Titel: | Zur Kenntniss der amerikanischen Benzine; von Carl Häussermann. |
Autor: | Carl Häussermann |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 477 |
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Zur Kenntniss der amerikanischen Benzine; von
Carl
Häussermann.
Häussermann, zur Kenntniss der amerikanischen Benzine.
Seit einiger Zeit erscheint auf dem europäischen Markte in nicht ganz unerheblicher
Menge ein in Nordamerika aus Steinkohlentheer gewonnenes „Benzin“, das
ausschliesslich für Zwecke der Anilinfabrikation verwendet wird. Dieses Kohlenbenzin
ist nicht zu verwechseln mit dem seit einer Reihe von Jahren von denselben Plätzen
aus in Handel gebrachten sogen. Petrolbenzin, richtiger Petrolnaphta, dem leicht
flüchtigsten Bestandtheile des amerikanischen Rohpetroleums, aus welchem es durch
einfache fractionirte Destillation gewonnen wird. Da diese Naphta vielfach unter dem
einfachen Namen „Benzin“ vertrieben wird so sind schon häufig
Begriffsverwechslungen vorgekommen, trotzdem es sehr leicht ist, beide Producte aus
einander zu halten.
Von der aus Petroleum gewonnenen amerikanischen Naphta kommen nur 2 oder 3 Marken im
Handel vor. Schon der Geruch erscheidet das Petrolbenzin vom Theerbenzin; sichere
Anhaltspunkte gibt aber das specifische Gewicht der Naphta, welches zwischen 0,650
und schwankt, sowie der Siedepunkt, der bei etwa 60° beginnt bis 140° steigt.
Ausserdem zeigt die heftige Einwirkung der concentrirten Salpetersäure auf diese
Naphta, sowie die entstehenden Oxydationsproducte sofort, dass man es hier, trotz
des Namens „Benzin“ nicht mit aromatischen Kohlenwasserstoffen, sondern mit
Homologen der Reihen CnHn
+ 2, CnH2n
u.s.w. zu thun hat. Auch das Verhalten gegen Asphalt, der in Petroldestillaten
unlöslich ist, während ihn Benzol und seine flüssigen Homologen leicht lösen, sowie
der Umstand, dass die in der Naphta enthaltenen Kohlenwasserstoffe der Fettreihe mit
nicht russender Flamme verbrennen, während die aromatischen, entzündet, an der Luft
viel Russ abscheiden, geben genügende Annaltspunkte zur Entscheidung etwaiger
zweifelhafter Fälle. Auch löst sich das Petrolbenzin nicht in allen Verhältnissen in
90proc. Alkohol, während die flüssigen Theerdestillate sämmtlich leicht damit
mischbar sind.
Die Petrolnaphta wird entweder direct (bezieh. nach der Behandlung mit 5 Proc.
Schwefelsäure in der Kälte und Waschen, um übelriechende Bestandtheile zu entfernen)
unter dem Namen „Ligroin“ als Beleuchtungsmaterial verwendet, oder aber wird
dieselbe, namentlich in Deutschland, fractionirt und die einzelnen Theile der
Fraction getrennt verkauft. Das zwischen 40 bis 85° Uebergehende wird in diesem
Falle unter dem Namen „Gasoline“, „Neolin“ oder „Petrolaether“
zur sogen. Luftgasbereitung benutzt, während die zwischen 85 bis 115° siedenden
Partien meist unter dem einfachen Namen Benzin zur sogen. chemisch-trocknen
Reinigung, zum Handschuhwaschen und als Fleckenwasser überhaupt, sowie theilweise
zum Kautschuklösen Verwendung finden. Der im Kessel bleibende, zwischen 120 bis 150°
siedende Rest dient unter der Bezeichnung „Putzöl“ oder auch „Terpentinöl
Surrogat“ zum Reinigen von Maschinentheilen u.a.m. Zur Firniss- und
Lackbereitung, wozu man längere Zeit diese Flüssigkeiten nutzbar zu machen bemüht
war, sind jedoch diese Oele sämmtlich nicht geeignet, da sie die verschiedenen Harze
nicht völlig lösen, wie dies z.B. Alkohol oder Terpentinöl thun.
Das eingangs erwähnte Steinkohlentheer-Destillationsproduct, das gleichfalls meist
einfach als Benzin bezeichnet (und mit mehr Recht als die Petroldestillate) und
welches seit einiger Zeit in Deutschland und Frankreich auf Anilin verarbeitet wird,
kommt in viereckigen Blechkisten, sogen. Kannistern, die etwa 17k enthalten, in den Handel. Dieses Benzin ist von
einer den englischen und schottischen Kohlenbenzinen ziemlich nahe stehenden
Qualität. Es können natürlich nur sogen. hochprocentige Benzine von Amerika aus
verschickt werden, da die fast werthlosen höheren Homologen des Benzols, wie Xylol
und Cumol die Fracht nicht tragen würden. Meist sind es 90proc. Benzine, d.h. im
Wesentlichen Gemenge aromatischer Kohlenwasserstoffe (Benzol, Toluol, wenig Xylol
und Spuren Cumol), von welchem bei der Destillation in der einfachen Retorte mit
eingesenktem Thermometer 90 Vol.-Proc. bis 100° übergehen.
Obwohl nun das äussere Ansehen, das specifische GewichtDas specifische Gewicht der Kohlenbenzine wird schon durch einen geringen
Zusatz von Petrolbenzin sehr herabgedrückt, so dass man hieran leicht eine
Verfälschung erkennen kann. Natürlich liefert auch ein solches Benzin bei
der Behandlung mit Salpeterschwefelsäure weniger Nitrobenzin, als gute
Benzine (etwa 148 Proc.) ergeben., das bei Theerbenzinen, falls
sie nicht über 150° siedende Bestandtheile enthalten, zwischen 0,865 und 0,880 (bei
15°) schwankt, sowie das Verhalten gegen Salpeterschwefelsäure zeigen, dass man es
mit einem wohl gereinigten und nicht absichtlich verfälschten Kohlenbenzine zu thun
hat, so findet man doch bei genauerer Untersuchung, dass die amerikanischen Benzine
durchweg eine etwas grössere Menge von unter 80° siedenden Bestandtheilen
enthalten, als die entsprechenden Qualitäten englischer Benzine – eine Thatsache,
welche übrigens nur in dem Umstand begründet sein kann, dass man in Amerika weniger
Sorgfalt auf die Fractionirung verwendet als in England. Diese unter 80° siedenden
Bestandtheile, von denen oft bis zu 6 Vol.-Proc. in den amerikanischen Benzinen
enthalten sind, während im Uebrigen aus denselben durch sorgfältige Fractionirung im
Grossen mit gut construirten Apparaten bis 60 Vol.-Proc. fast reinen, zwischen 80
bis 82° destillirenden Benzols gewonnen werden können, müssen natürlich bei der
Werthbestimmung dieser Benzine (negativ) in Rechnung gezogen werden, da eine
passende Verwendung für diese leichten Theerdestillate, die in der Technik mit dem
Namen „légers“ bezeichnet werden, zur Zeit noch aussteht. Was die
Zusammensetzung dieses unter dem Siedepunkt des reinen Benzols übergehenden
Vorlaufes betrifft, so besteht er im Wesentlichen aus denselben Kohlenwasserstoffen
der Fettreihe, aus Schwefelkohlenstoff u.s.w. wie die leichten Destillate anderer
Benzine, welche aus Steinkohlentheer erhalten werden.