Titel: | Kämpfe's elektromagnetische Eisenbahnbremse. |
Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, S. 23 |
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Kämpfe's elektromagnetische
Eisenbahnbremse.
Mit Abbildungen.
Kämpfe's elektromagnetische Eisenbahnbremse.
Während G. Stephenson schon 1832 zur Verhütung der
nachtheiligen Wirkung der Bremsklötze auf die Radreifen einen Bremsschuh in
Vorschlag gebracht hat,
welcher an die Schiene angedrückt wurde und auf dieser hinglitt, wollte Amberger 1851 platte Elektromagnete auf die Schienen
wirken lassen (vgl. 1875 216 * 405). Eine in den
Vereinigten Staaten von Nordamerika 1882 patentirte Anwendung einer gröſseren Anzahl
von Bremsschuhen, die durch Hebel auf die Schienen gedrückt wurden, veranlaſste
Entgleisungen und muſste deshalb fallen gelassen werden. Darauf lieſsen F. Kämpfe und G. B. Paul
die Bremsschuhe wieder durch Elektromagnetismus an die Schienen andrücken; R. Kämpfe aber hat am 25. December 1883 ein
nordamerikanisches Patent auf eine elektromagnetische Schuhbremse genommen, welche
an einem gröſseren Modelle im Geschäfte der Gebrüder
Kämpfe in New-York in Thätigkeit vorgeführt wird.
Fig. 1., Bd. 255, S. 24
Fig. 2., Bd. 255, S. 24
Fig. 3., Bd. 255, S. 24
Wie C. Rother im Civilingenieur, 1884 S. 413 nach einer amerikanischen Geschäftsanzeige
mittheilt, hat die neue Bremse folgende Einrichtung. Unter jedem Längsträger eines
Eisenbahnwagens wird über der Schiene ein eisernes Gestell B (Fig. 1) befestigt: in Langlöchern des
Gestelles ist eine zur Schiene parallele Achse e (Fig. 2 und 3) gelagert,
worauf zwei durch eine Messingscheibe b getrennte
Elektromagnete sitzen. Jeder Elektromagnet bildet ein achtkantiges Eisenprisma C, das inwendig zur Aufnahme der Drahtrolle ausgehöhlt
ist. Die Rolle ist durch eine die Wärme schlecht leitende Masse m von dem Prisma C
getrennt, damit die durch die Reibung des Prismas auf den Schienen entwickelte Hitze
nicht auf die Rolle übertragen werde. So lange die Bremse nicht thätig werden soll,
wird die Achse e durch zwei an beiden Enden auf
dieselbe wirkende Spiralfedern f so hoch gehoben, daſs
die beiden Prismen C die Schienen nicht berühren. Soll
dagegen gebremst werden, so schickt man von den Drähten h aus einen elektrischen Strom durch die Rollen der Elektromagnete, damit
die magnetisch werdenden eisernen Prismen sich sozusagen an die Schienen ansaugen
und, indem sie in ihrer Achsenrichtung auf den Schienen fortgleiten, so viel Reibung
entwickeln, daſs der Wagen bald zum Stehen kommt. Die dabei eintretende Erwärmung
der Prismen C ist nach Kämpfe's Ansicht der Wirkung förderlich, weil heiſses Eisen durch den
elektrischen Strom stärker magnetisch wird als kaltes. Ist ein Prisma auf der einen
seiner 8 Flächen
abgenutzt, so wird es einfach um 45° um seine Achse gedreht. Die Ströme liefert eine
galvanische Batterie, ein Accumulator, oder eine elektrodynamische Maschine. Bei
Theilung der Elektricitätsquelle läſst es sich auch leicht so einrichten, daſs beim
Zerreiſsen des Zuges zwei Bremsen an der Spitze und am Ende des Zuges selbstthätig
beide Zugtheile bremsen. Durch Einschaltung von Widerständen lieſse sich das Maſs
der Bremsung sehr leicht nach Belieben abändern, was bei anderen continuirlichen
Bremsen bisher meist nur in sehr unzureichendem Grade möglich gemacht worden
ist.