Titel: | Ueber Anwendung des Luftstrahlgebläses in Schornsteinen der Schiffskessel. |
Autor: | L. P. |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 125 |
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Ueber Anwendung des Luftstrahlgebläses in
Schornsteinen der Schiffskessel.
Mit einer Abbildung auf Tafel 9.
Bertin und Maupeou, über Schornsteingebläse für
Schiffskessel.
Im Bulletin de la Société d'Encouragement, 1877 3. Serie Bd. 4Bd. 2 S. 531 theilt der Marine-Ingenieur L. E.
Bertin unter sehr ausführlicher Beschreibung der von ihm
angestellten Versuche die Resultate mit, welche sich in Bezug auf die Anwendung des
Luftstrahlgebläses zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Schiffskessel ergeben
haben, und vergleicht den zur Erzeugung der Luftstrahlen aufgewendeten Effect mit
demjenigen, welcher durch Anwendung des bekannten Dampfstrahlgebläses bezieh. durch
Absaugen der Verbrennungsgase mittels eines Ventilators absorbirt wird.
Wenngleich der Anwendung des Luftstrahlgebläses zunächst bei Schiffskesseln eine
hervorragende Bedeutung eingeräumt werden muss (vgl. Friedmann *1875 215
20), so dürfte sich dieselbe auch in anderen Fällen als nützlich erweisen.
Die erwähnten Versuche wurden an einem der beiden Kessel der Dampffregatte La Résolue angestellt und die zu dem Luftstrahlgebläse
erforderliche Luftmenge durch eine auf dem Verdeck aufgestellte Gebläsemaschine mit
besonderem Kessel geliefert. Fig. 7 Taf. 9 zeigt die
allgemeine Anordnung des Apparates, wobei besonders hervorzuheben ist, dass die
Luftstrahlen aus zwei in entsprechender Entfernung von einander angeordneten Düsen
in die durch eine Scheidewand getrennten beiden Abtheilungen des Schornsteins
eingeführt wurden. Die Hauptdimensionen der Kesselanlage sind:
Rostfläche
4qm,02
Heizfläche in der Feuerkiste
19qm,28
„ in den Siederöhren
93qm,83
Länge der Siederöhren
2m,24
Wasserraum
12600l
Dampfraum
6300l
Querschnitt des Aschenfalles
0qm,76
Querschnitt des Schornsteins
0qm,566
Höhe des Schornsteins (vom Roste aus)
17m,00
Belastung der Sicherheitsventile
3k auf 1qc.
Der Zutritt der Luft zum Roste des Versuchskessels wurde
ausschliesslich durch den Kanal A bewirkt, dessen
Querschnitt 0,qm912 betrug, in welchem durch eine
grössere Zahl von Anemometern die jedesmalige Luftgeschwindigkeit gemessen
wurde.
Indicirter
EffectderGebläsemaschine
Kohlen-verbrauch in1 Stunde
Stündlich mit1k Kohle ver-dampftes Wasser
IndicirterEffect
derSchiffs-maschine
StündlicherKohlenverbrauchauf
1e indicirt
derSchiffsmaschine
Stündlich ver-dampftes Wasserauf
1e indicirt
derSchiffsmaschine
Abso-luter
Rela-tiver
Abso-luter
Rela-tiver
e
k
k
e
k
k
0 (natürl. Zug.)
96,9
1,00
8,43
69,2
1,00
1,4
11,8
1
128,9
1,32
8,21
91,9
1,32
1,4
11,5
2
140,5
1,45
8,00
100,4
1,45
1,4
11,2
3
150,0
1,54
7,79
107,2
1,54
1,4
10,9
4
159,4
1,64
7,61
113,9
1,64
1,4
10,7
5
169,2
1,74
7,50
120,9
1,74
1,4
10,5
6
179,0
1,85
7,36
127,9
1,85
1,4
10,3
7
188,0
1,94
7,14
134,3
1,94
1,4
10,0
8
197,0
2,03
7,00
140,7
2,03
1,4
9,8
In den oben angegebenen Zahlen für Kohlen- und Wasserverbrauch ist
der Kohlen- und Wasserverbrauch für die Gebläsemaschine nicht inbegriffen. Um den Gesammtkohlenverbrauch in der Stunde und auf
1qm Rostfläche zu erhalten, würden die Zahlen
der zweiten Verticalspalte der Reihe nach um 0, 1,4, 2,8, 4,2, 5,6, 7,0, 8,4, 9,8
und 11,2 zu vergrössern sein. Ausserdem ist aus obiger Tabelle ersichtlich, dass die
behufs Steigerung des Effectes der Schiffsmaschine von 69,2 auf 140e,7 zur Compression der Luft aufzuwendende Arbeit
etwa den neunten Theil dieses Effectzuwachses beansprucht hat.
Aus einer Reihe von Versuchen mit Düsen, deren Querschnitte von 10 bis 75qc wechseln, ergab sich, dass die
Luftgeschwindigkeit im Kanal A mit zunehmendem
Düsenquerschnitte bei einer und derselben Leistung der Gebläsemaschine nur sehr
unerheblich wuchs, so dass die weiteren Versuche nur mit Düsen von 30qc Querschnitt ausgeführt wurden. Die hierbei
erhaltenen Resultate, welche sich auf den indicirten Effect der Gebläsemaschine, die
auf 1qm Rostfläche und in der Stunde unter dem
Versuchskessel verbrannte Kohlenmenge, die in der Stunde mit 1k Kohle verdampfte Wassermenge und den indicirten
Effect der Schiffsmaschine beziehen, sind nach Massgabe der durch Bertin a. a. O. veröffentlichten Zahlenreihen in
vorstehender Tabelle zusammengestellt worden, worin sich sämmtliche Angaben auf 1qm Rostfläche
des Versuchskessels beziehen, welche, wie oben bemerkt, 4qm,02 betrug.
Durch Ingenieur v. Maupeou sind ausserdem in Cherbourg
umfangreiche Versuche über die Wirksamkeit und den Kraftverbrauch anderer
Vorrichtungen zur Verstärkung des Zuges und Erhöhung der Leistungsfähigkeit der
Dampfkessel angestellt worden, und zwar namentlich bezüglich des directen Absaugens der Verbrennungsgase durch einen
Ventilator (Exhaustor) und bezüglich der Wirkung des im Kesselschornstein
angebrachten Dampfstrahlgebläses. Eine vergleichende
Zusammenstellung der Resultate derselben mit denjenigen des Luftstrahlgebläses gibt
folgende Tabelle, in welcher die verschiedenen Arbeitsgrössen eingetragen sind, die
zur Erhöhung des Kohlenverbrauches auf 1qm
Rostfläche um je 10 Proc. durch die verschiedenen Einrichtungen absorbirt wurden;
zur Beurtheilung der Leistung des Dampfstrahlgebläses sind 12k Dampf gleich 1e gerechnet worden.
RelativerKohlenver-brauch
auf1qm Rost-fläche
Effect E1 zumBetriebe desLuftstrahl-gebläses
Effect E2 zumBetriebe desExhaustors
Effect E3 zumBetriebe desDampfstrahl-gebläses
Verhältnisszahlen
\frac{E_2}{E_1}
\frac{E_3}{E_1}
1,0 (nat. Zug)
0
0
0
–
–
1,1
0,17
–
2,83
–
16,6
1,2
0,42
–
6,42
–
15,3
1,3
0,89
–
11,42
–
12,8
1,4
1,54
–
18,33
–
11,9
1,5
2,73
1,6
–
0,58
–
1,6
3,53
–
–
–
–
1,7
4,52
2,3
–
0,50
–
1,8
5,49
3,1
–
0,56
–
1,9
6,46
–
–
–
–
2,0
7,48
4,1
–
0,55
–
2,2
–
5,7
–
–
–
2,5
–
8,0
–
–
–
Hieraus ist ersichtlich, dass die am meisten ökonomische Methode in der Anwendung
eines Exhaustors zum directen Absaugen der Verbrennungsgase besteht, gegenüber welcher
allerdings die Anordnung eines Luftstrahlgebläses nicht unwesentliche Vortheile
besitzt, da es gestattet, die Leistungsfähigkeit der Kesselfeuerung in viel engeren
Grenzen wachsen zu lassen und die zur Compression und Leitung der Luft
erforderlichen Apparate mit möglichster Ersparniss an Raumbedarf und Gewicht
herzustellen.
Die Vortheile des Luftstrahlgebläses gegenüber dem Dampfstrahlgebläse stellen sich
dagegen als sehr erheblich heraus. Selbst wenn sich bezüglich des verhältnissmässig
grossen Dampfverbrauches bei letzterem durch weiter fortgesetzte Versuche etwas
günstigere Resultate ergeben sollten, dürfte ganz unzweifelhaft dem
Luftstrahlgebläse besonders in seiner Anwendung für die Kesselanlagen der
Kriegsschiffe eine bedeutende Zukunft bevorstehen, da dasselbe gestattet, in kurzer
Zeit die Leistung der Maschine auf das Doppelte des normalen Effectes und dadurch
die Manövrirfähigkeit des Fahrzeuges erheblich zu steigern, während sämmtlicher von
der Schiffsmaschine, sowie von der Gebläsemaschine verbrauchte Dampf wieder
condensirt werden kann, was ganz besonders bei Schiffskesseln, die mit Süsswasser
gespeist werden, ins Gewicht fällt. Letzterer Umstand würde sogar gestatten, bei normalem Gange der Maschine das Luftstrahlgebläse
ununterbrochen in Tätigkeit zu setzen und in Folge dessen das Gewicht und den
Raumbedarf der Kessel- und Maschinenanlage auf ein Minimum zu bringen.
Selbst bei stündlichem Kohlen verbrauch von 200k
auf 1qm Rostfläche zeigten sich ausser an der
Feuerbrücke nicht die mindesten Spuren von anormalem Verschleiss an irgend welchem
Theile des Kessels; ebensowenig gab die Bedienung der Feuerung seitens der Heizer zu
Anständen Veranlassung.
Nach allen diesen Resultaten steht zu erwarten, dass das Luftstrahlgebläse, dessen
Vorzüge für die Anwendung an Schiffskesseln wohl kaum mehr angezweifelt werden
können, in manchen Fällen auch bei feststehenden Kesselanlagen zweckmässige
Verwendung finden könnte; eine Fortsetzung der von Bertin angestellten Versuche, wodurch sich gewiss noch manche
Verbesserungen in der beregten Construction ergeben würden, wäre im höchsten Grade
erwünscht.
L. P.