Titel: | Ueber Braunkohlenkoke als Ersatz für Rebenschwarz; von Dr. F. Matthey. |
Autor: | Kl. |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 466 |
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Ueber Braunkohlenkoke als Ersatz für
Rebenschwarz; von Dr. F.
Matthey.
Matthey, über Braunkohlenkoke als Rebenschwarz.
Für die bis in die neueste Zeit so schwunghaft betriebene Fabrikation des sogen.
Rebenschwarz hat sich seit Beginn der 60iger Jahre eine andere dieselbe mehr und
mehr verdrängende ausgebildet, die Herstellung desselben Farbstoffes aus Braunkohle.
Die erste primitivste Art der Verkokung der Braunkohle in Meilern lieferte
quantitativ und qualitativ nur ungünstige Resultate. Mit wenig besserem Erfolg ist
später zu gleichem Zweck in der Nähe von Cassel ein sogen, geschlossener Kokesofen
benutzt worden, wie solche zum Theil noch heute in Schlesien zur Kokesbereitung im
Gang sind. Die Analogie der hier maſsgebenden Verhältnisse mit denen für Darstellung
und Regeneration von Knochenkohle führte später auf den Gedanken, geschlossene Töpfe
anzuwenden, und ist dieser Gedanke durch eine Anlage in Nassau, sowie eine solche in
der Nähe von Cassel praktisch ausgeführt worden. In einem schachtartig gemauerten
Ofen sind über dem Feuerraum 5 mal 25 eiserne, nach unten spitz zulaufende Töpfe von
485mm Höhe und 240mm mittlerem Durchmesser auf und in einander gestellt, wovon die obersten
25 mit eigenem Deckel verschlossen sind, während die Fugen der übrigen auf einander
gestellten Töpfe gut mit Lehm verstrichen werden. Das Ein- und Aussetzen der mit
Braunkohle gefüllten Töpfe erfolgt durch eine seitlich angebrachte, während des
Brandes zugemauerte Arbeitsöffnung. Die Decke des Heizraumes hat 4 Zugöffnungen,
welche in den nebenstehenden Schornstein münden. Je nach der Stärke des Feuers ist
der Ofen in 18 bis 20 Stunden rothglühend und genügen 5 bis 6 Stunden Dunkelrothglut
zur Umwandlung der Braunkohle in tiefschwarze Koke; ein längeres oder stärkeres
Erhitzen schadet, insofern als die Masse dann einen grünblauen Ton annimmt, welcher erst nach dem
Feinmahlen hervortritt. Feuer- und Aschenfallthür sind dann zu schlieſsen, wenn
nöthig zu verstreichen, der Schieber zum Schornstein ist herunter zu lassen und das
Ganze dem ruhigen Erkalten zu überlassen. Die so gewonnene Koke ist bei ziemlich
niedriger Temperatur unter Zutritt von Luft auſserordentlich zur Selbstentzündung
geneigt, weshalb das Entleeren der Töpfe besondere Vorsicht verlangt. Die als
Rohmaterial dienende Braunkohle wird bei dieser Umwandlung in Koke um die Hälfte
ihres Volums und um ¾ bis 4/5 ihres Gewichtes reducirt.
Die Firma J. H. Mäckel in Friebendorf hat für die
Verkokung der Braunkohle mit ununterbrochenem Betrieb einen sogen. Retortenofen
eingerichtet. Derselbe besteht aus dem Feuerraum, welcher oben durch ein flaches
Gewölbe geschlossen ist und sich hinten nach oben und seitwärts in den eigentlichen
Glühraum von 1m,32 Länge, 0m,90 Breite und 1m,66 Höhe erweitert. Die Seitenwände des Glühraumes sind mit feuerfesten
Steinen gemauert; die Rückseite enthält zwei Oeffnungen zum Austritt der Heizgase;
Decke und Boden werden von starken guſseisernen Platten mit je fünf kreisrunden
Oeffnungen zur Aufnahme der Retorten, bezieh. der Kühlcylinder gebildet. Die
guſseisernen Retorten haben eine Wandstärke von 25mm, eine Höhe von 1m,690 und eine lichte
Weite von 220mm. Sie werden durch die erwähnten 5
Oeffnungen der oberen Guſsplatte hindurchgesteckt, hängen sich in letzterer mit
ihrem ringförmigen, flanschartigen Bord auf und reichen eben bis zu den
correspondirenden, für die Aufnahme der schwarzblechenen Kühlcylinder bestimmten,
etwas kleineren 5 Oeffnungen der unteren Guſsplatte. Die Kühlcylinder hängen in
gleicher Weise in der unteren Platte, sie haben fast dieselbe Weite wie die über
ihnen befindlichen Glühcylinder, von welchen sie gleichsam die Fortsetzung nach
unten bilden. Bei einer Länge von 830mm tauchen
die Kühlcylinder 150mm tief in einen unter dem
Glühraum befindlichen Wasserbehälter, so daſs sie von dem Boden des letzteren noch
220 bis 240mm abstehen. Zur Füllung der Retorten
dienen 5 Trichter von dünnem Guſseisen, welche bei Beginn des Betriebes zusammt den
Cylindern, den unteren wie den oberen, mit Kohle (oder besser mit Koke) angefüllt
werden. Zwischen den Kühlcylindern und dem Boden des Wasserbehälters sammelt sich
zunächst ein kegelförmiger Haufen Kohle. Sobald der Ofen auf Dunkelrothglut gebracht
ist, wird jene aus den Kühlcylindern ausgetretene Kohle mit einer Krücke bei Seite
geschafft, eine gleiche Menge rückt sofort aus den Kühlcylindern wieder in das
Wasser, aus den Retorten in die Kühlcylinder und aus den immer vollgefüllten
Trichtern in die Retorten nach. Jede solche Operation, die von 2 zu 2 Stunden
vorzunehmen ist, ergibt für jede Retorte 30l Koke;
bei anfänglicher Füllung mit Braunkohle sind die erst entnommenen Partien aus dem
Behälter zu entfernen, bis nur wohl durchgeglühte Koke an die Reihe kommt. Da
zwischen den Hälsen der Retorten und den Füſsen der Trichter absichtlich ein freier
Raum gelassen ist, so entweichen die in den Retorten in bedeutender Menge sich
entwickelnden Gase durch diese für sie offen gelassenen ringförmigen Spalten. Die
Trichter hängen aber wie die Retorten ebenfalls in einer dritten guſseisernen
Platte; in dem Raum zwischen dieser obersten und der mittleren, für die Aufnahme der
Retorten bestimmten Platte sammeln sich nun die Gase der 5 Retorten und werden durch
ein genügend weites Rohr von hier unter die Feuerung geleitet, um daselbst als
Heizmaterial mitzuwirken.
Die weitere Behandlung der Koke besteht darin, daſs dieselbe nach Entnahme aus dem
Wasserbehälter und nach dem Abtrocknen in eine gewöhnliche Mahlmühle gegeben wird;
das erhaltene gröbliche Pulver gelangt sodann in sogen. Naſsmühlen, wie sie in den
Ultramarinfabriken im Gebrauch sind. Das Mahlen muſs etwa 48 Stunden fortgesetzt
werden, bis die Gesammtmasse ein unfühlbar feines Pulver darstellt. Das hinreichend
feine Schwarz bedarf schlieſslich nur noch des Trocknens, um eine vollständig
handelsgerechte Waare vorzustellen. (Im Auszug aus der Deutschen
Industriezeitung, 1877 S. 204.)
Kl.