Titel: | Neues Verfahren, Tafelgläser mit einer gleichen Farbenschicht zu lasiren; von J. B. Miller, Glastechniker. |
Fundstelle: | Band 242, Jahrgang 1881, S. 57 |
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Neues Verfahren, Tafelgläser mit einer gleichen
Farbenschicht zu lasiren; von J. B.
Miller, Glastechniker.
J. B. Miller's Verfahren, Tafelgläser zu lasiren.
In den Sandblasanstalten kommen seit einiger Zeit lasirte
Tafelgläser zur Verwendung. Weiſse, blanke oder auch leicht in der Masse
gefärbte Gläser werden mit einer transparenten, mehr oder minder starken
Farbenschicht überzogen, welche sich in der Rothglut mit denselben zu einem
homogenen Ueberzuge verbinden.
Nur zwei aufgetragene Farben – ein Goldgelb aus Silber
und ein Roth aus Kupfer – versteht die Glastechnik
transparent herzustellen, welche eigentlich unter die sogen. Ueberfanggläser
gehören, da hier die Farbendecke nicht auf dem Glase aufliegt, sondern sich eng mit
demselben verbindet, d.h. seine Oberfläche gelb oder roth färbt. Anders die
eigentlichen Lasurfarben, welche höchstens
durchscheinend dargestellt werden können. Die färbenden Metalloxyde werden durch
leichtflüssige Glasmasse mit der Oberfläche des Glases verbunden. Zu Firmenschildern
und Fensterdecorationen sollen sie einen möglichst deckenden und gleichmäſsigen
Ueberzug haben, welcher innig mit dem Glase verbunden ist, ohne daſs es seine ebene
Fläche im Brennen einbüſst. Die Gläser zu Grisaille und Mosaikfenstern sollen
dagegen scharf gebrannt sein, wodurch gröſsere
Beständigkeit und jener effectvolle Lüster erreicht wird, den wir an den alten
Glasfenstern bewundern. Zur Wand- und Plafonddecoration, zu Füllungen in Möbeln u.
dgl. muſs die Lagerseite der Tafelgläser, welche nach auſsen kommt, eine ebene,
glatte Fläche haben. Diese Farben sind opak.
Die Glasdecoration hat durch die lasirten Tafelgläser eine wesentliche Bereicherung
erfahren. Wenn wir hier auch hauptsächlich die Verzierungen durch die
Sandblasmaschine im Auge haben, so dienen sie doch auch in derselben Weise dem
Maler, besonders zu Mosaik und Grisaille, zur Contourirung und Schraffirung, nachdem
sie durch den Sandstrahl bemustert sind.
Der Auftrag der Lasurfarbe ist dem Mousselinverfahren entnommen und wird durch
Aufstreichen und Vertreiben mit dem Pinsel bewerkstelligt. Diese Arbeit ist für die
schwer vertreibbaren Farben, welche eines starken Auftrages bedürfen, eine sehr
schwierige und unvollkommene, für manche Farben aber – wir erinnern an einen
gleichmäſsigen Ueberzug von Silbergelb und Schwarz, der nur auf Umwegen zu erreichen ist – kaum
herzustellen.
Folgende billige Herstellungsmethode überwindet alle Schwierigkeiten und liefert eine
stets gleich starke, vollständig gleichmäſsig vertheilte Farbenschicht. Nach diesem
Verfahren wird die Farbe nicht mit dem Pinsel aufgetragen, sondern ganz gleichmäſsig
aufgestäubt. Dies
geschieht in einem Kasten, worin je in ½ Stunde 6qm Tafelglas lasirt werden können. Der Kasten ist aus trockenem Holze gut
gefügt, innen ganz mit Glanzpapier überzogen, hat in Gesichtshöhe zwei gegenüber
liegende Fensterchen, durch die man den Fortgang der Arbeit beobachten kann, und
steht von allen Seiten frei. Vorn hat er eine Thür, durch die man hineinsteigen
kann; er darf innen keine vorstehenden Kanten oder Ecken haben, sondern muſs ganz
glatt sein, damit sich kein Farbenstaub ansetzen kann, welcher durch Herabfallen die
unten lagernden Gläser verderben würde.
Um gleichzeitig 6qm zu lasiren, würde der Kasten im
Innern 1m,5 hoch, 3m lang und 2m breit sein müssen; er ruht
auf einem festen Untergestell von 0m,8 Höhe; eine
Schublade mit zwei Handgriffen nimmt seine ganze Länge und Breite ein; sie läuft auf
einer im Boden des Kastens vertieft angelegten Eisenbahn, auf 6 abgedrehten
Eisenrollen, welche immer eingeölt sein müssen, damit sich die Schublade ohne
Erschütterung bewegen läſst. Eine Verlängerung der Eisenbahn auf vorstehenden Armen,
die man wegnehmen kann, gestattet, die Schublade ganz herauszuziehen, die
Tafelgläser einzulegen und herauszunehmen. Alle Oeffnungen müssen sich gut
schlieſsen lassen; sie werden auſserdem noch mit gepolsterten Rahmen bedeckt, die
auf einer Seite in Gelenken gehen und von der anderen mit Vorreibern geschlossen
werden können.
Das Einblasen der etwas erwärmten feinen Staubfarbe geschieht mittels eines Gebläses.
Da die erforderliche Kraft eine sehr geringe, so ist, wo kein anderer Motor
vorhanden, ein Handtriebwerk genügend, das einen Ventilator von etwa 20cm Durchmesser etwa 500 mal in der Minute umdreht.
Ein Gebläse genügt für mehrere Kästen. Die Luftröhre liegt am zweckmäſsigsten, damit
der Verkehr nicht gestört wird, im Fuſsboden, unter den Dielen; sie ist etwa 2 bis
2cm,5 weit und innen ganz glatt, damit die
Farbe keinen Ansatz bilden kann, um sich später mit einer anderen zu vermischen.
Unmittelbar vor dem Kasten erweitert sich die Röhre, um die Farbenbüchse
aufzunehmen, welche als obere Decke ein feines Sieb besitzt und so gestellt ist,
daſs der Luftstrom mit voller Gewalt darüber zieht und die Farbe mit sich
fortreiſsen muſs. Der Farbenbehälter ist mit einer gut schlieſsenden Klappe
versehen, in welche ein Beobachtungsglas eingekittet ist. Die Röhre geht von hinten
aufwärts und mündet etwa 30cm unter dem Deckel in
den Kasten ein; sie ist oben trompetenartig geformt und etwa 4 mal so weit an der
Mündung wie die Röhre selbst; sie darf nicht vorstehen, sondern muſs mit der
Rückwand des Kastens genau abschlieſsen. Ueber die Mündung ist engmaschiger Tüll
aufgespannt, um die Farbe zu zertheilen und etwa mitgeführte Unreinlichkeiten
zurückzuhalten.
Die zum Lasiren bestimmten Glastafeln werden auf einem besonderen Tische mit einem Anstrich
versehen, der aus 3 Th. Terpentinöl und 1 Th. Firniſs besteht, dem noch etwas
Glycerin beigemengt wird, um das zu schnelle Trocknen zu verhüten. Man gieſst alles
in eine groſse Flasche zusammen und sucht es durch tüchtiges Schütteln innig zu
vermischen; auch vor dem Anstrich muſs die Mischung gut aufgeschüttelt werden. Die
Glastafeln liegen am besten auf zwei Leisten und werden mit einem groſsen, breiten
Anstreichpinsel ziemlich rasch und gleichmäſsig gestrichen und sofort in die
ausgezogene Schublade dicht an einander gelegt. Bei kleinen Stücken müssen mehrere
Personen anstreichen; im Allgemeinen genügen Personen zur Bedienung von 2
Staubkästen.
Nachdem die Schublade mit angestrichenen Glastafeln belegt ist, wird sie behutsam
eingeschoben und mit dem Rahmen geschlossen. Die erwärmte Farbe wird eingesetzt und,
nachdem man die Klappe an der Luftröhre geöffnet hat, läſst man das Gebläse so lange
wirken, bis alle Farbe in den Kasten geblasen ist, was man durch das Glas am Deckel
der Farbenbüchse beobachten kann. Am ersten Staubkasten ist jetzt nichts weiter zu
thun und die Arbeiterinnen können mit der Füllung des zweiten beginnen.
Die Farbe wird durch den Luftstrom im Kasten wolkenartig aufgewirbelt und setzt sich
langsam und gleichmäſsig auf die Glastafeln nieder; sie folgt dem Gesetze der
Schwere, so daſs sich die feinste Staubfarbe zuletzt auflegt, wodurch eine ganz
feine homogene Schicht erzielt wird. Wenn die Farbe sich vollständig gesetzt hat,
wird die Schublade behutsam entleert; die lasirten Glastafeln kommen in einen
Trockenkanal oder in eine Trockenmuffel, worin das Oel sich zum Theil verflüchtigt
und der Ueberzug fest wird. Sie können nun in einem reinen, trockenen Kaum
aufbewahrt werden, bis sie in dem Brennofen gar gebrannt werden. Der zweite Kasten
wird in ganz gleicher Weise wie der erste bedient. Die Arbeit geht ununterbrochen
fort, so daſs etwa alle 30 Minuten ein Kasten gefüllt werden kann.
Wie man sieht, ist die Arbeitsleistung bedeutend, indem in einer 10 stündigen Schicht
etwa 120qm Tafelgläser lasirt werden können. Die
Stärke der Farbenauflage richtet sich nach der vorher genau abgewogenen Menge der
Farbe; selbstverständlich muſs dies durch Versuche festgestellt werden. Der Ueberzug
ist stets der gleiche, ob man 10 oder 100 mal einlegt. Nach etwa 10 Staubungen wird
der Kasten durch Anklopfen an die Wände und durch Abstauben mit einem Federwisch
oder einem Staubbesen von der anhängenden Farbe gereinigt; dies geschieht auch nach
jedem Wechsel der Farbennüance.
Das bisher auf groſsen Blättern kaum herstellbare Silbergelb sowie Schwarz, lassen sich durch
diese Methode in jeder beliebigen Farbenstärke und stets gleicher Lage für den
Handel lasiren. Durch Aufstauben von zwei Farben kann man
hübsche Farbeneffecte erzielen; der zweite Ton wird in dünner Schicht, unmittelbar
nachdem der Grund sich gesetzt hat, aufgestaubt.