Titel: | Ueber Pollard's (zu Auteuil) neues System von Muffeln zum Einbrennen der Malereien auf Porzellan, Fayence und Glas etc.; Bericht von Salvetat. |
Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. XI., S. 66 |
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XI.
Ueber Pollard's (zu Auteuil) neues System von Muffeln zum
Einbrennen der Malereien auf Porzellan, Fayence und Glas etc.; Bericht von Salvetat.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, September 1873, S. 499.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Pollard's neues System von Muffeln.
Bekanntlich unterscheiden sich die Schmelzfarben von den übrigen Farbenarten dadurch,
daß sie, um an dem mit ihnen bemalten Material festhaften und ihren lebhaftesten
Glanz annehmen zu können, der geeignet geregelten Anwendung einer höheren Temperatur
bedürfen. Gewöhnlich enthält die Farbe schon an sich ihren Fluß, der durch die Hitze zu Glas umgewandelt wird und der gleichzeitig
das Binde- und Anhaftmittel und den Firniß der Oelmalerei ersetzt. Ist die
Unterlage, auf welche die Schmelzfarbe aufgetragen wird, selbst schmelzbar, so
dringt die letztere in die Oberfläche der ersteren ein; malt man auf nicht glasirtes
Material, so erfolgt dieses Eindringen noch vollständiger; trägt man dagegen die
Farbe auf einen nicht erweichbaren Grund auf, so verglast die Farbe in den Lichtern
nur schwierig. In allen Fällen dürfen die Farben von der Atmosphäre des zum
Einbrennen benutzten Ofens in keiner Weise verändert werden. Dadurch wird die
Nothwendigkeit bedingt, das einzubrennende Stück vor der Berührung der Flamme zu
schützen und es von der Asche und dem Rauche durch Einschließen in eine Kapsel (Cassette, gazette)
oder eine Muffel zu isoliren. Die Anfertigung dieser
Muffeln ist ein Gegenstand von Wichtigkeit; von einer guten Einrichtung derselben
und einer zweckmäßigen Zubereitung des für sie benutzten Materiales hängt das Gelingen des Einbrennens,
bez. das Zugrundegehen des Stückes ab.
Hr. Pollard, Fabrikant von Muffeln zu Auteuil (route de Versailles, 134) hat seit einigen Jahren die
Form wie die Construction der in Rede stehenden Muffeln in glücklicher Weise
abgeändert. Es ist wohl unnöthig, hier alle Versuche anzuführen, welche der Genannte
zu diesem Zwecke von Anfang an durchzumachen hatte; es wird genügen zu bemerken, daß
die Anwendung der aus gebranntem Thon bestehenden Muffeln sich erhalten hat
ungeachtet aller Versuche, Schmelzmalereien in Muffeln aus Schmiedeeisen, Eisenblech
und Gußeisen einzubrennen.
Die allgemein angenommene Form der Muffeln ist ein liegender Halbcylinder, dessen
Hinterwand oder Hintergrund vollständig geschlossen, dessen Vorderseite dagegen
offen ist; die letztere dient als Thür zum Einsetzen der einzubrennenden Stücke und
wird dann mit einer Vorsatzplatte von den erforderlichen Dimensionen geschlossen,
welche sich an einen an der ganzen Peripherie des vorderen Muffeltheiles
angebrachten Rand (Anschlag) oder in einen dergleichen Falz legt und nach erfolgtem
Einsetzen der einzubrennenden Stücke durch Verstreichen mit Thon hermetisch
verschlossen wird.
Die Vorrichtung zum Einbrennen kann man verschiedenartig machen, mit einer oder mit
zwei Feuerungen, welche vorn oder hinten, oder seitlich rechts oder links angebracht
seyn können; die Wandungen und das Gewölbe der Muffel bestehen aus einem einzigen
Stücke und sind bei manchen Muffeln mit Oehren und Zapfen versehen oder ohne
letztere angefertigt. In allen Fällen besteht die Muffel aus einer Art von mehr oder
weniger dickem Gewölbe mit horizontalem Boden, welches von der sogen. Lagerplatte getragen wird. Bei diesen Anordnungen sind
die Uebelstände dieselben: so das Reißen oder Bersten der Wandungen, das Entstehen
von Sprüngen und Rissen, durch welche die Flamme hindurchschlägt und Asche in das
Innere hineindringt, wodurch die Waare verdirbt. Bei allen diesen Muffelsystemen
wird die Muffel von der Flamme in mehr oder weniger unregelmäßiger Weise umspült;
dieß gibt unablässig zu ungleicher Erhitzung der Seitenwandungen Anlaß, und in Folge
der dadurch bewirkten plötzlichen Temperaturwechsel ist die Muffel dem Reißen und
Bersten ausgesetzt.
In England hat man den Muffeln eine solche Einrichtung gegeben, daß dieselben aus
flachgelegten Ziegelsteinen von etwa 11 Centimeter Stärke construirt werden.
Seitlich sind in der Dicke der Mauer Canäle oder Züge gespart, welche die Wärme
vertheilen, wodurch die Muffeln mit einem beträchtlichen Verluste am Nutzeffect des
Brennmaterials zum Rothglühen erhitzt werden. Die Feuerungen sind unter dem Muffelboden angebracht
und werden mit Steinkohlen geheizt.
Pollard suchte die Vortheile beider Methoden in einer
einzigen Einrichtung in der Weise zu erreichen, daß er die verhältnißmäßig dünnen
Wandungen der französischen Muffeln mit der Anbringung der Züge des englischen
Systemes, durch Benutzung hohler Ziegelsteine, verband. Demnach bringt man um den
für die Aufnahme der Muffel bestimmten Raum eine Reihe von hohlen Steinen an, welche
so mit einander durch Mauerung verbunden werden, daß sie den inneren Raum der Muffel
selbst bilden.
Die Figuren
13–21 dienen zur Erläuterung dieser Einrichtung und werden das Verständniß
der Beschreibung derselben erleichtern. Die Höhe der Muffel wird von der Anzahl der
Lagen der nach einem und demselben Modelle angefertigten Steine bedingt; dieselben
werden abwechselnd so mit einander verbunden, daß sie vertical regelmäßige Canäle
oder Züge bilden.
Die Vorzüge dieses Systemes bestehen in einer längeren Dauer des Apparates; bei
täglichem Brennen auch in einer beträchtlichen Ersparung an Brennmaterial und in der
Vermeidung der bei den gewöhnlichen Apparaten stets zu befürchtenden Unfälle; die
erforderlich werdenden Reparaturen sind leicht auszuführen, wie dieß in der
Malerei-Anstalt des Hrn. Macé zu Auteuil
sowohl, als auch in der Manufactur zu Sèvres erwiesen ist, wo das neue
Muffelmodell in einem vollständigen Porzellanmaler-Atelier angewendet
wird.
In Auteuil hat man constatirt, daß eine der ersten in Anwendung gekommenen Muffeln,
welche monatlich 25 Brände liefert, noch jetzt ihre Dienste leistet; dieselbe ist
fünf Monate lang effectiv benutzt worden und hat während des Krieges acht Monate
hindurch kalt gelegen.
Dieses System würde besonders dann sehr vortheilhaft seyn, wenn die Dimensionen der
Muffel überall gleich wären. Auch hat Pollard sein
Bestreben darauf gerichtet, ein einziges Modell in den Handel zu bringen. Die HHrn.
Dalifol und Huet, in der
avenue de Choisyle-Roi, 172, haben als
Normalmodell, d.h. als das vortheilhafteste Modell einen einzigen Typus in den
Ateliers der HHrn. Haviland, Brianchon und Macs, den wohlbekannten Porzellan-Fabrikanten und
Decorateurs, eingeführt.
Die in der Manufactur zu Sèvres angestellten Versuche gestatteten zu
constatiren, daß man bei Anwendung des neuen Muffelsystemes eine längere Dauer, die
Vermeidung von Sprüngen und Rissen, sowie eine geringere Wahrscheinlichkeit anderer
Unfälle und ein langsames Erkalten, – somit einen geringeren Aufwand von Brennstoff
– Alles sehr bedeutende Vortheile – erreicht. Jene Versuche bestätigen
also die Richtigkeit der in der Privatindustrie erzielten Resultate.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 13,
Querschnitt senkrecht zur Achse des Ofenrostes.
Fig. 14,
Längsschnitt durch die Achse des Rostes.
Fig. 15,
Horizontalschnitt nach der Linie I-II der Fig. 13.
Fig. 16,
Längsschnitt eines der zur Construction der Züge dienenden doppelten hohlen Ziegelsteine.
Fig. 18,
Grundriß eines solchen.
Fig. 19, 20 und 21, Schnitte
und Grundriß des Modelles von einem einfachen hohlen
Ziegelsteine.
A Muffel, an ihrem vorderen Rande mit einem zur Aufnahme
der Thür bestimmten Anschlage oder Falze versehen.
B Rost.
C rechts liegende verticale Züge.
D links liegende verticale Züge.
E vertical verlaufende, an der Hinterwand der Muffel
angebrachte Züge.
Diese Züge sind aus den in den Figuren 16, 17, 18, 19, 20 und 21
abgebildeten hohlen Ziegelsteinen construirt.