Titel: | Der Accumulator Oerlikon. |
Autor: | Max Büttner |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 15 |
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Der Accumulator Oerlikon.
Von Dr. Max Büttner.
Mit Abbildungen.
Der Accumulator Oerlikon.
Unter den neueren Erscheinungen auf dem Gebiete des Accumulatorenbaues bietet der
Accumulator Oerlikon, Patent Dr. P. Schoop, welchen die Maschinenfabrik Oerlikon in Oerlikon bei Zürich herstellt, ein besonders hervorragendes Interesse, nicht nur
seiner Construction wegen, als insbesondere durch Anwendung eines gelatinösen
Elektrolyts. Der Accumulator gehört dem Faure-Typus an. Seine active Masse wird
nicht durch die Wirkung des elektrischen Stromes auf die Bleiplatten selbst, sondern
auf Bleioxyde erzeugt, welche in die Oeffnungen von Bleigittern eingetragen sind.
Das Blei soll lediglich als Träger und Stromleiter dienen. Die Bleigitter selbst
sind mit dreieckigen Oeffnungen versehen und haben statt einen
Stromzuleitungsstreifen deren zwei.
Textabbildung Bd. 280, S. 15Fig. 1.Accumulator Oerlikon. Die Plattensysteme werden bei senkrechter Plattenstellung so geordnet,
dass der Strom bei den positiven Platten an den oberen Ecken, bei den negativen an
den unteren Ecken zugeführt wird. Die Stromvertheilung wird dadurch eine
gleichmässigere und die Platten wesentlich dauerhafter, da sie gleichmässiger und
langsamer abgenutzt werden. Diese Art der Construction wirkt zugleich dem Verbiegen
der Platten entgegen.
Beistehende Skizzen zeigen den Accumulator.
Von ungleich grösserer Wichtigkeit ist die Verwendung eines gelatinösen Elektrolyts
an Stelle von verdünnter Schwefelsäure. Wenn auch schon grosse Anstrengungen gemacht
worden sind, solche Elektrolyte für Accumulatoren zu verwenden, so hat sich doch von
den vorgeschlagenen keiner bewährt. Organische Stoffe sind wegen ihrer leichten
Zerstörbarkeit durch elektrolytischen Sauerstoff nicht gut verwendbar. Wohl aber
eignet sich in vorzüglicher Weise zu diesem Zwecke die gelatinöse Kieselsäure. Man
erhält dieselbe, wenn man eine Lösung von Natronwasserglas mit verdünnter
Schwefelsäure versetzt, als eine steife, gelatinöse, elastische Masse. Der
Elektrolyt enthält seiner Darstellung gemäss ausser der gelatinösen Kieselsäure
Schwefelsäure und schwefelsaures Natrium. Die Masse schliesst sich dicht an die
Elektrodenfläche an. Die beim Laden an diesen entwickelten Gasblasen steigen langsam
zwischen Platte und Gelatine in die Höhe, dabei einen Kanal bildend, der sich
schnell wieder schliesst.
Der Widerstand dieses Elektrolyts für den elektrischen Strom ist grösser als der des
flüssigen, und wird die Capacität des Elements etwas kleiner und zwar um 25 Proc.
als der derselben Zelle mit verdünnter Schwefelsäure. Dieser Nachtheil wird jedoch
durch die Vortheile desselben weit aufgehoben.
Als solche sind zu erwähnen vor allem das durch den Elektrolyt bewirkte
Festhalten der activen Masse in den Gittern. Dadurch, dass die active Masse durch
die Gelatine einen festen Halt gewonnen hat, ist es möglich, ein Element mit einem
starken Strom ohne grossen Nachtheil zu entladen.
Der Gehalt des Elektrolyts an schwefelsaurem Natrium schützt die Plattenoberfläche
vor der Bildung einer Bleisulfatschicht während der Ruhe. Eine solche Sulfatschicht
hat bekanntlich einen schnellen Zerfall der activen Masse, sowie insbesondere das
Verbiegen der Platten zur unausbleiblichen Folge.
Hervorzuheben ist ferner die ausserordentliche Sicherheit, mit welcher der
Accumulator arbeitet. Die durch Herausfallen der activen Masse, sowie durch
Verbiegen der Platten möglichen Kurzschlüsse sind vermieden. Das Hineinfallen eines
leitenden Gegenstandes zwischen die Platten kann nicht stattfinden. Ferner ist es
unmöglich, dass ein Accumulator durch Undichtwerden oder Zerbrechen eines Gefässes
während des Betriebs wirkungslos wird aus Mangel an Elektrolyt. Die Gelatine
unterhält die Verbindung zwischen den Platten wie zuvor, und die Batterie
functionirt ohne Störung bis zur nächsten Betriebspause, während welcher das
schadhafte Gefäss ersetzt werden kann. Es ist schon vorgekommen, dass ein solcher
Accumulator mit zerbrochenem Glasgefäss mehr als eine Woche in Thätigkeit war.
Textabbildung Bd. 280, S. 15Fig. 2.Accumulator Oerlikon. Ein weiterer Vortheil ist, dass beim Laden der Batterie keine sauren
Dünste auftreten, da selbst beim Ueberladen die Gasentwickelung keine heftige ist.
Die Gase kommen langsam zur Oberfläche und sind daher ausser Stande, Schwefelsäure
mit sich zu reissen. Man kann deshalb in demselben Räume, in dem sich die
Accumulatorenbatterie befindet, metallene Gegenstände, wie Schaltbrettapparate,
anbringen.
Ausserdem erfordert eine solche Batterie nur wenig Aufsicht. Es ist lediglich darauf
zu achten, dass die Gelatine nicht zu trocken wird, und ist deshalb alle 14 Tage
etwas Abdampfwasser oder destillirtes Wasser auf die Oberfläche zu giessen. Dieser
Vortheil kommt hauptsächlich bei grossen Installationen in Betracht, zu deren
Instandhaltung bei Elementen mit flüssigem Elektrolyt Bedienung nöthig ist, welche
vollauf damit beschäftigt ist, herabgefallene active Masse aus den Zwischenräumen
der Platten zu entfernen, verbogene Platten durch neue zu ersetzen u.s.w. Eine
Installation mit Oerlikon-Accumulatoren erfordert keine weitere Bedienung als die
durch die Maschinen und Schaltapparate geforderte.
Der Nutzeffect des Elements in Ampèrestunden beträgt nach Professor W. Kohlrausch 89 Proc., ist also nahezu gleich dem der
Accumulatoren mit flüssigem Elektrolyt, der durchschnittlich 90 Proc. beträgt.
Die Vorschriften für Ladung und Entladung sind dieselben, wie die für andere Systeme
geltenden. Die Ladung ist beendet, wenn die Spannung für ein Element 2,5 Volts erreicht hat. Die
Entladung muss abgebrochen werden, wenn die Spannung auf 1,8 Volts für ein Element
gesunken ist.Die Elektrotechnische Zeitschrift, 1890 S. 241,
brachte in einer kurzen Notiz über den Accumulator Oerlikon die irrthümliche
Angabe, dass die Spannung für eine Zelle 1,5 Volts beträgt.
Um den ausserordentlichen Fortschritt, welchen der Oerlikon-Accumulator gegenüber
anderen Systemen bietet, deutlich zu erkennen, führen wir die Forderungen an, die
man an einen guten Accumulator stellen muss, und nach welchen Gesichtspunkten eine
Verbesserung desselben hauptsächlich stattzufinden hat.
Diese sind:
1) Grosse Capacität der Elemente im Verhältniss zum Platten- und zum
Gesammtgewicht.
2) Verhinderung der schnellen Abnutzung der Platten durch Abfallen namentlich der
positiven activen Masse, also Herstellung einer möglichst festen, activen Masse, die
zugleich fest am Bleigitter haften soll.
3) Verhinderung des Verbiegens der Platten.
4) Möglichst grosse Entladestromstärke ohne Nachtheile für das Element.
5) Grosse Dauerhaftigkeit des Elements.
6) Möglichste Einfachheit der Behandlung.
7) Möglichste Billigkeit.
Keines der jetzt in Gebrauch befindlichen Accumulatorensysteme genügt diesen
Forderungen in so hohem Masse wie der Accumulator Oerlikon. Wenn derselbe, was den
ersten Punkt betrifft, hinter anderen zurückstehen mag, so übertrifft er alle
übrigen in Erfüllung der anderen Forderungen bei weitem.
Man mag vielleicht entgegnen, dass ein Accumulator Planté'schen Systems eine bedeutende Entladestromstärke am besten
auszuhalten vermag, so muss dies allerdings zugegeben werden. Man darf indess nicht
vergessen, dass es bis jetzt noch keinem Plante-Accumulator gelungen ist, grosse
Verbreitung und Anwendung zu erlangen. Bis jetzt haben allein die Accumulatoren des
Faure'schen Typus praktische Wichtigkeit.
Wenn es gelingt, einen billigen Accumulator nach Planté
zu construiren, so dass ein öfteres Ersetzen der Plattensysteme ohne grosse Kosten
sich durchführen liesse, könnte derselbe für einige specielle Zwecke etwas grössere
Bedeutung erlangen, immerhin würde seine Anwendung eine beschränkte bleiben,
lediglich für die wenigen Fälle, wo grosse Stromstärken auf verhältnissmässig kurze
Zeit gebraucht werden.
In weitaus den meisten Anwendungen wird der Faure-Accumulator den Vorrang behaupten,
als dessen hervorragendster Vertreter der Oerlikon-Accumulator unstreitig anzusehen
ist.
Der Accumulator wurde durch Professor W. Kohlrausch in
Hannover, sowie durch Dr. Kopp, Privatdocent an dem
Polytechnicum zu Zürich, eingehenden Untersuchungen mit günstigsten Resultaten
unterworfen. Die erste Arbeit ist veröffentlicht in der Elektrotechnischen Zeitschrift, 1890 S. 657, die letztere in La Lumière électrique, 1890.