet. Länge zerschneidet. Je schärfer die Messer, um so
besser, weil es ja im Princip der Methode liegt, möglichst wenige Zellen zu öffnen,
da ja nicht ein Ausfließen des Saftes, sondern die osmotische Durchdringung der
unverletzten Zellwände beabsichtigt wird.
Der Einspänner. An Stelle der Diffusionsbatterie ist von
Robert ein neuer, im Jahr 1871 ihm patentirter
Apparat getreten, bestehend in einem einzigen sehr großen
Diffuseur, eben deßhalb wohl „Einspänner“ genannt, über dessen
Brauchbarkeit zwar die Ansichten noch divergiren, der aber jedenfalls seiner
Einfachheit wegen alle Beachtung verdient. Es ist ein großes cylindrisches, etwa
5,25 Meter (18 Fuß) hohes, und 3,5 Meter (12 Fuß) im Durchmesser haltendes Gefäß von Eisen, Holz, oder
selbst Mauerwerk, in welches von unten durch ein weites Rohr die Rübenschnitzel
mittelst einer Kolbenpresse continuirlich hineingepreßt werden. Hier werden sie
durch einen sich langsam drehenden Flügelapparat mit schräg gestellten Schaufeln
sehr langsam aufwärts dirigirt und während dem durch das in entgegengesetzter
Richtung sich von oben nach unten herabsenkende Wasser extrahirt. Auf dem unteren
Boden liegt ein Dampfrohr und dicht darüber ein Siebboden, durch welchen der
Dicksaft abfließt, um durch ein aufsteigendes Rohr in eine der Scheidepfannen zu
gelangen. Durch diese Anordnung wird in dem unteren Raum des Apparates die zum
Aufschließen der Schnitzel oder zur Einleitung der Diffusion erforderliche
Temperatur von 45° C. unterhalten, wogegen die höheren Regionen kalt bleiben.
Das Aufsteigen der Schnitzel erfolgt so langsam, daß sie den 16 Fuß betragenden
Abstand von dem unteren Siebboden bis an den oberen, durch welchen letzteren das
Wasser einfließt, in Zeit von 3 1/2 Stunden zurücklegen, während dieser ganzen Zeit
also der Diffusion unterliegen. Oben angelangt und durch das hier zufließende Wasser
erschöpft, werden die Träber mittelst eines sich drehenden Flügelapparates durch
eine Seitenöffnung hinausgeschoben, um durch eine zweite Kolbenpresse von einem
guten Theile des aufgenommenen Wassers befreit zu werden.
Ein Apparat der hier angegebenen Größe soll im Stande seyn, täglich 100,000 Kilogrm.
Rüben zu verarbeiten, und der gewonnene Saft soll an Concentration dem durch die
Batterie gewonnenen nur wenig nachstehen.
Ich muß bekennen, daß mir das ganz gleichmäßig langsame Aufsteigen der Schnitzel und
ebenso das überall gleichmäßig erfolgende Sinken der Wasser- oder
Saftschichten als eine schwer zu erfüllende Aufgabe erscheint, und beschränke mich
daher auf die gegebene kurze Beschreibung. Erst längere Erfahrung muß über den Werth
der neuen Erfindung entscheiden.