Titel: | Ueber Anilinschwarz. |
Autor: | Lauber, A. Steinheil |
Fundstelle: | Band 244, Jahrgang 1882, S. 157 |
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Ueber Anilinschwarz.
Ueber Anilinschwarz.
Im Bulletin de Rouen, 1881 S. 206 theilt G.
Witz die von ihm mit Vanadiumschwarz gemachten Erfahrungen
mit. Wenngleich die Ansichten der Coloristen über Anilinschwarz mit verschiedenen
Oxydationsmitteln sehr aus einander gehen und die Anwendung von Vanadium an Stelle
des Kupfers entschiedene Vortheile noch nicht geboten hat, unter Umständen sogar
Unfälle in der Fabrikation nach sich ziehen kann., welche beim Kupfer ausgeschlossen
sind, so wollen wir die Arbeit von Witz dennoch
eingehender besprechen; denn sie enthält interessante Fälle, welche allerdings nur
auf Anilinschwarz mit Vanadium Bezug haben können, da wir mit Kupferschwarz in
jahrelanger Praxis Resultate erhalten haben, welche den von Witz angegebenen ganz und gar widersprechen.
Es hatte sich nämlich bei der Fabrikation reicher Möbelstoffe das Schwarz im Grunde
nicht entwickelt, sondern es entstand nur ein Grau ohne Leben. Das Muster enthielt
neben schwarzem Grund verschiedene Dampffarben und sollte die Waare nach dem Dämpfen
chromirt und geseift werden. Ein Theil der in der Hänge befindlichen Waare hatte
regelrecht entwickeltes Schwarz und bei genauer Untertheilung der Reihenfolge, in
welcher die ganze Partie gedruckt worden, war deutlich zu ersehen, daſs nach dem
Druck einer gewissen Zahl von Stücken mit richtig zusammengesetzter Farbe in den
Farbtrog eine unrichtig zusammengesetzte gegeben worden sein muſste und zwar eine
Farbe, welche das nöthige Oxydationsmittel (in diesem Falle Vanadium) nicht
enthalten hatte. Zwei oder drei breite tief schwarze Streifen in der Mitte der
schlechten Stücke zeigten klar, daſs nun nieder richtig zusammengesetzte Farbe in
den Trog gegeben worden war. Eine der unentwickelten Stellen wurde nun mit stark
verdünnter Vanadiumlösung betupft und leicht erwärmt, wodurch sofortige Schwärzung
der betreffenden Stelle eintrat. (Witz führt nun eine
dem in Schützenberger's Werk, 1868 Bd. 1 S. 521
angeführten Versuche genau gleichende Probe über die Wirkung des Metalles der
Kupferwalzen auf die Druckfarbe an.) Er klotzte nun alle schlecht entwickelten
Stücke mit einer Vanadiumlösung von 0g,01 Vanadium
im Liter, d.h. etwa 10mal so viel, als die ursprüngliche Druckfarbe enthielt; das
Schwarz entwickelte
sich, trotzdem die Stücke schon mehr als 14 Tage alt waren, regelmäſsig und die
Stücke konnten mit vollständigem Erfolge beendigt werden.Die Referenten erhielten bei einem ähnlichen Falle nicht wie Witz gute, sondern vollständig negative
Resultate, trotzdem genau nach Witz's
Vorschrift gearbeitet wurde. Allerdings handelte es sich um ungebleichte
Waare, an der sich stets nur eine saure Farbe entwickeln kann; allein auch
das Klotzen mit einer sauren Vanadiumchlorürlösung ergab negative
Resultate. Das in der Waare mit Schwarz combinirte Puce war
ebenso wie das Roth ein wenig heller als gewöhnlich, Olive war gut und das Coeruleïn
war sogar etwas lebhafter. An den Berührungsstellen mit den übrigen Farben spielte
das Schwarz ins Röthliche so, wie es durch eine zu starke Oxydation zu werden
pflegt. – Durch diesen im Groſsen ausgeführten Versuch glaubt Witz die Wichtigkeit des Vanadiums in seinem
Anilinschwarz, an welcher übrigens noch Niemand gezweifelt hat, genügend
erwiesen.
In einem anderen Fall hatte sich das Schwarz im Grunde noch viel schlechter
entwickelt und zwar nur bei den ersten 5 bis 6 Stücken. Der Grund war nicht
gleichmäſsig blaſs wie vorher, sondern zeigte der Länge nach breite helle Streifen
und zwar so unregelmäſsig, daſs es sich um eine schlechte Vertheilung des Vanadiums
in der Druckfarbe nicht handeln konnte. Das Zumischen jener zur Oxydation des
Anilinschwarz nöthigen minimalen Mengen von Vanadium bringt im Druck keine
Unregelmäſsigkeiten hervor; denn die gleichmäſsige Vertheilung des Vanadiums wird
durch das Mischen mit dem Rührer, das Passiren der Farbe und die fortwährende
Rotation der Zuführwalze vollständig bewirkt. Trotzdem ist es gut, die blaue
Vanadiumlösung so zu verdünnen, um 0,001 des Gesammtvolumens zu erreichen. Bei der
Analyse der stark fleckigen Theile fand sich in der Asche eine Spur Eisenoxyd, die,
wie sich bei genauerer Untersuchung des Unfalles herausstellte, von Dampfblau (mit
Ferrocyansalz bereitet) herrührte, welches unmittelbar vor dem Schwarz in demselben
Farbtrog gedruckt worden war und von welchem in Folge nachlässigen Waschens des
Farbtroges Spuren zurückgeblieben waren. Zur Bestätigung dieser Vermuthung druckte
Witz Vanadiumschwarzproben unter Zusatz von 0,1,
0,02, 0,005 u.s.f. seines Volumens an Dampfblau. Merkwürdiger Weise widerstand das
Schwarz jeder Annahme der Oxydation in der warmen Hänge im umgekehrten Verhältniſs
der zugesetzten Dampfblau-Mengen; das Maximum schien sich einer Mischung zu nähern,
welche 0,2 Proc. Dampf blau enthielt, und trotz der Verlängerung des Verhängens
entwickelte sich das Schwarz nahezu gar nicht. Nun wurden die Stücke mit einer
Lösung geklotzt, welche 0g,01 Vanadium im Liter
enthielt, und auch in diesem Fall nahm die Entwicklung des Schwarz auf allen Stücken
ihren Fortgang und nur die erstgedruckten, stärker befleckten Meter Waare blieben
wesentlich schwächer.
Witz untersuchte nun den Grund dieser Erscheinung; das
Dampfblau enthält neben unlöslichem Ferrocyanzinn das lösliche Ferrocyankalium; das
Verhältniſs von 0,002 Blau entspricht ungefähr 0g,5 Ferrocyanzinn iu Teigform (aus 0g,15
Ferrocyankalium mit Zinnchlorür bereitet) und 0g,15 Ferrocyankalium im Liter der gemischten Farbe selbst. Ein Zusatz mehrerer
Gramm Ferrocyanzinn beeinträchtigte nun aber die Bildung des Vanadiumschwarz nur
unwesentlich, während wenig Decigramm Ferrocyankalium genügen, um dieselbe zu
verhindern. Hierbei erhält man nur ein helles Grau, das weder bei verlängertem
Hängen, noch beim Dämpfen und Chromiren dunkler wird; der Unfall war also
zweifelsohne der Wirkung des Ferrocyankaliums zuzuschreiben. Directe Versuche
zeigten, daſs 0g,3 Ferrocyankalium in 1l Schwarz am stärksten wirkten, und in einer
schwach sauren Farbe braucht man davon noch weniger als in einer neutralen. Bei
Zusatz geringerer Mengen verringert sich dann die Wirkung sehr rasch, während bei
10facher Menge, also bei 3g im Liter, beim
Verhängen, Dämpfen und Chromiren ein schwach grünliches Dunkelgrau mit violettem
Stich entsteht, das durch unterchlorigsaure Salze leicht angreifbar ist.
Dasselbe Salz, welches in gewissen Verhältnissen die Entwicklung des Anilinschwarz
energisch aufhält, wirkt eigenthümlicher Weise in ganz umgekehrtem Sinne und bildet
nur noch ein schwaches Hinderniſs, wenn man das Verhältniſs vergröſsert; dieser
Uebergang zeigt sich am deutlichsten bei chromirtem Anilinschwarz. Witz sagt nun, daſs bei Schwarz, welches, mit
Ferridcyankalium oder Ferridcyanammonium hergestellt, in früheren Jahren vielseitig
Anwendung fand, in Folge Ueberganges des rothen in gelbes Blutlaugensalz Verluste
entstehen muſsten, deren Ursache (Fällung von Eisen oder Kupfer durch
Ferrocyankalium) man nicht vermuthete und welche die Intensität der Farbe
beeinträchtigen muſsten. Bemerkenswerth ist, daſs die Bildung von Anilinschwarz
durch die Gegenwart von wenig gelbem Blutlaugensalz nicht nur momentan verhindert
wird, sondern auch noch nach mehrtägigem Aufbewahren der Druckfarbe. Auch in diesem
Falle, wo die Bildung des Schwarz durch Ferrocyanüre gestört worden ist, genügt ein
Klotzen mit einer Vanadiumlösung von 0,00001, um es ohne Ausnahme zur Entwicklung zu
bringen. Um jede Störung auf den Umrissen des frisch gebildeten Schwarz zu
vermeiden, ist es sogar vorzuziehen, die Dauer des zweiten Verhängens sowie die zum
Klotzen zu verwendende kleine Vanadiummenge zu verringern.
Wie energisch die Wirkung der Ferrocyanüre ist, sieht man aus folgendem Beispiel: Ein
5färbiges Muster, welches im Grund mit Dampfblau gedruckt worden war, sollte nun mit
Vanadiumschwarz gedruckt werden und man hatte, um den Rapport nicht zu stören, die
Pressung nicht aufgehoben. Der Grund wurde mit der Bürste unvollkommen gewaschen und
es blieb eine äuſserst geringe Menge von Dampfblau zurück, welche die Oxydation von
viel Anilinschwarz verhinderte. Da die Schnelligkeit der Reaction der mit dem
Anilinsalz zusammengebrachten Vanadiummenge entspricht, genügten wenige Milligramm
Vanadium im Liter der Klotzbrühe (0g,01), um die
Oxydation schon in 12 bis 15 Stunden zu vollenden, und ungeachtet dieser kurzen Zeit
ergab sich ein sehr schönes, sattes Schwarz.
Witz hat nun diese Wirkung des gelben Blutlaugensalzes
untersucht, indem er mit verdünnten, nicht verdickten Flüssigkeiten arbeitete. Das
Vanadium der durch Reduction erhaltenen blauen Lösung (vgl. 1877 224 639) wird durch Ferrocyankalium in Form lebhaft
gelber Flocken gefällt, welche mehr oder weniger grünlich werden; in äuſserst
verdünnten Lösungen entsteht noch eine stark gelbe Trübung, vorausgesetzt, daſs
dieselben nicht alkalisch sind. Nun ist in der Druckfarbe die Verdünnung des
Vanadiums so bedeutend, daſs die Annahme gestattet ist, ein groſser Theil davon
bleibe in der Farbe aufgelöst; vielleicht wird es auch unter dem Einfluſs des
Ferrocyankaliums unwirksam, oder durch die Faser wie eine Art Farbstoff absorbirt,
wodurch begreiflicher Weise die oxydirende Wirkung der Metallmolecüle beim Verhängen
bedeutend abgeschwächt würde.
Durch Fällung erhaltenes Ferrocyanvanadium kann im Anilinschwarz das Vanadiumsalz
ersetzen, braucht aber etwa 8mal mehr Metall, um die Farbe in der gleichen Zeit zu
oxydiren. Ferrocyan-Eisen (Berlinerblau), Ferrocyan-Kupfer und Ferrocyan-Vanadium
scheinen beinahe gleich unlöslich zu sein, so daſs, wenn eine gleich groſse Menge
von Ferrocyankalium von 0,001 durch einen geringen Ueberschuſs von Eisen-, Kupfer-
oder Vanadiumsalz gefällt wird, nach der Filtration durch Hinzufügen des
betreffenden Metallsalzes keine Färbung mehr erscheint. Ein Tropfen Vanadiumlösung
gibt in einer Ferrocyankaliumlösung von 0,00001 schon eine bemerkenswerthe gelbe
Färbung, das Kupfersalz ein ausgesprochenes Rosa und das Eisensalz ein Blau von
wenigstens doppelter Intensität.
Das Studium der reservirenden Wirkung alkalischer Ferrocyanide gegen Anilinschwarz
mit Kupfer im Vergleich zu Anilinschwarz mit Vanadium zeigte, daſs Ferrocyankalium,
mit hellem Dextrin verdickt, das Kupferschwarz weit weniger reservirt als das
Vanadiumschwarz. Wird das Schwefelkupfer durch ein entsprechendes Gewicht an
Rhodankupfer ersetzt, so erfolgt die Entwicklung des Schwarz langsamer; jedoch
nähert sich das Resultat bedeutend dem mit Vanadiumschwarz erhaltenen.
Rhodanammonium verzögert nur die Entstehung des Vanadiumschwarz ungefähr wie ein
schwach alkalisches Product und, obgleich schon bei 10g in 1l die Wirkung stark fühlbar ist,
so entwickelt sich nichts desto weniger bei 20g im
Liter das Vanadiumschwarz nach 5tägigem Verhängen beinahe vollständig. Bei mehr als 80g wird die Oxydation schon schwierig.Auffallend ist uns, daſs Witz die Wirkung des
Rhodankaliums nicht näher studirt hat, da dasselbe bedeutend kräftiger wirkt
als das Ammoniaksalz; es kann dies nur dem Umstände zugeschrieben werden,
daſs er es nicht der Mühe werth hält, die deutsche Fachliteratur zu
berücksichtigen. Die vollkommene Unkenntniſs derselben ist am besten aus
seiner im Bulletin de Rouen erschienenen Arbeit
über Coerulignon ersichtlich, worin er über
einen Körper, Welcher schon vor Jahrzehnten von Reichenbach entdeckt und beschrieben wurde, als einen von ihm neu
entdeckten unbekannten Körper berichtet.Das Rhodankalium verwenden wir seit mehreren Jahren alz ganz ausgezeichneten
Schutzpapp nach Storck's Vorschrift, allerdings
nicht unter Vanadium-, sondern unter Kupferschwarz.L.
und St.
Witz gibt dem Vanadin den Vorzug vor dem unlöslichen
Rhodankupfer, welches schon seit längerer Zeit unter dem Namen White Paste in den Handel gebracht wird. Cyankalium
wirkt wie Rhodanammonium und die Verzögerung der Oxydation ist nur dem alkalischen
Einfluſs des Salzes zuzuschreiben. Durch Zufügen weniger Gramm Pyrogallussäure im
Liter erzielt man eine bemerkenswerthe Wirkung; das Maximum scheint bei etwa 15g im Liter zu liegen.
Witz versuchte nun die energische Wirkung des gelben
Blutlaugensalzes zum Reserviren unter Vanadiumschwarz anzuwenden; er fand, daſs die
Verdickung mit hell gebrannter Stärke sich sehr leicht verändert, besonders bei mehr
als 50g im Liter; bei 10 bis 15g erhält man ein lichtes Grau, welches das Dämpfen
aushält, aber leider nachgrünt. Weiſs erreicht man bei 100 bis 120g im Liter; es flieſst jedoch leicht wie im
Allgemeinen viele Reservagen, wird aber bei verlängertem Hängen wieder gedeckt.
Erhöht man die Verhältnisse, so zeigen sich dieselben Unzukömmlichkeiten wie oben
und bei 200g im Liter erhält man anstatt Weiſs
durch Degummiren ein graues Violett; durch Dämpfen entsteht ein braunes Cachou und
noch tiefere Tönungen, wenn man die Menge des Ferrocyankaliums vermehrt;
selbstverständlich enthält die braune Farbe Eisenoxyd. Gummiverdickung wird bei
Gegenwart des Salzes sehr dünn und die Resultate sind ungefähr dieselben wie bei
Stärke. Witz hatte sich vorher versichert, daſs Gummi
allein nahezu gar nicht reservirend wirkt, und führt weiter an, daſs das Dextrin
unter die Zahl der Stoffe gehöre, welche sowohl wegen ihrer chemischen Natur, als
auch wegen ihrer Gegenwart als Verdickungsmittel die Oxydation des Schwarz
beeinträchtigen; hierbei sind aber die Zusätze von Blutlaugensalz in sehr engen
Schranken und es deicht hin, einer genügend verdickten Lösung von hellem Dextrin
1g Ferrocyankalium im Liter zuzusetzen, um
einen reinen Druck und ein sehr lichtes, beinahe weiſses Grau unter
Klotzanilinschwarz zu erhalten. Je mehr man von 3g
im Liter steigt, um so dunkler wird das mit Dextrin erhaltene Grau.
Concentrirte Albuminlösungen wirken unter Anilinschwarz ebenfalls reservirend, lassen sich aber
mit Blutlaugensalz wegen der Fällbarkeit nicht mischen. Witz verweist nun auf die Anwendung des Rhodanammoniums als Zusatz zu
Dampffarben, um darauf fallendes Anilinschwarz abzuwerfen, welche schon von Storch und Strobel (1880
235 156) angegeben wurde.
Natriumhyposulfit läſst sich mit Gummi nicht verdicken, da die Lösung coagulirt; mit
hellem Dextrin im Verhältniſs von 400g im Liter
verdickt, reservirt es das Vanadiumschwarz noch besser als die Rhodanverbindung,
aber immer noch unvollständig. Natriumacetat wirkt ziemlich gleichmäſsig als Reserve
und die beste Reserve unter Vanadiumschwarz erhält man nach Witz mit 300g von jedem der beiden
letzteren Salze im Liter Dextrinwasser; das Weiſs wird vollkommen rein, das
Verhängen kann ohne Uebelstände verlängert werden und seine Linien und Punkte
bleiben vollständig deutlich. Viele andere Stoffe wirken noch als Reserven unter
Anilinschwarz, besonders alkalische und reducirende Stoffe, wie Kreide, Zinkpulver
u. dgl. (Natriumaluminat, citronsaures Natron, Traubenzucker im Natron. Die
Ref.)
Druckt man Anilinschwarz neben Cachou, so bemerkt man beim geringsten Auffall, daſs
letzteres das Schwarz ziemlich bedeutend reservirt; eine Abkochung von 30g Würfelcachou in 1l Wasser (ohne Essigsäure), mit Gummi verdickt, reservirt unter Bildung
einer röthlichen Färbung an Stelle des Weiſs; Tannin wirkt im Verhältniſs von 60g im Liter etwas weniger kräftig als Cachou.
Die von Horace Köchlin (Bulletin
de la Société chimique, vom 5. März 1881) empfohlene Pyrogallussäure
scheint bei 20g in 1l Gummiwasser das Vanadiumschwarz unvollständig zu reserviren, und zwar
noch unvollständiger als die Rhodanverbindung bei 60g im Liter.
Was nun die Geschichte des Vanadiums betrifft, so wurde dasselbe i. J. 1876 von
einigen Kattundruckereien bei Rouen an Stelle des Schwefelkupfers zur Entwicklung
des Anilinschwarz verwendet; die Vanadiumsalze waren damals äuſserst selten und
kamen nicht einmal in bemerkenswerthen Mengen in England vor, wo in Folge der
Arbeiten von Roscoe eine gewisse Menge davon erzeugt
wurde. Vanadiumverbindungen mit 50 Proc. Metallgehalt wurden zu 1200 M. für 1k, also ungefähr dem Preise des Goldes
entsprechend, verkauft, erlaubten aber trotzdem, Dank der groſsen Wirkungskraft von
minimalen Mengen, seine Anwendung. Deutsche Fabriken lieferten das vanadinsaure
Ammoniak, wurden aber durch die schwedische Gesellschaft Urda verdrängt, welche das Salz sehr rein zu 400 M. für 1k lieferte; dieser Preis ist aber durch eine
andere schwedische Fabrik noch mehr herabgedrückt worden.
In Folge Mittheilung eines Ingenieurs der Werke zu Creuzot, daſs in den dortigen
Hochofenschlacken Vanadium enthalten sei, unterzog Witz
diese Schlacken der Untersuchung, durch welche ein erheblicher Gehalt an Vanadium Dachgewiesen
wurde. Die bei dem Verfahren von Thomas und Gilchrist erhaltenen basischen Schlacken enthalten im
Mittel 1 Proc. metallisches Vanadium und durch Sortiren zwischen den einzelnen
Operationen läſst sich dieser Gehalt auf 2 Proc. steigern; die mittlere
Zusammensetzung der Schlacken ist nach einer im Laboratorium zu Creuzot
vorgenommenen Analyse folgende:
Silicium
16,50
Thonerde (mit wenig Chromoxyd)
3,80
Kalk
46,30
Magnesia
4,00
Eisenoxyd
7,07
entspr.
5,50 Eisen
Manganoxyd
5,30
„
4,10 Mangan
Schwefelsäure
0,63
„
0,25 Schwefel
Phosphorsäure
13,74
„
6,00 Phosphor
Vanadinsäure
1,92
„
1,08 Vanadium
––––––
99,26.
In einer von Schneider und Comp. gemachten Sendung
ausgesuchter Schlacken waren 1,88 Proc. Vanadium, 3,30 Proc. Eisen, 5,46 Proc.
Phosphor, 20 Proc. Kieselsäure; der Vanadiumgehalt wurde nach der volumetrischen
Methode von Lindemann nach der Gleichung Va2O5 + 2FeO = Fe2O3 + Va2O4 (Va = 51,3)
bestimmt. Die zerschlagenen rohen Schlacken sind von eisengrauer Farbe und
schlieſsen Höhlungen ein, welche an ihrer Oberfläche glänzende Krystallnadeln
zeigen; letztere sind leicht zerbrechlich und zerfallen beim Reiben in ein feines
Pulver, welches man durch Seidensieb trennt. Durch Behandlung der Schlacken mit
Salzsäure erhält man eine Vanadiumlösung, welche ungeachtet der anwesenden fremden
Stoffe so angewendet werden kann, wie sie ist, da ja die nothwendige Vanadium menge
eine so geringe ist, daſs diese Unreinigkeiten keine Rolle spielen. Die Behandlung
auf trockenem Wege (Mischung von Natriumcarbonat mit Nitrat), Wiederaufnahme mit
Wasser und Salzsäure, Reduction mit Glycerin in concentrirter Lösung ist zu
zeitraubend und schwierig.
100g gesiebter Schlacken brauchen zur Zersetzung
200cc käuflicher Salzsäure von 21° B. und
verfährt man im Groſsen am besten auf folgende Weise. In einem Holzbottich wird die
fein gepulverte Schlacke mit Wasser angerührt, so daſs auf 1k Schlacke 2l
Wasser kommen; unter lebhaftem Umrühren wird die Säure auf einmal zugegeben, worauf
die Zersetzung unmittelbar eintritt. Die Zersetzung in Steingutschalen ist nicht zu
empfehlen, da bei nicht vollständiger Füllung der Boden des Gefäſses sehr stark
erhitzt und dasselbe daher dem Zerspringen ausgesetzt ist. Häufig entwickelt sich
eine Spur Schwefelwasserstoff; die Kieselsäure scheidet sich aus, sobald die
Temperatur 70° überschreitet, und die Zersetzung ist rasch beendigt; für je 100g angewendetes Schlackenpulver setzt man der
Mischung noch 600cc Wasser zu und erhält nun durch
Filtration eine blaue Lösung von mehr als ⅔ des ganzen Volumens, welche sich nicht
verändert und nur etwas
Kieselsäure anfänglich absetzt. 1g Vanadium,
entsprechend 53g,2 gepulverter Schlacke (zu 1,88
Proc), reicht hin, um 1000l Druckfarbe von
mittlerer Stärke zu oxydiren.
Dr. Lauber und A.
Steinheil.