Titel: | Die Anwendungen von Ferromangan; von F. Gautier in Paris. |
Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 48 |
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Die Anwendungen von FerromanganNach einem Vortrag im Iron and Steel Institute durch
Engineering, März 1876 S. 253.; von F. Gautier in Paris.
Gautier, über die Anwendungen von Ferromangan.
Ein bedeutender Fortschritt im Bessemerproceß war die Anwendung von Spiegeleisen.
Anfangs schrieb man dessen günstige Einwirkung nur seinem hohen Kohlenstoffgehalt
zu, ohne Rücksicht auf den Einfluß des Mangans zu nehmen, und der Zusatz von
Spiegeleisen bezweckte nur den durch das Blasen vollständig eliminirten Kohlenstoff
theilweise dem Eisen zurückzuführen. Obgleich auch andere Roheisensorten diesem
Zwecke vollkommen entsprachen, so erkannte man doch erst später, daß das Mangan des
Spiegeleisens als wesentlicher Desoxydationsfactor auftritt.
Im J. 1866 wies Valton, der bekannte Betriebsführer der
Eisenhütten zu Terre Noire, in dem Bulletin de l'industrie
minérale de St. Etienne nach, daß wegen der hohen Temperatur beim
Bessemerproceß das oxydirte Eisen in Form von Eisenoxydoxydul und nicht von
Eisenoxyd vorhanden, und das auf diese Weise erblasene Eisen wegen seines Gehaltes
an dieser Eisensauerstoffverbindung warmbrüchig und zum Walzen nicht geeignet ist,
da das Eisenoxydoxydul ebenso schwer wie das Eisenoxyd in die Schlacke übergeht.
Durch einen Zusatz von metallischem Mangan in Form von Spiegeleisen wird das
Eisenoxydoxydul wegen der großen Verwandtschaft des Mangans zum Sauerstoff in
Eisenoxydul übergeführt, welches letztere mit dem gebildeten Manganoxydul sofort von
der Schlacke aufgenommen wird (Fe₃O₄ + Mn = MnO + 3 FeO).
Die neuesten Erfahrungen auf dem Gebiete der Stahlfabrikation nach Bessemer und nach Siemens-Martin haben erwiesen, daß in dem ausgebrachten Product
fast immer ein Mangangehalt vorhanden, welcher zuweilen sehr bedeutend ist. Sollte
etwa diese Legirung von Eisen und Mangan die Qualität des Stahls erhöhen; oder muß
überhaupt, damit die Reaction eine vollständige ist, ein Ueberschuß an Mangan
vorhanden sein? Immerhin läßt sich die vortheilhafte Einwirkung des Mangans auf die
Qualität des Productes nicht ableugnen, und Versuche von Henderson in Glasgow (vgl. 1870 198 209)
führten zur Darstellung von sogen. Ferromangan, dessen Mangangehalt jedoch nicht 25
Proc. überstieg. Erst als das Verfahren in England aufgegeben worden, gelang es den
Stahlwerken von Terre Noire (Frankreich) den Mangangehalt obiger Legirung bis zu 75
Proc. zu steigern, und erwähnen wir in der Folge die hauptsächlichsten Anwendungen, welche diese
kohlenstoffhaltige Legirung in der modernen Eisenhüttentechnik findet.
1) Fabrikation von weichem Stahl. Bei der Darstellung von
Qualitätsstahl nach Bessemer's oder Siemens-Martin's Methode ist ein Zusatz von 1 bis 10 Proc. Mangan
in Gestalt von Spiegeleisen in allen Stahlhütten gebräuchlich. Wegen des hohen
Kohlenstoffgehaltes des Spiegeleisens (5 Proc.) ist auf diese Weise die Fabrikation
von weichem Stahl wenn auch nicht unmöglich, doch mit großen Schwierigkeiten
verbunden. Bessemer (1870 198
208) wies zuerst nach, daß durch Zusatz einer geringen Menge Ferromangan nicht
allein eine zur Reduction der etwa gebildeten Eisenoxyde genügende Menge Mangan
eingeführt, sondern daß auch die Menge des zugesetzten Kohlenstoffes bedeutend
verringert wird. Da ein vorheriges Schmelzen des Ferromangans nicht nothwendig
befunden, resp. ein Manganverlust durch Umschmelzen, wie solches beim Zusatz von
Spiegeleisen der Fall ist, nicht stattfindet, so dürfte der Manganzusatz weniger als
1 Proc. betragen; jedoch hat die Erfahrung gelehrt, daß ein normaler Zusatz von 1
Proc. nur vortheilhaft einwirkt. Ein Zusatz von 1 Proc. Mangan in Form von 10proc.
Spiegeleisen bewirkt eine Zunahme von 0,5 Proc. Kohlenstoff, während nur 0,1 Proc.
Kohlenstoff aufgenommen werden, wenn 1 Proc. Mangan in Form von 2 Proc. Ferromangan,
dessen Mangangehalt 50 Proc. beträgt, zugesetzt wird. Versuche haben zur Genüge
erwiesen, daß je reicher die Legirung an Mangan, um so ärmer das Product an
Kohlenstoff ist, und ein 75proc. Ferromangan würde sich also zur Darstellung des
weichsten Stahls am meisten empfehlen.
Wir geben im Folgenden die Resultate, wie solche bei Festigkeitsproben zweier
verschiedenen Stahlsorten erhalten wurden, welche aus der nämlichen Roheisenmarke
unter Zusatz einerseits von Spiegeleisen, anderseits von Ferromangan erblasen
wurden:
MitSpiegeleisen
MitFerromangan
k
k
Elasticitätsgrenze
34,6 pro 1qmm
25,2 pro 1qmm
Festigkeitscoefficient
59,8 „
44,1 „
Verlängerung (über 200mm gemessen)
8 Proc.
25 Proc.
Die Abnahme des Festigkeitscoefficienten bei der
gleichzeitigen Zunahme der Elongation ist ein entschiedener Vortheil in den Fällen,
wo keine besondere Härte erfordert wird. Solches Metall, welches bei einem kleinen
Verlängerungsverhältnisse einen großen Festigkeitscoefficienten besitzt, verursacht
größere Schwierigkeiten beim Formgeben, was selbst dann hervortritt, wenn man ein
solches Metall im warmen Zustande verarbeitet. Bei unregelmäßig geformten Stücken treten
leicht Spannungen auf, welche in dem kalt gewordenen Theile Risse verursachen, und
gerade diesem schwankenden Gleichgewichte der einzelnen Molecüle im harten Stahle
ist der Grund zuzuschreiben, weshalb dieser Stahl fast nur zu Schienen und Bandagen
verwendet werden kann. Soll dagegen ein Stahl in der Fabrikation von Platten,
Schmiede- und sonstigen Maschinentheilen Anwendung finden, so muß er
möglichst weich sein, und zu diesem Zwecke dürfen die Consumenten keinen Stahl
begehren, der eine möglichst große Festigkeit besitzt. Wie Mallet schon längst nachgewiesen, ist zu Constructionszwecken nicht der
Festigkeitscoefficient allein maßgebend, sondern das Product aus diesem
Festigkeitscoefficienten mit der schließlichen Ausdehnung. Bei Berücksichtigung
dieser Momente auf obige Stahlsorten und auf gewöhnliches Eisen ergibt sich für
gewöhnlichen harten Stahl die Zahl 305, für weichen Stahl 700 und für gewöhnliches
Eisen 105.
Praktische Versuche in Frankreich haben ergeben, daß eine gegen einen durch ⊤-Schienen aus weichem Stahl gehaltenen
Wall geschossene Kanonenkugel nur den dritten Theil der Zerstörung verursacht,
welche bei Anwendung von gewöhnlichem
⊤-Eisen eintritt; es würde dieser Erfolg bei Anwendung von hartem
Stahl nicht erzielt werden. Dies ist ein sehr schlagender Beweis für die
Widerstandsfähigkeit des weichen Stahls gegen Stöße. Umsomehr dürfte man die
Dimensionen der aus weichem Stahl hergestellten Constructionstheile unbeschadet
ihrer Widerstandsfähigkeit bedeutend verringern, als die Elasticitätsgrenze von
weichem Stahl verglichen mit der von gewöhnlichem Eisen sich wie 16 zu 9 verhält. Es
würde in gewissen Fällen eine Ersparniß im Gewichte des Materials bis zu 40 Proc.
eintreten, wodurch die Herstellungskosten bedeutend vermindert würden, insbesondere
da in der Folge die Preise von Stahl und Eisen nicht so bedeutend von einander
differiren werden, als es augenblicklich der Fall ist. Es treten diese Vortheile des
weichen Stahls noch mehr hervor, wenn man einen Vergleich mit den besten Eisensorten
(Low-Moor, Bowling u.a.) aufstellt. Es läßt sich auch mit Sicherheit
behaupten, daß die Anwendung des weichen Stahls analog wie die der stählernen
Eisenbahnschienen eine große Verbreitung finden wird, da schon jetzt in Frankreich
und England nach dem Vorgange von Barnaby auf den
Staatsschiffwersten nur Platten aus weichem Stahl zur Anwendung gelangen, wodurch
nicht allein eine Gewichtsverringerung des Schiffskörpers, sondern auch eine
Vergrößerung des Tonnengehaltes erzielt wird.
Es läßt sich am meisten empfehlen, zur Erleichterung des chemischen Processes und um
ein Verspritzen zu umgehen, welches beim Zusammentreffen eines kalten Körpers mit
flüssigem Stahl leicht eintritt, das Ferromangan nur im rothglühenden Zustande
einzuführen. Beim Siemens-Martin'schen Proceß läßt sich dieses vorherige
Erhitzen in den bei diesem Proceß gebräuchlichen Oefen leicht ausführen, während
beim Bessemerproceß die Legirung, deren Gewicht wegen des bedeutenden Mangangehaltes
ein niedriges ist, in einem eisernen Behälter vor dem Munde des Converters
aufgehängt und nach vollendetem Blasen in das flüssige Bad umgekippt werden kann.
Die Reaction ist alsdann eine vollständige und die Mischung durch das nachherige
Eingießen in Formen eine vollkommene.
Vergleichen wir nun obiges Princip mit andern Herstellungsmethoden von weichem Stahl,
so ergibt sich von vornherein, daß in allen Fällen eine Verminderung des
Spiegeleisenzusatzes erstrebt wurde, um den Kohlenstoffgehalt des fertigen Productes
möglichst zu verringern, wodurch jedoch in vielen Fällen ein rothbrüchiger, zum
Walzen fast untauglicher Stahl erzielt wurde. Bei Ausführung des Bessemerprocesses
ist es fast unmöglich, die Grenze einzuhalten, bis zu welcher die Bildung von
Eisenoxyd im geschmolzenen Metalle eintritt. Beim Zusatz von Spiegeleisen tritt eine
heftige Reaction zwischen dem gebildeten Eisenoxyd und dem Kohlenstoff des
Spiegeleisens auf, wodurch ein Verspritzen eines Theiles des Converterinhaltes
verursacht wird. Der auf diese Weise erhaltene Stahl ist zwar weich, aber der Proceß
ist ein unsicherer, kostspieliger und gefährlicher.
In den letzten Jahren wurde bei Anwendung eines Roheisens mit 3 bis 4 Proc.
Mangangehalt eine weiche Stahlsorte ohne Spiegeleisenzusatz erhalten. Das Eisenoxyd
wirkt auf alle oxydirbare, im Roheisen enthaltene Substanzen ein, zuerst auf das
Silicium, dann auf den Kohlenstoff und zuletzt auf das Mangan. Ist nach Entfernung
des Siliciums und des Kohlenstoffes noch so viel Mangan vorhanden, daß das gebildete
Eisenoxydoxydul durch denselben vollständig zu Eisenoxydul reducirt wird, so ist der
erblasene Stahl ein sehr weicher. Es ist dies jedoch ein schwieriger, unsicherer
Proceß und muß hierbei der Mangangehalt des Roheisens unbedingt 3 bis 4 Proc.
betragen; dieser Proceß erfordert eine große Geschicklichkeit seitens des
Betriebsführers, da das Spectroskop von keinem Nutzen ist und von Zeit zu Zeit nach
Abstellung des Windes Schlackenproben gezogen werden müssen, welche beim Eintritt
der schwarzen Färbung das Ende des Processes anzeigen. Die Qualität des Productes
ist variabel, und trotz des geringen Kohlenstoffgehaltes ist die Structur desselben
wegen der hohen Temperatur eine krystallinische, wie solche öfters beim
Bessemerproceß erhalten wird, wenn die angewendete Roheisenmarke viel Silicium enthält.
Insbesondere ist dies des Fall in einigen Gegenden Deutschlands und Oesterreichs,
und würde daselbst die Anwendung von Ferromangan von wesentlichem Vortheile sein,
welche Legirung außerdem den Vortheil besitzt, daß sie ebenso gut beim Martinisiren
als beim Bessemern Anwendung finden kann.
2) Anwendung von Materialien geringerer Qualität in der
Stahlfabrikation. Die Erfahrung hat schon längst gelehrt, daß bei der
Fabrikation von weichem Gußstahl, wofern man Sorge trägt, den Kohlenstoff aus
demselben möglichst auszuscheiden, der Gehalt an Phosphor bis zu 0,4, an Schwefel
bis zu 0,2, an Silicium bis zu 1 und an Mangan bis zu 2 bis 3 Proc. steigen kann,
ohne daß das erhaltene Product zum Auswalzen untauglich würde. So ließ sich in einem
speciellen Falle eine Legirung von Silicium und Eisen, aus welcher aller Kohlenstoff
entfernt war, und deren Siliciumgehalt 7,5 Proc. betrug, vollkommen ausschmieden. Es
ist also entweder die Einwirkung des Kohlenstoffes in Gegenwart der übrigen Körper
eine schädliche, oder der Kohlenstoffgehalt an und für sich übt einen nachtheiligen
Einfluß beim Auswalzen aus. Beide Ursachen scheinen gleichzeitig aufzutreten.
Die Einwirkung des Siliciums ist insofern von keinem wesentlichen Einflusse, als
dasselbe seltener und nur dann auftritt, wo man es mit Absicht in den Stahl
überführt. Desgleichen läßt sich ein Schwefelgehalt bis zu 1 Proc. beim
Hohofenbetrieb durch einen starken Kalk- resp. Manganzusatz ziemlich
vollständig entfernen. Anders verhält es sich dagegen mit dem Phosphor, und darf in
den gewöhnlichen Stahlsorten, deren Kohlenstoffgehalt 0,5 Proc. beträgt, der Gehalt
an Phosphor nicht bis zu 0,05 Proc. steigen, soll das Product zum Auswalzen
überhaupt geeignet sein. Dies ist ein Uebelstand, welchen man durch ein dem
Auswalzen vorhergehendes Hämmern etwas mildern kann, welche Manipulation jedoch
nicht weniger kostspielig als zeitraubend ist. Wie schon hervorgehoben, wirkt ein
Phosphorgehalt bis zu 0,4 Proc. nicht schädlich beim Auswalzen des Eisens ein,
wofern nur Spuren von Kohlenstoff in Stahl enthalten sind. In letzterer Beziehung
ermöglicht die Verwendung von Ferromangan die praktische Durchführung der
Fabrikation von weichem Stahl aus Materialien, deren Phosphorgehalt ein mehr oder
weniger großer ist. Nachstehende Versuchsproben mit Eisenbahnschienen der
französischen Nordbahn (der laufende Meter wiegt 30k,2), welche theils aus Bessemerstahl,
theils aus Phosphorstahl hergestellt sind, ergeben zur Genüge das Verhalten beider
Stahlsorten zu einander.
Biegungsproben; lichte Entfernung der
Auflager 1m.
Durchschnitt von 25 Chargen.
Belastung.
Bessemerstahl.
Phosphorstahl.
k
mm
mm
mm
mm
12500
2,5
–
2,2
–
17490
3,0
–
2,7
–
19930
3,5
–
3,3
–
25000
4,2
1,6
4,2
1,2
30120
7,6
3,9
23,8
18,5
32820
15,3
10,2
38,0
31,5
Bruchbelastung
46210 bis 49830k
43940 bis 48920k
Analyse: Kohlenstoff
0,45 bis 0,55 Proc.
0,15 bis 0,20 Proc.
Mangan
0,15 „ 0,25 „
0,25
„ 0,35 „
Phosphor
0,04 „
0,27
„ 0,32 „
Aus diesen Versuchen ergibt sich, daß bis zur
Elasticitätsgrenze hin Phosphorstahl sich fast ebenso verhält als Stahl von
gewöhnlicher Qualität; über diesen Punkt hinaus ist die permanente Einbiegung (2.
Spalte) bei Phosphorstahl eine größere, und tritt auch der Bruch etwas früher auf
als bei reinem Stahl, welche Resultate durch Versuche über die Zugfestigkeit derselben Materialien bekräftigt werden, von denen
nachstehend einige folgen.
Elasticitätsgrenze.
Festigkeitscoefficient.
Verlängerung.
Bessemerstahl.
k
k
Ueber200mm
Ueber100mm
Probestücke von
dem Schienenkopfe
38,9 pro 1qmm
78,2 pro 1qmm
7,0 Proc.
8,5 Proc.
Probestücke von
dem Schienenfuße
40,9
75,7
7,0 „
8,5 „
Probestücke, in
Platten ausgewalzt
36,8
71,8
9,5 „
11,2 „
Phosphorstahl.
Probestücke von
dem Schienenkopfe
38,1
52,2
9,5 „
11,2 „
Probestücke von
dem Schienenfuße
40,1
55,9
10,2 „
12,7 „
Probestücke, in
Platten ausgewalzt
33,7
57,4
17,7 „
21,3 „
Das Auswalzen in Platten ist von keiner besondern Einwirkung auf die Härte des
gewöhnlichen Stahls, während Phosphorstahl durch diese Manipulation bedeutend
weicher wird. Es ist möglich, daß bei diesem Auswalzen zu einer geringen Stärke ein
Theil des Kohlenstoffes verbrannt wird; wahrscheinlicher jedoch ist, daß der
krystallinische Zustand des Metalles durch die mechanische Einwirkung vollständig
aufgehoben wird. Das anfänglich körnige Metall besitzt eine Neigung zum Uebergang
in den faserigen
Zustand. Es ist diese Molecularveränderung um so bemerkenswerther, als dadurch die
Widerstandsfähigkeit des Metalles gegen Stöße erhöht wird. Eine Folge hiervon ist,
daß beim Auswalzen eines Ingots von größerm Querschnitt in zwei oder drei
Schienenlängen der Phosphorgehalt um so größer sein kann, während umgekehrt bei
gleichem Phosphorgehalt die Widerstandsfähigkeit gegen Stöße von solchen aus größern
Ingots hergestellten Schienen vermehrt wird. In Frankreich, wo diese
Widerstandsfähigkeit nur durch einen 300k
schweren Fallblock bei einer Fallhöhe von 2m geprüft wird, hält Phosphorstahl diese Proben gut aus, wie aus
nachstehenden Versuchen erhellt. (Die Schienen sind die nämlichen wie in den obigen
Versuchen. Lichte Entfernung der Auflager 1m,10.)
Fallhöhe.
Bessemerstahl.
Phosphorstahl.
m
mm
mm
0,456
0,7 Einbiegung
1,7 Einbiegung
0,761
1,5
3,2
0,914
2,6
7,8
1,523
7,6
11,8
1,980
12,6
23,0
2,438
22,8
33,5
3,047
33,0
45,7.
Werden die Schienen einer strengern Prüfung unterzogen, z.B. mit einem Fallblocke von
1015k, so muß die Zusammensetzung etwas
verändert werden, und eben in diesem Falle ist die Einwirkung des Mangans von
besonderer Tragweite.
Es ist schon oben hervorgehoben worden, daß bei der Fabrikation von weichem Stahl der
Gehalt an Kohlenstoff um so geringer wird, je größer der Mangangehalt der
Eisen-Mangan-Legirung ist. Auch kann bei genügendem Zusatz von reichem
Ferromangan das ausgebrachte Product bis zu 1 Proc. Mangan enthalten. Das Auswalzen
einer solchen Stahlsorte ist in keiner Weise durch den Mangangehalt beeinträchtigt,
es geht eher leichter. Besonders bemerkenswerth ist, daß ein solcher Phosphor und
Mangan haltiger Stahl eine größere Widerstandsfähigkeit gegen Stöße besitzt. Es
scheint hier die Einwirkung des Phosphors durch das Mangan neutralisirt zu sein. Zum
Belege hierfür dienen u.a. die Versuche der Grande
Société des Chemins de fer Russes in St. Petersburg, alte
englische Eisenbahnschienen in Stahl zu verwandeln. Es sind diese Eigenschaften des
weichen Stahls bei einem Phosphorgehalte von 0,3 bis 0,5 Proc. von besonderer
Tragweite in Anbetracht des seltenen Vorkommens und der hohen Preise reiner
Eisenerze. Nicht allein wird eine Preisverminderung der fertigen Eisenbahnschienen
und eine größere
Productionsfähigkeit der einzelnen Werke, sondern auch eine praktische Verwerthung
der abgenützten Materialien in großem Maßstabe ermöglicht. In letzterer Hinsicht
dürfte der Siemens-Martinproceß gegenüber dem Bessemerproceß in Bezug auf die
Herstellungskosten leicht die Oberhand behalten.
3) Fabrikation von Manganstahl. In den letzten Jahren ist
vielfach versucht worden, gewisse Legirungen als Stahl zu betrachten, in welchen der
Kohlenstoff durch einfache Körper, als Wolfram, Chrom, Silicium, Bor, Mangan u.s.w.
ersetzt ist, welche Auffassung durch die Erfahrung jedoch nicht als richtig befunden
wurde. Betrachtet man jedoch die Schmelzbarkeit, Dehnbarkeit und die Fähigkeit der
Härtung als die wesentlichsten Eigenschaften des Stahls, so ist der Ausdruck
Manganstahl ein vollkommen berechtigter. Die Analyse eines solchen Stahls ergab:
Kohlenstoff
0,38
Mangan
1,38
Eisen
98,24
––––––
100,00.
Dieser Stahl zeigt einen feinkörnigen, hellgrauen, glänzenden
Bruch. In kaltem Zustande ausgehämmert läßt er sich ausziehen, zeigt jedoch Risse an
den Kanten, während er bei Weißglut sich leicht schmieden und schweißen läßt. Beim
Härten desselben in Wasser bei einer starken Rothglut bildet sich Eisensinter auf
der Oberfläche. Der gehärtete Stahl ist so hart wie Quarz und spröde, während der
Bruch desselben ein glänzendes, nahezu weißes Aussehen erhält, ohne Spuren eines
blauen Schimmers – alles Eigenschaften eines richtigen Stahls. Wäre kein
Mangan in dem Stahl enthalten, so würde er wegen seines geringen Gehaltes an
Kohlenstoff unter die weichsten Sorten zählen, welche durch einen Zusatz von
Spiegeleisen nicht erhalten werden können, und dürfte also dieser neue Körper in der
Zukunft eine gewisse Rolle in der Metallurgie spielen.
Es läßt sich dieser Stahl leicht durch Bessemern oder im
Siemens-Martin-Proceß darstellen. Bei einem Zusatz von 1,5 Proc.
Mangan in Form von Ferromangan zu 60 bis 75 Proc. hält das Metall nicht Weniger als
1 Proc. Mangan und nicht mehr als 0,2 Proc. Kohlenstoff zurück, da erfahrungsmäßig
zur Reduction des etwa gebildeten Eisenoxydoxyduls 0,5 Proc. Mangan ausreichen.
Nachfolgend die Resultate einiger Festigkeitsproben, wie sie mit diesem Metall,
dessen Mangangehalt 1 Proc. betrug, aus vier verschiedenen Schmelzungen erhalten
wurden:
A.
B.
C.
D.
Elasticitätsgrenze
29,1
28,6
29,7
34k,1 pro 1qm
Bruchbelastung
55,2
54,4
53,5
58k,4 „
„
Verlängerung über 200mm
20,0
21,0
20,0
21,77 Proc.
„ „ 100mm
25,25
25,3
25,0
28,80 „
Das nämliche Metall, bei Kirschrothglut in Wasser getaucht, hat einen
Festigkeitscoefficienten von 75,7 bis 78k,7
pro 1qmm bei einer Verlängerung von 4
Proc., letztere über eine Länge von 200mm
gemessen. Es ist hauptsächlich charakterisirt durch seine Widerstandsfähigkeit gegen
Stöße. Es müssen z.B. 100mm starke Achsen
bis zu 125mm ohne dauernde Deformation sich
einbiegen lassen können, und Achsen aus Manganstahl, wie der vorhin beschriebene,
vertragen diese strenge Probe zu wiederholten Malen. Obgleich die Eigenschaften
obiger Stahlsorte noch nicht vollständig bekannt sind, so ist es doch hinreichend
festgestellt, daß die Qualität derselben eine vorzügliche ist.
Die Zukunft wird entscheiden, in wiefern eine verständige Behandlung und richtige
Verbindung der einzelnen Elemente auf die Qualität des Productes einwirken wird;
augenblicklich steht diese Frage noch offen. Ohne Zweifel spielt unter diesen
Elementen das Mangan eine Hauptrolle. In den besten Stahlsorten wird heute Mangan
gefunden, und für die Districte, wo Manganerze vollständig fehlen, wird die
Anwendung von Ferromangan von wesentlichen Vortheilen begleitet sein.
P. M.