Titel: | Neuerungen in der Thonwaarenindustrie. |
Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 247 |
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Neuerungen in der Thonwaarenindustrie.
Mit Abbildungen auf Tafel
15 und 16.
Neuerungen in der Thonwaarenindustrie.
A) Brennöfen.
Seit der Einführung des Hoffmann'schen Ringofens – vor
etwa dreiſsig Jahren – in die Ziegelindustrie, wodurch letzterer wegen des
Vortheiles eines stetigen Betriebes und der Ersparniſs an Brennmaterial den
Schachtöfen gegenüber groſse Vortheile erwuchsen, ist man bemüht gewesen, den
Ringofen immer mehr zu vervollkommnen. Eine wesentliche Verbesserung desselben
dürfte durch die Erfindung des Ingenieurs Zoltán v.
Lázár in Salgó Tarján (Ungarn) herbeigeführt werden. Derselbe hat mit der
alten Streufeuerung gebrochen und einen Gas-Ringofen mit Centralfeuerung zum Brennen
von Ziegeln u. dgl. construirt (D. R. P. Nr. 43483 vom 15. November 1887). Der Ofen,
welcher in Fig. 1 im
senkrechten und in Fig. 2 im wagerechten Schnitte dargestellt ist, ruht auf Gewölben und
zerfällt in eine beliebige Anzahl gleich groſser Kammern B. In der Zeichnung sind deren acht, B1 bis B8 angenommen. Die Trennungswände der Kammern sind
hohl und unten bezieh. oben mit Kanälen e und d versehen, durch welche je zwei an einander stoſsende
Kammern mit einander in Verbindung stehen. Die Kanäle e
können durch Schieber g1 bis g8
abgesperrt werden.
Jede einzelne Kammer B ist mit dem centralen Gaserzeuger
A durch je ein Gasrohr a1 bis a8 und je ein Warmluftleitungsrohr c1 bis c8 verbunden, welche
Röhren mit Ventilen b1
bis b8 (Fig. 1 und 3) versehen sind, um die
Gas- und Luftzufuhr zu den Kammern B abschlieſsen zu
können. Die Verbindung mit dem ebenfalls centrisch liegenden Rauchfangkanale E kann für jede Kammer getrennt durch die Kanäle K1 bis K8 und die zugehörigen
Absperrschieber h1 bis
h8 hergestellt
werden.
Der mit Doppelrost versehene centrale Gaserzeuger bildet eine Doppelpyramide von
rechteckigen Querschnitten. Der gröſste Querschnitt ist im Grundrisse mit I, II, III, IV bezeichnet. In den Seitenwänden des
Gaserzeugers (Fig.
1) sind Kanäle x vorgesehen, in welchen die
zum Anlassen des Ofens dienende Luft vorgewärmt wird, welche sich in dem rund um den
Kopf des Gaserzeugers angebrachten ringförmigen Kanal X
sammelt und von da durch die Rohre c1 bis c8 in die Kammern B
strömt. Die im Gaserzeuger entwickelten Gase ziehen von der oberhalb der Kammer X am Gaserzeuger angebrachten Kammer Y durch die Röhren a1 bis a8, welche mit Theersammelkasten O1 bis O8 in Verbindung
stehen, nach den Kammern B.
Die Abfuhr der aus der Steinkohle sich bildenden Asche und Schlacke geschieht auf
einer Bahn, welche auf der Sohle des Gewölbes unter dem Ofen angebracht ist. Mittels
einer oberhalb des Ofens errichteten Gichtbahn wird das Brennmaterial zugefahren.
Der gewölbte Raum unter dem Ofen steht durch Ventilationsöffnungen m1 bis m8 mit der freien Luft
in Verbindung.
Unter der Annahme, daſs das Brennen in der Kammer Bl beginnen soll, nimmt der Betrieb folgenden
Verlauf. Die Kammer B1
wird durch Oeffnen der Ventile b1 der Röhren a1 und e1 mit dem Gaserzeuger A
verbunden, während die übrigen Ventile b2 bis b8 geschlossen bleiben. Die Schieber g1, welche die Kanäle
e absperren, werden bis auf den Schieber g8 sämmtlich geöffnet,
so daſs sämmtliche Kammern B mit einander in Verbindung
stehen. Von den Rauchfangschiebern h wird nur der
Schieber h8
geöffnet.
Die in die Kammer B1 aus
dem Gaserzeuger A durch Y
bis a1
d1 einströmenden Gase
mengen sich mit der in den Kanälen xX vorgewärmten,
durch c1
d ebenfalls in die Kammer B1 flieſsenden Luft in einem Verhältnisse,
welches von den Querschnitten der Kanäle d und d1 abhängt. Das
brennende Gas- und Luftgemisch durchzieht die Kammer B1, tritt durch die an der den Kanälen dd1 gegenüber liegenden Seite über der
Sohle dieser Kammer vorgesehenen Kanäle e1 in die hohle Trennungsmauer zwischen B1 und B2 und von da durch die
Kanäle d2 in die Kammer
B2 u.s.f. bis in
die Kammer B8. Aus der
Kammer B8 strömt das
Gemisch durch den Kanal K8 in den Rauchfang E.
Ist der Brennprozeſs in der Kammer B1 beendet, so wird das Gasleitungsrohr a1 bei b1 abgesperrt, das
Luftzuleitungsrohr c1
bleibt offen. Ferner werden die Rohre c2 und a2 geöffnet, die Kanäle e1 durch den Schieber g1 verschlossen und der
Schieber s1, welcher
eine in der äuſseren Wandung der Kammer B1 neben den Kanälen e1 vorgesehene Oeffnung verschlieſst.
Letzteres geschieht erst dann, nachdem die Kammer B1 bezieh. deren Inhalt eine gewisse Zeit hindurch
sich abgekühlt haben. Diese Zeitdauer richtet sich nach der Beschaffenheit und der
zu erzielenden Qualität der Brennwaare und läſst sich nur durch die Erfahrung
feststellen. Um die Waare vor der direkten Einwirkung der kühlen Luft zu bewahren,
ist es vortheilhaft, die Kammerecke, wo die durch den Schieber s verschlieſsbare Oeffnung einmündet, mit Waare von
untergeordneter Qualität zu beladen. Die durch die zuletzt genannte Oeffnung
einströmende kühle Luft erhitzt sich in der Kammer B1, zieht durch die Kanäle d, das Rohr c1, die Luftsammelkammer X und das Rohr c2 in die Kammer B2, mischt sich dort
mit dem durch a2
zugeführten Gase und nimmt nun durch B2 und die übrigen Kammern B3 bis B8 denselben Weg, wie vorhin beschrieben.
Ist die Kammer B1
gänzlich ausgekühlt, so wird dieselbe nach Herausnahme der fertigen Waare und nach
Einsetzen neuer Waare als letztes Glied wieder eingekuppelt.
Bedarf das zum Brennen bestimmte Material nicht einer derartigen sorgfältigen und
langsamen Vorwärmung, oder ist der Cubikinhalt der Kammern so groſs, daſs die den
abziehenden Brennproducten innewohnende Wärme schon beim Einkuppeln der halben
Kammerzahl absorbirt wird, so kann der Ringofen in zwei selbständige halbe getheilt
werden. In diesem Falle geschieht die Gaseinströmung in zwei Kammern, und zwar in
B1 und B5, und der Abzug der
Verbrennungsproducte durch die Kanäle K4 und K8 nach dem Rauchfange E.
Der Ringofen kann bei Anwendung von neun oder besser zwölf Kammern nach Bedarf auch
in drei Theile getheilt oder es kann der Betrieb nur auf gewisse Theile des Ofens
beschränkt werden. Das Brennverfahren bleibt jedoch immer dasselbe. Das Vorwärmen
der Verbrennungsluft geschieht beim Anlassen des Ofens, und in den Zeiten, wo das
Auskühlen der einen Kammer schon beendet, die nächstfolgende aber noch nicht in das
Auskühlungsstadium getreten ist, durch die Kanäle x in
den Mauern des Gaserzeugers allein, dagegen wenn eine auszukühlende Kammer zur
Verfügung steht, hauptsächlich mit Hilfe der in dieser aufgespeicherten Wärme, wie
oben angegeben wurde.
Durch die centrische Lage der Feuerung kann die Geschwindigkeit der Gas- und
Luftmenge für jede Kammer besonders und gleichmäſsig regulirt werden. Da aber die
Brennproducte immer auf dem kürzesten Wege in den Rauchfang zu gelangen suchen und
daher das Bestreben haben, an dem inneren Umfange des Ofens entlang zu ziehen, so
sind zur Vermeidung dieses Uebelstandes die Oeffnungen sämmtlicher Kanäle in den
Kammern, vom Centrum aus gerechnet, allmählich gröſser gemacht. Auf die
gleichmäſsige Vertheilung der Brennproducte und folglich auf das gleichmäſsige
Brennen der Waare ist diese Einrichtung von dem gröſsten Einflusse.
Fritz W. Lürmann sagt in Stahl
und Eisen, 1888 S. 382, nachdem er alle Vortheile des Lázár'schen Ringofens gegenüber den anderen
Constructionen hervorgehoben hat, daſs die Herstellungskosten des in den
Gas-Ringöfen gebrannten Materiales vermindert würden und zwar:
a) durch Verminderung der verbrauchten Brennmaterialmenge in Folge der
Gasfeuerung;
b) durch Verwendung eines jeden vorhandenen und auch minderwerthigen Brennmateriales,
in Folge Anwendung eines dafür passenden Gaserzeugers;
c) durch Verbesserung der Güte der Waare in Folge Anwendung gleichmäſsig hoher
Temperaturen der centrischen Gasfeuerung;
d) durch Vermehrung der gesammten in diesem Gas-Ringofen gebrannten Menge des
Materiales in Folge Vermehrung der Leistung der einzelnen Kammern;
e) durch Verminderung der Bedienung, also des Arbeitslohnes, in Folge Vereinfachung
der Beheizung und des Betriebes.
Carl Frey in Metz hat eine Neuerung an Ringöfen (D. R. P. Nr. 38402 vom 20. April 1886) vorgeschlagen, welche bezweckt, die Feuergase nach
den Abzugsöffnungen der Kammern hin herabzudrücken. In dem endlosen Kanäle des
Ringofens steigen nämlich die abgehenden Feuergase auf ihrem Wege von der im
Vollfeuer stehenden Abtheilung nach dem Kamine immer mehr in die Höhe und schmauchen
die frisch eingesetzten Waaren in schräg aufsteigender Richtung. Diese Richtung ist
in Fig. 4
punktirt angegeben und als „Schmauchregion im Hoffmann'schen Ringofen“ bezeichnet. Die frei gewordenen
Wasserdämpfe werden hierbei gezwungen, auf ihrem Wege nach den tief liegenden
Abzugsöffnungen kalte Waaren zu bestreichen, wodurch die Dämpfe sich verdichten und
die Waaren beschlagen. Der Erfinder will nun ein selbsthätiges Herabdrücken der
Feuergase bewirken, so daſs die untersten Schichten zuerst erwärmt und die oberen
mit Zunahme der Temperatur nach und nach von unten nach oben geschmaucht werden,
ohne daſs ein Verdichten der Wasserdämpfe eintreten soll. In Fig. 4 ist diese Richtung
als „Neue Schmauchregion“ bezeichnet.
Um den oben angegebenen Zweck zu erreichen, wird eine Reihe eigenthümlich construirter
Querwände A (Fig. 4) eingeschaltet.
Fig. 5
zeigt die Wand im Längenschnitte und Fig. 6 im
Querschnitte.
Die Wand wird entweder aus ungebrannten Mauersteinen trocken aufgesetzt oder aus
feuerfesten Steinen gebaut; im ersteren Falle werden die gebrannten Steine beim
Entleeren der betreffenden Ofenabtheilung jedesmal mit ausgekarrt, im zweiten bleibt
die Wand fortwährend stehen. In der Zugrichtung des Ofens enthält sie eine Anzahl
Oeffnungen a, die zum Durchgange der Feuergase bestimmt
sind. Quer zu diesen ist ein Zwischenraum b angeordnet,
der zum Aufnehmen eines kleinkörnigen Füllmateriales, als Sand, Kohlenklein, Koks,
imprägnirten Brennmaterialien, Chamotte u.s.w., bestimmt ist.
In verschiedenen Höhen wird der Zwischenraum b durch
Platten c unterbrochen, die als Unterlage für das
Füllmaterial dienen.
Diese Platten können aus Papier, Holz, Koks oder dünnen Metallblechen hergestellt
werden und haben verschiedene Anzündungs- bezieh. Schmelztemperaturen.
In der Zeichnung sind als Beispiel drei Reihen Metallplatten c angenommen, wovon die untere bei 230°, die mittlere bei 360° und die
obere bei 5500 schmilzt.
Ueber der Wand A sind im Gewölbe einige Oeffnungen d angeordnet, die zum Einfüllen des unbrennbaren
Füllmateriales dienen, und unter derselben ein Sammelkanal e, der zur Aufnahme des Füllmateriales nach dem Schmelzen der Platten c bestimmt ist. Bei Anwendung von brennbarem
Füllmateriale sind die Oeffnungen d und der Kanal e überflüssig.
Die Doppelschichten f haben den Zweck, ein Undichtwerden
der Wand beim Schwinden des Füllmateriales zu vermeiden.
Die unterhalb der untersten Plattenreihe befindlichen Oeffnungen werden auf bekannte
Weise mit einem Abschluſsschieber (Fig. 4, g und g1) verschlossen; derselbe kann aus Eisenblech, Holz,
Leinwand oder Papier bestehen.
Die Wirkungsweise der Wand ist folgende:
Nach Verbrennung bezieh. Entfernung des Abschluſsschiebers g treten die Feuergase unter Einwirkung des Schornsteinzuges in die frisch
eingesetzten Abtheilungen hinein, und zwar direkt über der Ofensohle, gleichmäſsig
auf die ganze Ofenbreite vertheilt. Ist im angenommenen Falle eine Temperatur von
230° erreicht, schmilzt die unterste Plattenreihe und das darauf liegende
Füllmaterial fällt herunter, wodurch die Feuergase bis zur Höhe der mittleren
Plattenreihe freien Durchgang finden. Bei 360° schmilzt die zweite Reihe u.s.w.
Während des Brennens also entleert sich die Wand A,
unabhängig von äuſseren Einflüssen, bei fortschreitendem Feuer und steigender Glut
selbsthätig und zwar schichten weise von unten nach oben in vorher zu bestimmenden
Zwischenräumen.
(Schluſs folgt.)